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lio. 18 ^elegsamm-Messe: Mcßendlatl ffrilsnik. Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend, Beiblätter: Dllustr. Sonntags- blatt und landw, Beilage. Abonnement: Monatl. 50H., vierteljährlich z.25 bei freier Zustellung ms Haus, durch die Post bezogen unter Nr. sso2 z.-zv. für Pulsnitz und Umgegend Amts Blatt des Hömgl. Nmtsgepickks und des Zkadtpatkes Lu puIsnikL. — . — Inserate für denselben Tag sind bis vormittags xo Uhr aufzngeben. Preis für die einspalt. Zeile oder deren Raum zo Reklame 20 H. Bei IDiederbolungen Rabatt. Alle Annoncen-Expeditionen nehmen Inserate entgegen. K Amtsblatt für den Bezirk des Aön^gl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz Ai. S., Böbmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalds, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Meißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Rlein-Dittmannsdorf Druck und Verlag von E. k. Lörster's Erbei». Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 2S5. Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in pntsnitz. sRr. 03. Donnerstag, den 28. Mai 1903. 55. Jahrgang. Bekanntmachung. Nachdem heute 1. der Riemermeisler und Hauptmann der freiwilligen Feuerwehr Herr Reinhold Gude als städtischer Branddirektor und 2. der stellvertretende Hauptmann der freiwilligen Feuerwehr Herr Handlungsgehilfe Friedrich August TÜMlebicr als stellvertretender Branddirektor in Pflicht genommen worden sind, wird dies hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Pulsnitz, am 27. Mai 1903. Der S t a d t r a t. ve. Michael, Bürgermeister. X. Neueste Greigniste. Es soll sich die Nachricht bestätigen, daß Podbielski demnächst seinen Abschied nehmen werde, da der Minister an sehr starker Ischias leidet und öfters sich kaum bewegen kann. Die Stadt Petersburg feiert am Ende der laufen den Woche sein 200 jähriges Bestehen. In mehreren mazedonischen Ortschaften haben heftige Kämpfe zwischen Bulgaren und türkischen Trup pen stattgefunden. Der König von Spanien hat dem Prinzen Hein rich das Großkreuz des Ordens für Verdienste zur See verliehen. Fähnrich Hüssener wurde am Dienstag vom Kriegs gericht in Kiel zu vier Jahren und einer Woche Gefängnis, sowie zur Degradation verurteilt. Bom Prozeß Hüssener. Vor dem Kieler Marinegericht wurde am Dienstag gegen den Fähnrich zur See Hüssener verhandelt. Die Anklage lautete auf Körperverletzung des Einjährigen Hartmann in Essen a. d. Ruhr mit rötlichem AuSgang unter Mißbrauch der Dienstgewalt. Hüssener, der von kräftiger, mittelgroßer Gestalt ist und auffällig blaß aussah, wurde von zwei Sol daten mit gezogenem Seitengewehr auf die Anklagebank ge führt. Sein scharfgeschliffener Dolch lag auf dem Richter tisch. Der Angeklagte sagte au», daß er zunächst Privat unterricht erhalten und dann die Realschule, sowie die Ober, realschule bis Obersekunda besucht habe. Als Seekadett kam er zunächst auf das Schulschiff „Moltke." Hier erhielt er folgende» Führungsattest, das der BerhandlungSleiter verlas : DurchschnittSlegabung, praktische Befähigung gut. Unbestimm. ter Charakter, gesellschaftliches Auftreten geziert. Eignet sich zum Seeoffizier, wenn er sich bessert. Nachdem der Ange- klagt« erklärt, er hätte die Absicht gehabt, sich zu Keffern, wurde ein späteres Führungszeugnis zur Kenntnis gebracht: „Aufgeregt, weshalb er, wenn er sich nicht ändert, Schwierig keiten als Seeoffizier haben wird." Hüssener bekannte sich nicht schuldig und berichtete hierauf über die Vorgänge am Ostersonnabend. Hartmann sei sta»k betrunken gewesen. Zu seinem Schutze wollte Hüssener ve» hindern, daß er noch mehr trinke; ich forderte ihn deshalb auf, mitzukommen. Er folgte. Nach einigen Schritten ließ Hüssener ihn loS, um den Dolch abzuhaken. Da sei Hartmann mit erhobenem Arm auf ihn loSgestürzt und dann davongelaufen. Den Dolch in der Hand lief Hüssener ihm nach. Im Lausen habe er Hart mann getroffen. Er wollte ihn nur verwunden, um zu zeigen, das, eS Ernst war. Wegen NichtgrüßenS habe er Hartmann nicht angehalten. Dieser sei übrigens nicht sein Schulkamerad gewesen. Als er den Dolch lot hakte, schwebte Hüssener, wie er sagt, ein Fall in Danzig vor, wo ein Fähnrich von einem Matrosen angegriffen worden sei und sich nicht habe vertei digen können, weil er den Dolch nicht vorher loSgehakt habe. Daß ein Vorgesetzter den Untergebenen zu berühren und zu sagen habe: „Sie mein Arrestant", wisse er jetzt erst. In der JnstruktionSstunde sei ihm gesagt worden, daß von der Waffe Gebrauch gemacht werden müsse, wenn sie gezogen worden sei, ferner, daß dann auch Blut fließen müsse. Als der Vorsitzende bemerkte, daß eS sehr leicht gewesen wäre, Hart mann sestzunehmen, da er furchtbar betrunken gewesen sein solle, erwiderte Hüffener, er habe da« Gefühl gehabt, daß Hartmann ihn angegriffen habe. Der Marn habe ihm ja leid getan, aber er hätte sein Vorgehen für richtig gehalten. Seine Ruhe hätte er bewahrt. Daran, daß ein direkter Befehl ergangen sei, sich nicht mit stark betrunkenen Leuten einzulaffen, habe er nicht gedacht. Er hätte dem Hartmann zuerst auch nur zugeredet und sei erst energisch geworden, als dieser an maßend wurde. Der Beweggrund für die Tat sei allein der tätliche Angriff gewesen. Er glaubte nicht, daß er den Mann gleich totstechen würde, aber nach seinem Empfinden hätte er die Pflicht gehabt, ihn zu verletzen, damit er nicht weiterlausen könnte. Nach dem Leichenbefund ist der Tod durch innere Verblutung eingetreten. Kapitänleutnant Kuser hat zu Protokoll gegeben, daß Hüffener bei seinen Kameraden wenig beliebt war. (Hüffener erklärte daS damit, daß er sich Anulkereien nicht gefallen lassen wollte.) Eine Anwei sung an Fähnriche, gegen Untergebene scharf vorzugehen, sei nicht ergangen, vielmehr seien sie aus Anlaß eines Einzel- falleS im Industriegebiet ermahnt worden, recht vorsichtig zu sein. Noch im März seien ihnen die Vorschriften über Be handlung Betrunkener vorgehalten worden. Zeuge Ober leutnant Weiße bekundete, daß den Fähnrichen die KriegS- artikel und die Instruktionen über den Waffengebrauch wie derholt vorgehalten worden seien. Im Danziger Falle habe eS sich um einen Offizier gehandelt, der in Zivil war und von Soldaten und Zivilisten angefallen und verwundet wurde. An der Hand diese« Falle« sei in der JnstruktionSstunde gesagt worden, daß hier der in Gefahr befindliche Offizier von der Waffe hätte Gebrauch machen können. Den Fähn richen sei eingeschärft worden, daß, wenn sie von der Waffe Gebrauch machen müßten, eS auch energisch zu geschehen habe. Mehrere Fähnriche schilderten den Ang.klagten als sehr jähzornig von sich eingenommen und prahlerisch. Dann wurden Briefe HüffenerS an die Familie Hartmann, an seine Brüder und an sein« Mutter verlesen. Hüffener be dauert darin den unglücklichen Ausgang und spricht mit großer Liebe von seiner Mutter. Während der Verlesung weinte er. Zeuge Student deS BergfacheS, Lütscher, der Begleiter Hartmann«, gab eine dem Angeklagten ungünstige Darstellung de« Vorfälle«. Er blieb unvereidigt. Das schließliche Proz-ßurteil lautete, für den Laien unverständ- licherweise: „Hüffener wurde wegen Ungehorsams gegen einen Dienstbesehl, betreffend die Behandlung betrunkener Untergebener, und wegen Körperverletzung mit rötlichem Aus gange zu 4 Jahren 1 Woche Gefängnis und Degradation verurteilt." Der Ankläger hatte für Hüffener 6 Jahre Zucht- Hau« und Ausstoßung aus der Marine beantragt, was dem Allgemeinempfinden ungefähr als Strafmaß für Hüffener entsprochen hätte. vertliche nud sächsische ««gelegeuhetteu. Pulsnitz. Nur wenige Tage trennen uns noch von Pfingsten, dem „lieblichen Feste", von dem wir er warten, daß eS diesmal seinen Namen Ehre macht. Das Osterfest hat so manchen enttäuscht, nun stehen alle Hoff nungen auf Pfingsten. Im Geschäftsleben soll eS sich in diesen Tagen kräftig regen. Der Geschäftsmann hat vor- gesorgt und sein Lager so auSgestattel, daß er den Wün schen der Käufer entsprechen kann. In der Häuslichkeit hat „Mutter" große Arbeit. Die Wohnung muß zu je- dem Feste besonder- blank auSsehen. Daneben sind Röcke und Kleider für die Mädchen zu waschen und zu plätten. Auch der Herr des Hauses und die Söhne wollen recht schmuck erscheinen; so mutz Mutter denn dafür sorgen, daß die we ßen Westen am ersten Feiertage bereit liegcn. Der „GipSverband" spielt ja immer noch eine hervorragende Rolle und das nicht mit Unrecht; man trägt ihn sowohl zum „Bratenrock" wie zum Jackettanzug. In den Stra- ßen tauchen die Händler mit „Pfingstmaien" auf, den herr lichen grünen Birkenzweigen, mit denen wir HauS und Hof schmücken. Vor mehr als anderthalb Jahrhunderten erließ König Friedrich der Große von Preußen eine Be- stimmung „wegen Abschaffung der schädlichen Gewohnheit des jährlichen MaiensetzenS", weil durch daS „Abhauen vieler tausend in dem besten Wachstum stehender Birken dem Zuwachs deS jungen HolzeS ein nicht geringer Scha den zugesügt" werde. Frevler wurden mit Selo-, ja sogar mit empfindlicher Leibesstrafe belegt. Heute wögen wir den schönen Brauch, unser Heim mit Maien zu zieren, nicht missen. PulSnitz. Sckützenfreuden stehen uns wieder be vor. Am zweiten Pfingstfetertag beginnt daS Schießen der hiesigen privilegierten Schützengilde, das in gleicher Weise wie in den Vorjahren auf unserem schönen Schützen platz abgehalten wird. Die bereits eingetroffenen Besitzer von Schaustellungen, Schaukeln, Karussels rc. sind eifrigst mit dem Ausbau beschäftigt und bald wird der Platz einer Zelt- und Budenstadt gleichen. Unter den vielen Sehens- Würdigkeiten wird der Prachtbau deS Herrn Paty, über den noch an anderer Stelle ausführlich berichtet wird, be sonderes Aussehen erregen. Al« Einleitung zu dem Schie ßen geht am Montag Nachmittag der festliche Auszug deS uniformierten Schützcn-Jäg-rkorpS und die Ausführung des vorjährigen Schützenkönig? voraus. Wenn schöne- Wetter beschiedcn ist, wird e- dem beliebten Volksfeste auch diesmal an starker Frequenz nicht fehlen. PulSnitz. Am Sonnabend vor Pfingsten dürfen die Geschäftsinhaber ihre Verkaufsräume bis abends 10 Uhr offen halten. — Pfingsten fällt diesmal aus den 31. Mai und 1. Juni. Die beiden Feiertage werden also in verschiedenen Monaten gefeiert. Dies wird sich wie die „Tgl. R." meldet, in diesem Jahrhundet öfter wieverholen, nämlich in den Jahren 1914, 1925, 1936 und 1998, die denselben Kalender haben wie unser Jahr. Da die beweglichen Feste, zu denen Pfingsten gehört, vom Osterfeste abhängen, so können sie auf 35 ver schiedene Tage fallen. Der früheste Pfingstsonntag kann der 10. Mai sein; doch ist es ein äußerst seltener Fall, daß Pfingsten so früh zu feiern ist. Zum letzten Male geschah daS 1818, und bis zum Jahre 2000 wird eS sich nicht wie derholen. Selten fallen Himmelfahrt und Pfingsten beide erst in den Juni; im vergangenen Jahrhundert kam dies nur dreimal vor und 1905 wird eS sich wieder ereignen. Meistens feiern wir beide Feste im Mai; im laufenden Jahr hundert wird das 65 mal geschehen, im Mai und Juni 32 mal und allein im Juni dreimal In den frühesten Zeiten verbanden die Christen daS Gedächtnis der Himmelfahrt Christi mit einem beliebigen der zwischen Ostern und Pfing sten fallenden Tage; erst seit Ende dcs vierten Jahrhundert« begann man da« Fest auf den vierzigsten Tag nach Ostern (den zehnten vor Pfingsten) zu verlegen, weil die Evangelien berichten, daß der Erlöser nach seiner Auferstehung noch vier zig Tage auf Erden wandelte. — Wie allenthalben, so sind jetzt zur Frühjahrszeit auch an der Stätte deS Friedens und der Ruhe zahlreich? Hände geschäftig tätig, die Spuren deS Winters zu ver- wischen und das Leben deS Frühlings einztehen zu lassen auf den Hügeln der lieben Toten und in die Anlagen des stillen GotteSackerS. Soll die pietätvolle Pflege der Gräber doch auch in diesem Sommer Zeugnis davon geben, daß die stummen Schläfer in kühler Erde nicht vergessen sind, und daß die Liebe und ein treues Gedenken über den Tod hinaus währen. Waren eS bisher die ersten zarten Len- zeSblumen von Wald und Hain, so wird in nicht ferner Zeit die sprossende Natur ein weiteres tun, den Friedhof in einen Garten voll Duft und Blüten zu verwandeln. Es wird Frühling auch am Orte der Tränen, der in stillen Abendstunden dann wieder das Ziel so vieler sein wird, denen durch deS Todes rauhe Hand ihr liebste- jäh ent rissen wurde.