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Pulsnitzer Wochenblatt Bezirks-Anzeiger und Zeitung Fernsprecher: Nr. 18. Telegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz. des Kömql. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Raum 12 Pf. Lokalpreis 10 Pf. Reklame 25 L. Bei Wiederholungen Rabatt. Erscheint: Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Mit „Jllustr. Sonntagsblatt", „Humoristischen Wochenblatt" und „Für Haus und Herd". — Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich x t.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen 1.26. umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. Ä., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Nieder- <4lli»v4'44t44 f 144 U4 it <44114^s4r!i4ft<'t>4^tt t ^):44vil4y, steina, Weißbach, Ober-u. Riederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdors. Druck und Verlag von L. L. Förster'- Loben (Inh.: Z. w. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur H. w. Mobr in Pulsnitz. Ar. 151. Dienstag, den 17. Dezember 1807. 58. Jahrgang. Kömgin-Wilwe canola von 5acksen 4^. Seit dem 15. Oktober 1904, dem Todestage des Heimgegangenen Königs Georg, ist das Fürsten haus unseres Landes von Todesfällen verschont ge blieben. Wir tonnten uns der immer mehr zu nehmenden Volkstümlichkeit und Verehrung unseres Königs erfreuen und sahen, wie er die in unserm Königshause üblich gewordenen so schönen Familien zusammenkünfte Sonntags bei Tische fast regelmäßig mit seinen Kindern bei der Königin-Witwe in Streh len oder auch im Schlosse bei der Prinzessin Mathilde veranstaltete. Das war immer ein schönes Bild deutschen Familienlebens. Nun hat der unerbitt liche Tod auch diese lieben Bande zerrissen. Nach in den letzten Wochen voraufgegangener Krankheit ist die allüberall im Lande in allen Volksschichten herzlich geliebte und verehrte Gattin des hochseligen Königs Albert . . . ihrem Gemahl in den ewigen Frieden nachgesolgt. Als vielgeliebte Königin an der Seite ihres selten volkstümlichen Gatten stand sie allen treuen Sachsenherzen nahe und vertraut. Wie schon früher als Königin hat sie auch nach dem Tode ihres Gatten am 19. Juni 1902 ihre Witwen zeit dazu benutzt, um in werktätiger Menschenliebe, in stillem edlem Wirken für die an Leib und Seele Aermsten ihres Volkes ihre Lebensaufgabe zu er blicken. Nun hat sie ihr vielgesegnetes Leben in einem Alter von 74 Jahren 4 Monaten beschlossen. Trauernd steht das Sachsenvolk an ihrer Bahre, trauernd mit seinem Königshause um die daheim gegangene edle Fürstin, aber auch dankbaren Herzens für alles Hohe und Gute, das die vielgeehrte Frau für ihr Volk in ihrem reichgesegneten Leben getan. Mit wunden Herzen folgen wir am Totenlager derheimgegangenen Königin dem Gange ihres Lebens: Als junge Prinzessin wohnte die nun Heimge gangene mit ihrer Mutter, der Prinzessin Luise von Wasa, in dem alten Schlosse Morawetz in Mähren. Der Ruf der Güte und Schönheit der jungen Prinzessin war auch nach Dresden zu dem Prinzen Albert von Sachsen gedrungen. Erwünschte seine Base (die Großmütter waren Schwestern) kennen zu lernen. Mit seinem Bruder, dem da maligen Prinzen und späteren König Georg, nahm er an einer Jagd in Selowitz, einer Herrschaft des Erzherzogs Albrecht südlich von Brünn, teil. Bei dieser Gelegenheit sah Prinz Albert die Prinzessin zum erstenmale. Die beiden Brüder sagten sich in Morawetz an und «vurden dort herzlich ausgenom men. Die schöne und geistreichePrinzessin war aber infolge der durchzufühlenden Absicht der beiden Be sucher sehr schüchtern und zurückhaltend. Das ge wann ihr das Herz des Prinzen umso mehr. Bald nachher hielt Prinz Johann für seinen Sohn um ihre Hand an. Am 5. Dezember 1852 verlobte sich das junge Paar. Prinzessin Carola wurde als das einzige lebende Kind des Prinzen Gustav von Wasa und seiner Gemahlin Luise geborene Prinzessin von Baden am 5. August 1853 im Schönbrunner Kaiserstöckl ge boren und am 7. August im evangelischen Glauben Augsburger Bekenntnisses getauft. Ihr Vater stand in Wien in Garnison und wohnte dort im Palais Modena auf der Herrengasse. Im Sommer hielt sich die Familie entweder in ihrem Landhaus in Hacking oder auf Schloß Eichhorn in Mähren auf. In letzterem verlebte die Prinzessin ihre erste Jugend. Von Haus aus zurückhaltend und schüchtern, war sie der Liebling ihrer Mutter. Bei ihrer hervor ragenden geistigen Begabung war der Unlerricht an ihr außerordentlich erfolgreich. Im Sommer 1844 ließ sich die Mutter vom Prinzen von Wasa scheiden. Die Prinzessin blieb aber trotzdem mit ihrem Vater stets in regem, herzlichem Verkehr. Die Mutter be zog hierauf im August 1846 die von ihr gekaufte Herrschaft Morawetz in Mähren. Bei der ländlichen Abgeschiedenheit dieses neuen Besitzes wurde der Verkehr zwischen Mutter und Tochter nur noch inniger. Prinzessin Carola verkehrte dabei mit Vor liebe unter der einfachen Bevölkerung von Morawetz. Für die Armen und Kranken richtete sie eine eigene Küche ein und brachte meist selbst, auch bei schlech testem Wetter, das Essen an die Lagerstätten der Kranken. Die böhmische Sprache hatte sie sich rasch angeeignet, sodaß die Verständigung mit der Ein wohnerschaft leicht war. Ihre private Lieblings beschäftigung bestand in Zeichnen, Malen und Lek türe. Für Musik hatte sie keine Vorliebe. Unter brechung in das einfache ländliche Leben brachten kurze Badereisen mit der kränklichen Mutter, an deren eine sich ein längerer Aufenthalt bei ihrer Großmutter, der Großherzogin Stefani von Baden, anschloß. Diese, dieAdoptivtochterKaiserNapoleonsl., war eine fromme und geistreiche Frau, die einen starken Einfluß auf die Enkelin ausübte. Die an haltende Kränklichkeit der Mutter machte 1849 einen Aufenthalt in Meran notwendig. Hier wirkte zum erstenmale die Schönheit der Alpen auf das em pfängliche Gemüt der Prinzessin ein. Der Winter 1849/50 wurde in Venedig verbracht. Im nächsten Jahre war man wieder in Meran, wo auch Erz herzog Rainer mit seiner Familie Aufenthalt ge nommen hatte. Die folgenden beiden Winter wur den in Baden-Baden verlebt. Dort verkehrte Carola auch viel mit der Prinzessin von Preußen, späteren Kaiserin Augusta. Im Sommer 1852 kehrten Mutter und Tochter nach Morawetz zurück. Als 1852 die Erziehung der Prinzessin beendet war, faßte sie den Entschluß, katholisch zu werden, da sie der festen Ueberzeugung war, das katholische Be kenntnis des christlichen Glaubens sei das einzig wahre und rechte. Der Vater, Prinz Wasa, ver weigerte auf das Entschiedenste seine Genehmigung. Die Prinzessin nahm sich die Sache aber so zu Herzen, daß sie krank wurde. Da nahm der Vater sein Verbot zurück und forderte, daß sich Carola längere Zeit von der Mutter und Großmutter trenne und bei seiner Schwester, der Großherzogin Sophie von Baden Aufenthalt nehme und dort von einem protestantischen Geistlichen Religionsunterricht er halte. Die Prinzessin änderte ihren Entschluß aber nicht, und der Vater gab schließlich nach und ge stattete ihr, zum Katholizismus überzutreten. In zwischen hatte sich Carola, wie bereits oben mitge teilt, mit dem Prinzen Albert von Sachsen verlobt. Im Jahre 1853 bezog sie eine gemietete möblierte Wohnung in Brünn im Hause des Hof rats Chlumetzky. Prinz Albert, der nachmalige König Albert von Sachsen, besuchte im Winter 1853 seine Braut wiederholt in der mährischen Haupt stadt, auch seine Ellern und die Prinzessinnen Si donie und Anna waren mehrmals dort. Das Braut paar nahm an Bällen der Gesellschaft von Brünn teil. Die Prinzessin betrachtete dies als eine will kommene Gelegenheit, ihre zu große Schüchternheit zu überwinden, die sich besonders in leisem Sprechen äußerte. In diese Zeit fällt auch das gegen Kaiser Franz Josef verübte Attentat, das den Prinzen Albert veranlaßte, nach Wien an das Krankenbett des verwundeten Freundes zu eilen. Er blieb dort bis zur vollständigen Genesung des Kaisers. Zur Vermählung des jungen Paares trafen Mutter und Tochter am 16. Juni 1853 in Bodenbach ein. bis wohin ihnen der Bräutigam entgegengereist war. Den Einzug in ihre neue Heimat gestaltete ihr die Bevölkerung zu einem schönen und unvergeßlichen. In Pirna begrüßte Prinz Johann mit seiner Familie das junge Paar. Bis Pillnitz wurde dann die herrliche Gegend zu Wagen durchfahren. Im Schlosse zu Pillnitz em pfing das Königspaar und der ganze Hof die An kommenden. Die Vermählung fand am 18. Juni statt. Der feierliche Einzug unter dem Donner der Geschütze und dem Geläute aller Glocken der Resi denz erfolgte durch den Großen Garten. Straßen und Plätze waren mit einer Ueberfülle von Blumen geschmückt, und Tausende jubelten dem Brautpaare zu. Vor dem Rathause war ein Festbau errichtet. Bewegt dankte die Prinzessin dem Bürgermeister für den Willkommensgruß. Ihre natürliche und freundliche Art gewannen ihr rasch die Zuneigung des Volkes. Im Schlosse wurde das Paar von der königlichen Familie empfangen, und in der Katho lischen Hofkirche erfolgte die Trauung. Der Prinz, eine mittelgroße, elegante Figur mit seinem blonden, welligen Haar, dem blonden Bart und dem aus drucksvollen Gesicht, mit den großen tiefblauen Augen, trug sächsische Generalsuniform. Die Braut war in ein reines Weiß gekleidet, trug aus ihrem vollen dunkelblonden Haar den Myrtenkranz, und ihre schöne, zarte Gestalt war demütig gebeugt. Die folgenden Tage brachten zahlreiche Festlichkeiten. Das junge Paar wohnte im Sommer im Palais auf der Langen Gasse und im Winter im zweiten Stock im Mittelpalais am Taschenberg. Das ganze Königshaus, an der Spitze der milde, gemütvolle Kön^g Friedrich August II. und Königin Marie, und sein Bruder Johann und dessen Gemahlin — zwei Brüder die zwei Schwestern gefreit hatten — zogen auch die junge Frau in ihre eng verbundene schöne Gemeinschaft. 1854 starb die Mutter der Prin zessin Carola. In demselben Jahre wurde König Friedrich August bei Brennbühl mit dem Wagen um geworfen und vom Postpferd tödlich verletzt. Nach dem Tode des Monarchen bildere König Jo hann den Mittelpunkt der Familie. Als Prinz Albert Kronprinz geworden war, bewohnte er als Sommerwohnung das kleine Gartenpalais an der Ostra-Allee. Milten in der Stadt gelegen und Ruß, Rauch und Lärm sehr ausgesetzt, eignete es sich aber wenig als Sommeraufenthalt. Deshalb wurde im Dorfe Strehlen hinter dem Großen Garten im Jahre 1860 ein kleiner Besitz erworben und vom kronprinzlichen Paar bezogen. Fast in jedem Jahre unternahm das Paar eine größere Reise, mit Vorliebe ost in die Alpen. Als Gegenstück zu der Vorliebe der Kronprinzessin für die Malerei pflegte ihr Gemahl mit Eifer die Musik. 1856 wurden am Hofe die Hochzeiten der Prinzessin Mar garethe mit dem Erzherzog Ludwig von Oesterreich und der Prinzessin Anna mit dem Erbgroßherzog Ferdinand von Toskana gefeiert. Doch starben beide Fürstinnen in der Blüte ihres Lebens. Ihnen war im Tode voraufgegangen Prinzessin Marie, und 1862 folgte die liebenswürdige Königstochter Sidonie. Im Mai 1859 zog Prinz Georg mit seiner Gemahl in Dresden ein, der Infantin Maria Anna von Portugal, der Mutter unseres jetzigen Königs. 1865 vermählte sich die jüngste Tochter des Königs Johann mit dem Herzog Karl Theodor in Bayern; aber schon 1867 starb dieses sechste erwachsene Kind des Königs. In der Kriegszeit 1866 stand Sachsen auf Seite Oesterreichs. Kron prinz Albert nahm nach dem ehrenvollen Rückzug an die Donau mit seiner Armee bei Hetzendorf Quar tier. Dorthin, an der Südbahn nahe Schönbrunn