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Pulsnitzer Wochenblatt Fernsprecher: Nr. 18. Bezirks-Anzeiger UNd ZtttUNg. Telegr.-Adr.: Wochenblatt Pulsnitz. Erscheint: Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Mil „Jllnstr. Sonntagsblatt", „Humoristischei: Wochenblatt" und „Für Haus und Herd". — Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich 1.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch die Post bezogen 1.26. des Königl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Raum 12 Pf. Lokalpreis 10 Pf. Reklame 2s 4. Bei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. ^itlätttsr umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Nieder- j uc 1'111 L^IlllVlfl,!. 4 ^UTvIllA, steina, Weißbach, Ober-u. Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf. Druck und Verlag von E. L. Förster'- Lrben (Inh.: H. lv. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur Gtto Dorn in Pulsnitz. Sonnabend, den 3l. August !W7. 59. Jahrgang. Mr. 105. Sedantcrg. Zum 2. September. Zum Ernten, das bei Liedersingen In Feld und Flur dem Blick sich bot, Ertönts — wie fernes Sensenklingen, Es mahnet an den Schnitter Tod, Der einst in Deutschlands großen Zeiten So manches Helden Auge brach, Nun steigt nach siegesreichem Streiten Von neuem auf ein Sedantag! — Es gilt nicht einen Sieg zu feiern, Der jähe brach der Feinde Macht; Zu danken gilt es den Befreiern Aus Schmach, — in blut'ger Sedanschlacht. Niemand kann dem Herzensdrang wehren, Nach sieb'nunddreißig Jahren heut Die braven Toten noch zu ehren, Wenn ihren Dankeszoll man beut. — Hinweg darum mit allem Grübeln, „Ob zu begehn ist noch der Tag?" Wer will's dem deutschen Volk verübeln, Daß treue Liebe Bahn sich brach Für jene, — die nicht sind gewichen Im Kampf, bis sie die Kugel traf, Die nun, — das Auge früh verblichen, Im Welschland ruhn im ew'gen Schlaf. — „Verdient habt ihr des Lorbeers Reiser Noch über eure Gruft hinaus!" Die Worte sprach stolz Deutschlands Kaiser Bei einem ernsten Anlaß aus, Als er ein Denkmal jüngstens weihte, Worunter viel Gefall'ne ruhn; So stellt' der Herrscher sich zur Seite Von seinem Volt, — ein edles Tun! — Es ziehe durch die deutschen Lande Zur Feier heute frisch dahin Die Eintracht im lichten Gewände Soll treu begeistern aller Sinn! — So ist dem Reiche schön beschieden, Daß frei von jedem Ungemach Aufsteiget ihm in goldnem Frieden Ein würdevoller Sedantag! — — Nachdruck verboten. Karl Emmrich. Das Wichtigste vom Tage- Der Kaiser nahm gestern bei Münster die Parade über das 7. Armeekorps ab. Nach Mitteilungen des Kriegsministeriums über die Fahrt der Truppentransportschiffe ist der Dampfer „Willehad" des Norddeutschen Lloyds mit dem Heimtransport des ostasiatischen Detachements an Bord am 29. August wohlbehalten in Port Said angekommen und am 30. August von dort weiter gegangen. Prinz Georg von Griechenland hat sich gestern, wie aus Kopenhagen gemeldet wird, mit der Prinzessin Marie Bonaparte verlobt. Der englische Botschafter in Paris teilte gestern Cle menceau den Wunsch der englischen Kolonie in Tanger nach Schutz mit. Clemenceau kündigte die Entsendung des Panzerkreuzers „Desaix" an. Die neue Quebec-Brücke in Ottena (Nordamerika) ist eingestürzt. 250 Personen sollen umgekommen sein. In Antwerpen sind von neuem 7000 Hafenarbeiter ausgesperrt worden. §lott6nvermebrung und l^usten- vsrteidigung. Die zukünftige Entwickelung der deutschen Flotte beschäftigt jetzt mehr denn je alle politischen Kreise Deutsch lands und spielt auch in dem Programm jeder parla mentarischen Partei, wie neulich die Rede des Zentrums abgeordneten Dr. Spahn bewiesen hat, eine ganz hervor ragende Rolle. Diese ganze Frage hat nun, ganz abge sehen von politischen Erwägungen, eine marinetechnische und eine finanzielle Seite. Jede Kriegsflotte muß auf der Höhe der Zeit stehen, wenn sie ihren Zweck erfüllen und zur Verteidigung der vaterländischen Interessen wirk lich beitragen soll. Deshalb muß vom marinetechnischen Standpunkte aus verlangt werden, daß die Schlachtschiffe und Panzerkreuzer, welche Deutschland neu erbaut, den großen Schlachtschiffen und Panzerkreuzern der maß gebenden Großmächte mindestens ebenbürtig sind, sonst können ja die deutschen Kriegsschiffe einen Kampf auf offener See gegen erstklassige Schiffe garnicht wagen. Die persönliche Tapferkeit unserer Seeleute und ihre fach männische Tüchtigkeit mag man noch so hoch einschätzen, so können doch die Offiziere und Mannschaften der tapfer sten Marine nichts Hervorragendes leisten, wenn sie min derwertige Schiffe und schwache Kanonen hat. Nun hat aber zumal England an der Zahl, Größe und Stärke seiner Kriegsschiffe einen so großen Vorsprung vor Deutsch land, daß garnicht daran zu denken ist, daß in absehbarer Zeit die deutsche Kriegsflotte auch nur Halbwegs eine ähnliche Stärke wie die englische erreichen würde. Aber so viel erfordert das Ansehen und die Machtstellung des Deutschen Reiches in der Welt, daß die deutsche Kriegs flotte an Schiffszahl und Schiffsstärke wenigstens den Seemächten zweiten Ranges ebenbürtig gegenübersteht, daß also Deutschland mit seiner Flotte dos leiste, was Frankreich, Nordamerika und Japan vollbringen. Jeder Patriot mutz einsehen, daß Deutschland mit seinem grotzen Welthandel und dem gewaltigen Wachstum seiner In dustrie nicht eine Flotte dritten oder gar vierten Ranges besitzen darf. Nun kosten aber die gewaltigen Kriegs schiffe von mehr als 18000 Tonnen Größe etwa 36 Mil lionen Mark, und für die großen Panzerkreuzer, die sich durch ihre große Schnelligkeit auszeichnen müssen, sind die Kosten ebenso bedeutend. Das Wachstum der deut schen Flotte wird also auch durch finanzielle Rücksichten beschränkt, denn selbst ein Mehraufwand von etwa 30 Millionen Mark pro Jahr würde das Wachstum der deutschen Flotte gegenüber der englischen noch gar nicht verändern. Aber den Flotten der übrigen Großmächte gegenüber könnte schon durch eine jährliche Mehrausgabe von etwa 20 Millionen Mark eine entsprechende Vergrö ßerung der deutschen Flotte erreicht werden. Und da er gibt sich für Deutschland die Notwendigkeit, den Schutz zur See für das Vaterland in keiner Weise allein der Kriegsflotte zu überlassen, sondern auch daran zu denken, daß durch zielbewußte und ausgedehnte Küstenbefestigungen Deutschland zur See sehr nachdrücklich geschützt und ver teidigt werden kann. Wir haben eben gesehen, das mit 20 bis 30 Millionen Mehrausgaben für die Kriegsflotte eine ganz besondere Leistungsfähigkeit der deutschen Flotte nicht erreicht, sondern nur eine achtungswerte Stellung der deutschen Marine gegenüber dem Auslande erzielt werden kann. Wenn aber für Befestigungen der deutschen Küste an der Elbe, Ems, Weser und Jade, und dann vielleicht noch am Stettiner Haff und der Weichselmün dung 10 bis 20 Millionen Mark ausgegeben werden und die Küstenbefestigungen mit den schwersten Geschützen aus gerüstet werden, so erreicht man mit dieser Art der Ver teidigung zur See verhältnismäßig sehr hohe Resultate. Den besten Beweis dafür liefert sogar der russisch-japa nische Krieg, und die Verteidigung von Port Arthur, denn trotz der mangelhaften Küstenverteidigung des See hafens von Port Arthur vermochte die tüchtige japanische Flotte Port Arthur nicht zu erobern und konnte selbst der Stadt Port Arthur nicht einmal großen Schaden zu fügen, und Port Arthur mußte von einer japanischen Landarmee regelrecht belagert werden. Eine wirksame Küstenverteidigung durch Küstenbefestigungen ist also ohne allzugroße Kosten recht gut möglich. OerMckes unS Säcksisckss. Pulsnitz. Wir verfehlen nicht, nochmals auf den an dieser Stelle mehrfach schon empfohlenen, vom Gewerbeverein nächsten DienSrag Abend im SchützenhauSsaale zu veranstaltenden Vortrag: ^.Auf dem Rade um die Welt!" aufmerksam zu machen. Der Reinertrag soll dem Kinderspielplatz-Fond» zu gute kommen, — Mit dem Vorwort „M i t t e l st a n d S t ä u s ch e r" brachten wir in Nummer 102 vom 24 August einen Artikel, den wir der „Radeberger Zeitung" entnahmen. Daraufhin ging auS unserm Leserkreise Folgendes zu: Die AuSjührungen in diesem Artikel bedürfen dringend der Berichtigung. Zunächst ist allerdings die Behauptung richtig, daß die Interessen der unter dem Sammelnamen „Mittelstand" zusammengefaßten Be« völkerungSschichten keineswegs gänzlich einheitlich sind, daß der kleine Beamte, der Detaillist, der Handwerker, der Landwirt nicht immer und überall die gleichlaufenden Interessen» haben. Das wird natürlich kein Mensch im Ernst bestreiten wollen. Dem« gegenüber ist aber doch zu betonen, daß e» auch gemeinsame Interessen des Mittelstände» gibt, die einer Zusammenfassung und wirksamen Vertretung bedürfen. Abgesehen von dem Be amtenstande, der übrigen» vielfach dem Mittelstände im eigent lichen Sinne nicht zugezählt wird, sind doch z. B. alle Mittel standsgruppen bedroht von der Gefahr der Großkapitalien»»»», der immer mehr auch die Gewerbe erfaßt, die bisher und nicht zum Schaden der Allgemeinheit im Kleinbetriebe aurgeübt wor den sind. Hier heißt e», gemeinsam den gemeinsamen Feind abwehren. So ist es auch Pflicht der Selbsterhaltung de» Mittel stände», den Beamten- oder Konsumvereinen oder wie dergleichen Vereine heißen mögen, geschlossen entgegenzutreten. Aber auch StandeSinteressen gilt e» zu wahren, Treue und Ehrlichkeit in Handel und Wandel hochzuhalten. Diese gemeinsamen Interessen in den einzelnen Mittelstaadsgruppen immer mehr und mehr zu wecken und zu vertiefen, das ist die Aufgabe der in kurzer Zeit mächtig gewachsenen sächsischen Mittelstandsvereinigung. Aber die vornehmste Aufgabe dieser Vereinigung wird e» sein, da» gegenseitige Verständnis sür da» Wohl und Wehe der einzelnen MittelstandSgruppen unter einander zu beleben. Verschwinden werden selbstverständlich die ost sich begegnenden Interessen der Gruppen nicht. Aber Haden die Angehörigen eine» einzelnen Gewerbes nicht auch verschiedene Interessen? Man braucht nur an den Konkurrenzneid zu senken! Und können sich diese Glie der einer bestimmten Erwerbsklasse nicht auch in den Innungen zusammenschließen und ihren Stand und ihren Erwerb fördern? Doch mit Selbsthilfe allein wird e» nicht getan sein! Wa» hilft dem Handwerksmeister eine gediegene berufliche Aurbildung und sein Zusammenschluß mit andern, wenn neben ahm ein Warenhaus sich eröffnet und unsolide Waren gleicher Art, wie er sie selbst feilbietet, zu billigeren Preisen abgibt? Wa» nützt dem Handwerker Reellität und Kalkulation»vermögen, wenn bei Ausschreibungen der unlautere Konkurrent vorgezogen wird wegen seiner Preise, die nur auf Kosten der Güte der Arbeit und Waren so niedrig sein können. Nur gesetzgeberische Maßnahmen können hier dem Mittelstände wirksam helfen. Für Erreichung derselben gaben sich die rechtsstehenden Parteien, die konservative und die Reformpartei, schon immer tätig bemüht, während der Liberalismus, so sehr mittelstandsfreundlich er sich auch jetzt vor den Wahlen geberdet, den Mittelstand immer lediglich auf den Weg der Selbsthilfe verweist. Daher sollte jetzt jeder Angehörige des Mittelstandes seine Stimme nur dem Landtagtkandidaten geben, der vermöge seiner Zugehörigkeit zu einer rechtsstehenden Partei die Gewähr dafür bietet, daß er praktische MittelstandS- politik im Sinne der vorstehenden Ausführungen treibt. Wenn der Schreiber de» Artikel» u. a. von Leuten spricht, „die unbe sehen jeder Forderung zustimmen, die von irgend einer Seite zum angeblichen Besten de» Mittelstandes erhoben wird", so hat er damit sicherlich nicht die recktSstehenden Parteien gemeint, denn sonst würden sie ja nicht, wie er sich au-drückt, „auf den Fleischerstand so arg einhauen," sondern auch diesen wegen seiner Fleischpreise verteidigen. Ohorn. Am vergangenen Montag unternahmen gegen 70 Mitglieder deS Oberlausitzer Forstverein» eine Exkursion in» Ohorner Revier, nachdem am Abend vorher im „Herrenhau»" unter Vorsitz de» Forstmeister» Korselt-Zittau eine Aursprache über forstliche Tage»fragen stattgesunden hatte Die Anregungen, die dabei der Ohorner Nevierverwalter in seinen Ausführungen über die WirtschaftSverhältnisse im Ohorner Forstreviere gab, ebenso einige waldbauliche ThemataS besonder» über aurländische Holzarten, die Behandlung der Uniformfrage und nicht zuletzt die Behandlung der leidigen Nonnenkalamität lührten zu lebhaften und anregenden Debatten, die wohl jeder Versammlungsteil nehmer voll befriedigt verlassen hat. In vier Omnibussen wur den am Montag Vormittag die AutflugSteilnehmer nach dem Oberdorfe befördert, von wo auS durch die Neuanpflanzungen der bäuerlichen Ankäufe eine 1'/, stündige Wanderung nach dem Forstgehöfte Luchsenburg angetreten wurde. Hier bot die Gut»- herrschast ein abwechslungsreiche» Frühstück an, dem da» Au»« schießen einer Festschcibe folgte und die Forstmeister Großer- Joachimstein sich durch einen Meisterschuß erwarb. Nach Be sichtigung verschiedener älterer und jüngerer Bestände, mehrerer Pflanzenerziehungsstätten usw. kam man nach 4 Uhr im idyllisch gelegenen Forsthause zu einer Kaffeepause zusammen, besichtigte dann später den Schloßpark und die Kakteensammlung und be endete den Ausflug mit einem einfachen MitragSmahle im Schützen hause, dessen Küche und Keller nur Vorzügliche« boten.