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PulsmherIayeblatt Frrnwrecher 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz »8» «»44 Bank-Konten: Pulsnitzer Rank, Pulsnitz und Postscheck-Konto Dresden 2138. Siro-Konto 14S Commerz, und Privai-Bank, Zweigstelle Pulsnitz - — — ««scheint an le»«« Werktag — — — Im Falle höherer Gewalt. 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S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtrnau, FrtederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kiein-DittmannSdorf Geschäftsstelle: PulSnitz, «lbertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E L. FSrster, Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in PulSnitz Anzeigen.Grundzahlen in N/: Die 41 mm breite Zeile (Mosse'S Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 10 NO in der Amtshauptmannschaft Kamenz 8 NO amtlich 1 mm 30 N? und 24 NO Reklame 25 N^> Tabellarischer Satz 50"/, Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfallen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung- Bis r/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tac: Ausnahme NWMMer 28S Mittwoch, den S. Dezember 1S28 8«. Jahrgang Das Wichtigste Wie das Hamburger Fremdenblatt erfährt, ist der Hamburger Dampfer „Jmmenhöf", der am 31. November von Nordenham mit einer La dung Superphosphat nach Kingslynn abgegangcn ist, verschollen. Die Besatzung besteht aus 12 Mann. Durch eine Chamberlain - Rede ist die Stellung Deutschlands bei den kommenden Reparationsverhandlungen sehr erschwert worden. Im Befinden des englischen Königs ist keine wesentliche Besserung ein« getreten. Die Revolution in Afghanistan breitet sich aus. Völkerbundrat am Luganer See. ! Brief für unsere Zeitung aus dem sonnigen Süden. Don Walter Möller. Lugano, 2. Dezember 1928. Der Dölkerbmrdrat zieht diesmal um. Das ist nun eine beschlossene Sache, und als Grund dafür erfährt man, daß Herrn Chamberlain das Genfer Klima im Winter nicht recht behagt. So ganz plausibel ist der Grund zwar nicht, wenn man sich vergegenwärtigt, daß Herr Chamberlain ja in England viel mehr Nebcltage während eines Winters «erlebt als in der sonnigen Südschweiz. Sollte man viel leicht der französischen Grenze bei den bevorstehenden Ver handlungen um einige hundert Kilometer ferner bleiben wollen, als dies in Genf der Fall ist? Wie dem auch sei, sind die Teilnehmer der nächsten Konferenz und der Anhang der Delegationen schon darum zu beneiden, daß sie für die Konferenzdciuer unserm naßkalten und nebligen Winter mit feinem besonders in diesem Jahr recht unzuverlässigen Cha rakter entfliehen können. Mag auch der Winter in Italien diesmal wie auch im vorigen Jahre schärfer eingesetzt haben, als es sogar in Norddeutschland der Fall war, so handelt es sich doch immer hin nur um vorübergehende Erscheinungen, von denen die nördlich der italienischen Grenze gelegenen südschweizerischen Orte, die sich des unmittelbaren Schutzes der gewaltigen Alpenkette erfreuen, auch nur ganz selten betroffen werden. Die Iahresftatistik hat festgestellt, daß z. B. Lugano noch immer selbst «während der Winterperiode von Oktober bis März 869 Sonnenständen zählt, und während eines vollen Jahres nur einen Nebeltag hat, zum Unterschied von den Kurorten, die nördlich der Gotthard-Kette am Vierwald stätter See liegen, bei denen die Nebelperiode bereits mit Ende September einsetzt. Lediglich die nach Westen liegende Ausbuchtung des Luganosecs, an der der entzückende Vorort von Lugano Paradiso liegt, weist mehr Nebel wegen der hinter den Bergen liegenden kleineren Seen auf. Die Lage Luganos an der halbmondförmigen Seebucht ist nicht sehr verschieden von Genf. Wenn die Temperaturen beider Orte im Sommer ziemlich die gleichen sind, nämlich bis gegen 40 Grad ansteigen, so unterscheiden sie sich doch im Winter ziemlich merklich. Der Unterschied im Charakter beider Orte ist aber noch ein größerer, wenn man einen Gang durch die beiden Städte unternimmt. Das kleinere Lugano zeigt auch in der Innenstadt mit seinen Basar straßen das Gesicht eines eleganten Weltkurorts, während in Genf die vom Hafenkai entfernteren Nebenstraßen einen tristen, gleichförmigen Eindruck machen, und in den Häusern, mit oft vier und fünf Mietsparteien auf einem Stockwerk, Reinlichkeit nicht das oberste Gesetz ist. Man spürt, im Gegensatz zur übrigen Schweiz, hier doch schon den nahen französischen Provinzstadteinschlag. Zahlreicher als in Genf finden wir in Lugano Palmen, Oliven, Minarvcn und Aloe auch während der Winter monate im Freien wachsen. Die fast fünf Kilometer lange Kaipromenade gibt Lugano seinen einzigartigen Charakter. Hier hört man alle Sprachen der Welt, und der einfache Eondelführer und Besitzer eines kleinen Motorbootes preist seine Fahrten mit sicheren: Blick für die Eigenart jedes Fremden englisch, französisch, deutsch oder italienisch an. Wenn dann abends die mächtigen Lichttransparente der vielen großen Hotelpaläste aufleuchten und die Berge nur noch als riesige Silhouetten über den See grüßen, dann ent wickelt sich in den blanken Parkettsülen, aus denen Geigen und Jazz klingen, das gesellschaftliche Leben jener Welt, die es sich leisten kann, dem nordischen Winter aus dem Wege zu gehen und um Weihnachten herum bereits in den Gärten die ersten Veilchen und Primeln zu pflücken. Der Schnee, der hier ab und zu einmal vom Himmel rieselt, ist nicht mehr als eine verlegene winterliche Geste, denn schon nach wenigen Stunden hat ihn die Mittagssonne wcggctaut; beträgt doch im Dezember die mittlere Lufttemperatur noch immer 2P Grad Celsius und im Januar 1,3 Grad. Aber selbst bei ungünstigem Wetter werden die Kon ferenzteilnehmer Zerstreuung genug finden, um Verhand- lunassoraen zu vergessen, wenn sie den Konferenztisch ver- MMWMkS MMNWMII Ski MMMMM Chamberlain wendet sich gegen die Verzögerung der vollen Arbeitswiederaufnahme in der Wenige Tage vor dem Beginn der Konferenz von Lugano hat die Reichsregiernng eine diplomatische Nieder- läge einstecken müssen. Der englische Außenminister Cham- berlain, der erst seit wenigen Tagen wieder die Geschäfte des englischen Auswärtigen Amtes übernommen hat, ließ sich im englischen Unterhaus über den von Deutschland vor gebrachten rechtlichen und moralischen Anspruch auf vor zeitige Räumung der besetzten Gebiete befragen. Chamberlain erklärte, daß eine maßgebende Stelle, also wohl die englischen Kron-Juristen, den deutschen Anspruch geprüft und abgelehnt hätten. Deutschland habe auf Grund des Artikels 431 des Diktats von Versailles nicht das Recht, die vorzeitige Räumung der besetzten Gebiete zu fordern, denn Deutschland müsse danach seine gesamten Rcparations- Verpflichtungen zahlen, ehe es diesen Anspruch erheben könne. Chamberlain hat dann auf weitere Fragen hin noch einige Andeutungen gemacht, die nur so ausgelegt werden können, daß sich Chamberlain nach einem Besuch des Pa riser englischen Botschafters in London rückhaltlos dem Standpunkt Poinrar-?« augeschlossen hat. Chamberlain lehnt jede vorzeitige Räu mung aus rechtlichen und moralischen Gründen, also auch als Rückwirkung auf die Locarno politik, unbedingt ab und fordert für die vorzeitige Räumung der besetzten Gebiete genau so wie Poincare eine deutsche Gegenleistung, praktisch also ein deutsches erhebliches Ent gegenkommen in den Reparationsverhandlungen. Es ist kein Geheimnis, daß diese Erklärung Chamberlains lm deutschen Auswärtigen Amt großes Erstaunen hervor gerufen hat und daß das A. A. es für sehr unzweckmäßig erklärt, daß der englische Außenminister gerade in diesem Augen blick eine derartige Erklärung abgegeben hat. Es hat sich unbedingt in der englischen Auffassung ein Wandel voll zogen, denn bisher hat es die englische Regierung regel mäßig abgelehnt, sich offiziell Uber den Artikel 431 des Diktats von Versailles, auf den Deutschland seinen recht lichen und moralischen Anspruch auf vorzeitige Räumung stützt, zu äußern. Die Verhandlungen über die Bildung der Sachverständlgen- konfereuz sind in den letzten Tagen nicht vorwärtsgekommen. Die Be sprechungen, die der deutsche Botschafter, von Hoesch, in Paris mit PoincarS und» Briand gehabt hat, haben nur er geben, daß PoincarS an der Ernennung der Sachverständigen durch dieReparationskom Mission festhält, wah rend die deutsche Regierung, was im Gegensatz zu den Mel dungen englischer und französischer Blätter bemerkt werden muß, die Ernennung der Sachverständigen durch die Repa rationskommission noch immer als „äußerst unzweckmäßig" bezeichnet hat. Berliner Stimmen über Chamberlain Berlin, 4. Dezember. In der Berliner Abendpresse kommt ganz allgemein das Erstaunen, wenn nicht die Ent rüstung zum Ausdruck, daß die gestrigen Unterhauserklärun gen Chamberlains über die Räumungsfrage ausgelöst haben. Die „Germania" stellt fest, wenn es noch eines Bewei ses für die Zwangslage bedürfte, in die sich England durch seine Gefolgschaft gegenüber Frankreich begeben hat, so war es die gestrige Unterhauserklärung Chamberlains zur Räu mungsfrage. Es habe den Anschein, als ob der Weekend- Besuch Tyrrells in London vor allem dazu gedient habe, den lange abwesenden Chamberlain über die loyale Unter stützung der französischen Räumungs- und Rcparationsthese ins Bild zu setzen. Das „Berliner Tageblatt" nennt die Erklärungen Chamberlains einen Bruch in der Linie, die die englische Politik bisher gehalten habe. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung" meint, das Auffallendste sei, daß der englische Außenminister es im gegenwärtigen Zeit punkt für politisch zweckmäßig erachtet habe, seine abwegige Rechtsauffassung mit so starker Betonung zu verkünden. Das Blatt spricht von einer Verschärfung der Lage. Der „Lokalanzeiger" erinnert daran, daß die Vertretung Chamberlains durch Cushendun, dessen ausgesprochen deutsch feindliche Gesinnung ein öffentliches Geheimnis war, von den unverbesserlichen Locarno-Politikern dahin ausgelegt berechtigte« deutschen Forderungen Eisenindustrie — Berliner Stimmen über Chamberlain worden sei, daß es sich doch nur um eine Vertretung handle. Wenn jetzt Herr Chamberlain in eigener Person Deutschlands Rechtsanspruch auf sofortige Rheinlandräumung bestreitet, so sei abermals der Beweis dafür geliefert, auf wie tönernen Füßen die Locarno-Politik Stresemanns aufgebaut sei. Severing verhandelt. Bochum. Severing, der ohne Begleitung im Ruhrrevier eingetroffen ist, hat am Dienstag vormittag mit den Ver tretern des Deutschen Metallarbeiterverbandes in Essen ver handelt. Der Reichsminister hat kein bestimmtes Programm für seine Informationsreise festgelegt. Wie verlautet, wer den keine gemeinsamen Besprechungen der Parteien unter Vorsitz des vermittelnden Ministers stattfinden. Verzögerung der vollen Arbeitswieder aufnahme in der Eisenindustrie Duisburg, 5. Dezember. Bei der Wiederaufnahme der Arbeit in den Werken der Eisenindustrie stieß man auf erhebliche Schwierigkeiten, die die Wiedereinstellung der ge samten Belegschaften erheblich verzögern. Bei Krupp-Rhein hausen konnte man von den vorgesehenen 600 Mann am Dienstag nur einen kleinen Teil einstellen, da man beim Anheizen der Hochöfen starke Risse und Brüche in den Ka nälen feststellte. Ein normaler Abstieg der Hochöfen ist nicht vor Ende der Woche möglich. Ebenso sind in den rheini schen Stahlwerken, bei den Vereinigten Stahlwerken in Wei derich, auf der Hütte „Vulkan" usw. viele Oefen stark repa raturbedürftig. In den Salzwerksanlagen der Erzeugungs betriebe wird die volle Tätigkeit erst Mitte der nächsten Woche möglich sein, sofern bis dahin genügende Produktion bereit ist. Die Eisenverarbeitenden Betriebe werden nach Wiederaufnahme der Tätigkeit der Strom- und Dampfver sorgungsanlagen am Mittwoch wieder voll arbeiten können, da hier fast überall genügend Material vorrätig ist. Deutsche, die ihr Vaterland an Frankreich verraten. IndustriespionageprozeßinLudwigs Hafen. Ludwigshafen. Vor dem Schöffengericht Ludwigshafen begann der aufsehenerregende Prozeß gegen vier frühere Angestellte der I. G. Farbenindustrie, Werk Ludwigshafen, wegen Werkspionage im Auftrage des französischen Spio nagedienstes im besetzten Gebiet. Haupttäter sind der 23 Jahr alte Laborant Fritz Hellmann aus Ludwigs hafen und der 28 Jahre alte Monteur Franz Joses Schwarzwälder aus Mannheim. Mittäter sind die Laboratoriumsarbeiter Richard Müller aus Ludwigs hafen und Michael Magin aus Fischerstadt. Die Anklage lautet auf Uebertretung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes, ferner für HÄll- mann auf Uebertretung des 8 48 des StGB., für Schwarz wälder und Müller auf ein Vergehen nach 8 6 des Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheimnisse. In der Vor untersuchung schon haben alle Angeklagten ein teilwei ses Geständnis abgelegt. Danach steht fest, daß sämt liche Angeklagten Betriebsgeheimnisse der I. G. Farbenindustrie an Beamte der französischen Sürsts, der Geheimpolizei im besetzte» Gebiet, verrate« haben. Hellmann hat die beiden Mitangeklagten Müller und Magin zur Mittäterschaft bewogen. Hellmann hat im Früh jahr und Sommer 1928 eine ganze Reihe von Berichten über geheim zu haltende Versuche der I. G. Farbenindustrie gegen Bezahlung an einen Vertrauensmann einer französischen Industriespionageorganisation, Nord esc, aus Paris ver raten. Dabei hat Schwarzwälder als Vermittler fungiert« Die Vernehmung Hellmanns zeigt, wie sich die französische Geheimpolizei Ludwigshafens planmäßig damit befaßt hock, auf unlauterem Wege Fabrikationsgeheimnisse der Anilm fabrik Ludwigshafen in Erfahrung zu bringen. Aus den Aeußerungen Hellmanns geht hervor, daß die französische Industriespiouage planmäßig die chemischen Fabriken in Höchst am Main und sogar die Leunawerke in Merseburg bearbeitet hat«