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pulsnitzerWchendlatt vszirks Anzeiger §ernsprecher: Nr. 18. 6mts erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. des König,. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Mit „Illustriertem Sonntagsblatt", „Landwirt schaftlicher Veilage" und „Mode für Lille". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Zaus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. und Heilung lelegr.-Ndr.: Wochenblatt Pulsnitz » Inserate kür denselben lag sind bis vormittags I UM '0 Ohr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Naum 15 Pf., Lokalpreis 12 pk. Neklams 30 Pf. Sei Wiederholungen Nabak. 5lmtsblatt für den flmtsgerichtsbezirk Pulsnitz, Druck und Verlag von L. L. Sörstsr's Lrbsn (Inh.: Z. XV. Mohr). umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. 3., Vollung, örotzröhrsdork, Zretnig, löausvvalde, Ohorn, Obersteina, Nieder stem«, Weißbach, Ober- u. Niederlichtenau, §riedersdori-1chiemenLork, Mittelbach, Srotznaundork, Lichtenberg, Klein-Vittmannsdorf. Expedition: Pulsnitz, vismarckplatz Dr. 265. Verantwortlicher Nedakteur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. Rr. 11. Somiabend, 27. Januar 1912, 64. Jahrgang. Zum Eeburlstaze des Kaisers. Kaiser Wilhelm tritt heute, am 27. Ja- nuar, in sein 54. Lebensjahr ein, er freulicherweise in wünschenswertester Ge sundheit, in vollster männlicher Kraft, in bewundernswürdiger geistiger Frische und Elastizität. Frohen Herzens begrü ßen alle guten Deutschen den verehrten Monarchen zum Beginne der neuen Le bensjahre», längst wissend, wie eifrig und ernst er es mit den mancherlei Pflichten seines hohen Amtes nimmt und welche Verdienste um da« Wohl der Ge samtheit er sich während seiner nun fast 24 jährigen RegierungSzeit erwarben hat. Vor allem aber dankt es das deutsche Volk seinem Kaiser, daß er dem Deut- s?,en Reiche noch bi» zur Stunde da» kostbare Gut des Friedens erhalten und die an ihn wiederholt und erst noch in jüngster Zeit herangetretenen Gelegen- heiten, sich den Schlachtenlorbeer um die Stirn zu winden, stets zurückgewiesen hat. Sollte eS dem Kaiser jedoch ein mal erforderlich erscheinen, zur Wahrung deutscher Interessen und zur Ehre de» deutschen Namen« das Schwert zu ziehen, so würde ec es sicherlich tun, denn alle- zeit ist er darauf bedacht gewesen, da» Ansehen, die Macht und die Würde des Reiche- ungeschmälert zu erhalten. Dank- bar muß es am Wiegenfeste des allver- ehrten Herrscher» anerkannt werden, daß unter seinem Regime sich Handel und Wandel im deutschen Vaterlande zu im- mer größerer Blüte entwickelt haben und daß die überseeischen Handelsbeziehungen Deutschland» zu stetig größerer Entwicke- lung gelangt sind, erschließen sich doch fast täglich der deutschen Produktion neue Absatzgebiete. Ruhig schaut daher da» deutsche Volk mit dem erlauchten Reich»- oberhaupte in die Zukunft, vertrauend, daß die Stärke und Weisheit des Kaiser» auch fernerhin alle Fährlichkeiten für Reich und Nation überwinden werde. Darum erneuern alle loyal und kaiser treu gesinnten Deutschen am heutigen Lage das Gelöbnis ihrer unverbrüch lichen Treue und Anhänglichkeit für Kai ser und Reich, und zwar angesichts des soeben abgeschlossenen erbitterten Wahl hat augenblicklich so viel Schattenseiten, daß eine Aussprache zwischen maßgeben den Persönlichkeiten sehr zweckmäßig er- scheinen muß. So ist es denn erneut zu einem Konflikt zwischen Italien und Frankreich gekommen, der diesmal ei.' bemerkenswerte Schärfe trug. Die Beschlag- nähme der „Manuba" und die Gefangen- nähme der 29 Türken hat an der Seine überaus böse» Blut gemacht. Man war erstaunt über das Verhalten der „ Schwester nation", und die Worte, die in der Presse für Italien abstelen, waren alles andere als freundlich. Der Zwischenfall ist ja so ziemlich beigelegt, indessen läßt sich nicht leugnen, daß man in Paris die Haltung Italien» nicht so leicht vergessen wird. Auf das Liebe»werben Frankreich» um Italien ist ein Reif gefallen. Die Haltung Italien» hat auch eine Affäre zur Folge, die sich in Wien ab- wickelt; die AehrenthalkristS scheint wieder akut geworden zu sein, und eS heißt er- neut auf da» bestimmteste, daß drr Leiter der auswärtigen Politik der Donaumo narchie au» „Gesundheitsrücksichten" bin- nen kürzester Frist zurücktreten werde. Man weiß zur Genüge, daß die gemäßigte Politik, die Aehrenthal gegenüber Italien eingeschlagen hat, nicht nach dem Herzen einflußreicher Persönlichkeiten ist, die ei- nen Rückhalt im Thronfolger und den militärischen Kreisen haben. Bereit» al ber GenerakstabSchef von Hötzendorff auf Veranlassung Aehrenthal» zurücktreten mußte, verlautete, daß es sich nur um einen Pyrrhussieg des Minister» handele, und nun scheint sich sein Geschick tatsäch lich erfüllen zu sollen. Man will gegen über Italien, das alle möglichen Maß nahmen trifft, um sich gegenüber Oester- reich zu wappnen, keine Politik der Lau heit mehr, sondern energisch auftreten und auch eine eventuell gewaltsame Ab- rechnung nicht scheuen. Ob eine solche provozierende Politik das Richtige ist und ob man an der Donau st« nicht eines Tage» bereuen wird, steht gar sehr dahin. Kritischer sehen jetzt wieder die Dinge im fernen Osten aus. Nachdem sich die Liquidation der Mandschudynastie in ruhigen Bahnen zu vollziehen schien und die Abdankung so gut wie feststand, ist kampfeS im Reiche mit besonderem Nach. druck. So möge denn auch zum diesmaligen Geburt». Rechten, besonder» bei der Reichspartei, die gleichfalls die Kaiserinwitwe mit einem Male hals starrig geworden, und auch die Prinzen, die durchaus tage de» erlauchten Herrn laut der Ruf durch die deut schen Lande erschallen: „veil und Segen Kaiser WNdelm i> !" politische Wochenschau. Der neue Reichstag ist nunmehr gewählt. Am 7. Februar werden die alten und die neuen Mannen ihren Einzug am Königsplatze halten. Biele, gar viele sieht man nicht mehr, mancher hat von vornherein auf eine Wiederwahl verzichten müssen, aber noch mehr, die hoffnungsfreudig in den Kampf gezogen waren, find auf der Wahlstatt geblieben und kehren in den Wallotbau wenigsten« vorläufig nicht wieder zurück. Zahlreiche neue Gesichter aber wird man sehen, mehr denn je und auch der Sitzungssaal wird ein wesentlich andere» Bild bieten, al» bisher. 110 Sitze neh men auf der Linken die „Genossen" ein, während die bürgerliche Linke, deren Mandatzahl geringer geworden ist, mehr nach der Mitte rücken mutzte. Im Zentrum find die Veränderungen nicht allzu groß, aber auf der geschwächt woiden ist, find mancherlei Veränderungen wahrzunehmen. Die Wahlschlacht ist au», aber sie wird noch lange nachhallen und selten ist mit einer solchen Erbitterung speziell bet der Stichwahl gekämpft worden, wie diesmal, und die dabei entstandene Erre gung dürfte noch nicht sobald schwinden; zumal auch im neuen Reichstag angesichts dessen verändeter Zu- sammensetzung scharfe Zusammenstöße nicht au»bleiben werden. Aber auch in der äußeren Politik dürfte e» noch manche harte Nuß zu knacken geben. Der deut sche Staatssekretär de» Auswärtigen Herr v. Kiderlen- Wächter war zu kurzem Besuche in Rom eingekehrt und er hat seine Reise mit dem Wunsche motiviert, den italienischen Außenminister di San Giuliano kennen zu lernen. Daß er nur zu diesem Zwecke nach Rom gekommen ist, wird schwerlich jemand glauben und tatsächlich haben die beiden Staatsmänner längere Be sprechungen gehabt. Bon welcher Wichtigkeit diese ge- wesen sein müssen, erhellt daraus, daß auch Minister präsident Giolitti und der deutsche Botschafter von Jagow ihnen beigewohnt haben. Zu besprechen hatte man wahrlich genug, denn die internationale Lage geneigt waren, sich in das Unabänderliche zu schicken, sollen sich für eine Fortsetzung der Kampfes gegen die Rebellen ausgesprochen haben. Auf diese Weise wird der Pekinger Hof aber den Lauf der Dinge doch nicht aufhalten können, und wenn auch der Bürgerkrieg er neut lorbrechen und eine Weile unter erhöhter Erbit terung dauern würde, so wird dadurch höchsten» da» Leben der Mandschudynastie um kurze Zeit künstlich verlängert, und die Lage de» jetzigen Hofes bleibt nach wie vor eine unhaltbare. Ein neuer Au-bruch der Wirren könnte aber leicht verhängnisvoll werden und eventuell ein Einschreiten der Mächte erfordern, wo- durch die Lage nur noch komplizierter würde. Das Wichtigste. Kaiser Wilhelm vollendet heute sein 53. Lebensjahr. Die Zweite Sächsische Kammer beschäftigte sich am Donnerstag mit Petitionen. (S. LandtagSber.) Der Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter ist vom Urlaub zurückgekehrt.