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pulMitzerMchendlatt Nr. 8 64. Jahrgang Pulsnitz, den 20. Januar 1912 Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larit. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Vas LebrsrkoUsgium d. L. Schmalst Schuldirektor. Sonnabend, 20. Januar 19! 2. lelegr.-^dr.: Wochenblatt Pulsnitz Inserats kür denselben lag sind bis vormittags IO Uhr aukzugsben. Vie fünf mal gespaltene Zeile oder deren Naum t 5 pk., Lokalprsis 12 Pf. Neklame 30 Pf. Sei Wiederholungen Nabatt. und Zeitung Matt Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich des König,. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz AüNstzillt lii pulbnih, Seffenttilhe Einladung. Sonnabend, dsri 27. Januar, findet vormittags 10 Uhr in der ^urnbaUs die —Schulfeier des Geburtstages unseres Kaisers — statt. Herr Lehrer Gessinger wird in der Festrede über: „Die Verdienste Friedrichs des Trotzen um Preutzen" sprechen. Die geehrten Behörden, die werten Eltern, sowie alle Freunde der Schule ladet herzlichst ein 6nita,bltltt fllN Tion 6Ppl^nitz umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz m. s., Vollung, Orotzröhrsdorf, Sretnig, löausvvalde, Ohorn, Oberstsina, INeder- lN11ll 0 0 lUll I u l OVI l Ot 111 lotjtrl l» L't:) l l Id u 101lil), fteina, Weißbach, Ober- u. piederlichtenau, Sriedersdork-Ihiemendork, Mittelbach, örohnaundork, Lichtenberg, klein-vittmannsdorf. Vruck und Verlag von E. L. Sörster's Erven (!nh.: 7- W. Mohr). Lxpedition: Pulsnitz, IZismarckplatz vr. 265. Verantwortlicher Nedakteur: I. W. Mohr in Pulsnitz. Fernsprecher: Nr. 18. vezirKs-AnZSlgSr Erscheint:vienstag,Donnerstag u.Sonnabend. Mit „Illustriertem Sonntagsblatt", „Landwirt- schaktlicher Beilage" und „Mode kür Alle". » v 8 K Das Wichtigste. Heute finden in 77 Reichstagswahlkreisen darunter — im 3. sächsischen Wahlkreis — die Stichwahlen statt. Die Zweite Sächsische Kammer beschäftigte sich am Freitag mit mehreren Petitionen und einigen Kapiteln des ordentlichen Staatshaushalts 1913. (Siehe Landtag.) Die Erste Kammer begann am Donnerstag die Be ratung über die Kapitel 27 und 28 des ordent lichen Etats. — StaatSminister v. Seydewitz gab u. a. bekannt, daß die Königliche Staats- regierung 45 Millionen Mark zum Ankauf von Kohlenfeldern in der Nähe Leipzigs (Harth) und der Lausitz im außerordentlichen Etat eingestellt habe. Wie nunmehr feststeht, finden von 191 erforderlichen Stichwahlen 77 am heutigen Sonnabend, 80 am Montag, den 22, und 34 am Donnerstag, den 25. Januar, statt Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter traf heute Vor mittag in Rom ein und stieg in der deutschen Botschaft ab. In Württemberg wurden gestern früh zwei neue heftige Erdstöße wahrgenommen. In Osttirol herrschen furchtbare Schneestürme. Der Zugverkehr ist gestört. Nach einer Meldung aus Prag soll der Rücktritt des Grafen Aehrenthal und des Freiherrn von Burian bevorstehen. Die Pariser Presse äußerte sich in heftiger Weise über die Beschlagnahme des französischen Dampfers „Chartage" durch die Italiener. An der schottischen Küste ist ein Dampfer geschei tert, 53 Mann der Besatzung kamen um In einer Konferenz von acht Mongolenfürsten und dem Prinzen der chinesischen kaiserlichen Familie wurde das Verfahren der Abdankung der Mand- schudynastie festgesetzt. Vor Tripolis hat ein Kampf zwischen Türken und Italienern stattgefunden. Die Lage in Tripolis, Benghasi, Ainzara und Homs ist unverändert. Auf Zuara wurde von italieni schen Schiffen ein lebhaftes Bombardement er öffnet. Der nach Tunis bestimmte französische Postdampfer „Manuba", der am Mittwoch von Marseille ab- gegangen war, ist von den Italienern beschlag nahmt worden. Die türkische Kammer wurde gestern aufgelöst. Politische Wocheiischou. Dar Resultat der Reichstagswahlen beschäftigte begreiflicherweise in dieser Woche auf dar Lebhafteste die Gemüter, und besonders die Frage, w-e sich die einzelnen Parteien zu den Stichwahlen stellen würden, stand im Vordergründe des Interesse?, da ja hiervon das Gesamtbild des neuen Reichstages abhängt. Mehr denn je ist diesmal ein zweiter Wahlgang erforderlich geworden. Bet nicht wenigen der Parteien hängt fast der ganze MandatSbesttz von dem Ausgange der Stich wahlen ab. Wie sich die Dinge definitiv gestalten werden, läßt sich noch garnicht vorauSseyen, da eine einheitliche Wahlparole von keiner Partei aukgereben worden ist, sondern dies den Provinzorganisationen überlaffin ist. Es I egt aus der Hand, daß unter die- sen Umständen die Parteigrundsätze verschiedentlich über den Haufen geworfen werden und man sich lediglich von taktischen Bewegungen leiten läßt, wobei soge nannte Kompensationen — auf Deutsch MandatSscha- cher — «- ne wichtige Rolle spielen werden. Nur das Eine läßt sich schon heute sagen, daß die Reichsregie rung im Hinllick auf das Anschwellen der radikalen Linken nicht immer einen leichren Stand haben wird und daß es diesmal ihr nicht leicht werden dürfte, die zu erwartenden großen Heeres- und Marineforde rungen durchzubringen. Mitten im Wahlkampfe ist der preußische Landtag zu seiner letzten Session zusammengetreten. Freilich hat man nur die Präsidentenwahl erledigt, um sich bis nach AuSgaug der ReichslagSwahlen zu vertagen und dann erst in die eigentlichen Verhandlungen, ins besondere die Eiatlesung, einzutretcn. Die französische Mintsterkrisis hat ihre Erledigung durch ein Kabinett Poincare gefunden, indem der Pre mierminister selber das Portefeuille des Aeußeren über- nahm, während Delcaffe im Marineministerium blieb. Das Kabinett weist eine R-ihe nicht nur hervorragen der, sondern sehr hervorragender Politiker auf, wozu man, äußerlich betrachtet, Frankreich beglückwünschen könnte, aber es ist dabei vielleicht des Guten etwas zu viel getan, denn eS wird nichr immer leicht sein, Männer von solcher Autorität unter einen Hut zu bringen. Immerhin bedeutet ein Kabinet Poincare mit Leuten wie Millerand, BurgeoiS, Dupuys u. a. eine Politik der Mäßigung. Hierin liegt ein gewisses Moment der Beruhigung. Ein Kabinett Delcassö, in dem dieser wahrscheinlich das Aeußere gleichfalls über- nommen haben würde, hätte doch mancherlei Bedenken Hervorrufen muffen, und daher ist e§ im allgemeinen Interesse besser, daß er oie ihm angebotene Neubildung der Ministeriums abgel-hnt hat. Ein Gegenstück zu Delcaffe scheint in England Sir Eduard Greh zu bilden. ES ist wohl nicht von ungefähr, daß jetzt sowohl im liberalen wie im kon servativen Lager Stimmen laut werden, die sich auf das schärfste gegen GreyS waghalsige und gegen Deutsch land gerichtete Politik wenden Man wird sich jetzt erst so richtig klar darüber, welchen Gefahren man durch die Haltung GreyS während der Narokkofrage ausgesetzt war, ohne daß zu einem Konflikt mir Deutsch land irgend welche Veranlassung für Deutschland vor- gelegen hätte. Diese Einsicht kommt spät, vielleicht aber noch nicht zu spät, und gerade darirr, daß diese Stimmung völlig unbeeinflußt von uns aufkommt, lieg! ein immerhin erfreuliches Zeichen, denn es zeigt sich, daß doch noch manche Kreise in England ^son nen sind und sich nicht in inen Konfl-" mit Deutsch land treiben lassen möchten. Auch auf dem Kriegsschauplätze in Tripolis ist nach wie vor nichts neues zu berichten, aus beiden Seiten stand man sich während der letzten Wochen ziemlich untätig gegenüber, und man muß sich die Frage vorlegen, wie lange das wohl noch dauern wird, bis sine Entscheidung nach der einen oder anderen Richtung fällt. Indessen ist es begreiflich, wenn diese Lage, die auch di: gcfamrs Wsltpnlitik in Mitleiden schaft zieht, auf die Dauer den Mächten unbequem wird. Staatssekretär von Kroerlen-Wächter begibt sich dieser Tage nach Rom, um dort mit dem Minister des Aeußern San Guilipno zu konferieren, und er liegt auf der Hand, daß man bei dieser Gelegenheit sehr eingehend die tripolitanischs Frage erörtern wird. In Ostasien scheint nunmehr das Schicksal der Mandschudynastie besiegelt zu sein. Am Hofe hat man eingesehen, daß es keinen Zweck hat, auf die Dauer den Rebellen Widerstand zu leisten, da^mehr und mehr von der Dynastie abfällt. Der klugen Usberredrkunst Juanschikms vornehmlich dürfte es zu danken sein, wenn der Hof verzichtet Jedenfalls dürfte man mit Sicherheit darauf rechnen, daß die Ma rdfchus aufge hört haben, in China zu herrschen. Ob sich die re publikanische SiaatSsorm für China eignen wird, ist eine andere Frage. OsrtNÄZes unv Sücvslsckss. Pulsnitz (SonntagSplauderei.) Mit dem heutigen Sonntag sind wir bereits in das letzte Drittel des Januar eingetreten und domit in die Zeit der winterlichen Tanzlustbarkeiten. Und darüber herrsch! wett und breit allgemeine Freude. Denn auch da« Tanzbein will zu seinem Rechte kommen und zeigen, daß es allen Anforderungen der Gesellig! it gewachsen ist. Dazu kommen Theater und Konzerte, die ihre Be sucher mit guter, geistiger Kost, soweit solche unsere Komponisten, Lustspiel- und Dramenfabrikanten liefern, versorgen. Mit einem Wort: im Januar ist er eine Lust zu leben. Darin wird wohl sicherlich jeder un serer verehrten Leser einer Meinung sein. Aber auch die Natur ist im ersten Monate des Jahres keines wegs so unwirtlich, wie sie ehemals verschrieen wurde. Gerade die letzten Jahre haben hier auf manchem Ge biet erfolgreich Wandel geschafft. Man hockt glücklicher weise jetzt im Winter nicht ausschließlich am warmen Ofen mehr. Man sucht die freie Natur auf, wo und wann man immer kann. Hundertfältige Gelegen heit hierzu bietet namentlich der Januar, mag er sich nur winterlich streng oder lenzlich milde gebärden. Sportarten auf allen Gebieten locken zur regen Betä tigung und beweisen den Menschen immer wieder aufs neue, daß die Natur auch im Winter reich an Schön- heilen der verschiedensten Art ist. Hoffentlich gelingt es dem Zuge unserer Zeit, diese wintersportlichen Be strebungen in immer weitere Kreise zu tragen und so- mit nicht nur der NaturerkenntniL und der Freude an der Natur, sondern auch der Volksgesundheit und der Abhärtung zu dienen. Ja ganz besonders im Januar ist die Natur reich an stillversonnener Schönheit; denn die Erde ist n cht tot. Sie befindet sich nur in den A lfangSstadien eines sich in der ersten Natureniwicke- lung befindlichen Prozesses, der alles das geheimnis voll und unsichtbar vorbereitet, was unsere Augen erst