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Wochenblatt kennsp lecket' Telegramm-Messe: r- Do. iS lvocliendlatl pulsnik. für Pulsnitz und Umgegend Amts-Blatt Druck und Verlag von L. L. Förster's Erben. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur Otto Dorn in Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags zo Uhr aufzugeben. Preis für die einspalt. Zeile oder deren Raum to Reklame 20 H. Bei Wiederholungen Rabatt. Nlle Annoncen-Expeditionen nehmen Inserate entgegen. des Königl. NmtsgenlMs und des Sta-trakttes Lu pulsnUs. Amtsblatt für den Bezirk des Usnigl. Amtsgerichts gnlsnih, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz Al. S., Böhmisch - Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, lsauswalde, Ohorn, Gbersteina, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Ul.-Dittmannsdorf, Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illustr.Sonntags- blatt und landtz«. Beilage. Abonnement: Monatl. 50 A., vierteljährlich z.25, bei freier Zustellung ins Haus sowie durch die Post unter No. 805) 4.HO. Ar.^Donnerstag, den 9' Januar 1902. 54. Jahrgang. Zur Polensrage. Die hochoffiziöse Erklärung, mit welcher soeben das amtliche Wiener „Fremdenblatt" die bekannte Kundgebung des Fürsten Czartoryski im galizischen Landtage in Sachen der Wreschener Affäre beantwortet hat, darf als Abschluß des infolge der mancherlei deutschfeindlichen Demonstrationen speziell des österreichischen Polentums geschaffenen deutsch- österreichischen Zwischenfalles betrachtet werden. Denn der betreffende Artikel des genannten Wiener Regierungsblattes läßt erkennen, daß die feindselige Stellungnahme der öfter« reichischcn Polen gegen Preußen und Deutschland anläßlich der Berurteilung der Wreschener Tumultuanten keinerlei Verstimmung zwischen Wien und Berlin erzeugt» daß er das herzliche Verhältnis zwischen den alten Verbündeten Deutschland und Oesterreich unberührt gelassen hat. Vielleicht hätte man vom deutschen Standpunkte aus wünschen können, daß in der Erklärung des „Fremdenblattes" gegenüber dem Fürsten Czartoryski und seinen heißblütigen Landsleuten die Ueberhebungen und die chauvinistischen Aspirationen des österreichischen Polentums schärfer, als dies geschehen, in ihre Grenzen zurückgewiesen worden wären Indessen, die öster reichische Negierung muß notgedrungen Rücksichten auf die Polen nehmen, welche nun einmal im österreichischen Abge ordnetenhause die maßgebendste Partei sind und die daher von keinem Ministerium irgendwie vor den Kops gestoßen werden dürfen, sollen nicht die größten Verlegenheiten sür die Staatsleitung entstehen, daher erklärt cs sich denn, daß das Preßorgan des Wiener Auswärtigen Amtes sich nur zu einem milden Tadel der rednerischen Demonstration des Fürsten Czartoryski verflieg. Schließlich bleibt aber doch die Konstatirung der erfreulichen Thatsache, daß das intime offizielle Verhältnis zwischen dem Deutschen Reiche und der habsbur gischen Monarchie durch das deutschfeindliche Gebühren des PolentumS in Oesterreich nicht die geringste Trübung er fahren hat die Hauptsache, und daran kann man sich deut scherseits sehr wohl genügen lassen. Wenn nun somit die Nachwirkungen der Wreschener Affäre in Bezug auf ihre internationale Seite als abge'han gelten können, so werden sie doch in den häuslichen Ange legenheiten des deutschen Reiches auch noch fernerhin ihre Rolle spielen. Die von polnischer Seite hcrbeigeführte Jnter- pellationSdebatte im Reichstage über die Wreschener Angele genheit, welche kurz vor den parlamentarischen Weihnachts ferien zu Gunsten der völligen Erledigung der ersten Lesung des Zolltarifentwurfs abgebrochen wurde, wird nächstens ihre Fortsetzung finden und vermutlich mindestens noch eine Sitzung beanspruchen. Außerdem dürste ober bereits in der am Mittwoch begonnenen Generaldebatte des Reichstages über den Etat, das polnische Thema mehr wie einmal zur Erörterung gelangen, da kaum zweifelhaft alle Reiästags- parteien das Bedürfnis empfinden werden, ihre Stellung zur Polenfrage überhaupt möglichst bald vor der Oeffentlich- keit darlegen zu können. Den Vertretern der Reichs egie- rung und der preußischen Regierung ist demnach schon bei diesen R ichstagsverhandlungen genügende Gelegenheit gege ben, sich auch ihrerseits über eine der brennendsten Fragen der inneren deutschen und preußischen Politik zu verbreiten. Allerdings hat sich ja der Reichskanzler Graf Bülow bereits in der vorweihnachtlichen ReichStagsdrsku'sion über die Wre schener Vorgänge und weiter über das Polrntum selbst aus gelaffen, doch that er dies damals nur in sehr allgemeinen Wendungen, aus welchen lediglich die Versicherung des lei tenden Staatsmannes bestimmter hervorklang, er werde da für Sorge tragen, daß im Osten das Deutschtum „nicht unter die Räder komme". Vielleicht steht zu erwarten, daß sich der Kanzler nunmehr etwas eingehender, hinsichtlich der Mittel und Wege erklären wird, mit denen man regierungs seitig die Zurückdämmung der polnischen Gefahr zu erreichen gedenkt, denn auch in den Berliner Regierungskrcisen wird man jetzt hoffentlich zu der Einsicht gekommen sein, daß die wachsende polnische Propaganda endlich durch Thaten bekämpft werden muß, mit bloßen Worten und wenn sie noch so energisch klingen, ist da eben nichts zu erreichen. Freilich sieht sich die Regierung bei einem eventuellen systematischen Vorgehen zur Beschneidung der polnischen Agi tation mit auf die Hilfe der Gesetzgebung angewiesen, und da würde sie beim Reichstag« allerdings auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, in Anbetracht der hartnäckigen polen freundlichen Stellung, welche die Zentrumspartei bedauer licherweise nach wie vor einnimmt. Schließlich sind aber die Polen zunächst preußische Unterthanen, und der preu ßische Landtag wird gewiß auch jetzt gern seine Mitwirkung bei notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Unter stützung des bedrängten Deutschtums im Osten des Staates zusagen, wie er dies schon bei der vom Fürsten Bismarck durchgesktzten antipolnisHln Aktion betreffs der Ansiedelung deutscher Kolonisten in Posen und Westpreußen gethan hat. Natürlich kann von Ausnahmemoßregcln gegen die Polen, wie solche hier und da in deutschen Blättern gefordert werden, solange keine Rede sein, als nicht die Polen durch offene Revolte und Empörung solche geradezu heraussördern; in dessen läßt sich gewiß auch ohne eine förr. lichc Ausnahmge- setzgebiing dem polnischen Uebermut noch entgegentret-n. Nur wird man an den maßgebenden Berliner Stellen endlich zu der Erkenntnis kommen müssen, daß es mit dem bisherigen Schaukelsystem gegenüber den Polen, das aus abwechselnder Strenge und Milde bestand, nicht gethan ist, sondern nur mit einer konsequent festen und energischen Politik. vertttche nud sächsische Augeleneuheiteu. Oberlichtenau. Am 6. b. M. feierte der Kql. Sachs. Militär verein fein 22 Stiftungsfest. Der Saal des Gasthofes zum weißen Hirsch war prächtig geschmückt; im Hintergründe grüßte, umgeben von sinnreicher Dekora tion, die Büste seiner Majestät unseres allverehrten Königs Albert. Nach einigen sehr beifällig aufgenommenen Musik- stück<-n begrüßte der Vorsteher des Vereins, Kamerad Jul Kreische, die erschienenen Gäste und alle Kameraden h-rz- liehst. Redner hob hervor, daß das vergangene Vereins- jahr ein recht segensreiches gewesen, indem wahre Kame radschaft fortbestanden und die werkthätige Liebe, welche der Verein sich zur Aufgabe gestellt, in ausgiebiger Weise gepflegt worden sei. Er gedachte im weiteren der Gescheh nisse im vergangenen Jahre, streifte die traurige Lage der armen Boern und erbot von dem Herrn des Himmels eine glückliche Zukunft. In Liebe und Verehrung und unter besten Segenswünschen für unsern Regenten schloß der Redner mit einem dreifachen schallenden Hoch auf Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. und unsern allergnädigsten König Albert. Das zweite Hoch galt dem Ehrenvorstano des Vereins, Herrn Baron v. Grote, welcher in liebens würdiger Weise sür einen guten Stoff gesorgt hatte. Der Vorstand betonte, doß sich die Kameraden der vereink- sreundlichen Gesinnung des Herrn Barons bewußt sind und sich dies zur hohen Ehre schätzen. Der Sitte gemäß folgte nun der Ehrentanz der Veteranen und war es eine Lust, die alten mit Ruhm bedeckten Krieger dahinwalzen zu sehen. Ein flotter Ball hielt die Festteilnehmer bis zur vorgerückten Stunde froh vereint und trennte man sich schließlich mit dem Bewußtsein, eine würdige Feier begangen zu haben. Möge der Kgl. Sächs. Militärverein auch fernerhin in Erfüllung seiner hohen Ausgaben wach ten, blühen und gedeihen. Ober st eina. Der hiesige Turnverein begeht nächsten Sonntag, den 12. Januar sein diesjähriges Stif tungsfest, bestehend in turnerischen Vorführungen und Boll. Der turnerische Teil wird um 6 Uhr durch Freiübungen eingeleitet. Hierauf wird von 32 Damen ein Damenreigen mit Gesang des Liedes „Die Wacht am Rhein" ausge- sührt, diesem folgt sodann noch ein schöner humoristischer Kostümreigen (Schuhplattlertanz). Möge dem strebsamen Vereine ein recht zahlreicher Besuch beschieden sein! — Die wirtschaftliche Lage der Volksschullehrer Sachsens beleuchtet eine von der neugegründeten statistischen Zentrale des Sächsischen Lehrervereins herausgebene Schrift. Zu nächst erbält man Aufschluß über die Preis- und Lebens verhältnisse in den Orten, in welchen 6 und mehr Lehrer angeltellt. Interessant sind die daftlbst aufgesührten Miet preise für eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Wohnung (2 Stuben, 2 Kommern, Küche mit Vorratsraum nebst dazu gehörigen Boden- und Kellergelaß); ferner die Gemeindeabgabcn bei 1500, 2400 und 3000 Mark Gehalt. Sehr eingehend berichtet die Tabelle über die Preise der Heizmaterialien in den verschiedenen Orten. Zehn Spalten beschäftigen sich mit den LebenSmittelpreisen. Ferner werden die Preise für Kleidung und Schuhwelk und sür Hilfeleistung in der Hauswirtschaft angegeben. Wertvoll ist auch die An gabe über den Pensionsbetrag für einen 14jährigen Knaben. Ferner zählt die Schrift die Gehaltsstaffeln aller der Orte auf, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen. Auch die Orte sind aufgesührt, welche ein höheres Grundgehalt, aber die gesetzlichen Alterszulagen zahlen. Eine Sondertabelle giebt Anfangs- und Endgchalt, sowie die Summen der Ge- sammtbezüg« eines wahlfähigen Lehrers an, der mit vollen detem 23. Lebensjahr seine Stellung im Orte angetreten hat. Blasiwitz steht hinsichtlich des Gesammtbezuges an Gehalt unter allen sächsischen Orten an erster Stelle. Nach 37jähri- ger Dienstzeit hat dort ein Lehrer bei vollendetem 60. Lebens jahre 120 600 Mark erhalten, also fast noch einmal soviel, als ein Minimalstelleninhaber (62 150 Mk.) in derselben Zeit b-kommt. Dann folgen Plauen b. Dresden mit 117 400 Mk. Dresden, evangelische Schulen, mit 116 125 Mk., Obergor« b-tz mit 115 600 Mk., Leipzig mit 114325 Mk., Oberlöß nitz mit 114 050 Mk., Niederlößnitz mit 111450 Mk., Löbtau mit 111 150 Mk., Chemnitz, katholische Schulen, mit 105 562 Mk., evangelische Schulen, mit 105 018 Mk. rc. Den Schluß der Schrift bilden Mitteilungen über Pflicht stundenzahl und Nebeneinkünste, sowie eine Tabelle der Ort schaften, welche Schulgeld-Vergünstigungen für Lehrerkinder gewähren. Dresden, 3. Januar. In mehrstündiger Sitzung verhandelte dass Kriegsgericht der 1. Division Nr. 23 unter dem Vorsitze des Majors Richter und unter juristischer Leitung des KriegSgerichtsrates Näumann gegen den am 2. März 1869 zu Oberlichtenau bei Pulsnitz geborenen Divisionspsarrer Or. Karl Hermann Theodor Kühn. Der- selbe hielt Anfang Mai 1897 beim Feldgottesdienst auf hiesigem Arscnalhofe eine Predigt, in der er auf die Sitt- pchkeit in der Armee zn sprechen kam. Seine Auslassungen über diesen Punkt gaben dem damaligen Hauptmann und j tz'gen Major von Tschammer-Osten, der mit seinen Reservisten dem Gottesdienste beigewohnt hatte, Anlaß, sich denselben gegenüber dahm zu äußern, daß die Predigt n cht zum Erbauen gewesen sei, und daß alle Hebel in Bewegung gesetzt werden würden, um dem betreffenden Geistlichen eine exemplarische Strafe zuteil werden zu lassen. Die Angelegenheit geriet in Vergessenheit, bis sie durch emen Artikel in der „Dresdner Rundschau" vom 13. April vorigen Jahres wieder in die Erscheinung trat. vr. Kühn, dir nun erstmalig von dem Vorgan e hörte, glaubte, daß dadurch die Meinung verbreitet werden würde, die Militär- geistlichen dürsten überhaupt kein freies Wort reden und betrachtete den geistlichen Stand dadurch als beleidigt. Um nun dieser Meinung vorzubeugen, teilte er dem Major v. Tschammer das Gehörte mit, wobei die obenerwähnte Aeußerung wesentlich anders lautete, was auf die Länge der inzw scheu verflossenen Zeit zurückzusühren ist. Danach scllic der damalige Hauptmann gesagt haben: „Was der Frechdachs gesagt hat, ist alles Unsinn. Niemand hat sich darum überhaupt zu kümmern." In derselben Fassung machte der Angeklagte zwei Militärgeistlichen von dem Vorfall Mitteilung. Major v. Tschammer frug nun bei Or Kühn schriftlich an, von wem er die Angelegenheit erfahren habe, insbesondere möchte er ihm den Superinten denten nennen, den er als Gewährsmann angeführt habe. Darauf antwortete vr. Kühn, letzteres sei eine Verleum dung des Superintendenten, denn dieser habe ihm den Vorgang gar nicht mitget-ilt und er, Or. Kühn, habe dies in seinem Briese auch nicht so hingestcllt. vr. Kühn hatte sich nun zu verantworten, weil sowohl sein erster Brief, in dem er Hauptmann v. Tschammer die Sache mitteilte, als auch der letzte eine Beleidigung enthalten sollte und weil er den Vorfall den zwei anderen Geistlichen mitge teilt und dabei als den betreffenden Hauptmann, der die Aeußerung gethan, Herrn Major v. Tschammer bezeichnet hatte. Das Kriegsgericht sprach den Angeklagten in allen Fällen frei. Dresden, 7. Januar. Sächsischer Landtag. Die erste Kammer trat nach Beendigung der Weihnachtsferien heute Mittag 12 Uhr im Beisein Ihrer Königl. Hoheiten ver Prinzen Georg und Friedrich August zusammen und ließ nach einer Begrüßungsrede des Präsidenten auf Antrag der 4. Deputation (Berichterstatter Oberbürgermeister Or. Käubler« Bautzen) die Petitionen des Berginvaliden Jacob Richter in Kreischa um Erlaß eines Gesetzes, laut welchem unheilbar kranke Personen auf ihren Wunsch vom Arzte getötet werden können, aus sich beruhen. Weiter erklärte daS HauS die Petitionen Emil Steinborns in Dresden, Gustav Bruno Zacharias' in Dresden und Amalie Therese verw. Günther'S in Freiberg auf Grund von H 23 der Landtagsordnung für unzulässig. Nächste Sitzung: Mittwoch, mittags 12 Uhr. Tagesordnung: Enteignungsgesetz. — Die zweite Kammer in welcher vor Eröffnung der Sitzung Präsident Or. Mehnert eine glückwün chcnde Ansprache hielt, wählte in ihrer 21. öffent lichen Sitzung auf Antrag des Abg. Kellner-Schönberg den Abg. Schieck-Frankenberg in die Finanzdeputatron und in die außerordentliche Deputation für das Kgl. Dekret Nr. 4