Volltext Seite (XML)
pulsnitzerFayeblatt Bezirksanzeiger Schfiflleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) GeschLftSstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 7S. Jahrgang Mittwoch, den 2«. April 1S27 Rammer SL Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen 'oer Amtshauptmannschaft Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hsuptbl-tt unt Sltkste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgerichtSbezirkS: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Oberstein-, Niederstein«, Weißbach, Ober, und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Sletn-DittmannSdors Bank - Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz und HD HD» kAU HDAHAIT Commerz» und Privat'Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzahlen in RM: Die 42 mm breite Petitzeile (Moffe'SZeilenmeffer 14) RM 0.25, in der AmtSh«uvtm«nnschast Kamenz RM 0L0. Amtliche Zeile RM 0.75 and RM 0.60. Reklame RM 0.60. Tabellarischer Satz 50»/, Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in KonkurSfSllen gelangt der oolle RecknungSbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis r/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Im Falle höherer Gewalt — Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Zeitung oder der BeförderungSeiurichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Mck» zahlung des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.65 RM bei freier Zustellung; bet Abholung wöchentlich 0.5b RM; durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend Amtlicher Teil. Der Gemeinderat zu Oberlichtenau hat beschlossen, den öffentlichen Weg zwischen den Flurstücken Nr. 101, 106 und 106s einzuziehen. Widersprüche gegen die beabsichtigte Wegeeinziehung sind zur Vermeidung des Verlustes des Widerspruchsrechtes innerhalb 3 Wochen, von Veröffentlichung dieser Bekannt machung an gerechnet, hier einzureichen. Amtshauptmannfchaft Kamenz, am 14 April 1927 Am 25. April Noß- «nd Mehmarkt in Königsbrück Ankündigungen aller Art sind im .Pulsnitzer Tageblatt" von denkbar bestem Erfolg. Das Wichtigste Bor dem russischen RLtekongreß in Moskau erstattete Rykow den Re gierungSbericht über Rußlands außenpolitische Ziele. General Tschangkaischek hat in China einen Staatsstreich verübt. PaubBoocur berichtet im Pariser „Journal" über die Bilanz der Genfer Abrüstungskonferenz. Die Insassen eine» französischen Flugzeuges, da« in der Näht von Berlin sich überschlug, sind schwer verletzt. Durch den Uebertritt des Mississippi sind bisher 2b 000 Personen ob dachlos geworden. Nach einer Berliner Morgenblättermeldung wurden im Berliner Zen trum während der Feiertage in einem großen Stoffgeschäft von Einbrechern 13 kostbare Teppiche und Brücken im Werte von 50 0.0 RM gestohlen. Der Diebstahl wurde erst Dienstag früh bemerkt. Ein englischer Militärflugzeug stürzte bei East-Church in der Grafschaft Kent ab. Die vier Insassen verbrannten. Wie die Berliner Morgcnblätter berichten, wird die Klageschrift deS preußischen FinanzministcrS, die den Einspruch Preußens gegen die Erhöhung der Biersteueranteile der süddeutschen Staaten begründet, in etwa 14 Tagen fertiggestellt sein und dem StaatSgerichtShos zugehen. Der chinesische Dampfer „Pengpu" der am 8. April mit 2000 Zivi listen und 1000 Soldaten von Hankau nach Schanghai abgegangen ist, geriet unterwegs in Brand. An Bord des Schiffes brach eine Panik aus, in deren Verlaus zahlreiche Männer, Frauen und Kinder über Bord sprangen und ertranken. Wie das Berliner Achtuhrabendblatt meldet, ist der Distrikt zwischen Barisal nnd Fapidpur in Bengalen von einem schweren Orkan heimgcsucht worden. Mehrere hundert Häuser sind eingestüzt, wobei 16 Personen den Tod gefunden haben. Der Eisenbahnverkehr ruht vollständig, die Telefonleitungen sind zerstört. Einer Reutermeldung zufolge haben gestern in der spanischen Marokko zone neue Kämpfe stattgesunden. Die Spanier hatten 11 Verwun dete zu verzeichnen, während die Rifleute 20 Tote zurückließen. SerWe und WWe Angelegenheiten Pulsnitz. (Die Baugenossenschaft für Pulsnitz und Umgebung, e. G. m. b, H. in Pulsnitz) hielt am 15. April 1927, nachmittag 3 Uhr im Waldschlößchen in Pulsnitz ihre gutbesuchte Hauptversammlung ab. Aus dem Geschäftsbericht ist u. a. folgendes zu entnehmen: Durch die Unterstützung der Stadt Pulsnitz, der Gemeinden Pulsnitz M. S., Obersteina, Oberlichtenau und der Amtshauptmannfchaft Kamenz konnte die Baugenoffenschaft durch Bauen von Häusern der Wohnungsnot kräftig zu Leibe gehen. Aber auch dle einzelnen Genoffen haben ihr möglichstes getan und die Baugenoffenschaft mit Geldern und Selbsthilfe unterstützt. Allen sei an dieser Stelle herzlichst gedankt. Die Bautätigkeit der Genoffenschaft hat vor 2'/, Jah ren eingesetzt. In dieser kurzen Zeit hat sie erstellt: 11 Häuser mit 14 Wohnungen in Pulsnitz, 5 Häuser mit 8 Wohnungen in Puls- nitz M. S., 5 Häuser mit 9 Wohnungen in Oberlichtenau, 2 Häuser mit 4 Wohnungen in Obcrsteina, 1 Haus mit 2 Wohnungen in Nieder» lichtenau. Das ist eine Leistung, wie sie ein anderes Unternehmen gleicher Art in unserem Bezirke nicht aufzuweisen hat. Das aller- wichägste Kapitel in der Baugenossenschaft ist wohl das der Geldbe schaffung. Die öffentlichen Gelder reichen zum Bau einer Wohnung bei Weitem nicht aus. Hier sollen nun die Mitglieder und auch die Nichtmltglieder helfen. Bei der Baugenosfenschaft ist ein Sparsystem eingeführt. An dieser Sparrätigkeit sollen sich auch Frauen, Kinder, Verwandte usw beteiligen. Jeder Sparer erhält eine Sparkarte, die eine Sparordnung enthält. Die Spargelder werden abgeholt. Sie können aber auch beim Kassierer Max Weidner eingezahlt werden. Es gibt Sparmarken von SO an auswärts. Diese werden in die Sparkarte eingeklebt. Der Zinssatz für Spareinlagen beträgt 4«/,. Das Geld kann natürlich jederzeit wieder ubgehobcn werden. Bei Abhebung von über 100 Ml muß eine Kündigungsfrist von einem Monat vorausgehen. Für die Sicherheit der Spargelder haftet die Genoffenschaft mit ihrem ganzen Vermögen. Die Spargelder werden außerdem, soweit sie nicht sofort zum Bauen liebraucht werdens fles ber Girokasse Pulsnitz angelegt. An alle, die zur Beseitigung der Wohnungsnot beiktügen ivostnr, «goht nun die herzlichste Bitte, unterstützen Sie die Baugenoffenschaft in ihrem gemeinnützigen Unternehmen. Bringen Sie Spargelder, treten Sie der Genossenschaft bei, auch wenn Sie keine Wohnung brauchen und helfen Sie mit, die Allgemeinhrit für die Baugenossenschaft zu interes sieren. Wie viele gibt es, die ihre Spargroschen zu Hau« im Schub kasten zinsenlos liegen lassen. Dadurch entsteht Geldknappheit. Der allgemeinen Wirtschaft gehen diese Gelder verloren. Größere Geldbeträge werden auf Wunsch auch als sichere Hypotheken auf GenoffenschaftShäuser eingetragen. Setzt die Bautätigkeit lebhaft ein, bessert sich die allgemeine Wirtschaftslage. Die Arbeitslosigkeit wird verringert, der Geldumlauf vergrößert. Die Kaufkraft de« einzelnen erhöht sich. Die Geschäfte Nutzlands außenpolitische Ziele Eröffn«»« de» vierte« Rätekongreffe» der Sowjetunion Zuspitzung des italienisch jugoslawischen Konflikts — Die französischen Sozialdemokraten gegen die Fortdauer der Besetzung 9000 chinesische Soldaten niedergemetzelt — Die russische Presse zum fünften Jahrestag von Rapollo -Moskau. Am Okermouisg wurde der vierte Räte- kongreß der Sowjetunion durch Kalinin im Großen Staats theater, dessen Riesenparkrtt und sechs Ränge von über LOVV Delegierten ungefüllt waren, eröffnet. In der Diplomatenloge sah »ran sämtliche Vertreter der fremden Staaten, darunter de« deutschen Botschafter Graf Brock- dorff-Rautzau. Den Regierungsbericht erstattete Rykow. Er gab einen Ueberblick über die Lage in China, die Beziehungen Ruß» lands zum Völkerbünde, zu England, Deutsch land und den östlichen Randstaaten und führte u. a. fol gendes aus: Durch die internationale Lage und die zunchmende Akti vität sowjetfeindlicher politischer Gruvpen wird eine erheb liche außenpolitische Spannung geschaffen. Wiederholte Ver such, einen Arrttsowjetblock zu bilden und einen militärischen Konflikt zwischen der Sowjetunion und China zu provo zieren, schaffen eine Merans verwickelte Lage und bedrohen die Sache des Friedens. Der Stand der englisch-sowjetrussi- schen Beziehungen kennzeichnet am besten die gespannte inter- nationale Lage. Die englische Note enthält keinerlei konkrete Beschuldigungen gegenüber der Sowjetregierung. Es muß betont werden, daß keine einzige der Ursachen der englisch« sowjetrussifchen Spannung jemals zwischen beiden Re- gierunaen erörtert wurde, da die englische Regierung sach- Lcken Derbandlunaen ausaervichen ist. Rhkmv wies dann den Vorwurf wegen der Nichtzugehörigkeit der Sowjetunion zum Völkerbund zurück und erklärte: In der ganzen Zeit seines Bestehens war der Völkerbund lediglich ein Werkzeug zur Festigung der Herrschaft gewisser Staaten über andere. Die Versuche, die Illusion zu verbreiten, daß der Völkerbund ein Werkzeug des Frizens sei, wird insbesondere durch die Ereignisse der ätzten Tage, wo der Völkerbund sich jeden Eingreifens in die Lage in China enthielt, widerlegt. Die Sowjetunion unter stützt jede wahrhaft pazifistische Bewegung, bezweifelt jedoch, daß vom Völkerbund einberufene Abrüstungskonfe» renzen wirklich auf den Frieden Hinzielen. Der Sinn der in Genf einberufenen Konferenzen gipfelt darin, die mili - tärische Gewalt der zur Zeit herrschenden Mächte zu wahren. Die Sowjetunion ist bereit, ganz- lich abzurusten, falls alle Mächte dies tun. Die im englischen Parlament aufgestellte Behauptung, daß die Sowjetunion sich angeblich sehr intensiv zum chemischen Kriege rüste, ist unwahr. Auf allen Gebieten der Kriegsindustrie wird die Sowjetunion von den bürgerlichen Staaten übertroffen. Ueber die Ereignisse in China erklärte Rykow unter Hinweis auf die ziffernmäßigen An gaben über die in China befindlichen ausländischen Streit kräfte: Die Intervention in China hat tatsächlich begonnen. Neben der Intervention und der Unterstützung der Milita risten im Norden versuchen die Mächte eine Spaltung im Lager der nationalen Freiheitsbewegung zu schaffen. Die Zustimmung der Mächte zum Ueberfall auf die Sowjetbot schaft in Peking bedeutet einen Versuch, die Sowjetunion zum Kriege gegen China herauszufordern. DieSowjet» regierung wird auf diese Provokation nicht eingehen. Zu den Beziehungen zwischen Sowjetrnßland und Denffchland erklärte Rykow: Diese Beziehungen wurden nach dem Ra- pallovertrag erheblich ausgebaut und gefestigt. Die deutsche Regierung hat die nach Locarno erschienene Mitteilung, daß Deutschland sich verpflichte, durch sein Gebiet -im Falle eines Krieges mit der Sowjetunion den Durchzug von Truppen zu gestatten, offiziell demenfiert. M« Sowjetregierung geht da von aus^ daß Deutschland sich nicht zu fernd- liqen Aktionen ausnutzen lassen wiro. Die Gewährung eines Dreihundertmillionenkredits von feiten Deutschlands an die Sowjetunion erweist, daß die Freund- schaftspolitik, die von beiden Regierungen nach Rapallo durchgefiihrt wird, sich auf dem Gebiete wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen vollkommen bewährt. Don besonderer Bedeutung für die Politik der Sowjet- regierung sind dis Raudstaate« »nd Pole«, denen gegenüber di« Sowjetregierung unentwegt die Politik des Friedens durchführt, die sie durch Garantiepakte zu festigen sucht. Der Garantievertrag mit Litauen bleibt ungeachtet der litauischen Staatsumwälzung in Kraft Mit Lettland werden Verhandlungen über die endgültige Unterzeichnung des bereits paraphierten Vertrages geführt. Die Sowjetregierung hofft, daß die Verhandlungen mit Eft» land und Finnland ebenfalls zu günstigen Ergebnissen führen werden. Die Sowjetunion ist bestrebt, die baltischen Staaten für die Entwicklung ihrer Wirtschaftsbeziehungen zur Sowjetunion zu interessieren. Zuspitzung des italienisch-jugoslawischen Konflikts. Wird Rußland eingreifen? Die englischen und italienischen Pressesfimmen über den italienisch-jugoslawischen Konflikt werden in deutschen diplomatischen Kreisen mit sehr ernstem Interesse verfolgt. Wenn die jugoslawisch-italienischen Verhandlungen nicht in Gang kommen sollten, würde die Kommission, die aus einem deutschen Vertreter bei der Gesandtschaft in Belgrad, dem englischen und dem französischen Militärattache in Belgrad gebildet ist, nicht ohne weiteres in Funktion zu treten haben. Diese Kommission wird erst dann eine Untersuchung in Al banien anstellen können, wenn eine der beteiligten Mächte die Gesandten der drei Länder in Belgrad um eine Vermitt lung angeht. Es wäre durchaus möglich, daß Jugoslawien trotz einer Gegenwirkung von Frankreich und England in Belgrad den Versuch macht, den Konflikt doch noch vor den Völkerbundrat z« bringen. Die jugoslawische Regierungskrise sicht mit der neuen Verschärfung der Situation auf dem Balkan nicht in Zu sammenhang. In einem gewissen Zusammenhang mit dem Balkankon flikt steht auch die neue Richtung der russischen Politik gegenüber dem Völkerbund. Nachdem der russtsch-schweize- rische Konflikt beigelegt ist, wird Rußland höchstwahrscheinlich an der Weltwirtschaftskonferenz und wahrschein lich auch an den wetteren Verhandlungen der Abrüstungs- konferenz, wenn auch nicht an den Verhandlungen der jetzt in Genf tagenden vorbereitenden Kommission teilneh men. Es wäre aber auch möglich, daß Rußland, falls der jugoslawisch-italienische Konflikt offen ausbrechen sollte, sich plötzlich beim Völkerbund anmeldet und den Versuch macht, auf diesem Wege in dem Balkankonflikt eine Rolle zu spielen. Breitscheidt und Blum gegen die Fortdauer der Besetzung. Pari«, 20. April. Aus dem Bankett des Kongresses der Sozialistischen Partei in Lyon führte Reichstagsadg. Breitscheidt u. a. aus: Die Räumung de» Rheinländer und de« Saargebiete« sei unbedingt notwendig sür dir endgültige Wiederherstellung des Frieden». Nach Eintritt Deutschland« in den Völkerbund und nach Abschluß der Verträge von Locarno sowie nach Inkrastsetzung de« Dawesplanes sei die Besetzung eine Anomalie. Die deutsche Sozialdemokratie unterstütze die Außenpolitik der deutschen Regie rung, weil fie wisse, daß Stresemann den Frieden wolle und daß er di« Politik betreibe, sür die di« Soziald«mokrat«n ringetrtt«« seien. - Leon Blum, der aus die Aussührungen Breitscheidt» er widert«, erklärt«, daß di« französtschrn Sozialist«« in d«r Frag« d«r