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Tabellarischer Satz 50 °/» Ausschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in Konkursfällen gelangt der ovlle Reck nungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis '/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Grotznaundors und Weißbach Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nnmmer 22V Dienstag, den 21. September 1S2K 78. Jahrgang Das Wichtigste Der Gartzer Brückeneinsturz hat noch ein viertes Todesopfer gefordert. Nach dem Genuß von nicht einwandfreiem Fleisch erkrankten in Eis leben 17 Personen an Paratyphus. Die Erkrankten befinden sich alle in ärztlicher Behandlung. Dem Fleischhändler ist das Geschäft geschlossen worden. Die Zahl der im Amte Sodingen an Fleischvergiftung erkrankten Per sonen hat sich auf 80 erhöht. Es ist festgestellt worden, daß zwei Schlächtermeister im Münsterer Land notgeschlachtetes Vieh gekauft und als vollwertiges Fleisch verkauft haben. Die Angelegenheit wurde der Staatsanwaltschaft übergeben 70 Personen sind bis Montag der Typhusepidemie in Hannover zum Opfer gefallen. Der schwere Nordweststurm, der am Donnerstag und Freitag an der Küste des Freistaates Danzig herrschte, steigerte sich zum Orkan. Das Landgebiet wurde weithin überschwemmt, zwei Fischer sind ertrunken. In Spa Hill (England) wollte der Chauffeur eines großen Touren» wagens einem Hunde ausweichen, geriet dabei auf das Trottoir und fuhr in eine Menschenmenge hinein, von der zwei sofort getötet und sieben schwer verletzt wurden. Wie die Bossische Zeitung aus Newyork meldet, erreichte der Orkan in Florida am Montag mittag Mobile in Alabama. Er schn'tt sämtliche Drahtverbindungen ab, sodaß keine Nachricht mehr durch dringen konnte. Durch die Slurmkatastrophe in Florida sind ungefähr 3000 Menschen getötet und 9500 verletzt worden. Aus Anlaß der Wirbelsturmkatastrophe aus der Insel Florida hat Präsident Coolidge zu einer Nationalsammlung für die heimgesuchten Opfer ausgefordcrt. Der deutsche Botschafter in Washington hat im Namen des Reichs präsidenten und der Reichsregierung Präsident Coolidge und -er Regierung der Vereinigten Staaten das auirichtigste Beileid aus gesprochen. Nach einer Meldung aus Managua ist die Revolution in Nikaragua als beendet anzusehen. Oer Betrug an Spanien. Als Spanien im ersten Drittel des September seinen Entschluß ankündigte, sich aus dem Völkerbund zurückzu» ziehen, wurde diese Maßnahme Primo de Riveras von den Ententeblättern scharf kritisiert. Das im französischen Fahr wasser befindliche „Journal de Geneve" schrieb damals, man könne Spaniens Handlung nur mißbilligen. Spanien dürfe für den Völkerbund nicht mehr existieren, ein Ratssitz käme für ein solches Land nicht mehr in Frage. Als Deutschlands Eintritt in den Völkerbund bevorstand, hatte Spanien einen ständigen Ratssitz oder als Kompensation einen größeren Einfluß in der Tangerzone gefordert. Mit beiden Wünschen wurde Primo de Rivera abgewiesen, und es ist Spanien nicht zu verdenken, daß es nunmehr aus der entstandenen Sach lage die Konsequenzen zog. Man muß sich in die Lage des spanischen Kabinetts ver setzen. Spanien ist ein Land, das Europa unendlich viel an Kultur übermittelte. Spanien war in Zeiten, als der Mos- lemismus im schärfsten Kampf mit dem Christentum lag, der Vorkämpfer gegen die maurischen Scharen. Die spanischen Entdecker, die Eroberer, die hinauszogen und große Länder in Amerika unterwarfen, durch die uns überhaupt erst die Kenntnis des neuen Kontinents übermittelt wurde, sind jedem Schuljungen bekannt. Dieses Spanien mit seiner ge wiß großen Geschichte wurde brüskiert. Frankreich setzte statt dessen durch, daß Polen in den Rat kam, dieser Staat, der einst durch seine Mißwirtschaft zugrunde gegangen und dessen Bestehen auch heute noch nicht gesichert ist, weil die alten ver fahrenen Zustände auch im heutigen Polen herrschen. — Warum stieß Frankreich Spanien vor den Kopf? Als Deutschland in den Völkerbund eintrat, ging inan am Quai d'Orsay daran, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, in Genf die Macht an die verbündeten Nationen zu bringen, um jederzeit Deutschlands nur zu berechtigte Wünsche und Forderungen verhindern zu können. Daß man dabei Spanien ausschaltete, war den Franzosen nicht unangenehm. Im Mittelmeer besteht eine starke Spannung zwischen den rivalisierenden Mächten. Auf der einen Seite steht Frankreich, das seinen Einfluß in Afrika immer mehr ausdchnen möchte und seit dem Ende des Weltkrieges schon nach Asien hinübergegriffen hat. Ihm gegenüber befinden sich Italien und Spanien, beide bedrängt und beide mit An sprüchen hervortretend, die auf der Tatsache basieren, daß nach der Zahl der ansässigen Italiener und Spanier in Nordafrika das Kolonialreich beider Länder größer sein müsse, als bisher. Italien und Spanien kämpfen sozusagen „für ihre unerlösten Schwere Katastrophen Die französisch-italielüsche Spannung — Vor einem Wirtschaftsprogramm in der Sowjetunion Naditsch zu dem Anschluß Oesterreichs an Deutschland — Abrüstungskonferenz im Septbr. 1927 Der Garher Brückeneinsturz. Wer trägt die Schuld? Gartz a. d. O. Die furchtbare Einsturzkatastrophe der neuerbauten Oderbrücke von Gartz hat, wie nun fcststeht, vier Todesopfer gefordert. Einer der Schwerverletzten, der Arbeiter Heffter, der mit einem schweren Wirbelsäulenbruch nach Stettin gebracht worden war, ist seinen Verletzungen erlegen. Bisher konnte noch keine der im Wasser liegenden Leichen geborgen werden. In Anwesenheit des Oberstaatsanwalts von Stettin hat der Lokaltermin an der Unglücksstelle begonnen. Hinzugezogen sind 4 Sachverständige und ferner 5 Direktoren der bauausführenden Firma. Zur Klärung der Schuldfrage ist ein Taucher hinzugezogen worden, der fesistellen soll, ob irgendwelche technischen Fehler beim Dau der Brücke vorgekommen sind. Das Rathaus der Stadt Gartz hat halbmast geflaggt. In einer außerordent- lichen Stadtverordnetensitzung wurde beschlossen, das Ber- mögen der Allgemeinen Bau A.-G. bis zur Klärung der Schuldfrage beschlagnahmen zu lassen. Die Oderbrücke bei Eartz, die am vergangenen Sonntag cinstürzte. Die Ursache des Unglücks muß die Untersuchung ergeben. Von Sachverständigen wurde dagegen bereits erklärt, daß der Zusammensturz lediglich auf einen Ausführungsfehler durch die bauaus führende Firma zurückzuführen sei. Die Brücke hat eine Gesamtspannweite von etwa 200 Metern. Sie wurde in drei Bogen von der Allgemeinen Bau-Aktiengesellschaft, Berlin W., hergestellt. Der mittlere eingestürzte Bogen hat eine Spann- weite von etwa 70 bis 80 Metern. Die Gesamt ausführungskosten waren mit 350 000 Mark veranschlagt. Auf der Brücke waren meist Stettiner Arbeitslose beschäftigt, fast sämtlichkeineFacharbeiter. Die Pfeiler der Brücke sind aus Eisengußbeton hergestellt, und zwar dergestalt, daß ein Eisengerüst innerhalb einer großen Anzahl in den Boden ge rammter eisener Stützbohlen mit Beton ausgegossen wurde. Dieser Beton wurde in einer Mischmaschine hergestellt und durch einen langen Trichter in das Gerüst heruntergebracht. Wie nun die Sachverständigen annehmen, müssen Fehler bei der maschinellen Zusammensetzung des Betons vorgekommen sein. Wie jetzt Arbeiter erzählen, wollen sie ein mal in der Nacht bemerkt haben, daß Zement auf der Wasser oberfläche schwamm, daß dieser also nicht fest war. Es ist auch möglich, daß durch das Hochwasser imSommer ein Teil des Betons mit hinweggerissen wurde. Ein FehlerimUnter» grund dürfte kaum vorliegen, da der Boden vor Baubeginn bis auf 17 Meter Tiefe untersucht worden war, wobei festgestellt wurde, daß bis zu dieser Tiefe Torf, der dem Bau hätte gefährlich werden können, sich nicht gebildet hatte, daß vielmehr der Grund als absolut sicher und tragfähig be zeichnet werden konnte. Der Stadtverordneten-Borsteher hat den Hinterbliebenen der Verunglückten sein Beileid ausge sprochen. Es wurde beschlossen, die Beerdigungskosten für die Verunglückten durch die Stadt zu übernehmen. Berlin, 21. September. Wie die Morgenblätter aus Stettin melden, führte die vom Oberstaatsanwalt in Stettin geleitete Untersuchung in der Angelegenheit des Gartzer Brückeneinsturzes am Montag nachmittag nach längerer Ver nehmung des Betonmeisters Firsch-Berlin zu dessen Ver- Zhaftung. Firsch, der dem Amtsgericht Gartz zugeführk wurde, wird zur Last gelegt, daß er bei der Betonmifchung für die Pfeilerfundierung die notwendige Sorgfalt schuld hafter Weise außer acht gelassen habe. ' Weiteres Anwachsen derThphusepi-emie in Hannover. Hannover. Von Sonnabend abend bis Sonntag nach mittag ist die Zahl der Typhuserkrankungen von 1595 auf 167L gestiegen. Die Zahl der Todesfälle beträgt bis Montag früh 7V. Die Impfstellen wurden außerordentlich stark in Anspruch ge nommen. Die Gerüchte über CH o l e r a f ä l l e, die in Han nover vorgekommen sein sollen, wollen nicht verstummen. Sie verdichten sich zu der Behauptung, daß mehrere Straßen wegen Lholeraerkrankungen gesperrt worden seien. Diese Gerüchte i sind vollständig erfunden und entbehren jeder Grundlage. Es gibt keine Choleraerkrankungen in Hannover. Oie vernichtende Giurmkatastrophe in Florida. New York. Die Folgen der Sturmkatastrophe in Florida sind viel größer, als ursprünglich angenommen werden konnte. Nach den bisher vorliegenden Meldungen sind min destens 3000 Personen getötet und 9500 verletzt worden. Möglicherweise wird sich die Zahl der Toten noch ganz erheblich erhöhen. Im Hafen von Miami wurden 250Schiffezer- stört, deren Bemannung (mehrere hundert Mann) wahr scheinlich ertrunken sind. DerSturmistderschwerste, der jemals über Amerika hinwcggegangen ist: Er riß eine 60 Meilen breite Bresche in die Küste Floridas und ließ überall Zerstörung und Elend zurück. Der Orkan brach von Westindien kommend über die Bahama-Inseln nach Florida ein. Das Barometer erreichte einen nie gekannten Tiefstand. Der Sturm dauerte neun Stunden und erreichte zeitweise 140 Meilen Geschwindigkeit. Miami wurde in zwei Flut abständen heimgesucht. Die zweite Flutwelle ver nichtete in der Stadt alles, was die erste verschont hatte. Die meisten Wolkenkratzer sind eingestürzt, sämtliche Häuser sind vernichtet oder wenigstens schwer be schädigt. In Miami sind 40 000 Menschen obdach - I o s. Ueber die Stadt wurde derBelagerungszustand verhängt. In Baltimore wurde sofort ein Hilfs- zentrum eingerichtet, von wo ständig Züge mit Aerzten und Hilfsmannschaften nach dem Katastrophengebiet abgehen.. Mehrere Ortschaften in der Nähe von Miami sind gänzlich vom Erdboden verschwunden. Nach den letzten Meldungen aus dem UnglUcksgeorsr in. Florida hat der Gouverneur des Staates die Mobilisierung der Nationalmiliz angeordnet, da in den zerstörten Städten und Ortschaften Plünderer ihr Unwesen treiben. Da das Barometer ständig weiter fällt, befürchtet man, daß sich der Orkan nach der Golfküste zu ausdehnt. Das Elend ist nach bis jetzt vorliegenden Meldungen riesengroß, Tausende haben ihre Häuser fluchtartig verlassen. Die Fliehenden fanden keine Zeit, die am Wege liegenden Leichen zu identifizieren, oder den in Flutwellen mit dem Tode Ringenden zu helfen. Die vorliegenden Berichte lassen keinen Zweifel, daß die. Sturmkatastrophe Floridas ein großes