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Blatt Amts und des SLadtraLhes des Königs. Amtsgerichts Erscheinl: Ml twoch und Sonnabend. Als Beiblättern I Jllustrirtes Sonntcigsblctt (wöchentlich); 2 . i andwirtbschaftliche Beilage (monatlich). Abonnements - BreiS Vierteljährl. 1 N 25 Ps. Ans Wunsch unentgeltliche ju- sendung. Preis für die einspaltige Cor- puszeile (oder deren Naum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königebrück, C. S. Krausche, Kamenz, CarlDaberkow, Groß röhrsdorf. Annoncen-Bureaus von Haasen stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. WM Lmügsdmck, Radeberg, Radeburg, Moritzburg nnd Umgegend. MM FK----, Vorm. 9 Uhr aufzugeben. MchtuudviMzigßtsV Iahrrgang Nr. 3l 1» April 1896 Mittwoch Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. D>uck und Verlag von E. L. Först er's Zrden in Pulsnitz. Montag, den 20 Apvil 1886: Viehmarkt in Bischofswerda. Die Freiheit im sozialdemokratischen Lager. Man kann es aus allen sozialdemokratischen Partei tagen mit goldenen Phrasen hören und fast jeden Tag in den sozialistischen Zeitungen lesen, daß die Sozialdemokratie für die Freiheit des geknechteten Volkes und für die wirth- schaftliche und soziale Wohlfahrt der unteren Klassen kämpft. Wir wollen nun heute hier nicht die ganze Ungeheuerlichkeit des Versuches klar legen, auf sozialdemokratische Art durch staatliche Gleichheitseinr chtungen die Menschheit beglücken zu wollen, aber an der Hand der politischen Praxis, wie solche bei den Sozialdemokraten geübt wird, wollen wir einmal nachweisen, daß schon heute von Freiheit und dem Rechte der sreien Meinungsäußerung im sozialdemokratischen Lager gar keine Rede sein kann, und daß die ganze Sozial demokratie in Deutschland nur durch eine rücksichtslose Parteilyrannei zusammen gehalten wird. Wir wollen zu diesem Zwecke nicht etwa nur auf die Parteitage der Sozialdemokraten Hinweisen, wo gewöhnlich die Partei der „Jungen" oder „Reformer" mnndlodt gemacht oder doch hinterher genöthigt wird, vor den beiden Gem ralgewaltigen Bebel und Liebknecht zu Kreuze zu kröchen, fondern wir wollen einmal auf sehr lehrreiche Vorgänge in der soziali stischen Presse Hinweisen. Wenn irgend ein freiheitlich gcsinmer Mann der Meinung sein sollte, daß die sozialdemokratischen Neben- und Unterführer, Agitatoren, Redakteure und Schriftsteller in ihren Zeitungen ihre Anschauungen über irgend eine die Sozialdemokratie betreffende Frage frei äußern dürften, so würde er sich in einem naiven Jrrlhum befinden und von dem Wesen der Sozialdemokratie ungefähr so viel wissen, wie ein Kind von der Kriegswissenschaft versteht. Hat nämlich der Generalgewaltige Bebel seine bekannten „großen Worte" gesprochen oder hat der General-Schrift steller der Sozialdemokratie Liebknecht im sozialistischen Hauptorgan, dem „Vorwärts", seine Meinung in irgend einer Frage kundgelhan, so darf keine andere sozialdemo kratische Zeitung dagegen ausmucken, ja nicht einmal kriiisiren. Natürlich geschieht dies seitens der etwas selbst ständiger nrtheilenden Sozialdemokraten - Blätter dennoch. Aber dann ertönen im „Vorwärts" sofort die Rufe „Ver- rath" und „Ausstoßung", oder wenn der Streit nicht be denklich erscheint, wird zum bloßen Widerruf anfgefordert. Dann kommt es höchstens vor, daß gegen den „Vorwärts" noch ein kleines Rückzugsgefecht, natürlich nur zum Schein eröffnet wird, damit die Unterwerfung nicht gar so kläglich avssieht, und dann kriecht vor den Generalgcwaltigen wieder Alles auf dem Bauche. In besonders hartnäckigen Fällen bedient mau sich im sozialdemokratischen Lager aber eines famosen Spezialmittels, um eine sozialdemokratische Provinzialzeitung, wenn sie zähe selbstständige Regungen besitzt, dem „Vorwärts", resp. der Leitung Liebknechts unterthan zu machen. Es wird nämlich dann von der Parteileitung die Nothwendigkeit ausgesprochen, daß das betreffende sozialistische Blatt „sozialdemokratisches Amtsblatt" werden müsse, um dort ein alle Genossen verbindend.s Organ zu haben. „Amisblatt" heißt aber bei der Sozialdemokratie ein Organ, welches der obersten Parteileitung untersteht, und so kann man sich denken, wie es mit der Freiheit der sozialdemokratischen Zeitungen steht. Nur in Solingen machen jetzt die Sozialdemokraten einen muthigen Versuch, ihr selbstständiges Blatt sich zu erhalten. Die Parteileitung hat aber auch s hon beschlossen, das Solinger Sozialistenblatt in ein „Amtsblatt" zu ver wandeln, und da wird es mit seiner Selbstständigkeit auch bald vorbei sein. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Von den städtischen Collegien ist ein stimmig beschlossen worden, den diesjährigen Geburtstag Er. Majestät des Königs am 23. dieses Monats durch einen Abends im Saale'des Schützenhauses zu veranstal tenden öffentlichen Commers festlich zu begehen. Pulsnitz. Wie uns von zuverlässiger Seite mit- getheilt wird, beabsichtigt der hiesige Turnverein „Turner- bund" Sonntag, den 10. Mai c., im Saale des Schützen hauses zum Besten seiner Turnballenbaukasse eine öffent liche Aufführung zu veranstalten. — Es wird von Neuem darauf aufmerksam gemacht, daß den Landbriefträgern auf ihre» Bestellgängen außer Briefpostsendungen auch Postanweisungen, Nachnahmesen dungen, kleinere Packete, Sendungen mit Werthangabe bis zum Betrage von je 400 Mark, sowie Baarbeträge zum Ankäufe von Postwerthzeichen pp. und zur Bestellung von Zeitungen bei den Pvstanstalten übergeben werden dürfen Die Landbriefträger sind verpflichtet, die empfangenen Sen dungen, ausschließlich der gewöhnlichen Briefsendungen, so wie die ihnen übergebenen baaren Geldbeträge für Zeitungen, WerthzAchen PP. in ein Nnnahmebuch einzutragen, Welches nach jedem Bestellgange der Postanstalt vorgclegt wird. Zum Einträgen der Sendungen pp. ist auch der Auflieferer befugt; es empfiehlt sich, von dieser Befugniß in jedlin Falle Gebrauch zu machen. Hat der Landbriefträger die Eintragung selbst bewirkt, so muß er dem Auflieferer auf dessen Verlangen durch Vorlegung des Annahmebuches von der stattgehabten Eintragung Ueberzeugung gewähren. Die Ertheilung des Einlieferungsscheines über die von dem Landbriefträger angenommenen Sendungen mit Werthangabe, Einschreibsendungen, Postanweisungen und Nachnahmesen dungen erfolgt erst durch die Postanstalt; der Landbrief, träger ist verpflichtet, den Einlieferungsschein, wenn mög lich, beim nächsten Bestellgange dem Auflieferer zu über- bri gen. — Trotz der im Ganzen immer noch ziemlich kühlen Witterung in letzterer Zeit, welche nur ab und zu von etwas milderen Temperatur-Augenblicken unterbrochen wurde, nimmt die Vegetations-Entwickelung doch einen raschen Fortgang. Das winterliche Grau der Wiesen ist ver schwunden, auch die Felder erfreuen durch ihr Frischgrün Auge und Herz. Ja überall in der gesammten Natur kommt das Grün des Frühlings zum Vorschein, Sträucher und Bäume entfalten vielfach schon ihren Blätterschmuck. Auch die Blüthenknospen an den Kirsch- und anderen Obst bäumen sind schon sehr weit vorgeschritten; ein warmer Regen und darauffolgender Sonnenschein und wir stehen mitten in der vielbesungenen schönen Zeit der Baumblüthe. Zittau, 11. April. Wie alljährlich, so hat auch in diesem Jahre der Rath der Stadt Zittau an Se. Maj. den König und Se. König! Hoheit den Prinzen Georg Einladungen zur Theilnahme an der Auerhanjagd ergehen lassen. Vom Königlichen Hosmarschallamte ist jetzt die Meldung eingetroffen, daß beide hohe Herren die Einladung angenommen haben und auch in diesem Jahre in unseren Bergen der Jagd obliegen werden. Der Zeitpunkt der Jagd richtet sich nach den balzenden Hähnen. Zittau. Wie bereiF bekannt ist, hat der Raub- ! Mörder Kögler am ersten Osterfeiectags in dem Rei- chenberger Bezirksgerichtsgesängniß einen Ausbruchsversuch unternommen, der ihm nahezu gelungen wäre. Es wird darüber berichtet: Auf noch unaufgeklärte Weise hatte sich Kögler in den Besitz einer Säge zu setzen gewußt, mit der es ihm gelang, die ihn fesselnden Ketten zu durch schneiden. Von diesen befreit, beseitigte er die Seitenbretter des in der Zelle befindlichen Abortes, entfernte den Kübel und kroch dann in den Schacht, durch welchen der Kübel von außen her in die Zelle geschoben zu werden Pflegt. Ein hölzernes Thürchen schließt den Schacht von dem Hauptgange ab. Da Kögler dieses Thürchen nicht eindrücken, auch nicht ausheben konnte, bearbeitete er es mit der Säge, und er hatte bereits ein ziemliches Loch hergestellt, als zufällig' ein Gefängnißausseher vorüberging und den Vor gang bemerkte. Er verständigte den Kerkermeister und beiden Beamten gelang es, den Mörder von Neuem zu fesseln. Ec hat erheblich stärkere Fesseln erhalten als bisher und ist außerdem derart an die Wand geschmiedet worden, daß er sich nur die wenigen Schritte bis zum Abort bewegen kann. — Mit dem Bau eines großen Triumphbogens zu Ehren der Anwesenheit des deutschen Kaisers in Dresden hat man Sonnabend am Kreuzungspunkt der Moritzstraße und Maximilians-Allee (zwischen den Etablissements „D ut- scher Krug" und Caso Passage") begonnen. Wie verlautet, soll diese Ehrenpforte ein imposantes Ansehen erhalten. — An der diesjährigen Königsparade auf dem Alaun- Platze zuDresden werden die Hauptleute der Infanterie erstmalig zu Pferde theilnehmen. — Als am 9. d. M. Abend auf dem Bahnhofe zu Oberne - kirch der von Dresden kommende Schnellzug e nlief, warf sich demsstben ein junges Mädchen entgegen, das von dem Zuge erfaßt und gräßlich verstümmelt wurde. Der Tod erfolgte sofort. Die Selbstmörderin, die die That vor den Äugen ihres Vaters vollführte, war die Tochter des dortigen Bahnhofsvorstehers. Die Ursache zu ihrem unseligen Schritte ist nicht bekannt geworden. — Vier Pfennige für hundert Mark — das fit so ungefähr das Ergevwß des nunmehr beendeten Konkurs verfahrens über den Nachlaß des ehemaligen Bankdirektors Weiß in Pirna, gegen welchen einschließlich der An- sprüche der Koickursverwaltung der verflossenen Pirnaer Vereinsbank Forderungen in der Gesammthöhe von etwa 1 Million Mk. erhoben worden waren, welcher gewaltigen Summe aber, dem „Pirn. Anz." zufolge nur eine ganz verschwindend geringe Vertheilungsmasse gegenüberstand. Nachdem hiervon zunächst die als vorberechtigt gegoltenen Forderungen im Betrage von 2026 Mk. 2 Pfg. Deckung gefunden hatten, verblieben nach Abzug der Konkurskosten für die sämmtlichen übrigen Ansprüche, wie man vernimmt, nur noch — 417 Mk. 42 Pfg. Ein Fleischermeister hat für seine 214 Mk. 34 Pfg. betragende Forderungen volle und ganze — 9 Pfg- erhalten, während im Uebrigen noch mehrfach Theilbeträge von nur 1 und 2 Pfg. seitens des Konkursverwalters zur Ausgabe gelangten. Der ganze leidige Bankkrach mit allen seinen Einzelheiten tritt unter solchen Eindrücken w'eder aufs Lebhafteste in die Erinnerung und unwillkürlich denkt man auch der einst stattgefundenen glänzenden Föten, bei denen das Geld fremder Leute ge wissenlos zum Fenster hiiüausgeworfen wurde, sodaß jetzt sür die Befriedigung der andrängenden Gläubiger nur noch einige elende Kupfermünzen übrig geblieben waren! Königstein. Einen hübfchen Anblick gewährt unsere freundliche Elbestadt den mit der Bahn vorüber Reisenden jetzt auch des Nachts, wenn es sich im Glanze einer elektrischen Straßenbeleuchtung von den dunklen Bergen abhebt. Leipzig. Zur Ostermesse wird die dauernde Gc- werbeausstellung wiederum das Ziel vieler Meßbesucher ein, denn die zahlreichen neuen Motoren und Maschinen, welche während der Messe täglich in Betrieb gezeigt werden, erleichtern die Anschaffung ungemein. Auch technische Artikel und allgemeine Gebrauchsgegenstände werden diesmal den Meßbesuchern der dauernden Gewerbeausstellung in großer Fülle und besonderer Schönheit geboten. Leipzig, 11. April. (Sächsisch-Thüringische-Aus- stellung.) Im Interesse der Aussteller und der Ausstellung läßt der Geschäftssührende Ausschuß die seit längerer Zeit schon erscheinende Ausstellungs-Zeitung seit 1. d. M. wöchent lich einmal zur Ausgabe gelangen und in 9000 Exemplaren verbreiten. Dieselbe enthält einerseits werthvolle wissen schaftliche Beiträge von Autoren ersten Ranges, andererseits praktische und übersichtliche Arbeiten von Mitgliedern staat- licher und kommunaler Behörden, von Direktoren und Lehrern der Fachschulen, aus kaufmännischen und Fabrik- kantenkreisen rc. Nicht bloß über die Fortschritte und Arbeiten der Sächsisch-Thüringischen-Ausstellung, sondern auch über andere Äusstellungen werden die Leser auf dem Lausenden erhalten, überhaupt ist die Zeitung mit gi oßer Umsicht redigiert und bietet des Interessanten viel. Sie kostet vierteljährlich 1,50 resp. 1,75 Mk. Inserate darin sind sehr wirksam und haben große Häuser mit der Ver waltung Jahresabschlüsse gemacht; das Blatt sollte in allen Kontoren, in der Werkstatt und der Fabrik, ferner in besseren Restaurants, Hotels, Läden rc zu finden sein. TlMSgeMchte Deutsches Reich. Berlin. Der Kaiser trifft von seiner Reise am 29. früh auf der Wildparkstation bei Potsdam ein. — Der deutsche Kronprinz zum Ehrenkanonier er- nannt. Während des auf dem italienischen Panzerschiffe „Sardegna„ im Hafen von Palermo zu Ehren des Kaiser- Paares stattgehabten Lunch theilte der Kommandant des selben, Kapitän Coltellctti, dem Kronprinzen seine Ernenn- ung zum Kanonier S. M. Schiff „Sardegna" mit. Diese Erneuerung erfolgte, wie wir versichern können, auf bejonde-