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Blatt Amts und des Stadtrathes des Aönigl. Amtsgerichts WuLsnih Abonnements - Preis Vierteljahr!. 1 M. 25 Pf. Auf Wunsch unentgeltliche Pu- senoung. Zrrfercrte sind bis Dienstag und Freitag Vorm. 9 Uhr aufzugeben. Preis für die einspaltige Cor- Erscheint: Mittwoch uns Sonnabend. Als Beiblätter: l. Jllustrirtes Sonntagsblatt (wöchentlich); 2. pandwirthschaftliche Beilage (monatlich). puszeile (oder deren Raum) 10 Pfennige. Geschäftsstellen: Buchdruckereien von A. Pabst, Königsbrück, C. S. Krausche, Kamenz, Carl Daberkow, Groß röhrsdorf. Annoneen-Bureaus vonHaasen- stein L Vogler, Jnvalidendank, Rudolph Mosse und G. L. Daube L Comp. FcheMs// D„-»„.-e...... MHtuudvinjigKw Aahvgang. Verantwortlicher Redakteur Gustav Häberlein in Pulsnitz. 29. Februar 1896. Sonnabend. Sonnabend, den 29. Februar 1896, Abmds ^8 uhr: öffenMGe Stcrdtverordneten - Sitzung im SitzungssuaL. Die Tagesordnung hängt in der NathhausflurAaus. Pulsnitz, am 26. Februar 1896. Der Stadtvero r d netenvorsteher. vr Sauer. Antrages erklärt, daß die Vorlage infolge dessen umgear bettet werden müsse. Der Getreide - Terminhandel. Der Börsen - Gesetzentwurf, der in der Commission schon mehrere Aenderungen erfahren hatte, ist neuerdings endlich und erfreulicherweise wesentlich dadurch verschärft Worden, daß die Commission mit 11 gegen 9 Stimmen beschlossen hat, das Zeitgeschäft im Getreide überhaupt zu verbieten. Ob auch der Reichstag sich diesen Beschluß zu eigen machen wird, steht noch dahin. Zweifellos befindet sich auch im Plenum eine ansehnliche Zahl von Gegnern des Terminhandels, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Reichstag den Beschluß gulheißt. Unter diesen Umständen gewinnen die Verhandlungen der Börsencnquete-Comijsion, auf denen im Wesentlichen die Bestimmungen des Gesetzentwurfes aufzebaut sind, beson ders aber die Gutachten der Sachverständigen über den Getreide-Terminhandel eine actuelle Bedeutung. Von den Freunden der Börse wurde geltend gemacht, daß das Termingeschäft eine für den Verkehr unentbehrliche Ge schäftsform sei. In zahlreichen Fällen dient es m der That dazu, den Geschäftsbetrieb auf eine gesunde Grund lage zu stellen. Der Landwirth braucht den Mann, der ihm bald nach der Ernte sein Getreide abnimml und es so früh wie möglich baar bezahlt. Der Abnehmer wird dadurch mit der Sorge für die Aufbewahrung und Mit Risiko belastet, dafür den Preis erstattet zu erhalten, den er selbst bezahlt hat. Last und Risiko sucht er naturge mäß auf andere Schultern zu vertheilen, und das erreicht er durch den Abschluß von Termingeschäften. Er erhält die Gewißheit, daß er für das gekaufte Getreide zu einer bestimmten Zeit den gezahlten Preis, Spesen und Zinsen zurückerhält. Die Regierung hat sich jetzt auch den in der Börsen enquete-Commission geäußerten Bedenken nicht mehr ver schließen können, sie hat sogar anerkannt, daß der Tera in- handel im Laufe der Zeit einen für das Gemeinwohl gefährlichen Charakter angenommen hat. Die meinen Termingeschäfte bezwecken nämlich gar n'cht die Erfüllung des Vertrages, sind vielmehr lediglich eine Wette auf das Steigen oder Fallen der Preise. Man kauft oder verkauft nur in der Absicht, den Unterschied zwischen dem gegen wärtigen und dem zukünftigen Preise zu gewinnen. Auch das Privatpublikum wird von Agenten vielfach zu Termin geschäften veranlaßt. Viele Bauern haben dadurch Haus und Hof verloren, und zahllose Handwerker, Dorsschmtede u. f. w. sind ebenfalls arg geschädigt worden. In welchem Umfange der Terminhandel betrieben wird, haben wir oft schon erwähnt, man kann es auch daraus ersehen, daß, wie in der Enquete-Commission fest gestellt ist, das dreißigfache von dem, was an die Börse kommt, im Termin gehandelt wird. Dazu kommt noch der Umstand, daß die Großspekulanten die Preise vielfach künstlich drücken, wenn die Landwirlhe gezwungen sind, ihre Getreide auf den Markt zu bringen, und die Preise in die Höhe schrauben, wenn die Scheunen leer sind. In aller Erinnerung sind wohl noch die Manipulationen der Berliner Firma Cohn L Rosenberg, die im vorigen Herbst, wo sie Getreide verkauft bitte, dadurch einen Preissturz künstlich herbeiführte, daß sie gegen eine Million Centner Getreide nach Berlin schaffen ließ. Ein Hamburger Bör senmann hat berechnet, daß der Werth der deutschen Ernte infolge des enormen Angebots um 100 Millionen Mark herabgedrückt wurde. Diese gewaltige Summe erhielten also die deutschen Landwirthe beim Verkauf ihres Getreides weniger, sie floß in die Taschen der Börsianer. Erfahrun gen ähnlicher Art haben die belgische Regierung dazu ge führt, den Terminhandel in Antwerpen abzuschaffen, und auch in England macht sich eine mächtige Strömung bemerk- bar, die den Terminhandel zu beseitigen trachtet. Der Bundesrath wird sich mit dem Börsengesetzent wurf beschäftigen, sobald die Commission ihre erste Lesung beendigt hat. Von den Vertretern der Reichsregierung Wurde in der Commission nach Annahme des genannten Oertttche und sächsische Angelegenheiten. Beitrage für diesen Theil werden gegen Vergütung dankend angenommen. Pulsnitz. Es ist, nicht etwa erst in den letzten Zeiten, sondern seit Jahren schon, vielfach wahrzunehmen gewesen, daß bei sogenannten „großen" Trauungen mit Auffahrt vieler g ladener Hochzeitsgäste ein Rennen und Lausen nach der Kirche entsteht, das der Würde einer gottesdienstlichen Handlung nicht entspricht. Wenn nun auch keineswegs geleugnet werden soll, daß Viele aus wahrer Theilnahme die Kirche aufsuchen, so läßt sich andrerseits auch nicht verkennen, daß eine große Zahl Neugieriger, auch Kinder, das Gotteshaus füllen, die weder aus Theilnahme und Freundschaft gegenüber dem Braut paar und dessen Eltern, noch viel weniger, um Gottes Wort zu hören, in die Kirche kommen, sondern nur um ihre Schaulust zu befriedigen, die reichen Toiletten zu be wundern u. s. w. Daß unter diesen Verhältnissen vielfach Störungen Vorkommen, welche die heilige Handlung m ihrer Weihe beeinträchtigen, liegt auf der Hand. Wie ist nun die kirchliche Trauung in ihrer heiligen Würde und Weihe vor Störungen, welche den Nächstbetheiligten, dem Brautpaar, dessen Angehörigen und den Hochzeitsgästen am unangenehmsten sein müssen, möglichst zu schützen? Die kirchliche Trauung ist durchaus nicht ein öffentlicher Gottesdienst, wie der an Sonn- und Festtagen, sondern eine kirchliche Handlung, an der nur die Nächstbetheiligten ein wirkliches Anrecht haben. Darum stellt man in einzelnen Parochien dem Brautvater Karten zur Verfügung, die er nach seinem Ermessen abgeben kann. Der Eintrtt in die Kirche zur Trauung ist dann nur gegen Abgabe der erhaltenen Karte gestattet. Dagegen läßt sich freilich gar manches sagen. Es könnte aber nach wie vor jeder mann der Zulritt zu allen Trauungen offen gehalten und doch eine die Ordnung wahrende Schranke gezogen werden, wenn künftig jeder, der nicht zu den zur Trauhandlunq Geladenen gehört aber Zutritt begehrt, sich, vielleicht beim Küster, eine Karte zu holen und diese bei seinem Eintritt in die Kirche an den dienstthuenden Kirchendiener abzugeben hätte.^ Das wäre allerdings eine kleine, aber im Interesse der Sache wohlberechtigte Erschwerung des allzugroßen und störenden Zulaufs. Diejenigen, welche aus wirklicher Theilnahme der Trauung beiwohnen wollen, werden diese kleine Mühe nicht scheuen. In anderen Gemeinden, wie z. B. m Königsbrück, hat sich diese Maßregel schon seit tangerer Zeit auss beste bewährt; sie dürste sich^-auch hier empfehlen. — .Der Turnverein für Pulsnitz M. S. und Böhmisch-Vollung hielt am vergangenen Sonntag im Saale des Menzelschen Gasthofes sein Diesjähriges Fastnachtsvergnügen ab. Im letzten Theile des Concertes riefen die 8 beweglich lebenden Bilder „Die Verlobung am Wachtfeuer" großen Beifall hervor. Die zu jedem Vergnügen üblichen Freiübungen wurden unter der Leitung des Turnwarts Herrn Schmidt vortrefflich ausgeführl. Am Abend zuvor wurde der frühere Turnwart Herr Guido Hausding für seine Verdienste um den Verein zum Ehrenmitglied ernannt und ihm aus Anlaß dessen ein ge schmackvoll ausgeführtes Diplom überreicht. — Wie alljährlich, so soll auch in diesem Jahre am ersten Bußtage, den 4. März, eine Collecte, zum Besten der Innern Mission in den evangelischen Kirchen Sachsens eingejammelt werden. — Heute, Freitag, ereignet sich eine Mondfinsterniß, bei welcher unser Trabant zwar nicht total, aber doch zum größten Theil verfinstert wird und das zu einer dem Beobachter gewiß sehr gelegenen Zeit. Ler Aufgang des in der Nähe des Hellen Sternes Regulus stehenden Mondes erfolgt wenig links vom Ostpunkte des Horizonts 5 Uhr 35 Min. Nachmittags, also noch 12 Minuten vor Sonnen untergang. 7 Uhr 15»/iv Min., heißt es im „L. Tgbl.", findet der Anfang der Fmsterniß statt, indem der zu dieser Zeit zwischen Ost und Ost-Süd-Ost befindliche Mond in den Kernschatten der Erde, oder, wie es uns scheint, der Erdschatten links unten in die Mondscheibe eintritt. 8 Uhr 45Vl« Min. ist der Mond am meisten und zwar 7/8 (genauer 0,874) seines Durchmessers verfinstert. Es ist alsdann rechts unten noch ein sichelförmiger, hell leuch tender Theil des Vollmondes unbedeckt. Von nun an wird die in der Richtung nach rechts oben abziehende Schattenfläche immer kleiner, bis endlich 10 Uhr 15'/, Min. Abends die Finsterniß ihr Ende erreicht. Die Entfernung des Mondes von der Erde beträgt zur Zeit der Finsterniß 48,100 geographische Meilen, die der Sonne von der Erde 19,942,000 Meilen. Der Kernschatten der Erde hat eine Länge von 186,050 Meilen; sein Durchmesser beträgt da, wo ihn der Mond durchschneidet, 1273 Meilen. — Nach den Prophezeihungen Professor Falbs ist für die nächste Zeit noch Fortdauer des trockenen, mäßig kalten Wetters zu erwarten. Der kritische Termin erster Ordnung vom 28. (Vollmond mit Mondesfinstsrniß) dürfte erst mit einer Verspätung von 2—3 Tagen durch Schneefälle zur Geltung kommen. Für die erste Woche des März ist Zunahme der Kälte wahrscheinlich. Kamenz. Die Bezirks-Arbeitsanstalt Jesau hat ihren 29. Bericht auf das Jahr 1895 erstattet und ist aus demselben ersichtlich, daß sich am 1. Januar 48 Per sonen und zwar 22 Männer, 24 Frauen und 2 Kinder in der Anstalt befanden. Hierzu kamen im Laufe des Jahres 14 Personen und gingen ab 9 Personen, davon 6 durch Tod, sodaß am Schluffs des Jahres der Bestand 53 Personen nnd zwar 21 Männer, 27 Frauen und 5 Kinder war. Dem früheren Berufe nach waren unter den Männern vertreten: 13 Handarbeiter, 5 Lsinweber, 2 Korb macher und je 1 Drechsler, Müller, Pfefferküchler, Tuch macher, Zimmermann und Töpler. D r Arbeitsverdienst sämmtlicher Anlassen betrug 3400 Mark 59 Pf. Die Be schäftigung der Insassen innerhalb der Anstalt bestand in oer Anfertigung von RalfiageflechK (stir Berliner und Dresdener Firmen), Binsen- und Strohdeckeln, Ruthenbesen, Rohrstuhlsitzen, Weidenkörben, Fsdernschleißen, Holzspalten, Spulen und den erforderlich n Haus-, Garten- und Feld arbeiten. Bestrafungen haben in diesem Jahre nicht statt- gefundcn. Bei vorgekommenen Vergehen gegen die Haus ordnungen haben erfreulicherweise ernste Vermahnungen genügt, die Disciplin aufrecht zu erhalten. Der Gesund heitszustand der Insassen war normal. Der erforderliche ärztliche Beistand wurde bei vorkommenden Krankheits fällen wiederum in gewissenhafter Weise vom Herrn Be zirksarzt Or. most. Spann in Kamenz gewährt. Das Wsihnochtsfest ist auch in diesem Jahre an der Anstalt nicht vorübergegangen, ohne die Insassin durch eine Feier mit Befcheerung im Betsaal der Anstalt daran zu erinnern, daß Christus auch für sie geboren wurde und das Evangelium gerade die Armen und Elenden aufrichten und trösten will. Seit Eröffnung der Anstalt (den 1. Octob - 1877) haben 331 Personen Aufnahme gefunden. Hiervon sind 115 in der Anstalt gestorben und 163 wieder entlassen war en. K. W. — Am 15. hielten beide Kammern Sitzungen. Die 1. Kammer bewilligte Titel 12. des außerordentlichen Staatshaushaltetats, Umbau der Bahnhöfe in Dresden und damit zusammmhängenden Herstellungen (vierte Rate) betr., mit 14 Millionen Mark, ferner überwies sie eine Eingabe der Bewohner der Lößnitzortschasten, Bahnverkehr betr., zur Kenntnißnahme der Staatsregierung und bewilligte sodann die Titel 13, 23 und 33 des außerordentlichen Staatshaushalts, Umbau und Erweiterung des Bahnhofs Hohenstein-Ernstthal (letzte Rate) mit 1,100,000 Mark, Erweiterung des Bahnhofs Arnsdorf mit 280,000 Mark