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Erscheint: Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Mit „Jllusir. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft- icher Beilage" und „Für Haus und Herd". Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich 1.25 bei freier Zustellung ins Haus, durch dis Post bezogen 1.26. Amts- Blatt des Königs. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz. Inserate für denselben Tag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die fünf mal gespaltene Zeile oder deren Raum 12 Pf. Lokalpreis 10 Pf. Reklame 25 Z.. Bei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungs-Ort ist Pulsnitz. kor» umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalds, Ohorn, Obersteina, Nieder- AMtvi-Ett f UI AIUlögeriaUHlUzlrt ^UlHUtA steina, Weißbach, Over-u. Niederlichtsnau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Druck und Verlag von L. L. Förster'- Lrben (Inh.: H. w. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr. 265. Verantwortlicher Redakteur H. w. Mohr in Pulsnitz. Dr. 19. Donnerstag? dm 13. Jeßruar 1908. 60. Jahrgang. Auf Blatt 43 des hiesigen Handelsregisters, die Firma §. Sevlsr in Srotzrödyvork betreffend, ist heute eingetragen worden, daß Herr Friedrich Adol^ Gebler in Großröhrsdorf infolge Ablebens als Inhaber ausgeschieden, Frau Marie Amalie^rw. Gebler geb. May daselbst Inhaberin und dem Geschäftsgehilsen Herrn Friedrich Wilhelm Gebler ebendaselbst Prokura erteilt worden ist. / Pulsnitz, am 11. Februar 1908. / l^öniglr^SS Mmtsgeriet. —— Montag, den 17. kebrusp dSrOM in Nisckotswepda. Das Wichtigste vom Hage. Der Besuch des Königs Friedrich August am Berliner Hof, der in der Mitte dieses Monats erfolgen sollte, ist wegen der Hoftrauer auf Anfang März verschoben. Der sozialdemokratische Parteitag wird in diesem Jahre Anfang September in Nürnberg stattfinden. Hauptgegenstand der Beratung wird die Agrar- srage sein. Der berühmte Heldentenor Albert Stritt ist, 61 Jahre alt, in Dresden gestorben. Die Großmächte haben das Verlangen der Pforte aber mals abgelehnt, die makedonischen Offiziere und Beamten in türkischen Dienst übernehmen zu wollen. Im Reichstag war gestern Schwerinstag. Pensions versicherung der Privatbeamten und Ordnung des Automobilverkehrs kamen zur Besprechung. Die Einführung der vierten Wagenklasse an Sonn- und Feiertagen auf den sächsischen Staatsbahnen ist für den 1. Oktober zu erwarten. Es verlautet, die deutschen Bundesfürsten würden dem Kaiser Franz Joseph zu seinem Regierungsjubiläum eine ganz besondere Aufmerksamkeit erweisen. Der Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Tirpitz soll beabsichtigen, nicht mehr lange im Amte zu bleiben. Das deutsche Auswärtige Amt erklärt sich in der „Köln. Ztg." durch die Erklärung des französischen Ministers Pichon zur Marokkofrage für nicht be friedigt. SngUscks Slottsnpotttik. Ein Zwischenfall im englischen Flottenverein, bei welchem Lord Esher, einer der eifrigsten Kämpfer für Englands Großmachtsstellung zu Wasser und zu Lande und ein Vertrauter des Königs Eduard, etwa die umge kehrte Rolle gespielt hat, wie der General Keim im deut schen Flottenverein, hat wie ein Blitzlicht die englische Flottenpoltik erhellt und deutlich gezeigt, daß England, welches auf der Haager Friedenskonferenz offiziell für eine Abrüstung eintrat, auch nicht im Entferntesten da ran gedacht hat, seine eigenen gewaltigen Rüstungen zur See zu beschränken. Lord Esher ist nicht an die Spitze des englischen Flottenvereins getreten, weil er es nicht für nötig hält, und weil andere Männer dort die Sache des englischen Flottenvereins wirksam vertreten. Bei dieser Gelegenheit sind aber vom Lord Esher Erklärungen abgegeben worden, welche beweisen, daß in England in- bezug auf die Stellung der Regierung und des Flotten vereins zum Ausbau der englischen Flotte die Verhält nisse geradezu umgekehrt liegen, als wie in Deutschland. Der deutsche Flottenverein ist aus den patriotischen Ge fühlen und Erwägungen entstanden, daß der deutsche Reichstag und deshalb auch die deutsche Regierung nicht genug für die Entwickelung der deutschen Flotte tue, und daß es deshalb dringend notwendig sei, das Verständnis für die Notwendigkeit des Baues einer viel größeren und stärkeren deutschen Flotte in alle deutschen Volks kreise zu tragen. Von England hat aber soeben Lord Esher verraten, daß die berühmten Pläne des Admirals FiSher, wonach England für jedes deutsche Kriegssch ff mindestens zwei oder drei englische bauen müsse, schon im Jahre 1899 bestanden haben, und daß das englische Ma- rineamt, unterstützt vom englischen Parlament, auch da nach gehandelt hat. England konnte sich also die Haager Friedenskonferenz als eine Art politischen Scherz schon leisten, es konnte mit dem ernstesten Gesichte des fried liebenden Diplomaten eine Abrüstung zu Wasser und zu Lande verlangen, weil seine Flotte ja dreimal stärker ist als die deutsche und die französische. Daraus kann man zweierlei lernen. Im öffentlichen Leben Englands spielt die Verschlagenheit und die Verstellungskunst eine solche große Rolle, daß man immer erst näher prüfen muß, ob die Erklärungen eines englischen Politikers sich auch mit den wirklichen Verhältnissen decken, und wenn man dann erfährt, daß die Handlungen in der englischen Flottenverwaltuug ganz andere sind, als wie die Worte der englischen Vertreter aus der Friedenskonferenz lauten, so bleibt als vernünftige Schlußfolgerung nichts weiter übrig, als daß Deutschland ebenfalls noch eine große An zahl der stärksten Kriegsschiffe bauen muß. Die Engländer brüsten sich ja mit ihrer Friedensliebe und weisen daraus hin, daß England seine Uebermacht zur See noch nicht mißbraucht habe, nun wenn danach eine starke Flotte die beste Bürgschaft für den Frieden ist, so darf es auch niemand Deutschland verdenken, wenn es bestrebt ist, sich eine große Flotte zu schaffen. In England befolgt man andauernd die Politik, daß England nicht nur allein eine mächtige, sondern sogar eine llebermächtige Flotte haben müsse, und man ist dort auch überzeugt, daß Englands Großmachtstellung von der Größe und Macht seiner Kriegsflotte abhängt. Und in diesem Punkte sind auch in England alle Parteien einig, und wir können in Deutschland auch wiederum daraus lernen, daß in großen nationalen Fragen das deutsche Volk auch einig sein muß. OsrMcdss und Säcdsisedss. — Die Mittelstands-Vereinigung im König reich Sachsen hielt am Montag im Restaurant Zoolo- logischer Garten zu Dresden einen von über 300 Kor porationen Sachsens mit 450 bis 500 Delegierten aus allen Teilen Sachsens beschickten Mittelstandstag ab. Auf die große Wichtigkeit dieser Tagung wurde bereits in der verflossenen Woche in den Tageszeitungen yingewiesen. Welche Bedeutung der Mittelstandsbewegung von Seiten der Königlichen Staatsregierung und deren Behörden bei- gemeffen wird, ging aus der großen Zahl Ehrengäste hervor. Mit Herrn Staatsminister Exzellenz Graf von Hohenthal und Bergen waren Vertreter der Kreis- und Amtshauptmannschasten, so auch Her: Kammerherr Amts hauptmann v. Erdmannsdorff-Kamenz und viele Land tagsabgeordnete erschienen. Vom Pulsnitzer Rabatt-Spar- Verein, der sich die Wahrung und die Förderung der Interessen Les Mittelstandes besonders angelegen sein läßt, waren als Delegierte die Herren Joh. Rietschel, Fedor Hahn und LouiS Wahner entsandt. Einer Vor standssitzung folgte eine geschlossene Delegiertenversamm lung, die Ler zweite Vorsitzende, Obermeister Unrasch- Dresden, leitete. An Stelle des erkrankten Landtags abgeordneten Baurat Enke-Leipzig referierte Landtags abgeordneter Dr. Kühlmorgen über die Stellung des Mittelstandes zum Wahlrecht. Nach einer eingehenden Debatte wurde einstimmig die folgende Erklärung ange nommen: „Wir befürworten ein Wahlrecht, das im Wesentlichen auf den Grundlagen des Regierungsvor schlages fußt, und zwar nach folgenden Gesichtspunkten: 1. Verhältniswahl (Proporz), d. h. Vertretung aller Grup pen und Parteien nach dem Verhältnis ihrer Stimmen zahl; sei es in einem das ganze Land umfassenden Wahl kreis oder in größeren Wahlbezirken. 2. Pluralsystem mit mäßigen Zusatzstimmen, wobei besonders zu berück sichtigen wäre wirtschaftliche Selbständigkeit, Grundbesitz, Alter und höheres Einkommen. 3. Entsprechende Ver tretung der kommunalen Verbände, d. h. Wahl eines Teiles der Abgeordneten durch Kommunalverbände oder Gemeindevertreter, etwa nach den fünf Kreishauptmann- schasten. 4. Vermehrung der Landtagssitze auf mindestens 80." lieber die Umsatzsteuer auf Konsumvereine und Warenhäuser sprach dann an Stelle des erkrankten Land tagsabgeordneten Dr. Spieß ebenfalls der Landtagsabge ordnete Dr. Kühlmorgen. Zu diesem Thema wurde nach einer ausgedehnten Aussprache die folgende Erklärung einstimmig angenommen: „Der außerordentliche sächsische Mittelstandstag billig* den Antrag Dr. Spieß und Ge nossen an die Zweite Kammer, erklärt sich mit ihm voll ständig einverstanden und richtet an die Königliche Staatsregierung das Ersuchen, noch dem gegenwärtigen Landtage einen Gesetzentwurf vorzulagen, durch den obigem Anträge Genüge geleistet wird." Dann beschäf tigte sich die Versammlung mit internen Verbandsange legenheiten. Abends 8 Uhr folgte in demselk^n Lokale eine größere öffentliche Versammlung. — Die lustige Faschingszeit ist in vollem Gange. Von allen Geschöpfen der Erde ist nur den Menschen das Lachen eigen. Der Mensch hat von Natur aus einen Hang zum Lachen, der gebildete wie der ungebildete, der kultivierte wie wilde. Bei allen Kulturvölkern zeigt sich neben diesem Hang auch die Lust zum Spotten und Witzeln, das BedürfGs, den Ernst und die Eintönigkeit des Lebens durch eine Feiertagszeit zu unterbrechen, in der man sich nach Herzenslust gehen läßt, in welcher man sich nach Kräften austobt. Diese Tatsachen gel^n den einfachsten und natürlichsten Grund zur Entstehung all gemeiner Narren- und Spottfeste, die wir jetzt unter dem Namen Karneval zusammenfaffen. Die landläufige Er klärung des Wortes Karneval lautet: „carne vale! Fleisch lebe wohl!" Der Katholik muß nämlich vom Ascher mittwoch an 40 Tage lang fasten, sich des Fleisches ent halten. Eine andere Erklärung leitet das Wort her von carnis levamen, Laß heißt „Fleischbelustigung", weil man sich am letzten Tag vor dem großen Fasten noch einmal gründlich mit Fleischeffen gütlich tun wollte. Dieser An sicht entspricht auch die französische Benennung des Fast nachts-Dienstags marcki §ras, das ist „fetter Dienstag". Simrock weist auf die Umzüge der alten Deutschen hin, die zu Ehren der Ackerbau- und Handelsgöttinnen statt fanden, bei denen ein Pflug oder Schiffswagen, carneval genannt, umhergezogen wurden. Noch andere halten da für, daß die Benennung aus den keltischen Worten karn, das ist Götteralter, und val, Totenzug, herrühre. Dar nach bedeutet Karneval den Totenzug der gestürzten Götter. Diel.Erklärunghatdie meisten Anhänger gefunden. — Laut Mitteilung des Neichskolonialsamts werden insbesondere für Deutsch - Südwestafrika Landmesser gesucht, vorzugsweise solche, welche in heimischen Staatsdienste stehen, die zur Anstellung berechtigende Prüfung bei ihrer Verwal tung abgelegt haben, möglichst zwischen 25 und Z0 Jahren alt sind und ihrer Militärpflicht genügt haben. Gehalt 7500 M steigend bis ZOOO M. Bei Reisen in Deutsch- Südwestafrika 7 M. Tagegelder. Sich hierzu Bereiterklärende haben sich bis spätestens (5 d. M., vormittag ftzfO Uhr, beim Königs. Meldeamt Kamenz persönlich zu melden, wo selbst alles Nähere zu erfahren ist. — Die höhere Postlaufbahn soll noch im lau fender. Vierteljahr wieder eröffnet werden. Die umge staltete Höhere Laufbahn sieht für die Anwärter dar Reife zeugnis eines Gymnasiums, Realgymnasiums oder einer Oderrealschule vor. An die einjährige Eleoenzeit zur Erlernung des technischen Dienstes bei den Post- und Telegraphenanstalten schließt "ch ein dreijähriges akade misches Studium (Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft, Hilfswissenschaften der Telegraphie: Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Chemie). Nach Vollendung der Studien erfolgt die erste Prüfung, nach deren Bestehen die An wärter zu Postreferendaren ernannt werden. Nach Ver lauf von drei Jahren ist die zweite Prüfung abzulegen, nach deren Bestehen die Ernennung zum Postassessor er folgt. Die Assessoren sollen in den höheren Beamtenstellen der 5. Rang.lasse verwendet und je nach Befähigung, Leistungen, Führung und Gelegenheit in die oberen Stellen der Verwaltung befördert werden.