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Donnerstag, den 21. August 1924 76. Jahrgang Nummer 100 Amtlicher Teil Andns« t» würde di« Hinnahm« der H«rrioi'sch«n Räu mungSforderung (,bi» spätesten» nach einem Jahre") fetten» der deutschen Regierung von den Einwohnern de» besetzten Gebiet«» al» rin« Art Prei»gab« ausgk- faßt werden, wenn etwa di« Engländer die Kölner Zone am 10. Januar 1S25 nicht räumen sollten. Die »Time»' sehen e» al» selbstverständlich an, daß die britischen Truppen nicht au» dem Nordabschnttt d« Versailler Besatzung»grbiete» herau»ge,ogen werden würden, wenn die französisch«» und belgischen Truppen »u dem Zettpuntt noch im Ruhrgebiet weilen sollten. Alle dies- Punkt« müssen in Rechnung gestellt werden, wenn der Reichstag sich über Annahme oder Ablehnung der drei Gutachten-Gesetze schlüssig werden will. Bor der Londoner Konferenz bestand in gewissen pazifistischen und sozialistischen Kreisen die Neigung, «in» der drei Gutachten-Gesetze, da» Eisenbahngesetz, nicht al» ,verfassuns«ändernd" anzusehen und dadurch die Notwendigkeit zur Schaffung einer Zweidrittelmehrheit zu vermeiden, vom Standpunkt einer ehrlichen grab- linigen Politik ist er zu begrüßen, daß auf dieses Taschenspl«Ierkunststück verzichtet worden ist. Die Hin- gäbe der R«ichs«isinbah»en an ein« fremd« Aktien- gesellschast steht unter allen Umständen im Widerspruch mit der Verfassung und erfordert daher die vorgesehene qualifiziert« Mehrheit. Der Rrich»tag muß sein« Ent scheidung im vollen Bewußtsein seiner Verantwortung lr-ff«n. Di« «bstimmungsarithmetiker haben heraus- gerechnst, daß für di« Annahme der drei Gesetze di« Mitwirkung der Deutschnalionalen unentbehrlich ist. Unbedingte Gegner der in London vorbereiteten Lö sung des Rkparattonrploblem» find nur dir Kommu nisten und Deutschvölkischen, die im ganzen über 94 Sitze im Reichstag verfügen. Stimmen die Deutsch- nationalen in voller Stärke ihrer 100 Mann gleich falls gegen die Gesetze, so kommen sie rettungtlo» zu Fall. Nun gibt r» allerding» eine mildere Form d«r Opposition Di« Deutschnationale» könnten vor der entscheidenden dritten Abstimmung den Saal verlaffen. Würden dann, dis beiden Flügelparteien gleichfalls den Saal verlassen, so würde die Zwetdrittel» Anwesenheit der AbZrordneten nicht erreicht, die Abstimmung also wsgsn Brschlußunsähigkeit des Hause» nicht statlfinden können. Erne noch mildere Form brr Opposition wäre es, wenn dis Drutschnationalen bei der entscheidenden Abstimmung im Saale verblieben, aber weitzr Zettel adgüben. Entschlössen fie sich zu der zuletzt genannten Taktik, so würden sie — vorausgesetzt, daß die Mittel Parteien geschloffen für die Gesetz« stimmen — doch den Ausschlag für die Annahme der Gesetze und da mit auch für die Annahme de» Londoner Kvnfrrenz- rrgebniffrS geben. Auch in den Reihen der bürgerlichen Mtttelparttten gibt e» zahlreiche Männer und Frauen, denen dir Londoner Entscheidung eine herbe Enttäu schung giwesm ist und die alle Nervenkraft zusammen- nehmen müssen, um der Versuchung zu widerstehen, durch s n scharfes Nein den ganzen einmonatigen Kuh handel zu Fall zu bringen. Daß mit einer solchen ab irato getroffenen Entscheidung keine deutsche Auft baupolitik auf weite Sicht getrieben werden kann, ist selbstverständlich. Die ersten entscheidenden Fehler sind deutscherseits nicht etwa kurz vor London oder gar aus der Konferenz selbst gemacht worden, sondern vor vier Monaten, al» stch niemand recht traute, eins umfassende und klare Kritik an den Behauptungen und Vorschlägen des Gutachtens in die Welt hinaus, zuschleudern. Wenn die Bewohner der deutschen West mark, di« in erster Linie unter der mrsch! ppien Räu mung leiden werden, für die Annahme der Gatachtrn- O-rtNch« «nd sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. (Konzert des M-T-V. „Freie Sänger.") 3m Schützenhause veranstaltete der M.T.-V. „Freie Sänger" Pulsnitz ein Konzert zur Feier des 20 jährigen Bestehens. Aus der Geschichte des Vereins — 1804 — 1924 — die der Vorsitzende in der Begrüßung bot, kann man entnehmen, was Ausdauer und Idealismus vermögen. In der ersten Singstunde nach dem Kriege waren nicht mehr Sän ger als ein Doppelquartett erschienen. Und heute? Eine stattliche Zahl Sänger und Sängerinnen füllten das sinnvoll geschmückte Podium. Und nun die Dar» bietungen! Das Eesamturteil muß lauten: gut und fein! Der erste Männerchor „Festgesang" von Kurz bewies, daß die Sänger Moll und Wechsel der Ton» art bemeistern. Feines Empfinden kam in der „Tragödie" von Mendelssohn-Bartholdy, Gemischter Lhor zum Ausdruck. Das erste Lied war zwar etwas zaghaft — wahrscheinlich ein bißchen Lampenfieber — aber das dritte Lied „Auf ihrem Grab" war da» Feinste dieser Art. Die Barkarole „Hoffmanns Er zählungen'/ war im Tempo etwas zu schleppend, da durch ging die Klangwirkung der Schlußzeilen ver loren. Die Melodie der „Republikanischen Hymne? von Lendvai kam nicht voll zur Geltung durch dis Wucht des Orchesters. „Neues Werden" von Hun dertmark war die beste Leistung. Dieser Chor erfor derte Anspannung aller Kräfte und die Ausführung zeigte, daß ihn Sänger, Sängerinnen, Dirigent und Orchester gewachsen waren. Daß auch die Darbietun gen des Großröhrsdorfer Musikchores sehr lobenswert waren, soll hier auch betont werden. Alles in allem: ein genußreicher Abend. Dem Verein und seinem Dirigenten viel Glück im 3. Jahrzehnt. (Sitze.) — Nachdem der zweite Jubeltag des Männergesangosr- eins „Freie Sänger" mit einem eindrucksvollen Fest zuge eingeleitet worden war, wurde von nachmittags 4 Uhr an im Saals des Schützenhauses Kommers abgehaltsn. Das überfüllte Haus bewies, daß In teresse am Arbeitersang vorhanden ist. Jeder East wird auch auf seins Kosten gekommen sein; denn das reichhaltige Programm enthielt außer schlichten Volks weisen herrliche Kunstlieder, die oft viel technische Schwierigkeiten aufwiesen und hohe Anforderungen an die Gestaltungskraft der Sanger und Liedermeifier stellten. Ein wahrer Wettstreit entwickelte sich zwischen den einzelnen Vereinen, deren Dar bietungen zum Teil glänzende Leistungen waren. So hat z B. das „Dorfgeheimnis" von Wellmann <„Liüdergruß" Wiesa) stürmischen Beifall hernorgerufsn. Der Männerchor Kamenz brachte außerordentlich wir kungsvoll das Lied „Es Haven zwei Blümlein ge blüht" zu Gehör. Das Hervorragendste hat der Bolkschor Radeberg Ganz prächtig sang er „Schön Rohtraut" von Veit, kleine Sänger- schar von Dresden - Löbtau gab einige recht fein ge sungene Lieder zu. Bon den Frauenchören hat der „Liederfreund" Großröhrsdorf recht Beachtliches ge leistet, gang abgesehen von den Leistungen Radebergs. Der Höhepunkt aller Darbietungen wurde wohl in dem Männerchor „Morgendämmerung" von Curti erreicht, den Radeberg ganz besonders eindrucksvoll bot. Dieses Piano am Anfang, das stete Anschwellen bis zum Höhepunkt ließen den Chor zum Erlebnis werden. Ailes in allem: Ein par angenehme Stun- s-nnabend, den 2». August 1824, vormittags 9 Ullr sollen im hiefigen Rats» Keiler als Dersteigerungsort zwangsweise 1 Fahrrad, 1 Anzug, 2 Winterüberzieher, 3 Bände Meyers Lexikon und 3 Bände praktisch. Kaufmann meistbietend gegen Barzahlung versteigert werden. Der Gerichtsvollzieher beim Amtsgericht Pulsnitz. Inserate für alle Zeitungen vermittelt vollständig kostenlos Verlag des „Pulsnitzer Wochenblattes". Der Nrichstag hat das Wort. In wenig«» Tagen muß die deutsche Volksvertre tung die Frag«» prüf«» und di« EMschtidung fällt», zu dtntn sich di« London«! Konferenz dreimal solang« Zett gegönnt hat. Dis R«ich»regi«rung hat nm Tag« vor dem Zusammentritt de» außenpolitischen Reichs- tag«au»schuffe» durch da» Wolff-Büro ein« kurze Er- kläruüü verbreit«» lassen, der zufolge die Londoner Abmachung hinfällig wird, wenn die dr«i ,Gutachten- Gesetze" nicht bi» zum 30. August angenommen find. Abgesehen von weniger wichtigen Einzelheiten, sehen da» deutsche Volk und die deutsch« Volkloertrriung den Schwerpunkt der Entschribung darin, daß sich Deutschland bei einer Annahme der drrt Gutachten- G-sedr Mllschw«igrnd der von den Franzos;» gefordert A . n äü^ d,r Ruhrb«s.tzu»s fügen würd«. Fall» also der R-rchswg die drei Gesetze ab- lrhnt, würd« man mit den Worten drZ Epr chwous sagen könn«n: ,D«n Sack schlägt er, den Esel meint er". Die Rrp2ra1ion»b«lostung selbst würd« in Deutsch land eine reichliche Zweidrittelmehrheit finden, wenn die RäumungSsrage tm deutschen Sinne «rltdigi wor den wär,. Die drutschen Delegierten in London ha ben brr Hernot'schttl Btsetzungrforderung nicht zug«- stimrut; ein gleiches wird auch vom Reichstag nicht verlangt. Es darf auch als sicher angenommen wer den daß die Besetzung des Ruhrgebirtrs Lis zu ten arte'chtschen Kalenden vertagt werden würde, wenn - Deutschland jetzt die Durchführung deS Sachv«rstün- dtaen Plants verhindern würde. Wie die Dings nun einmal liegen, würde die Ablehnung der Gutachte»- Nesetzt tm RrtchsLag Deutschland» Position viel «mp- Kndl-cher schwächen, al» es ein« ablehnende Haltung d«r deutsche» Delegierten in London getan hätte. Lk auch nicht übersrhen werden, daß die Räumung Offenburg und Appenweiler, sowi« der für Ende angtkündigte Rückzug der Franzosen und'Bel- loa Dortmund und Hörde einen gewtff-n psycho- dem Einfluß auf da» deutsch« Volk auiübrn, mit Ladu» Partiten und die R«zi«rung richnrn müssen, und Ta auch der Bries Macdonald» an Herriot riott lowie eine mündliche Zusicherung H-r- London in einem Teil der deutsch«» O ffsni- ein- kenn gestärkt, daß diermal wrnigsteut unk kn» Zusage voll «ingtlöft werden wird, »nm r vollständige Ruhrräumung vielleicht schon «y wenrgrn Monat«» Tatsache geworden sein wird. Das Wichtigste. Die Reichstagssitzung, in der die Regierungserklärung abge» ist nunmehr aus Freitag nachmittag 3 Uhr einberufen worden. Weitere vier deutsche Bankoertreter find Dienstag früh rach London abgereist, wo immer noch die amerikanischen Sachverständigen stch aufhalten, um an den Vorbespre chungen über die Auflegung der deutschen Anleihe teilzu- nedmen. Aus Parts wird gemeldet: Die gestrigen dreizehn Versamm lungen der Republikaner und Sozialisten für Herriot führ ten zu großen nationalen Kundgebungen. Dis politische Polizei in Petersburg hat jetzt wieder zahl reiche Verhaftungen von Personen, die als Mitglieder monarchischer Organisationen verdächtigt wurden, oorge- nommen, u.a. find zahlreiche alte zaristische Generale rnn Senatoren verhaftet worden. In Oderschlesien wurde dse Arbeit wieder ausgenommen. Damit tst der Streik beendet. Die Gegenoffensive der Spanier in Marokko schreitet erfolg reich fort. Der Oderkommandierende von Melitta leitet die Operationen persönlich. Die Marokkaner verbreiten jeden zollbereit Boden. Ersitze tinlr«t«n, so solttefich eineklareZwetdrittelmehrhtit des Reichstage» für di« Annahm« aussprechen. puIsnitzerMchenblatt Schriftleiter: I. W. Moh, in Pul-nitz. Erscheint r DlerwtkS, Dv«»«««»» Soanabe«». Im Halle höhrrer «rwslt — Krt-g, Streik ob. sonstig irgend welcher Störung d. Betriebes der Zeitung ober der Bkjgrdemngrrtnrichtungen hatderBezieher keinen Anspruch aus Aeserung ober Nachlieferung ber Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. Wöchtl. —.55 Gold «Mark bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentl. —.bO Gold-Mark; durch dir Post monatlich M 2 50 freibleibend. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach. Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften de« PnlSnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Oberste»!,, Niederstem« Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriedcrSdors, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf, AeschLftSstelle: PulSnitz, SiSmarckplatz Nr. 265. Druck und Verlag von E. L. FörsterS Erben (Inh. I. W. 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