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Pulsnitzer Wochenblatt Ielegr.-6dr.: Wochenblatt Pulsnitz Erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. 5tmts Les l^ömgl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Inserats kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aukzugeben. Dis künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 Pf., Lokalprsis 10 pk. Neklame 25 Pf. Sei Wiederholungen Nabatt. Fernsprecher: Nr. 18. vSZirKs-^NZeigSr und Zeitung blatt Mit .lilustr. Sonntagsblatt", .Landwirtschaft, sicher Vellage" und „§ür Saus und verd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Saus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. umkassend Lie Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, vretnig, vauswalds, Ohorn, Oberstem«, Dieder- ff»NltOOiUtt I Ut -Oil I«! I USvst. IIU^tSUE n 1 llv puIsIur), stsina,Weitzbach,Obsr-u.Disderlichtenau,§riedersdorf-rhiemsndorf,Mittelbach,Orohnaundorf,Lichtenberg,Klein-Dittmannsdork. Druck und Verlag von b. L. Dörfler s Erven (Inh.: Z. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Sismarckplatz Dr.265. VeranNvorillÄzer ttedakteur: I. XV. Mohr in Pulsnitz. Mr. 108. Sonnavend, den 4. Keptemker 1888. Das Wichtigste. Die Vereinigung der Gastwirts- und Saalinhaber von Dresden und Umgegend beschloß gestern eine noch malige Verhandlung mit den Brauereien in der Bierpreisfrage. Der Kaiser wird am 20. und 21. September dem Kaisermanöver des 12. und 19. sächsischen Armee korps in der Nähe von Chemnitz beiwohnen und dann an einem ihm zu Ehren veranstalteten Diner auf der Albrechtsburg in Meißen teilnehmen. Nach einem Telegramm aus Tanger erteilte Muley Hafid die formelle Zusicherung, daß Züchtigungen in der von den Konsuln der Mächte beanstandeten Art nicht mehr vorkommen würden. Der Zinalabschluß der Reichshauptkafse für das Rech nungsjahr 1908 schließt mit einem Fehlbetrag von 121 996 000 Mark ab. Das Luftschiff „Zeppelin ili" ist Donnerstag Abend 9 Uhr 40 Min. nach tadelloser Fahrt ohne Zwi schenlandung in Manzell glatt gelandet. Dem Grafen Zeppelin wurde, gestern durch eine Ab ordnung der Münchner Ehrenbürgerbrief überreicht. Zur mexikanischen Überschwemmungskatastrophe wird weiter gemeldet: Täglich werden in dem Ueber- schwemmungsgebicte neue Leichen gefunden. Die letzten Nachrichten geben die Zahl der bei Mon tern) Ertrunkenen auf 3500 au. Vie WsMHrl mö Sie WM Die ganze gebildete Welt hat die Fortschritte der Luftschiffahrt in der Neuzeit als einen Triumph des menschlichen Erfindungsgeistes und der Technik gefeiert, und das deutsche Volk freut sich besonders darüber, daß es auf dein Gebiete der Luftschiffahrt durch die Leistungen der Luftschiffe des Grasen Zeppelin an der Spitze aller Nationen marschiert, und nun auch gesehen hat, daß der 2. !II" von Friedrichshafen nach Berlin gefahren ist und stundenlang über der Reichshauptstadt inanöveriert hat. Große Fortschritte auf dem Gebiete der Lustschiffahrt sind also ohne Zweifel zu verzeichnen, aber der Lustschiffahrt haften doch noch so große Mängel an, daß man mit Göthe sagen kann: „Das Unzulängliche, hier wirds Er eignis!" — Die unzulänglichen Leistungen der Technik bei der Luftschisfahrt müssen tatsächlich jedermann in die Augen springen Bei jeder Luftschiffahrt der Luftschiffe Zeppelins erfährt man, daß die Motore schadhaft werden, daß die Propeller zerbrechen oder wegfliegen, und daß, was bei der ganzen Luftschiffahrt noch gar nicht genügend beobachtet worden ist, daß das Luftschiff trotz seines so genannten starren Systems schon in mittlerer Höhe von etwa 500 bis 1000 Metern viel zu viel an seiner Trag kraft durch Entweichung des Gases verliert, daß also bei weiten Fahrten sehr oft eine Nachfüllung des Luftschiffes wit Gas notwendig wird, was eine außerordentlich schwie rige und kostspielige Sache ist. Die Luftschiffahrtsschwär mer erblicken in den geschilderten Mängeln allerdings nur Kleinigkeiten, welche die Technik bald überwinden werde aber die Technik hat diese Kleinigkeiten noch lange nicht überwunden, nd man kann sogar sagen, daß die Neuheiten und Am yritte, welche die Technik für den „2. III" eingeführt h...re, sich schlecht bewährt haben, denn der „r. II" hat an den Pfingsttagen mit seiner großen Fahrt weniger Unfälle gehabt, als der „2. III", Die un leugbare Tatsache daß jede Fahrt mit den Zeppelinschen Luftschiffen meistens schon nach wenigen Stunden zur Beschädigung der Motore oder gar zur Verminderung der Tragkraft des Luftschiffes führt, beweist klar und deutlich, daß die Technik für die Ansprüche der Luftschiff- Ungenügendes leistet, und daß es ihre wich- ngire Aufgabe ist, vor allen Dingen Motore für die Luft- -- z "'Elche bei entsprechender Leichtigkeit eine größere Widerstandsfähigkeit zeigen. Wahrscheinlich ist es sogar ein Fehler, die Motore und Propeller für die Lust- lanffe nur aus Aluminiummetall herzustellen, und wird ru einem festeren Metall seine Zuflucht neh- Ga§ zur Füllung der Ballons des I ichisieS und Erzeugung seiner Tragfähigkeit ist auch noch nicht das richtige Mittel, da es zu bald in höheren Regionen entweicht und seine Nachsüllung enorme Kosten verursacht. Vielleicht hat da der berühmte amerikanische Erfinder Edison den richtigen Weg im Bezug auf die Vervollkommnung der Luftschiffe und Flugapparate an gedeutet, indem er von der Anwendung der Pikrinsäure eine viel größere Leistungsfähigkeit für die Motore der Luftschiffe und auch für deren Tragfähigkeit erhofft. ES bleibt daher nach wie vor eine Hauptaufgabe der Technik, das gelöste Problem der Luftschiffah t für die Praxis leistungsfähig zu machen und die Luftschiffe vor allen Dingen auch gegen die Widerwärtigkeiten von Sturm und Regen widerstandsfähiger zu gestalten, denn e§ muß uns merkwürdig berühren, wenn wir erfuhren, daß der „2. III", der am 1. September, abends 11 Uhr von Bülzig abgefahren ist, erst früh gegen 4 Uhr über Leipzig ge fahren ist, also für die Zurücklegung einer Strecke von Willenberg bis Leipzig fünf Stunden gebraucht hat. Da bei wird aber ausdrücklich betont, daß das Luftschiff in Bülzig vor seiner Abfahrt vollständig repariert und mit neuen Propellern versehen worden ist, auch eine Probe fahrt am 1. September nochmittag gut bestanden hatte. Mag es bald gelingen, daß die deutsche Technik die Män gel an den Luftschiffen beseitigt! OsrMrDss unS SüLdsisekss. Pulsnitz. Eine besondere Ehre und Freude wurde unserer Stadt am Sedantage durch den Besuch der Kamenzer Realschule zu teil. Gegen 3 Uhr trafen die Schüler unter Vorantritt eines Spielmannzuges, den die älteren Schüler stellten, und deren schneidiges Spiel hierorts allgemein bewundert wurde, in Begleitung der Lehrer und zahlreicher Angehöriger von Rauschwitz kom mend hier ein und zogen nach dem Schützenhaus, wo nun bald ein reges Leben sich entwickelle, zumal mit dem Nachmittagszuge noch weit über hundert Personen von Kamenz aus eintrafen. Auch eine Anzahl Pulsnitzer Bür ger, u. a. Herr Bürgermeister vr. Michael und Herr Schul direktor Brück hatten sich eingefunden. Nach einem Auf marsch mit Musibegleitung hielt der Direktor der Kamen zer Realschule Herr Or. Muhle eine Ansprache, in der er des Sedantagcs und der Hermannsschlacht im Teutoburger- Walde, die im September vor 1900 Jahren stattfand, ge dachte und im Hinblick auf das Hermannsdenkmal und das Niederwalddenkmal zur treuen Wacht im Innern wie an den Grenzen Deutschlands mahnte und mit einem Hoch auf König, Kaiser und Reich schloß. Umrahmt ward diese Ansprache von Schülerdeklamationen. Dann folgten exakt ausgeführte Freiübungen und turnerische Wettkämpfe im Hochsprung, Weitsprung, Dreisprung, Ballwurf, Stein stoßen und Wettlauf unter Leitung des Realschulturn lehrers Butter. Nach beendigtem Turnen wurden den Siegern durch den Realschuldirektor die Siegerpreise in Form von Eichenkränzen überreicht. Danach zogen die Schüler und die Erwachsenen unter Musikbegleitung zu unserem König Albertdenkmal und dort legte die Real schule den großen Führern und den tapfern Kriegern aus Deutschlands großer Zeit zum Danke einen Lorbeer kranz nieder und alle Anwesenden stimmten in den Ge sang des Liedes „Deutschland, Deutschland über alles" ein. Von da gings zum Bahnhof, von wo 8»- Uhr die Rückfahrt angetreten wurde. Die unter der tüchtigen, be währten Leitung des Herrn vr. W. Muhle stehende Real schule hat bei uns in jeder Beziehung die besten Ein drücke hinterlassen. Wünschen wir, daß sie recht bald wieder Gelegenhei" nimmt, unsere Stadt als ihren Aus- flugSpunkt zu wählen. Pulsnitz. Willkommen in Pulsnitz! Das ist der Gruß, der den lieben Gästen entgegengebracht sei, die zum Verbandstag sächsischer Gewerbe- und Handwerker-Vereine aus allen Teilen Sachsens in unserer Stadt eintreffen. Was die verschiedenen Aus schüsse des Gewerbevereins in freudig geleisteter Arbeit vorbereitet haben: neben den wichtigen Verhandlungen den Delegierten auch vergnügte Standen zu verschaffen, das verzeichnet alles dar im Inseratenteil befindliche um fangreiche Programm. Auch die Bewohner unserer gast- fteundschaftlichen Stadt, die schon durch Gewährung von Quartieren ihr Interesse an dem VerbandStag gezeigt haben, werden den Gästen einen festlichen Empfang be reiten, indem sie die Häuser beflaggen und sonst lebhaf ten Anteil an den Veranstaltungen nehmen werden. Mö 61. Jahrgang. gen die Verhandlungen des Verbandes sich zum Segen des Gewerbe- und Handwerkerstandes gestalten, möge aber auch ein freundliches Geschick die kommenden Tage mit dem rechten Wetter ausstatten, damit sich alles program mäßig vollziehen kann und die Aufwendungen und Mühen durch ein glückliches Gelingen den befriedigenden Lohn finden! Pulsnitz. Mit dem September pflegt in unserem geselligen und häuslichen Leben eine bedeutungsvolle Wendung einzutreten. Die meisten Sommerfrischler und Sommerurlauber — man verzeihe das Wortmonstrum — sind wieder heimgekehrt zu den heimischen Penaten und die wenigen, die noch fern von ihnen weilen, denken wohl auch wieder an daheim und beginnen ihr Bündel zu schnüren. Die Natur freilich in ihrer unerschöpflichen Lebenskraft läßt sich noch nicht zu den Toten weisen. Die Tage des Septembers zählen oft zu den mildesten und freundlichsten im ganzen Jahre und gerade im Ge birge ist die Lust nie klarer und schöner als gerade jetzt. Und die wenn auch spärliche Herbstflora zeugt von der unverwüstlichen Daseinsfreude unserer gütigen Mutter Natur. . . . Wenn nur der le.se beginnende Blättersall nicht wäre ... So entdeckt wohl die zärtliche Gattin im kräftigen Haupt- oder Barthaar ihres Lebensgefährten nicht ohne banges Ahnen das erste weiße Haar ... Ja, ja, man wird eben älter — darüber täuscht kein Vor beugungsmittel durch Ausziehen des verräterischen An zeichens hinweg, und kein noch so bunter Astern- und Dahlienflor kann die Tatsache verhüllen, daß eS mit Riesenschritten dem Herbste, der unfreundlichen, von vielen gefürchteten Jahreszeit entgegengeht. . . . Wir versammeln uns wieder daheim, wo die Lampe und vielleicht bereits der traute schwarze Hausfreund, der wärmende Ofen, wieder zu seinem Rechte gelangt. Es kommen jene Tage, von denen das Dichterwort (Goethe, Faust) gilt: „Ach wenn in unsrer engen Zelle Die Lampe freundlich wieoer brennt, Dann wirds in unserm Busen Helle, Im Herzen, das sich selber kennt. Vernunft fängt wieder an zu sprechen Und Hoffnung wieder an zu blühn. Man sehnt sich nach des Lebens Bächen, Ach, nach deS Lebens Quelle hin." ES naht die Zeit der Sammlung, der Verinnerlichung. Draußen ist der fleißige Landmann mit dem Einsammeln der Früchte, der Ernte einer Jahresarbeit, beschäftigt, und wir daheim legen Rechenschaft ab von dem, was wir wahrens der sonnigen Tage am Meeresstrande, im Hoch gebirge, im duftigen Waldesgrün erlebten, erschauten, er arbeiteten. Es ist eine Art Gcistesinventur, die wir vor nehmen und bei der hoffentlich recht viel Gutes und Erfreuliches für uns herauskommt. Es wäre traurig für uns bestellt, wenn der leibliche und geistige Gewinn unserer sommerlichen Erholung nicht über diese selbst hinausreichte! Pulsnitz. In den in der hiesigen RotSkanzlei auS- liegenden Landtags - Wahllisten des ersten und zwei en Wahlbezirks find zusammen 788 Wahlberechtigte einge tragen. In den Listen befinden sich 141 Wähler mit je 4, 74 mir je 3, 220 mit je 2 und 353 mit je 1 Stimme. Die Gesamtstimmenzahl beträgt demnach 1579. — Der Herbst ist gekommen, und zwar früher als die Wetterprognosen, die uns noch einen warmen, sonnigen Spätsommer voraussagten, es ahnen ließen. Machte schon der Sommer seinem Namen wenig Ehre, da er nur vereinzelt schöne Tage bescherte und uns da für desto mehr mit dem himmlischen Naß überschüttete, so ist daS Entree des September noch viel weniger er mutigend. Mit Regenschauern, Sturmböen und einem jähen Temperatursturz führte sich der sonst so gepriesene „Herbstmond" bei uns ein, so daß man früher als in anderen Jahren die wärmere Kleidung hervorzusuchen gezwungen wird. Ein Frostschauer erfaßt uns, wenn man erfährt, daß vorgestern nachmittag in Berlin aus die noch im Sommerkleide prangende Erde ein leichter, feiner Schnee herniederrieselte. Auch auf dem Feld berg im Schwarzwald fiel der erste Schnee; in der Schweiz schneite eS mehrfach in de N cht zum Mitt woch. Das Thermometer sank dort auf 3 Grad Kälte. Hoffentlich dreht sich nun der stürmische Westw nd, da es sonst nicht ausgeschlossen ist, daß auch wir mit dem Winter vorzeitig Bekanntschaft machen.