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Pulsnitzer Wochenblatt 5lmts Les Fönigl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Verantwortlicher Nedakteur: I. W. Mohr in Pulsnitz. Sonnabend, den 13. Ieöruar 1909 6!. Jahrgang M. i9. Druck und Verlag von C. L. Sörster's Erben (Inh.: I. W. Mohr). Expedition: Pulsnitz, vismarckplatz Nr. 265. §-rnlprscher: Nr. 18. Vszirks-Nnzslgsr und Zeitung vlatl Ielegr.-^ldr.: Wochenblatt Pulsnitz Inserats kür denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben, vis fünf mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 pk., Lokalpreis t 0 Pf. Reklame 25 Pf. Sei Wiederholungen Rabatt. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Erscheint: vienstag,Donnerstag u.Sonnabend. Mit „Ulustr. Sonntagsblatt", »Landwirtschaft- licher Beilage" und „§ür Kaus und Berd". Abonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Baus, durch die Post bezogen Mk. 1.41. siir- Xsn Nlllcrni^ umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdorf, Bretnig, Bauswalde, Ohorn, Oberstsina, Nieder- ttiillöOIUII I UV 06U fllUlSgEVlU^lSUEZU I> sUUlSlUr), steina, Wsihbach, Ober- u. Niederlichtenau, §riedersdorf-lhismendorf, Mittelbach, Lrohnaundorf, Lichtenberg, f^lein-vittmannsdork. Im Namen des Rölligs! In dec Privatklagesache des Gasthofsbesttzers Adolf Barthel in Vollung, Privatkläger, gegen die Fabrikarbeitersehefrau Marie Schäfer, geb. Schöne in Puls nitz M. S., Angeklagte, wegen Beleidigung hat das Königliche Schöffengericht zu Pulsnitz in der Sitzung vom 13. Oktober 1908, an der teilgenommen haben: 1. Amtsrichter Reichert, als Vorsitzender, 2. Ortsrichter Wagner, Großröhrsdorf, 3. Gutsbesitzer Haase, Niedersteina, als Schöffen, Referendar Buchner, als Gerichtsschreiber, für Recht erkannt: Die Angeklagte Auguste Marie verehel. Schäfer,- geb. Schöne wird wegen Beleidigung zu 40 M (vierzig Mark) Sslvftrake, an deren Stelle für den Fall der Uneinbringlichkeit 4 (vier) Tage Gefängnis zu txeicn haben, verurteilt. Sie hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Privatkläger erwachsenen Auslagen zu tragen. pp. pp. Weickert. Das Wichtigste. Die außerordentliche Landessynode nahm am Donners tag die Vorlage über die Regelung der Zulagen für Geistliche und geistliche Stellen an und wurde hierauf geschlossen. Der Reichstag erledigte am Donnerstag in erster und zweiter Lesung den 6. Nachtragsetat -für 1908, wodurch die Reichsregierung das Recht zur Aus- Ausgabe von 150 Millionen Reichsschatzanwei sungen erhält, und fuhr dann mit der zweiten Lesung des Etats des Innern fort. (S. Rchstg.) Das englische Königspaar ist am Freitag nachmittag von Berlin wieder abgereist. Wie eine Meldung aus Dscheddah am Roten Meer besagt, Hal ein türkisches Kanonenboot im Roten Meer ein Schiff mit englischer Flagge vernichtet, das Waffen der aufrührerischen Beduinen nach Arabien schmuggeln wollte. Dabei fielen zahlreiche Personen im Kampfe. Die Meldungen von einem Komplott der Jungtürken gegen das Leben des Sultans bestätigen sich. Der Reichstag erledigte gestern bei der Beratung des Etats des Reichsamts des Innern verschiedene Etatkapitel. (S. Rchstg.) Die endgültige Gestaltung des Heeresetats 1909/10 wird jedenfalls auch eine gänzliche Neuordnung des Bekleidungswesens der Armee bringen. Der Oldenburgische Landtag hat die Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht beschlossen. Bei den diesjährigen Kaisermanövern zwischen Stutt gart und Heilbronn wird fast ein Viertel des ganzen deutschen Heeres vor dem Kaiser manö- verieren. Das Reichsgericht verwarf die Revision der vom Dresdner Landgericht wegen vielfachen Betrugs verurteilten falschen Gräfin Sturdza. Line glückNede potttlscks wsndung. Wenn auch Fürstenbesuche und Tischreden gekrönter Häupter nicht immer gleichbedeutend mit maßgebenden diplomatischen und poliiischen Handlungen sind, so fühlt doch alle Welt aus dem Besuche des Königs von England in Berlin heraus, daß die bedauerliche Spannung, die feit vier Jahren zwischen England und Deutschland be standen und zu so vielen Verdrießlichkeiten geführt hat, als überwunden anzusehen ist, denn wenn ein so staats- tluger Herrscher wie der König von England sich veran laßt fühlt, anläßlich seines Besuches in Berlin die fried liche Politik Englands und die Erhaltung der guten Beziehungen zwischen England und Deutschland wieder holt zu betonen, so ist dies ein geschichtlicher Akt, dessen Einfluß auf die polische Lage sich bemerkbar machen muß. Auf die Befestigung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und England und auf einen gün stigen Einfluß dieser Besserung der Beziehungen zwischen England und Deutschland inbezug auf die ganze Welt lage ist also zu rechnen, und zwar ist zu hoffen, daß beide Großmächte auf der Grundlage der Gleichberechtigung ihren politischen Verkehr und die Wahrnehmung ihrer Interessen gestalten werden. Die Engländer sind zwar in einem gewissen Punkte, und das ist die Entwicklung der deutchen Flotte, noch immer sehr empfindlich, aber diese Frage hat tatsächlich gar keine ernste politische Be deutung, weil sich in Zahlen nachweisen läßt, daß Deutsch land gar nicht imstande ist, eine Flotte zu bauen, die so stark wie die englische Flotte sein würde. Dazu fehlt es in Deutschland vollständig an den genügenden Geld mitteln, da der Unterhalt der englischen Flotte, ihre Aus rüstung und ihr Ausbau jährlich fast eine Milliarde koktet. Kein Land der Erde außer England kann sich eine solche Riesensumme für Flottenausgaben leisten, und mit dieser Erkenntnis in England wie in Deutschland sollte der Flottenstreit und die Nebenbuhlerschaft zur See end lich einmal zu Ende gebracht werden. Wir wollen aus der neuen Lage auch die Hoffnung schöpfen, daß die Er kenntnis der gemeinsamen Interessen überhaupt die Frie denspolitik ganz allgemein zwischen den Großmächten begünstigen wird und alle jetzt noch schwebenden Streit fragen, zumal diejenigen im Orient, einer friedlichen Lösung entgegenführen wird. Unverkennbar hat das bessere Verhältnis zwischen England und Deutschland auch dazu geführt, daß sich Frankreich und Deutschland in der marokkanischen Frage nun so rasch verständigt haben, und die Großmächte werden jetzt wohl ziemlich einmütig dazu beitragen, daß Bulgarien und die Türkei sich über die bekannten Streitfragen verständigen und Serbien und Montenegro ihre wahnwitzigen Kriegstrei- bereien unterlassen. So ist es jetzt sehr erfreulich, zu er fahren, daß Rußland nicht nur an Bulgarien, sondern vor allen Dingen auch an Serbien eine Warnung gerichtet hat. Diese Warnung bedeutet soviel, daß, wenn diese übermütigen Kleinstaaten es aus einen Krieg mit der Türkei oder Oesterreich ankommen lassen, sie auf keine Hilse von Seiten Rußlands zu rechnen haben. Dieser kalte Wasserstrahl wird wohl dazu helfen, daß auch der Orient in den nächsten Monaten "beruhigt wird. Ein ewiger Friede ist ja von der günstigen Wendung in der politischen Lage nicht zu erwarten, denn die Gegensätze in den Ländern und Völkern werden immer wieder auf einanderstoßen, aber die Großmächte und auch Lie ver ständigen kleineren Staaten haben sich in ihrer Polkitik doch auf die Erkenntnis hinausgearbeitet, daß ein Krieg, der noch dazu ein Weltkrieg werden könnte, soviel als möglich im Interesse der Kultur und der Menschlichkeit vermieden werden muß, und dies ist eine sehr große Er rungenschaft auf dem politischen Gebiete. Sie wird auch hoffentlich bald für die darniederliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse ihren günstigen Einfluß zeigen. OsrMcdss und Säcbslscbes. Pulsnitz, 13. Februar. Zwei Kaufleute aus Dres den und Chemnitz, die in verschiedenen Städten, die letz ten Tage auch in Pulsnitz und Umgegend, wertlose Wech sel an den Mann zu bringen versuchten und brachten, um sich Beträge von 10—100 Mark zu erschwindeln, wurden gestern Abend von der hiesigen Polizei festgenom men. Sie versuchten ihre Wechsel an Kellnerinnen und Haus diener zu verkaufen. Beide sind schon des öfteren vorbe straft und führten, wie aus ihren Papieren zu ersehen war, mehrere Namen. Heute Vormittag sind sie dem Amtsgericht zugeführt worden. Pulsnitz. Wir machen auch an dieser Stelle auf den Familienabend des hiesigen Männer- und Jünglings- vereinS aufmerksam, der, wie die Anzeige am Donnerstag besagte, morgen, Sonntag, abends 8 Uhr im Saale des „Grauen Wolf" abgehalten werden soll. Zur Deckung der Unkosten wird ein kleines Eintrittsgeld von 10 Pfg. erbeten, wofür das Programm geliefert wird. Jedermann ist herzlich willkommen. Pulsnitz. Die Wetterkarte vom 11. Februar zeigt, daß die schon sehr strenge Kälte im Osten noch weiter zugenommen hat — es werden von Pinsk 27, von Peters burg und Memel 24, von Riga und Wilna 23 Grad ge meldet — und daß die Kälte in schneller Ausbreitung westwärts begriffen ist; so hatte am Vormittag bereits Neufahrwasser 21 und Swinemünde 12 Grad; Magde burg, am Morgen nur 5 Grad habend, zeigte abends bereits fast 10 Grad. Das sich ausbreitende östliche „Hoch" bedingt in Verbindung mit dem nach dem Südwesten verdrängten, jetzt zu einer selbständigen Depression ent wickelten Teiltief in Deutschland eine eisige, östliche bis nordöstliche Luftströmung mit langsam aufheiterndem Wetter. Die nächsten Tage bringen uns also in West-, Nord- und Süddeutschland ebenfalls sehr strengen Frost und meist trockenes, vielfach heiteres Wetter. Pulsnitz. Mancher mag sich schon mit Bangen ge fragt haben, wie es nur möglich ist, daß sich immer wieder Helden finden, die mit Freuden bereit sind, ihr Leben für eine große Idee dahinzugeben. Das gilt nicht nur von den lorbeerbekränzten Kämpfern im Feindes land, die für das teure Vaterland starben, sondern auch von jenen, die im Dienste der Wissenschaft sich aufopfer ten, sowie von allen jenen Entdeckern, Erfindern usw., die für eine große Idee freudig in den Tod gingen. Und schließlich auch von den Märtyrern, aus deren köstlicher Blutsaat der Weizenacker der christlichen Kirche so herrlich emporblühte. Der morgige Tag ruft uns das Gedächtnis zweier solcher Geisteshelden wach: James Cookes, des großen britischen Weltumseglers, der am 14. Febr 1779 aus Hawaii von den Wilde" erschlagen wurde, und des heiligen Bruno, des Preußenapostels, der im Jahre 1009 im Dienste des Evangeliums sein Leben dahingab. Es ist ein Glück, daß jeder wahrhaft großen Idee solch Zauber innewohnt, der ihr nicht nur begeisterte Anhänger und Verkünder, sondern auch opfermutige Verfechter schafft. Und eine Idee, die dazu nicht imstande, trägt schon den Todeskeim in sich und wird nie zur großen Tat werden können. Der Entdecker setzt seinen Fuß auf das ferne, unbekannte Land, in dem Bewußtsein, seiner Wissenschaft und somit der Welt einen Dienst zu erweisen und den Aermsten unter seinen Brüdern, den verwahrlosten Ein geborenen, Helfer und Retter zu werden. Und der Heiden prediger, der sich den Martern und Qualen des blutigen Zeugentodes weihte, stirbt mit dem trostvollen Bewußtsein, den bemitleidenswerten Blinden das Höchste gebracht zu haben, dessen sie hier und dort bedürfen: die Lehre von der ewigen Gottesliebe. Was ist also der unsagbare Zauber, der allen jenen Ideen innewohnt, die mutige Bekennung, heldenhafte Vorkämpfer und opferfreudige Märtyrer schufen? Das Bewußtsein, im Dienste der Nächstenliebe zu arbeiten ES ist sonach die Allgewalt der Liebe, die zu Hohem befähigt. Wo die Liebe fehlt, da fehlt jedem Unternehmen der Adel, dem Arbeiten die Kraft, dem Vollbringen der Segen. Wo aber die Liebe waltet, da wird das Schwere leicht, das Unmögliche möglich, und sie macht aus schwachen Menschenkindern todesmutige Helden. — St. ValentinStag ist morgen. Von diesem Tage, dem 14. Februar, sagt der Volksmund: „So viele Tage vor Valentin die Lerchen singen, so viele Wochen müssen sie danach schweigen." In der Tat hat die Er fahrung gelehrt, daß, wenn die erste Hälfte des Februar zu gelindes Wetter auswies, die letzte Hälfte des Februar uns den Winter besonders fühlbar werden ließ. Auch betreffs des Eierlegens der Hühner hat das Volk ein Sprüchlein. Es laut.t: „Eier am Tage Valentins bringen wenig Gewinn. Valentins Eier müssen schnell ans Feuer." Das heißt, daß Eier, die jetzt gelegt werden, sich nicht zum Ausbrüten eignen, daß man gut tut, sie anderweitig zu verwerten. In früheren Z iten waren am Valentins- tage mancherlei Sitten und Gebräuche üblich. Ein be sonders charakteristischer Brauch war in England üblich.