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Sonnabend, den 22. Oktober 1S21 Nummer 127. 73. Jahrgang Das Wichtigste. Der Wortlaut des vom Botschafterrat genehmigten Dor- schloss des Dölkerbundsrales über die Teilung Ober schiessens ist am Donnerstag nachmittag V-ö Uhr dem deutschen Botschafter in Paris überreicht worden. Der Reichsprüfident Ebert hat von 6680 Gnadengesuchen in der Zeit vom 1. April 1920 bis 1. April 1921 2826 bewilligt und 1587 abgclehnt, der Rest erledigte sich durch Amnestien. Bei 96» Urteilen von Sondergerichten wurden Gnadenerwrise ausgesprochen. In England gibt es zurzeit 1780060 Arbeitslose Die neue Grenzlinie für Ooerschlesten wird nunmehr bekannt- gegebe», sie bedeutet eine völlige Verstümmelung des Industriegebietes. Der Geiamtdedarf des Reichshaushalts aus 1981 betrögt 170 Milliarden Mark ; in dieser Summe find di« neuen Teuerungszulagen für Beamte und Staatsarbeiter noch nicht berücksichtigt Zum thüringischen Ministerprüstdenten wurde der Mehr« heitssvzialtst Fröhlich gewöhll. Die wAruropüische Zeit wird in der Nacht vom 25. zum 26. Oktober im Eisenbahnverkehr auch de» neubesetztrn Gebietes (Düsseldorf, Duisburg, Ruhrort) eingesührt. Der Friede mit Amerika. Einer ,Exchanges-Meldung aus Washington zufolge bat der Senat vor der Ratifikation der Vertrüge mit Deutschland, Oesterreich und Ungarn mit 56 gegen 12 Stimmen einen Zusohantrag des Sena tor» Mac Keller abgetetznt, wonach Deutschland gezwungen werden sollte, anzuerkennen, den Krieg verschuldet zu haben. Ostland in Not. Der Eindruck über di« Entscheidung de» Bölkrr- bunde», dem sich nunmehr der Oberste Rat angefchlossen hat, ist in Berliner Regterungtkreisen niederschmetternd gewesen. In den Kemtern, im Reichstag, wo dre Ab geordneten händeringend durch die Sänge irren, herrscht Ratlosigkeit. Er ist wie im Mai dieser Jahres. Der Augenblick vollendeter Tatsache, auf den doch jeder mann hätte vorbereitet und eingestellt sein müssen, sinket nur EntschlußlostgMt vor, wo tatentsHlossene Politik die Forderung Ler Stund« ist. Demgegenüber sollte sich die O.sientltchkeu noch einmal klar machen, wa» geschah. Um da» für Deutschland unumgänglich notwen dige Wirtschaftsgebiet Oberschlestrn» zu erhalten, hat da» «abi-ett Wirth eine Politik weitgehendsten Ersül- lunx-willen» etngrschlagen. Taten dieser Politik find: die Annahme de» Ultimatum» mit seinen wirtschaft lichen und militärischen Forderungen, letzteren folgend die Entwaffnung der ostpreußischrn Festungen, der Abschluß de» Wiklbadener Abkommen», durch da» Deutschland sich Frankreich gegenüber z« Sachleistun- gen noch über da» Maß der UUimatumSforderung verpflichtet«, die England und Italien angrbotene Be« reltwiLigkrit, auch diesen Staaren Sachlristungen zu liefern. Das Ergebni» der Wtrth'ichen Erfüllung»« Politik ist, daß die militärischen Sanktionen am Rheine überhaupt nicht und di« wirtschaftlichen nur ungenü gend aufgehoben fi?.d, und daß der wesentlichste und wertvollste Teil de» oberschlrstschen Industriegebiete» Polen zugesprochen wurLe. Die Politik de» Erfüllung», willen» Hut also FtcSko gemacht und der Erfüllung». Wille miß nach dir Astretung de» oSerschUstschrn Wirtschaftsgebietes vor der Macht der Erfüllung,un- Möglichkeit weichen. Dl« deutsche Politik muß neue Weg« suchen, darin brstrht di« Rtgierungrneubilvung in einem außenpolitischen Programm. Logischerwtise schien e» nach dem Zusammenbruch der Kontinental- Politik, die sich nach Pari» orientiert hatte, nur zwei Möglichkeiten zu geben: die Annäherung an London zu suchen, oder russische Politik zu treiben, da» heißt im Augenblick abzuwarten uns alle Kräfte für die Möglichkeit eine» Zusammengehen» mit Rußland auf« zubewahren. In beiden Fällen war dir N chtamrkm- d« Völkerbund,entschlüffe über die T.lurg Ooerschltsten« Vorbedingung. Dem Zwang« weichend, mußte man zwar da» abzutretendr Land freigebru, darüber hinan» aber durfte man sich zu Verhandlun- gen über da« ob.rschlefische Jadustriegebist mit Polen, die einer rechtlichen Anerkennung der Teilung gleich gekommen wären, niemals etnlasten. Würde Deutsch land Polen dazu verhelfen, in den nächsten 15 Jah ren da» obrrschlefische Wirtschaftgeriet durch englisch- französische Finanzbeihtlfe mit dem angrenzenden, polnischen Industriegebiet zu einem einheitlichem Är bild« zusammenzuschweißen, dann verzichtete«» auf di« letzte deutsche Waffe Polen gegenüber. Damit wäre der deutsche Osten verloren. Aber in Deutschland ist nicht» unmöglich. Der Ratlosigkeit de» heutigen Lage» empfiehlt ein hoch offiziöser Artikel der unabhängigen sozialdemokratischen .Freiheit* ein« Politik der Verständigung mit Polen. Anscheinend legt Dr. Breitscheidt sein Programm vor, mit dem er al» Minister de» AuSwärttge« in die Wil. h«lmstraße einzvziehen wttnscht. Die .Freiheit führt erst de» längeren au«, daß die Entscheidung de» Ober sten Rate» der Alliierten über Oberschlesten dem Arie- denkvertrag« von Versailles nicht » verspreche (vive la Trance). Diese (selbstverständliche) Auffassung wär« nur «ine Mache nationalistischer Einbläser. Die Pole» könnten mit de«, wa» ihnen zufiele, zufrieden sein, denn e» sei darin ein wichtig«» Stück de» wirtschaft lichen Erbiete» Oberschlesten» enthalten (daß iS fast da» grsamte oberschl fisch- Industriegebiet ist, übersieht di« „Freiheit* gifliffentlick). Al» Politik der kommen den Zeit empfiehlt.der O fiziosü» der Unabhängigen zum Schluß, sofort in loyale: Weise die verstäudigung mit Polen über Oberschlefien zu beginnen. Verständigung mit,Frankreich: Deutschland muß dir Rtparationtfordrrungen und darüber hinau» die Verpflichtungen de» Wt«»badener Abkommens erfüllen, während di« französischen Divisionen noch immer «m Düffelddorf stehen. Verständigung mit Polen: Deutsch land verliert den Hauptteil und alle ZukunftSwöglich k-iten d-S oberschlefischen Industriegebiet», e» baut den nach Ostpreußen drängenden Polen die Rüstkammer auf, mit deren Hilfe der deutsch« Osten zertrümmert wrrden soll. Sand in Not! Furchtbar ist der Schlag, der Deutschland mit der oberschl'fischen Entscheidung g«. treffen hat. Der deutsche Michel steht betäubt und sucht nach einem Entschluß. Da rät men ihm bedim gungSlose Unterwerfung unter die polnische Knechtschaft. Nun ist nicht allein da» Land mehr in Rot, sondern der Jahrtausend« alte Kampf des Germanentum» und de Behauptung im Osten soll durch die Polttttk eine» Dr. Breitscheidt zugurst-n der Polen beendet werde«. Der Ostmärker wird v-rstehen, wa» da» heißt. Er weiß, daß von Oberschlesten bis Ostpreußen ein deutscher Osten ist Und wenn auch mit der gewaltsamen Los- reißung wichtigster Teile Oberschl,sim» die Stellung de» Deutschtum» im Osten noch weiter geschwächt wurde, so gibt der Ostmärker den Kampf noch lang« nicht auf. Er wird fich nicht durch «ine Verständigung Ber lin» mit Polen von dem polnischen Vampyr aussauzen lassen. Noch steht an der Nogat da» Haupthaus de» deutschen Orden», die Marienburg, al» Sinnbild und Warnung für da» deutsche Ostland, Oertliche und Sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Der für Monta», den 24. Oktober 1921, abends 7 Uhr in Aussicht genommene Vortrag über die Benutzung von Kochgas usw. mutz umstände-- halber auefallen. Dec Bortrag wird etwa 8 Tage später stättsinden. Nähere Bekanntmachung hierzu erfolgt noch. Pulsnitz. (Quäkerspeisung.) Am näch sten Montag beginnt hier die Quäkerspeisung, dem sich 110 Schulkinder erfreuen dürfen. Die Quäker ha ben auf die Speisemarke folgende Worte drucken lassen: An die Kinder Deutschlands Ein amerikanischer Freundschaftsgruß durch die Religiöse Gesellschaft der Freunde Quäker), welche 250 Jahre hindurch und selbst während des soeben beendeten Weltkrieges den Grundsatz vertreten hat, daß nur Hilfsbereitschaft und Liebe und nicht Krieg und Gewalt der Menschheit Frieden und Glück bringen können. Pulsnitz. iWohltätigkeitsaufführung.) Wie bereits am letzten Male an dieser Stelle mit geteilt wurde, veranstaltet die hiesige Ortsgruppe der R. e K. morgen, Sonntag im Schützenhaus einen Theaterabend. Zur Aufführung gelangt der Drei akter „O Heimatsonne, Heimaterde " In diesem Bolks- stück wird das wechselvolle, bewegte Schicksal deutscher Volksgenoffen seit Ausbruch des Weltkrieges bis zur endlichen Rückkehr aus der Gefangenschaft in fesselnden Bildern vor Augen geführt. Was wollen die Sorgen und Zwistigkeiten im Heimatdörfchen ums Da sei», um Liebe besagen? Der Ruf zu den Waffen übertönt die Stimmen der Vernunft, auch die warnende Stimme Huberts, eines schlichten Landarbeiters, findet in den Wogen der ersten Begeisterung bei der Lorfjugend kein Gehör. — Im zweiten Akt finden wir die jugendlichen Helden des Stückes in harter Kriegsgefangenschaft, im fremden Frondienst unter unsäglichen Leiden und Demütigungen. Das Los der Gefangenschaft aber wird zu grausamster Qual, als die alten Gegensätze zwischen Franz, dem jungen Mühlenhosbauer, und Ott», dem Häuslersohn, in der Weltabgeschiedenheit des Ge fangenenlagers in leidenschaftlichste» Horm wieder in die Erscheinung treten und sogar die kameradschaftlichen Gefühle vollständig ver nichten. — Da endlich naht die heihersehnte Rückkehr! Am Glanze der Heimatsonne, beim Anblick der teuren Heimat finden sich in einer erhebenden Scene die Leideusgenossen wieder in Eintracht nnd Frieden. In allen Herzen brennen Freudenfeuer! Die Heimat üegrützt jubelnd ihre so langentbehrten Söhne. Mit dem stimmungs vollen Liede „O Heimatsoune, Heimaterde" schließt das in allen Teilen spannende Bolksstück. Kaum ein zweites Stück der neuzeitlichen Theaterlitsratur dürfte eine nachhaltigere, erhebendere Stimmung bei den Zuhörern auslösen, als gerade dieses Volksstück. Die Personen, deren Sprache und Handlung sind aus dem Leben ge griffen; alles atmet ungeschminkte Wirklichkeit. Be sonder» treffend sind die Leiden unserer armen Landsleute in fremder Knechtschaft wiedergegeben.— Auch an dieser Stelle wünschen wir nochmals der R. e. K. einen vollen Erfolg, zumal der Reinertrag dem Kriegerdenkmalsfond zufließt. Pulsnitz. (Verein für Volksbildung.) Montag, den 24 Oktober, 8 Uhr Zimmer 17, ». Stock, Stadtschule: Göthes Leben und Entwicklung an sei nen Gedichten dargestellt. (Gedichtsammlung mit bringen) — (Eisenbahnfahrplan) Der ab 26. Ok tober gültige Taschenfahrplan der Eisenbahn General direktion in Dresden wird in den nächsten Tagen erscheinen und voraussichtlich von Ende dieser Woche ab auf den Stationen sowie im Buchhandel käuflich zu haben sein. Der Verkaufspreis ist der bisherige (4 Mark). — (Vorübergehende Einstellung der GKieran nähme.) Zur Hebung der Wogengs- stellung für Kartoffeln wird die Annahme von Fracht stückgut am Montag und Dienstag, den 24. und 25. Oktober, eingestellt. Ausnahmen finden nicht statt. — (Uneheliche Mütter und Eltern ratswahlen.) Nach einer Auskunft des Mini- sterium» an den Schulaussch.ß in Großenhain Haden uneheliche Mütter das Wahlrecht zu den Eliernrats- wshlen. Kamenz. (Osffentliche Sitzung der Be zirksausschusses) Am Donnerstag, 20. Okto ber, vormittags 9 Uhr fand unter dem Vorsitz des Herrn Amtshaupimann Graf Vitzthum von Eckslädt in der Amtshauptmannschaft eine öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Zunächst fanden die Nachträge zur Gemeindesteuerordnung für die Ge meinden Großröhrsdorf, Piskowitz (ZuwachLftevrr), Btehla (Lustbarkeitssteuer) und dis ll> Nachträge zum Ortsgesetz der Gemeinden Schwepnitz, Pulsnitz Ä. S, Stenz mit Glauschnitz, betr. Wahlen von Gemeinde- Vertretern, Genehmigung Das Gesuch des Geschäfts führers Oskar Sierneck in Pulsnitz um Erhöhung seiner monatlichen Entschädigung für die Verwaltung der Geschäftsstelle des Bezirksardeitsnachweises in Pulsnitz wurde vorläufig abgelehnt. Die Amtrhaupt- mannschaft wurde ersucht, wegen Einziehung der nur sehr schwach benutzten Nebenstelle des Arbeitsnach- pulsnitzerwochendlaN und Zeitung Postscheck-Konto Dresden 2138. Gem.-Tiro-K. 14S Fernspr. Rr.18. T«l.-Adr. Wochenblatt Pulsnitz BeziMSUNzeiger Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie des Gemeinderats Großnaundorf. Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, PnlSmtz M. S-, Bollung, Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Obersteina, Mederstetna Weißbach, Ober- und MederUchtrusu, Fried ersdorff Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Fichtenberg, Klein - Dittmannsdorf. Geschäftsstelle: Pulsnitz, Bis manch!«- Re W5. Druck und Verlag von E. L Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr). Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz. «UW» Erscheint: Dienstag, Donnerstag nnd Sonnabend. Im Falle Höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung des Betriebes der Leitung oder Ler BeförderungSeinrichtungrn hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zetturw oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. — k-erteljährlich M 10.5V bei ftrierZustellnng; bei Abholung vierteljährlich M 9—, monatlich M 3.50, durch die Post M 10.50 — — Inserate sind dis vormttragS 10 Uhr «ufzugeben. Die sechsmal gespultem Petitzeile (Moffr'S Zeilenmeffer 14) 130 Psg., im Bezirk der Amtsbenpl- marmschaft 100 Psg, Amtliche Zeile M 3.90, und M 3.00 — Reklame M 2.8). Bei Wiederholung Rabatt. — Zeitraubender und tabellarischcr- Satz mit 25 «/x Ausschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung Anzeige gebühren durch Klage oder in Kon'ursfMen gelangt der voll» Rechnungs — — betrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. — —