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Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz, des Kommunalverbandes und Finanzamts Kamenz, der Ministerien und der Gemeindeämter des Bezirks. Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Ballung, Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Obersteina, Niederstein« Weißbach, Ober« und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein - Dittmannsdorf. Geschäftsstelle: Pulsnitz, Bismarckplatz Nr 285. Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr). Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz. Nummer 155, Donnerstag, den 11. November 1S2b. 72. Jahrgang Amtlicher Teil. von den Serumfabrik«» wird «ueutgeltlichrr Ersatz nur noch für solche Ope« «ationsnummern der Siphterte» und Tetanussera geleistet, die vor Ablauf »er ftaat- Uche» vewihrodauer zur Einziehung bestimmt werden Dresden, den 8. November 1920 Ministerium des Inner«. Ankündigungen aller Ari sind im »Pulsnitzer Wochenblatt" von denkbar bestem Erfolg. Zuschüsse zu Wohnbauten, Vorrichtungsarbetten und dergleichen. Die in der Bekanntmachung des Stadtrate« vom v. November 1SW gestellte Frist wird bis zum 1». Stovember 1S20 vertäu,ert. Pulsnitz, am il. November 1920. Der Nat der Stndt. Oertliche «nd sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. (Wahlversammlung) Dis zweite von der Deutschen Dolkspartei am vergangenen Dienstag Abend im Schützenhause veranstaltete Wahloersammlung hatte einen recht erfreulichen Besuch auszuweisen. D. h, ge füllte Säle oorzufinden sind wir ja jetzt nachgerade nicht mehr gewöhnt, dazu scheint die allgemein herrschende Wahl- müdigkett eine zu große zu sein. Leider mutz man feststellen, datz der Besuch aus den Kreisen, die doch an dieser Wahl ganz besonders interesstet sein sollten, außer ordentlich zu wünschen übrig lützt. Der Schluß, den man hieraus ziehen müßte, lügt die Befürchtung aulkommen, daß auch die Beteiligung an der Wahl selbst eine recht flaue zu werden droht. Und das hieße: den Dolch in das eigene Herz stoßen. — Die Wahlversammlung wurde durch den Vorsitzenden der hiesigen Ortsgruppe, Herrn Fabrikbesitzer Deine, eröffnet, der die Anwesenden begrüßte, um da» Wort dem Redner des Abends, Herrn Dr. Wiemer aus Berlin, ru erteilen. Der Herr Redner sprach fich zunächst über den ^?V^?wps im allgemeinen au», der seNder durchaus ruhig H ««führt worden sei. Ein Auseinanderplotzen der verschiedenen Meinungen sei natürlich nicht zu vermeiden, aber ohne dasselbe würde das politische Leben veröden- Doch doch über allen Parteistreit stünde doch letzten Endes da» Wohl der Allgemeinheit und das Vaterland- Worum handelt es sich nun bei dieser Wahl : Zunächst haben es die Wühler selbst in der Hand, durch die Abgabe der Stimmen, die Zusammensetzung de« Parlamentes und aus diesem die Zusammensetzung der Regierung und somit den Geist zu bestimmen, mit dem die Regierung und die Gesetz» gebung gehandhabt werden soll. Die Geschicke des Lande« aber sollen doch von Münire» n geleitet werden, die svhig »nd tüchtig da,» sind. Und zum Regieren ist nicht immer der geeignet, der fich als Parteisekretär oder Gewerkschafts« beamter bewährt hat. Auch in der Gesetzgebung seien Fehler st, reicher Zahl gemacht worden und die Unzufriedenheit sei deshalb überall sehr groß. Auch hier sei es Sache der Wühler, den rechten Weg zu zeigen. Wenn auch sehr viel der gesetzgeberischen Arbeit aus da» Leich übergegangen ist, so bleibt doch noch reichlich zu tun übrig z. B auf kulturellem Gebiet. Der Herr Redner bespricht nun eingehend die Finanz- »nd Steurrsragen. Di« Wnanzrn benötigen die alleriorgsamfte Fürsorge. Wi« soll fich die künftige Steuer- >«srtzgeb»ng gestalten? E« sei falsch, hierbei fich oom Geschrei Das Wichtigste. -» Der Eisenbahnverkehr am Bußtag, 17. November, wird nach de» Vonntagsfahrplan geregelt. Ein Allgemeiner Deutscher Sparkassentag findet am 7. Dezember in Dresden statt. Rach einer Havas-Meldung aus Rewgork setzt fich das Re- orüfentantenhaus wie folgt zusammen: Republikaner LS3, Demokraten-138, Sozialisten 1, andere Parteien 3. Die Republikaner haben 61 Eitze gewonnen. Nus dem österreichischen sozialdemokratischen Parteitag bean« tragte Gesandter Hartmann, den Parteivorftand zu beauf tragen, die Volksabstimmung über den Anschluß der Repu blik Oesterreich an das Deutsche Reich in die Wege zu leiten Das Reichskabinett hat mit Zustimmung der preußischen Re gierung eine Verordnung zum Schutz gegen wilde Streiks und wilde Aussperrungen in lcbenswichltgen Betrieben er fassen. Der Eleklrizitätsstreik In Berlin nimmt wider Erwarten seinen Fortgang. Arbeitslose haben in einer städtischen Gasanstalt durch einen Gewaltakt die Stretkverkündung erzwungen. Die deutsche Regierung soll sich dem Wicdergutmachungsaus- schuß gegenüber zu der deutschen Leistungsfähigkeit in den Vichablieferungen äußern. , „ „ Die Sachverständigenkommission für die Wiederherstellungssrage wird ihre erste Sitzung am 20. November in Brussel ab- haltcn. In der Frage der Dieselmotoren dürsten von Deutschland Ga rantien verlangt werden, daß diese Motore künftig nur für Handelszwecke benutzt werden. der Straße beeinflußen zu lasten. Gewiß wüsten die Besitzen- den viel leisten. Ader man mutz doch unterscheiden, ob di« Träger dieser Vermögen produktiv tütig find oder nicht. Man muß auch dafür sorgen, daß Betriebskapital vorhan- den ist, denn ohne dasselbe mutz na'urgemüß Arbeitslosig keit eintreten. Auch auf wirtschaftspolitischem Gebiete herrsche eine grotzr Unzufriedenheit im Lande. Es sei an der Zeit, nunmehr die im Kriege wohl berechtigte Zwangswirtschaft auszuheben und zu einem andern System überzugehe«. Ge wiß bringen solche Uebergangszeiten unerquickliche Verhält» niste vor allem in der Preisfrage mit fich. Jedoch auch die Preise werden wieder stutzen, vorausgesetzt, datz die Land wirtschaft ihre Monopolstellung nicht ausnützt und auch ihrer seits erträgliche Preise ansetzt. — Die Deutsche Dolkspartei ist immer bedacht gewesen aus Erhaltung und Hebung der Produktivität dec Landwirtschaft. Was tut nun die Deutsche Dolkspartei für den Mittelstand? Die Sozialdemokratie stehe auf dem Standpunkt, dem Mittelstand nicht Helsen zu können und auch nicht zu wollen. Die Deutsche Dolkspartei aber ist der Ansicht, daß der Mittelstand nicht entbehrt wer ben kann. Der Herr Redner verweist aus die Interpellation Stresemanns u Gen. im Reichstag: wie wird für den Mit- telstand gesorgt? Den weiten Kreilen des Mittelstandes gehe es heute am schlechtesten. Und so mutz elne Grundlage geschaffen werden für eine bessere Existenz. Auch sür die Arbeiterfragen hat die Deutsche Dolkspartei volles Der- stündnis und ist bereit, ihm zu geben, was er als sein Recht in Anspruch zu nehmen bat; Gleichberechtigung, Mitarbeit usw aber nicht au' dem Wege des Klastenk.ampfes sondern durch gemeinschaftliches Zusammenwirken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Des weiteren geht der Herr Redner ein auf die Frage der Sozialisierung. Der Erfolg der falschen So- zialisterungsexperimente ist ja hinlänglich bekannt. Die Theorien des Marxismus haben stch als undurchführbar er wiesen. Die Folge davon Enttäuschung und Unzufriedenheit der Mosten, und das ziehe stets Gewalttätigkeiten nach fich. Die Politik darf nicht nur Rücksicht nehmen auf eine be stimmte Kategorie, sondern es gibt auch andere große Schichten, Handel, Gewerbe, Industrie, denen eine Lebensfähigkeit in Stadt und Land gegeben werden muß. Dazu brauchen wir inneren Frieden und das Zusammenfossen aller Kräfte. Und dabei wollen wir den nationalen Gedanken vertiefen und pflegen und aus diese Weise alle Kräfte dem Wiederaufbau des Vaterlandes widmen. Das ist der Grundgedanke der Politik der Deutschen Bolkspartei: Freiheit, Ordnung, Einig keit. Wer diesem Wahlspruch zustimmt, der gebe am Wahl tage seine Stimme der Deutschen Dolkspartei. — Nach Worten des Dankes an den Herrn Redner, wurde die Ver sammlung vom Vorsitzenden geschloffen. 0. di. — (Hinweis.) Der heutigen Nummer unserer Zeitung liegen 2 Beilagen, Sachsenstimme Nr. 3 von der Deutschen Bolkspartei und Wahlaufruf von der Deutschnationalen Volkspartei bei, auf welche wir hierdurch besonders Hinweisen. Pulsnitz. (Revolutions- Feier.) Einen glänzenden Verlauf nahm die Feier, die zu Ehren der Revolution am 9. November vom Gewerkschafts- ausschuß für Pulsnitz und Umgegend arangiert worden war. Der Tag selbst war schon durch Ardeitsruhs in allen Betrieben gefeiert und die Veranstaltung am Abend im Gasthof „Zur Vollung" war überfüllt. Die dargebotenen Unterhaltungen, bestehend aus Ge sangsvorträgen und Theater fanden dankbare Aner» kennung — Zu wünschen wäre es, daß im nächsten Jahre die Feier des 9 Novembers für ganz Deutsch land durch die Arbeiterschaft einheitlich geregelt würde. (Eingesandt.) — (Unser tägliches Weh. Von Msr«d Richard Mr,«r) Wir wollen nicht von u»s sprechen, nicht von dem Teil Schweres, das ein jeder von uns für fich zu tragen hat, tragen kann. Ls ist etwas ganz anderes, schier Unerträgliches, das unsere Augen dennoch täglich, stündlich mit schneidendem Weh an springt, wohin wir nur blicken. Und wenn noch nicht all« von uns dieses Elends sehend grworden find, so müssen sie es endlich werden. Weil dieses Weh zum Himmel schreit, wetl in diesem Weh der beginnende Untergang unsere» Volkes liegt. »Deutschland in Not!' wird übertönt von dem grelleren „Kinder in Nolt" Wir sprachen einmal, als wir noch reich waren, von einem Jahrhundert de» Kinde». Heut« müssen wir, allerding» in einem ganz anderen Sinne, von dem Jahrzehnt de» deutschen Kinde» sprechen. Jahrelang haben unsere Kinder gehungert. Ehrlich: heut« Hun» gern sie mehr denn je Sind e» eure Augen, vor allem in den großen Städten, noch immer nicht, zu Tode erschrocken, innegeworden? Schlägt euch da da» Hrrz nicht bi» in den Hal« hinauf? Sagt nicht: un abwendbare» Schicksal! Verzweifelt nicht mit einem „Selbst verschuldet!" Versucht vielmehr diese» tägliche Weh au» euren Herzen zu reißen. Ich sah in Berlin eine Frau mit zwei kleinen Kindern. Die hatte stch ein Schild uw den Hal» gehängt, auf dem ungefähr da» zu lesen stand: „Ich seh« mich gezwungrn, mich hi«rhin zu stellt« und zu b«tt«ln, um nicht zu ver. hungern. Mtin Mann ist gefallen. Ich bin schwe lungenkrank und kann nicht arbeiten. Auch meir, Kinder find lungenkrank." Dies« Kinder! Ihr lacht« wenn Meister Heinrich Zille diese» Elend malt, O, ihr, gingt auch heut« fast alle an dieser Fra« vorüber, ohne Sabe. Oder, wenn ihr da» Schild wirklich laset, zuckte r» euch durch da» Hirn: Lügerei — kennen wir. Ihr saht dies« Kinder nicht! Heut», gestern und wor. gen nicht. Wißt ihr, daß allein in Preußen 1918 über »/i, Million Kinder an Krankheiten der Atmungr und Vtrdauung»organr verstarben? Eine Zahl, die um da» Dreifache, Für stach« größer ist, geht wegen jahrelanger Unterernährung demselben furchtbaren Schicksal entgegen — wenn ihr nicht helft! Da» ist nicht mit einem vlumentsg, einem Wohltätigkcitsfest getan. Spät, ober hoffentlich noch nicht ganz zu spät, haben stch alle charitativen Verein« Deutschland» zu der großen „deutschen Ktnderhtls«' zusamwenzetan, zu einer Bolktsawmlung für das notleidend« Kind. Die Mildtätigkeit des Auslands arbeitet dünn und lang sam. Wir wüsten da» eigene Gewissen anrusen. In den Novemberwochen wird der große Nus an unser Ohr kommen. Versperrt ihm euch nicht. Werdet sehend und hörend! Laßt das Herz zu der Hand sprechen! Und laßt et nicht wie sonst bei einem Scherflein bewenden. Eure Gabe wird tausendfältig euch und euren Kindern wtedergegeben werden — im jungen, neuen Deutschland, an dessen Zukunft wir doch all« glauben. Heben muß Leben schaffen. Leben muß da» Elend vertilgen. Lellen kann nur au» einer gesunden Ktnderschoft kommen, di« wieder Vater und Mutter werden soll. — (Weihnachts-Kerzen sind Gegen stände des täglichen Bedarfs.) Auf eine An frage hin erteilte das Reichswirtschaftsministerium die Antwort, datz Weihnachtskerzen als Gegenstände des täglichen Bedarfs anzuseb: d sind, da sie bei der ganz allgemein in der Bevölkerung bestehenden Sitte der Feier des WeihnachtssesteS Verwendung finden Der Umstand, daß sie nur zu einer bestimmten Zeit im