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A-orker^ Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Fünfter Jahrgang. Drei» für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 1« gr. Sächs., bei Beziehung de« Blatte« durch Botengclegenheit 12 Gr. SLchs. 35. Erscheint jeden Donnerstag. 29. Wg. 1839. Der vierte September, also der Tag, an welchem uns Sachsen vor 8 Jah ren eine Konstituzion gegeben ward, fteht nahe bevor und fordert uns daher auf, daran zu denke», wie wir ihn festlich begehen wollen. Denn festlich bege hen müssen wir einen Tag, der uns so eine herrliche Gabegcbracht—sagen wir lieber: der uns in das lange Vvrenthaltene Recht wieder eingesetzt, der unsere Mün- digkcitaufgehoben und uns zu wirklichen Mitgliedern des Staatsverbandeö erklärt hat. Fern sei es von uns, damit behaupten zu wollen, als sei unsere Verfassungs- Urkunde ein Muster der Vollkommenheit, erhaben über alle Verbesserung. Nein! Auch sie zeigt, wie alle andere derartigen, den Inhabern der tcutschenFürsten- stühlc wie im Sturme abgerungencn, mit mehr oder minder freier Begeisterung verfassten Briefschaften, daß daS Volk wenig dabei zu Rathe gesessen, zeigt ein emsiges Abwehren gegen das Andrängen der Neu zeit, zeigt einen Kampf des historischen Rechtes mit dem Vernunftrechte, zeigt alles dies vielleicht mehr, als andere tcutscheKonstituzlonfn. Doch sei es darum. Ihr Eintritt bleibt immer für uns von der größten Wichtigkeit, bleibt würdig, mit dankbarer Freude gefeiert Zu werden. Ja es ist sogar nvthwendig, daß wir den Tag der Uebergabe unserer Verfassungsurkunde, das Konstitu- zionsfest, feierlich begehen: schon der Gleichgülti gen wegen, die es unter dem vornehmen und nicht vornehmen Volke noch allenthalben gicbt, denen eS einerlei ist, ob das geschriebene Gesetz regiert, oder der ungebundene^ Wille des Machthabers, die sich im Schatten teutschkr Gcmülhllchkcit bei jedem Regie rungssysteme Wohlbefinden, rpenn es ihnen nur die Vielheit des Rückgrades läßt, um der tief schul digsten Bücklinge nicht ungewohnt zu werden, und kuft genug, um athmen zu können und ein „unter- thänigstcs" Leben Im Leibe zu behalten. Ihnen, die sen Gleichgültigen, müssen wir zeigen, daß wir ihres Sinnes nicht sind, daß wir den Unterschied zwischen einer konstituzionellen und absoluten Verfassung ken nen und den Werth der Ersteren zu schätzen wissen, müssen zeigen, daß es doch besser ist, mündig zu sein, wenn auch der Vormund dem altgewordcncn Mündel die Güter noch nicht vollständig oder nicht im besten Zustande ausgeantwhrtet hat. Sehen die Gleichgülti gen unsere Beharrlichkeit, werden ihrer von Jahr zu Jahr weniger werden. DaS Konstituzionsfest muß aber auch in Ansehen erhalten werden zum Besten der Wohlmeinenden, der FreundeunsererVerfassungselbst. Es gicbt Viele, denen es schon genug dünkt, daß unser Recht nunmehr ver brieft ist; denen es genug dünkt, daß wir eine Kon- stitvzion haben, wie sie auch beschaffen sein mag. Für solche bedarf eS der steten Erinnerung, daß man nicht stehen bleiben dürfe, den tobten Bildsäulen gleich, sondern daß man rüstig vorwärts schreiten müsse auf der betretenen Bahn, denn Stillstand ist Rückgang. Für Solche bedarf es der Lehre, daß eineVerfaffung nur erst Werth gewinnt, wenn sie gleichsam in Kraft und Saft verdaut ist und in das Staatsleben thätlg eingrcift, wenn die politische Bildung, die sie erzeu gen soll, immer allgemeiner wird, und wenn an der starren Form nicht sich festgekiammert wird, son dern nach dem ewigen Gesetze der Natur rege Beweg lichkeit und verbessernde Lhätigkeit herrscht. Dena was hälfe es dem Pfleglinge, daß er einem beengen den und beschränkenden Vormunde enthoben wäre, wenn er seine Güter nach altem Schlendrian, unzu gänglich jeder freieren Regsamkeit, verwalten wollte? Für die Patrioten, für die Konstituzionellen ist das Konstituzionsfest ein Fest der Ermunterung. Wegen der Böswilligen, wegen der Widersa cher des umgestalteien politischen Lebens endlich müs sen wir das Konstituzionsfest tmmrr und immer wird»