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A-orter Wochenblatt. M Mittheil un gen Hber örtliche und vaterländische Angelegenheiten. - Fünfter Jahrgang. ——— Prcit für den Jahrgang bei Bestellung von der Post lS gr. Gächs., bei Beziehung det Blattet durch Bstengelegenheit , 12 Gr. Sächs. - ... - - ' . Erscheint jeden Donnerstag. 3. JaMMr 1839. Neajahrsbetrachtung. Es hat nicht an Leuten gefehlt, die uns einiger Naseweishcit zeihen wollten, daß wir zuweilen die uns gesteckten Schranken überschritten und uns in Dinge mischten, die ein Adorfcr Wochenblatt blut wenig oder gar nichts angiengen. Mag sein, daß sie Recht haben; daS neue Jahr ladet indeß vor Al lem zu beschaulicher Betrachtung rin und zu Rück blicken in die Vergangenheit, und — wäre es viel leicht gerade nur ihnen zum Trotze — führt unS in Versuchung, diesmal den Anlauf noch etwas stärker Zu nehmen. Wir sind nämlich so frei, einmal einen kleinen Abstecher um die Welt zu machen, jedoch, wie sich in unserem kommenden Dampfzeitalter von selbst versteht, hübsch bequem als malerische Reise Im Zimmer. Wer uns nicht folgen will, dem bleibt das natürlich unverwehrt; wir zählen dabei nur auf un sere geneigten Leser, die zeithcr unser Blättlein sammr seinen Schwächen mit soviel Liebe und Nach sicht willkommen hießen und namentlich einen kecken Seitensprung am wenigsten übelnahmcn. Diese also ersuchen wir höflichst, sich einige Augenblicke vor un ser Guckglas hinzusetzen; wir wollen ihren Augen ein tn raschen Zügen entworfenes Bild von dem politischen Schauplatze vorüberführen, um dabei gelegentlich zu sehen, ob die auf ihm handelnde Menschheit mit dem nun wieder ins Meer der Ewigkeit hinabgefloffenen Jahre des Heils Ein Tausend Acht Hundert und Acht und Dreißig ihrem Ziele näher gerückt, ob sie in Summa weiser, freier und glücklicher geworden sei, oder es zu werden Anlage habe, und welche Hoffnling unS die Zukunft biete. Wir würden die Feder sinken lassen, wenn wir es unsere Ucberzeugung nennen müßten, allein es ist eine gar nicht ungewöhnliche, selbst geistreichen Män nern cigenthümlichc Ansicht, daß die menschliche Kultur einen Kreislauf nehme und seit Anbeginn von Morgen nach Abend zu wandern bestimmt sei. So sehr sich der vorwärts strebende Menschengcist gegen die Annahme einer solchen dunklen Schicksalsbrstim» mung sträubt, so sehr sie mit der behaupteten Frei heit vnsers Willens offenbar in Widerspruche steht, so muß man doch zugeben, daß sic nicht allein durch die Geschichte unterstützt werde, sondern noch weit mehr in der Betrachtung unserer Gegenwart ihre Bestätigung zu finden scheine. Während im Osten, der Wiege unseres Geschlechts, von wo aus die ersten Kulturanfänge sich über dcn Erdball verbreiteten, jetzt nur Nacht und Barbarei, herrschen, je östlicher, ie finstper, lächelt uns vom fernsten Westen her der Humanität und Freiheit reinste Flamme entgegen. Dort schauerlicher Despotismus im vollsten Sinne des schändlichen WortS, schrankenlose Herrschaft eines Einzigen über Millionen, die sich mit stupider De muth vor seinen Launen beugen; die Völker, einer Waare gleich aus der Hand des Besiegten in die deS Siegers übergehend, sind nichts weiter als Viehheer- den, die mit Gleichgültigkeit ihren Herrn wechseln; von Menschenrecht und Menschenwürde ist da auch die leiseste Spur nicht mehr aufzufinden. Vernunft und Recht scheinen absichtlich weithin über Länder und Meer geflohen zu sein, um so fern wie möglich von diesen sie schändenden Szenen in einem neuen Wcltthcile ihr Reich aufzuschlagen. Im jungen Ame rika fanden sie ihre Zufluchtsstätte. Hier sehen wir die wahren Grundsätze des gesellschaftlichen Vertrags-, dem ungläubigen Kopfschütteln unserer „praktischen" Staatsmänner zum Trotze, angewendet, und das, was man bis dahin nur als die unausführbaren Träume müssiger Philosophenköpfe belächelt hatte, zur schönsten, . lebensvollsten Wirklichkeit gediehen. Die Herrschaft des Gesetzes, das als Aus druck des Gesammtwillcns diesen Namen verdient, Gleichheit Aller vor diesem Gesetze und darum nothwendig auch in der Gesell schaft, daher ächtes Bürgerthum, wahres