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Pulsnitzer Fayeblatt inipeecker 13. Tet--Abr.: Tageblatt Pulsnitz C)()1»»/v1^4 Pustlch«!-Konto DreLden 2133. Giro-Konto 146 ^ObglTttsUlIgblOb »- — — Erscheint a« I«dem Werktag Am Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung del Betriebe- der Zeitung oder der Beförderung-cinrichtungen, Hal der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück» »ahlung de» Bezugspreise». — Wöchentlich 0.65 E bei fteier Zustellung: bei Abholung wöchentlich 0.55 «6; durch die Post monatlich 2.60 E freibleibend Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz unc vUIk 1»^»U»» Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnip Anzeigen-Grundzahlen In Die 41 mm breite Zeile (Mosse'S Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 10 in der Amtshanvtmannschaft Kamenz 8 amtlich 1 mm 30 nnd 24 Reklame 25 LA/. 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M 0 hr in Pulsnitz Nummer 3VV Sonnabend, den 27. Dezember 1Z3V 8S. Jahrgang Die Weihnachtsglocken sind verklungen Der „Temps" über das Problem der Friedensorganisierung Nun klingen die Glocken der weihnachtlichen Tage nicht mehr. Das Fest der Freude -ind des Friedens ist vorüber. Ob es wohl ein so freudiges, wahres Fest für alle unsere Volksgenossen gewesen ist? Gewiß, mau braucht nicht gerade Millionär zu sein, um voll innerlicher Froheit das Weih nachtsfest freudig begangen zu haben, aber für sehr viele Deutsche war das diesjährige Weihnachtsfest doch nicht, wie man zu sagen pflegt, so das richtige. Lag es nicht über Weihnachten 1930 wie eine schwere, drückende Last, daß vier Millionen Deutsche, hunderttausende Familienväter darunter, keine Arbeit, keine Beschäftigung, keinen Lohn, kein Gehalt hatten? Und wir wissen doch, wie frohe Seelen niedergedrückt werden, wenn sie die Zeit ohne Arbeit verbringen, wenn sie mit Zweifeln in die Zukunft blicken müssen, ob und wann ihnen wieder die so ersehnte Arbeit beschert werden wird. Weite Kreise unseres Volkes habey versucht, angestrengter und mehr als in früheren Jah ren, dieser großen Not in unserem Volke durch einen weih nachtlichen Beitrag, wenn auch nur um ein geringes, abzu helfen. Ihnen allen sei Dank, ob sie nun ihren Nächsten im Stillen halfen oder ob sich die weihnachtliche Liebestätigkeit im öffentlichen Rahmen vollzog, in Form öffentlicher Bescherungen in den Waisenhäusern, Altersheimen, Krankenanstalten oder Gefängnissen. Dank sei auch der Heilsarmee, den vielen Frauenvereinen, dem RotenKreuz oder sonstigen Bereinigungen, die wirklich in diesem Jahre das Ihrige getan haben, um Menschen Weihnachtsfreude zu bereiten. Weih- nachtsfreude den Aermsten der Armen! Möge von dem frohen Lichte der Weihnachtszeit in die ärmlichsten Gassen, in die ärmlichsten Hütten ein geringer Schein gedrungen sein! Dann hat das Weihnachtssest 1930 wenigstens einige Stunden über die Not des Alltags hinroeghetfen können. Die schlechte wirtschaftliche Lage unseres Volkes prägte sich auch im Reiseverkehr zu Weihnachten aus. Diesmal trat keine Hochflut des Reiseverkehrs auf der Reichsbahn ein. Ja, der Weihnachts-Reiseverkehr erreichte nicht einmal die Hälfte des Bahnverkehrs im vergangenen Jahre. Wer es noch pekuniär ermöglichen konnte, der verlebte Weihnachten im deutschen Gebirge oder im deutschen Wald. Der Chef der Reichswehr, General von Hammerstein, z. B. verbrachte die Weihnachtstage aus einer Skihütte der Reichs wehr im Harz. Das ist wunderschön, wenn man den Heilig abend inmitten der Stille der Natur verbringen konnte, in mitten rauschender Tannen und inmitten des im Mondschein glitzernden Schnees. Wenn wir uns diese Weihnachten mals o recht klar gemacht haben, dann war uns auch diesmal wieder das große Erlebnis des Weihnachtsfestes beschicken, das in dem Fühlen der großen Schicksalsverbundenheit aller Deutschen besteht. Auch die Ausländsdeutschen, unsere deutschen Matrosen auf hoher See feierten das Weihnachts sest, und überall, wo Menschen deutscher Zunge zusammen waren, erklangen deutsche Weihnachtslieder: „O du fröhliche, o du selige, gnadcnbringende Weihnachtszeit!" Da fühlten wir wohl, wie das deutsche Weihnachten uns Deutsche wieder zusammenschmiedete. Da fühlten wir vielleicht, daß der ein zelne Deutsche in der Welt nichts bedeutet, daß das deutsche Volk als Nation jedoch eine Macht darstellt. Da fühlten wir wohl, daß wir Deutsche alle aufeinander angewiesen sind, in sozialer und volklicher Schicksalsgemeinschaft, und daß das Weihnachtssest uns den Weg in die Zukunft wies, einig zu sein und stets zusammenzuhalten. Leider wurde das Weihnachtssest 1930 etwas getrübt. Verblendete Menschen, denen nichts heilig ist, hatten die Erwerbslosen in den großen Städten anfgeputscht, am Heiligabend gegen die Not unseres Volkes zu demonstrieren. Kann man denn mit Demonstrationen die Not lindern? Was hat man denn erreicht? Nichts weiter, als daß die Schutzpolizei am Heiligabend in erhöhter Alarmbereitschaft gehalten werden mußte und daß unsere Schutzpolizisten, die doch wirklich schweren Dienst in diesen Nottagen haben, den Abend nicht im Kreise ihrer Familie verbringen konnten. Warum diese politische Verhetzung, wenn sie sinnlos ist? Haben wir die Weihnachtsbotschaft nun wirklich erlebt? „Und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!" Friede! Ist die Sehnsucht nach Frieden in der^Menschsieit je größer gewesen als im Jahre 1930? Aber wo ist Friele? Im Innern Deutschlands herrscht Unfriede, und in der Welt ist es nicht viel besser. Da war es wohl unser aller Weihnachts wunsch, daß vielleicht das nächste Weihnachtsfest unseren un ruhigen Seelen den ersehnten Frieden bringen möge. Wethnachtssrieden tn Dresden. In der sächsischen Landeshauptstadt sind die Wcih- nachtsfeiertage ruhig verlaufen und die angekündiglen !oinmunistischen Demonstrationen am Heiligen Abend md als gescheitert zu bezeichnen. Die Polizei hatte um fangreiche Sicherheitsmaßnahmen getroffen und u. a. auch die Besucher der Christmetten durch Absperrungen an den Kirchen vor Belästigungen geschützt. Begnadigungen zu Weihnachten. Dresden. Die Nachrichtenstelle der sächsischen Staatskanzlei teilt mit: Aus Anlaß des Weihnachtsfestes sind vom Justiz ministerium 185 Begnadigungen verfügt worden, wodurch größtenteils Gefangene in Freiheit gesetzt, im übrigen Stra- fen gemildert (umgewandelt oder herabgesetzt) oder erlassen oder Bewährungsfrist bewilligt wurden. Der Heiligabend in Bethlehem. Jerusalem. Aus allen Teilen der christlichen Welt waren Pilger nach Bethlehem gekommen, wo das Lhristuskind ge- boren wurde. Tausende von ihnen fuhren in Automobilen vor, und der Pilgerzug der eleganten Wagen, die über die Landstraßen rollten, bot einen gewaltigen Kontrast zu dem Pilgerzug der anderen, die zu Fuß nach der heiligen Stätte wanderten. Eines der malerischsten Ereignisse war die mitter nächtliche feierliche Hochmesse am Heiligabend, die von dem Patriarchen von Jerusalem zelebriert wurde. Er saß auf einem goldenen Thron, der dort steht, wo sich einst die Hütte befand, in der Christus geboren wurde. Eine originelle Berliner WeihnachWlle. Schupobescherung im Weltstadtverkehr. Den Berliner Verkehrsschupos ist am Heiligen Abend nach schnell eingebürgertem Brauch wieder eine besondere Weihnachtsfreude bereitet worden. Die große Zahl derer, die tagtäglich mit den Beamten in unmittelbare Berührung kommen, sei es durch gewohnheitsmäßige Autofahrt oder durch regelmäßiges Passieren eines Straßen-Kreuzungs- punktes, und sich daher der Obhut des „Verkehrsgewaltigen" anvertrauen müssen, haben am Tage des Christfestes auch ihrer gedacht und ihnen ihre Anerkennung für den schweren Dienst äußerlich zum Ausdruck gebracht. Schon am frühen Morgen bot sich einem das immer wiederkehrende hübsche Bild: Ein Auto kreuzt den Straßenschnittpunkt, es stoppt, eine zarte Frauenhand oder ein Männerarm langt zum Fenster hinaus, überreicht dem Uniformierten ein mit Tannengrün geschmücktes Paket, Dankesworte und ein „Frohes Fest!" aus lächelndem Munde und weiter braust der Verkehr nach diesem kleinen Intermezzo. Bald sah man an den Verkehrspunkten kleine Christbäume, mit Silber fäden durchzogen, und darunter häuften sich die Liebesgaben. Der verkehrsregelnde Schupo neben dem Weihnachtsbaüm — ein ungewohnter Anblick in einer Zeit, die so wenig Sinn für Romantik hat! Das Weihnachtsgeschäft war schlecht. Anschwellen der Konkurse zu befürchten. Bochum. Auf eine Rundfrage bei den füh renden Einzelhandelsorganisationen und Sroßware »Häusern im rheinisch-westfäli schen Industriegebiet erfährt man, daß die Umsätze des diesjährigen Weihnachtsgeschäfts die des Vorjahres im allgemeinen um 40 bis 50 Prozent untertreffen. Der Andrang des Publikums war dagegen bei weitem stär ker als im Vorjahr, ein Umstand, der beweist, daß nicht man gelnde Kauflust an sich, sondern die Finanzmisere von An schaffungen zurückhält. Es ist außerdem festzustellen, daß eine starke Abwanderung zu denminderenQua- li täten eingetreten ist. Die Hoffnung einer großen An zahl von Kaufleuten, aus den Einnahmen des Weihnachts- geschüfts laufenden Wechselverpflichtungen nachkommen zu tonnen, ist als gescheitert zu betrachten, so daß für die erste Nachweihnachtszeit mit einem An schwellen der Zahl derWechselprotesteundKonkursezu rechnen ist. Dos Wichtigste Der Heilige Abend ist In Berlin im allgemeinen ruhig verlaufen. An» gesichis der anaekündiglen kommunistischen Demonstrationen hatte die Polizei erhöhte Alarmbereitschaft angesetzt. ES kam zu kleinen Ansammlungen. 20 Personen wurden zwangsgestellt. In München sind der Heilige Abend und die beiden Feiertage völlig ungestört verlaufen. Papst Pius Xl. hielt am Mittwoch an die KardinSle eine bedeutsame Ansprache, in der er zue brüderlichen Zusammenarbeit statt deS Kampfes aufforderte. Wie das „Berliner Tageblatt" aus Withing (Indiana) meldet, sind bei einem Brand in einem dortigen Hotel 7 Personen vom Feuer in ihren Betten überrascht worden. Sie sind um- Leben gekommen. Die Stadt Poma in Argentinien ist durch ein Erdbeben vernichtet worden. Bisher wurden 35 Tote und 70 Verletzte gezählt. Oertliches und Sächsisches (Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet) Zwischen de« Feste« In der guten Stube steht der Gabentisch, der in diesem Jahr meist wieder etwas ärmlicher geworden ist als in den vergangenen Jahren. Aus den Geschenken, die er trägt, aus der Menge, aus der Größe spiegelt sich die Not der Zeit wider. Geben am Weihnachtsfest ist ein schönes Gefühl, aber das Gefühl ist diesmal recht beeinträchtigt worden durch die Sorgen, die uns die Zeit brachte. Aber jeder gab, soviel er konnte, denn Schenken gehört nun einmal zum Weihnachts- fest. Das diesjährige Weihnachtsfest hat wieder sehr viel Feiertage. Der eine Sonnabend zwischen dem zweiten Feier tag und dem folgenden Sonntag wird einfach nicht als Ar beitstag gerechnet. Es ist zu schön, wenn man vom dritten, vom vierten und fünften Feiertag sprechen kann. Solche Tage lassen Zeit zur Selbstbesinnung und gebe,n Raum für alle, sich der Familie zu widmen, von der Hast des Alltags auszuruhen und sich zu erholen. Wenn wir uns nun von den Anstrengungen, denen der Magen während der Weihnachtsfeiertage ausgesetzt war, einigermaßen erholt haben, wenn wir die Weihnachtsgans, den Hasenbraten, den Puten- oder den Schweinebraten ver daut, und dem Magen vielleicht mit einer Dosis Natron ge holfen haben, dann rüsten wir uns zum neuen Fest. Die paar Arbeitstage bis dahin werden sowieso übersehen. Man betrachtet sie wehr oder weniger als ein bißchen Abwechslung. Manche begrüßen sie sogar, denn für sie ist eine Reihe von guten Tagen -nur schwer zu ertragen. Wir stellen so lang sam unsere Jahresbilanz auf, überdenken das Jahr vom ersten Tage an und ziehen dann den Schlußstrich, um festzu stellen, was uns das Jahr brachte. Nicht immer wird diese Bilanz erfreulich sein. In vielen Iahresaufstellungen wird auf der Haben-Seite wenig oder gar nichts, auf der Soll- Seite aber um so mehr stehen. Ja, ja, die schönen Feste am Jahresende. Wie schön müssen sie doch gewesen sein, als es noch nicht alle die Sorgen gab, die heute fast jedem im Nacken sitzen. Wie schön war doch die gute alte Zeit, da es reine Weihnachtsfreude gäbe und reine Zuversicht am Jahreswech sel. Solche Tage zwischen den Festen stimmen zum Nach denken, aber sie dürfen nicht zum Verzagen führen. Ein Fünkchen Hoffnung muß sich jeder bewahren, denn einmal muß es doch besser werden. P«ls«itz Nach dem Feste. Weihnachten 1930 ist nun vorüber. In aller Herzen strahlt noch der Glanz des Lichterbaums, unter dem sich alle zusammenfanden, um das Christfest zu feiern. Der Wettergott hatte uns durch trockenes Feiertagswetter beschenkt, wenn auch nicht soviel Schnee lag, wie man ihn sich zu einem deutschen Weihnachten wünscht. Als am Heiligen Abend die Glocken zur Christmette riefen, folgtcn viele ihrem Ruf, und bald daraus flammten dinier den Fenstern die ersten Kerzen am Tavnenbaum auf. Die Geschäfte wurden zeitiger geschlossen und bald lag die Stadt in tiefem Schweigen. — Die kirchlichen Feiern wurden durch die Christmette cingeleitet, die Frau Apel durch ihren Gesang verschönte. Die Festgottesdienste führten viele An dächtige in unsere Kirche. Tie brennenden Christbäume, die Verkündung der Heilsbotschaft von der Menschwerdung des Gottessohnes schufen echte Weihnachtsstimmung und den stillen Zauber, der das Weihnachtsfest umgibt. Dies noch mehr zu verinnerlichen half die schöne Kirchenmusik. — Der Alltag trittnun wieder in seineRechte, abereinAbglanzdieserWeihnachts- tage wird wohl bis in die Silvesterstunde mitgenommen werden.