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Bis V>10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: PulSnitz, PulSnitz M. S-, Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niederstem«, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in PulSnitz Nummer 284 Mittwoch, den 12. November 1838 82. Jahrgang Eine Preis-Senkung, die keine ist Beschluß des Reichskabinetts zur Preissenkung Die vom Reichsernährungsministerimn verkündete soge nannte Senkung der Preise hat in der Oeffeutlichkeit nicht die Zustimmung gefunden, wie sie die Reichsregierung erwar. tet hatte. Das Ergebnis der langwierige» Verhandlungen zwischen der Reichsregierung und den Zntereffentenverbänden. entspricht nicht den Erwartungen, die die Verbraucherkreise nach den vorangegangenen Ankündigungen der Reichsregie- rung hegen mußten. Die Preissenkung erstreckt sich nur auf Brot, Schweine fleisch und Milch, während eine Senkung der Kleinverkaufs preise für Kartoffeln, der Tarife für Gas und Elektrizität, der Post- und Eisenbahngebühren, der hohen Steuern, der Textilpreise und der Mieten vorläufig scheinbar gar nicht in Erwägung gezogen ist. Der Lohn- und GehaltSabbau. Man erwartete ganz allgemein, daß das Ergebnis der Verhandlungen des Reichsernährungsministeriums mit den zuständigen Organisationen der Bäcker, der Fleischer und überhaupt der gesamten Lebensmittelproduktion ungefähr dem entsprechen würde, was in dem letzten Schiedsspruch der Berliner Metallindustrie (8prozentige Lohnsenkung) und bei den Verhandlungen über die Kürzung der Beamtcngehälter (Kürzung um 6 Prozent des Gehaltes) als Ziel der Regie rung bekanntgcgeben wurde. Ferner muß man in Betracht ziehen, daß im Rahmen der Lohn- und Gehaltssenkungs- aktion des Kabinetts Brüning ungefähr 1200 000 weitere Arbeitnehmer damit rechnen müssen, daß auch für sie mit Beginn des neuen Jahres eine fühlbare Gehalts- und Lohn senkung herbeigeführt wird. Während die Lohnsenkung in den Verträgen genau fest gelegt ist, ist das Ergebnis aller Verhandlungen über die Preissenkung unklar und unzureichend. Es steht nämlich nicht fest, ob tatsächlich eine fühlbare Preis senkung für die Verbraucher eintreten wird. Die Preissen kung, so wie sie vom Kabinett Brüning angekündigt wird, würde für eine vierköpfige Familie in Berlin, wenn sie fünf Brote in der Woche verbraucht, 20 Pfennige wöchentlich betragen, die Schweinefleischvcrbilligung, wenn viermal 1l4 Pfund verzehrt würden, was unwahrscheinlich ist, in der Woche 30 Pfennige, wozu noch, wenn täglich ein Liter getrunken wird, sieben Pfennige Ersparnis für Milch kommen. Da durch den 8prozentigen Lohnabbau der Lohn eines Metallarbeiters in der Woche um 3,20 Mark gekürzt wird, io fällt demgegenüber eine Ersparnis an Lebensmitteln in Höhe von wöchentlich 57 Pfennigen nicht ins Gewicht. Rückzug der Brotfabrikanten. Nun kommt noch hinzu, daß die Verbraucher wahrschein lich von der sogenannten Preissenkungsaktion der Reichs regierung nichts zu spüren bekommen werden. So teilt z. B. die Vereinigung der Brotfabrikanten Groß- Berlins mit, es entspräche nicht den Tatsachen, daß die Brot fabriken sich dem Reichsernährungsmniisterium gegenüber zu einer Senkung des Brotpreises von 50 auf 46 Pfennige be- reitcrklärt hätten. Die Zusage der Brotfabrikanten gehe lediglich dahin, den Brotpreis von 50 auf 48 Pfennig herabzusetzen, und zwar auf die Dauer von zwei Monaten. Träte innerhalb dieser Zeit die vom Reichsernährungs ministerium in Aussicht gestellte Produktionsverbilligung nicht ein, so behielten die Brotfabrikanten sich vor, ihre Preise entsprechend zu ändern. Dann ist bemerkenswert, daß bei den Verhandlungen beim Reichsernährungsministerium nur vereinbart wurde, daß die Spanne zwischen dem Mehl preis und dem Brotpreis, die in den einzelnen Städten des Reichsgebiets nicht immer die gleiche ist, herabgesetzt werden soll. Man hat die Spanne, die in Berlin 19 Pfennige für das Kilo Brot betrug, angeblich um 4 Pfg. gesenkt. Praktisch ergibt sich daraus, daß der Preis für das 2^-Pfund-Brot von 50 Pfg. auf 46 Pfg. gesenkt werden müßte. Dem wider spricht die obige Bekanntmachung der Berliner Brotfabrikan- ien. Wie sich die Verhandlungen zwischen Länderregicrun- gen und Kommunalverwaltungen außerhalb Berlins in dieser Frage abspielen werden, steht noch dahin. Nur Verbilligung der Fleischkalkulation? Die Preissenkung für Fleisch besteht darin, daß man beabsichtigt, die Spanne für Schweinefleisch um 5 Pfennige je Pfund zu senken. Das bedeutet nicht ohne weiteres eine für den Verbraucher fühlbare Senkung des Schweinefleisch- -- Mctallarbeiterverband und Schiedsspruch Preises. Das offizielle Verbandsorgan der Berliner Ladenfleischer erklärt, der Beschluß be sage nicht, daß von Stunde an der Preis für Schweinefleisch um den genannten Betrag herabgesetzt werde. Man habe sich nur verpflichtet, um 5 Pfennig billiger zu kalkulieren. Dem widerspricht wiederum die amtliche Mitteilung, wonach der Bezirksverein im Deutschen Fleischerverband erklärt habe, daß der Preis für Schweinefleisch sofort um 5 Pfennige pro Pfund herabgesetzt werden soll. Die dementsprechende Preis senkung im Reich ist noch ganz ungewiß. Beim Rind- fleisch hat das Reichsernährungsministerium offiziell zu- gegeben, daß der Preis für Rindfleisch bereits den Viehmarkt preisen regelmäßig gefolgt ist. Bei der M i l ch beschränkt sich ebenfalls die Vereinbarung nur auf Berlin. Die Handels spanne der Milch wird um 1 Pfennig herabgesetzt. Ob der Liter Milch tatsächlich vom Verbraucher um einen Pfennig billiger gekauft werden kann, steht nicht fest. Bei den K ar - toff ein gehen die Preissenkungsverhandlungen noch wei ter. Das Reichsernährungsministerium hat festgestellt, daß hier die Möglichkeit einer Senkung bestehe, da die Groß- und Kleinhandelsspanne bei Kartoffeln außerordentlich überhöht sei- „Preisherabsetzung" bei Markenartikeln. Außerdem sind eine Reihe von Markenartikeln im Preise herabgesetzt worden, wie Kaffeeersatz, Pudding, pulver und ähnliche Dinge. Dom Reichsernährungs minister wird hierzu erklärt, daß durch diese Maßnahmen praktisch natürlich keine wirkliche Senkung der Preise für Lebensmittel erreicht werde. Oeffentliche Bekanntgabe der Handelsverdienste. Das Reichskabinett trat Dienstag nachmittag zu einer Beratung über das Problem der Preisherabsetzung zusam men. Das Reichsernährungsministerium hat die Absicht, die Ziffern des sehr komplizierten Systems der Feststellung der Preisspanne wöchentlich bekanntzugeben in der Meinung, daß diese Ziffern vom Publikum verstanden und begriffen werden würden und daß sich daraus von selbst eine Regulierung der Preise ergeben würde. Preisermäßigungen im Reich. Entsprechend der Aufforderung des Deutschen Fleischer verbandes an seine Verbandsmitglieder hat die Schweine metzger-Vereinigung in Frankfurt a. M. unter Berücksichti gung der wirtschaftlichen Lage die Verkaufspreise für Schweinefleisch gegenüber den Preisen vom 1. August um 10 bis 20 Pfennig und für billige Wurstsorten um 20 bis 40 Pfennig je Pfund gesenkt. — In einer Versammlung der Dresdener Bäckerinnung wurde beschlossen, ab 17. November das Zweikilogrammbrot an Erwerbslose für den verbilligten Preis von 60 Pfennig abzugeben. Senkung der Steuern? Bei der Senkung der Preise, die in engster Verbindung mit der Senkung der Gehälter und der Senkung der Löhne sein muß, muß auch die Senkung der Steuern eine Rolle spielen. Die Evangelische Landeskirche in Bayern hat sich entschlossen, die Sätze für die Kirchen steuern zu ermäßigen. Darauf hat der Bayerische Industrie- und Handelskammertag die bayerische Regierung aufgefor dert, auch den anderen Religionsgesellschaften eine Ermäßi gung der Sätze für die Kirchensteuer nahezulegen. Beschluß des Reichskabinetts zur Preissenkung Berlin, 12. November. Amtlich wird mitgeteilt: DaS Reichskabinelt beschäftigte sich am Dienstagabend unter Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning und unter Beteiligung des Reichsbankpräsidenten Dr. Luther mit Fragen der Preis- und Arbeitspolitik. Die weitere energische Forderung der auf eine umfassende Preissenkung gerichteten Tendenzen wurde einem Kabinettsausschuß anvertraut, der in dauernder engster Zusammenarbeit mit den beteiligten Wirtschaftskreisen stehen wird. Ferner wurden noch Fragen der Arbeitsstreckung, eines weiteren Schuljahres und der Zulassung von auslän dischen Wanderarbeitern erörtert, über die noch Verhand lungen mit den Ländern geführt werden. Das Wichtigste Bei wiederholtem Hagelschlag fand in Warschau aus Anlaß des Waffen» stillstandStageS vor Marschall Pilsudski und dem Staatspräsidenten eine Parade statt, an der etwa 10000 Soldaten teilnahmen. Im Mittelpunkt der offiziellen Feier de« 12. Waffenstillstandes in Paris stand eine Parade vor dem Präsidenten der Republik, dem Kabinett und den Mitgliedern des Diplomatischen Korps. Bei der Parade wirkten starke Tankabteilungen und die modernsten SchnellmunitionS- kraftwagen mit Raupen mit. Der Metallarbeiterstreik in Madrid dehnt sich mehr und mehr aus. Die Zahl der Streikenden betrug am Dienstag 15 000. v. 2000 trat am Dienstag um 6 Uhr 35 den Weiterflug von Lissabon aus an. Nach sechsstündigem Flug bei starkem Sturm, dichtem GebirgSnebel und teilweise vollkommen geschloffener Wolkendecke ge langte das Großflugzeug bis Locua unweit von Viktoria, wo e» glatt landete. Dr. Heuser vom deutschen Generalkonsulat in Neuyork nahm am Diens tag zum ersten Mal an der offiziellen Gedenkfeier auS Anlaß de» Waffenstillstandstages teil. Die Teilnahme eines deutschen Vertre ters an der Feier wird in der amerikanischen Presse stark beachtet. Metallarbeiterverband u. Schiedsspruch Berlin, 12. Nov. Der engere Beirat des Deutschen Metallarbeiterverbandes nahm, wie der „Vorwärts* meldet, am Dienstag zu dem Schiedsspruch für die Berliner Metall industrie und seine Auswirkungen Stellung. Nach dem Be richt des Vorsitzenden des Verbandes, der den letzten Schieds spruch als einen Verstoß gegen Treu und Glauben bezeichnet habe, sei in den Beratungen die Auffassung des Vorstandes unterstrichen worden und die besondere Enttäuschung darüber zum Ausdruck gekommen, daß ein solche: für vollkommen unmöglich gehaltener Schiedsspruch auch noch zustande ge kommen sei mit der Stimme des Professors Sinzheimer, der vom Metallarbeiterverband für dieses Schiedsgericht benannt worden sei. Zu der Tagung des erweiterten Beirates seien die übrigen Vertreter aus dem Lande telegraphisch beordert worden. Verstärkter Terror der polnischen Verbrecherbanden in Sst-Sberfchleften. Brutaler Kampf gegen die deutschen Zeitungen. Die «»gekündigten Maßnahmen der Aufständischen gegen die deutsche Presse, die das einzige Bindeglied der deutschen Minderheit in Ostoberschlesien darstellt, nach dem die Deutschen nicht mehr wagen dürfen, Wahlver sammlungen abzuhalten, werden seit Beginn der Mobili sation des Ausständischcnverbandes in brutaler Weise durchgcführt. In Pschow wurden einem Austräger des „Ober schlesischen Kurier" nicht nur die Zeitungen entrissen und das Fahrrad zertrümmert, sondern er wuroe bis zur Be wußtlosigkeit geschlagen. JnLaurahütte wurde ein Ehe paar, das eine deutsche Zeitung gekauft hatte, jämmer lich verprügelt und selbst das Kind, das mit den Eltern deutsch sprach, mit Fußtritten bearbeitet. In Königs- hütte wurde die große Schaufensterscheibe der Geschäfts stelle des „Oberfchlefischen Wanderer" eingeschlagen. In Lipino wurden erneut deutsche Zeitungsausträger über fallen und verprügelt. Selbst die Polizei beteiligt sich an der Ausrottung der deutschen Presse. Nicht genug, daß täglich die deutschen Zeitungen wegen belangloser Ar tikel der Beschlagnahme verfallen, werden auch die Zei tungsausträger von der Polizei angehalten. Der Streit Thüringens mit dem Reich. In der Streitsache Thüringens gegen das Reich wegen der Sperrung der Polizeizuschüsse erklärt jetzt die Thüringer Regierung, daß nach dem bisherigen Unter- suchungsergevnis des Staatsgerichtshofes die Haltlosig keit der Anklagen des Neichsinnenministers offensichtlich sei. Der.Reichsinnenminister sei einem in der Thüringer Polizei bestehenden Spitzel- und Denunziantentum trüb ster Art zum Opfer gefallen. Zum Beweis für diese Auf fassung veröffentlicht die Thüringer Regierung den In halt eines Briefes des Reichsbannergaugeschäftsführers Dr. Diezel, Weimar. Der als Zuträger verwendete Ober sekretär sei sofort seines Amtes enthoben worden. Weiter hat der mit der Voruntersuchung gegen den Obersekretär beauftragte Richter in den Räumen des Reichsbanners Weimar eine Haussuchung gehalten, über deren Ergebnis noch Stillschweigen bewahrt wird.