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Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, HauSwalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Försters Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 224 Donnerstag, den 25. September 1S3V 82. Jahrgang Amtlicher Teil Die Liste über die Abstimmung wegen Errichtung einer Zwangsinnung für das Tisch lerbandwerd innerbalb des Amtsgerichtsbeztrks Pulsnitz mit Ausnadme der Orte Grokrüdrsdors, Bretnig und Hauswalde ist geschlossen worden und liegt vom 26. September 1830 zwei Wochen zur Einstcht und Erhebung etwaiger Widersprüche der Beteiligten im Gewerbeamt, Zimmer S, des Rathauses wührend der ordentlichen Geschäftszeit (8 bis Uhr vormittags) öffentlich aus. Dies wird mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nach Ablauf der Frist an gebrachte Einsprüche unberücksichtigt bleiben. Pulsnitz, den 24. September 1930. Der AvMMlgat Stadtrat Beyer, stellvertr. Bürgermeister Reue Umgruppierung bei den Mittelparteien Botschafter Sackett zur deutschen Krise — Lord Rothermere für Aendcrung des Versailler Vertrages und Rückgabe von Kolonien — Arbeitslosenversicherung wird auf 6^/, erhöht Demokraten gegen Staatspartei. Die Bewegung in den Parteien der Mitte geht weiter, und zwar jetzt in der Form des Widerstandes maßgebender Mitglieder der alten Demokratischen Partei gegen die Staatspartei. Die gesamte Fraktion der Demokraten des Preußischen Landtages hat sich dagegen aus gesprochen, ohne weiteres zu einer Fraktion der Staats- Partei zu werden, und das, obwohl der von dieser Fraktion der Demokraten gestellte preußische Finanzminister Höpker- Aschoff einer der maßgebendsten Führer der Staatspartei ist. Die demokratische Landtagsfraktion in Preußen verlangt die sofortige Einberufung des Außerordentlichen Parteitages der Demokraten. Unruhe in der Deutschen Volkspartei. Die Fraktion der Deutschen Volkspartei trat am Mittwochnachmittag im Reichstag zu der ersten Beratung nach den Wahlen zusammen. In der Fraktionsberatung wurden die Richtlinien besprochen, mit denen die Deutsche Dolkspartej die kommenden Verhandlungen mit dem Kabinett Brüning und weitere innerpolitische Verhandlungen führen will. Gegen den Parteiführer Or. Scholz soll in der Dolkspartei eine Gegnerschaft entstanden sein. Die Opposition soll ihren Ursprung in dem Scheitern der Verhandlungen haben, die Or. Scholz teils mit der Staatspartei, teils mit allen Parteien und Gruppen der Mitte über ein gemeinsames Vorgehen im Wahlkampf führte. In den verschiedensten Wahlkreisen werden st Ausschüsse gegründet, die meistens nicht aus Ab- geordneten bestehen. Diese Ausschüsse haben die gewählten Abgeordneten zu den Beratungen hinzugezogen, wobei meistens in den Ausschüssen die Forderung aufgestellt wurde, daß Verhandlungen über einen Zusammenschluß der Mitte wieder ausgenommen wer den müßten, aber betont wurde, daß diese Verhandlungen von Or. Scholz nicht mehr geführt werden könnten. Einer dieser Ausschüsse, dem Mitglieder der Deutschen Volkspartei angehören, hat am Dienstagabend in Berlin eine Beratung abgehalten und zu den Verhandlungen eine ganze Reihe von neugewählten Abgeordneten der Deutschen Volkspartei hin- Mgezogen. Es waren weiter Abgeordnete des Preußischen Landtages und auch frühere Reichstagsabgeordnete, die kein Mandat wieder erhalten haben, an den Beratungen beteiligt. Man hat schließlich einen Ausschuß eingesetzt, dem aberkein Abgeordneter an gehört. Dieser Aus schuß soll innerhalb der einzelnen Wahlkreise Vertrauens leute sammeln und von dieser Seite her die Politik der Partei beeinflussen. In einer offiziellen Mitteilung der Deut- sehen Volks Partei wird zu der Tagung des Aktions ausschusses erklärt, daß die Verhandlungen dieses Aktions ausschusses tatsächlich stattgefunden haben. Der Parteiführer Or. Scholz sei aber vorher Uber diese Verhandlungen unterrichtet gewesen. Die Beratungen hätten das Ziel gehabt, Sammlungsbestrebungen der bürgerlichen Mitte zu betreiben. Dr. Scholz wieder volksparteilicher Fraktionö- vorfitzender. Wie die „Nationalliberale Korrespondenz" mitteilt, trat die Reichstagsfraktion der Deutschen Volkspartei am Mitt woch nachmittag zu einer fast vollzählig besuchten Versamm lung im Reichstag zusammen. Abgeordneter Or. Kahl machte !den Vorschlag, den bisherigen Partei- und Fraktionsvor- 'sitzenden, Reichsminister a. D. Or. Scholz wieder zum Vor sitzenden der Fraktion zu wählen. Durch Zuruf wurde dieser Antrag einstimmig angenommen. Abgeordneter Or. Scholz übernahm den Vorsitz und bat die Fraktion um vertrauens volle Unterstützung, ferner um Einigkeit und Geschlossenheit. Die Reichstagsfraktion dürfe keine Gruppen kennen, sondern müsse stets ein einheitliches Ganzes darstellen. Die Fraktion stimmte diesen Ausführungen lebhaft zu. Parteien erklären: Gegenüber Pressemeldungen, daß der Christlich- Soziale Volksdien st geneigt sei, eine Regierung der Großen Koalition zu unterstützen, stellte der Christlich-Soziale Volksdienst fest, daß diese Nachricht schon deshalb nicht zu treffen könnte, weil die Partei nur durch die Reichsleitung oder durch die gewählten Abgeordneten vertreten werden könne. Beide seien aber noch gar nicht zusammengekommen. Bei der Generalversammlung des West fälischen Bauernvereins in Münster führte der Präsident Dieckmann u. a. aus: Werden nicht vom Reichstag die von der Grünen Front geforderten wirtschaftspolitischen Maßnahmen umgehend verwirklicht, dann ist die Wirtschaft- liche Rettung des Bauerntums mehr als fraglich, ja fast nicht mehr möglich. Das, was in dieser Hinsicht von der Re gierung Brüning vorgenommen worden ist, sind einleitende Maßnahmen, die aber im Endeffekt wirkungslos bleiben werden, wenn ihnen nicht die noch erforderlichen folgen. Botschafter Sackett zur deutschen Krise Berlin, 25. September. Der amerikanische Botschafter in Berlin, Sackett, der sich zur Zeit in den Vereinigteu Staaten aufhält, erklärte nach einer Meldung des „Lokal anzeigers" aus Washington in einer Unterredung, Deutsch land blicke auf die Vereinigten Staaten in der Erwartung, daß sie die Welt aus der gegenwärtigen Wirtschaftskrise wieder herausführen. Er sei überzeugt, daß Deutschland imstande sei, seine Wirtschaft durch die stürmischen Wogen der augenblicklichen Krise Hindurchzusteuern. Auf die Frage, ob er glaube, daß Deutschland, die Reparationszahlungen fortsetzen könne, antwortete Botschafter Sackett ausweichend: trotz drückender Steuerlasten werden seiner Ansicht nach die Deutschen ihr Bestes tun. ' Lord Rothermere für Aenderung des Versailler Vertrages und Rückgabe von Kolonien. ' London. Lord Rothermere veröffentlicht in der „Daily Mail" einen Artikel „Deutschland und das Unver meidliche". Er sagt u. a.: Der Wahlerfolg der National sozialisten bedeute die Wiedergeburt Deutschlands und leite eine neue Epoche in den Beziehungen Deutschlands zu den anderen Ländern ein. Deutschlands Zukunft liege bei der heute zweitgrößten Partei. Heute erhebe sich ein neues starkes Deutschland, das in einigen Jahren noch stärker sein werde. Die Engländer müßten ihre Auffassung über Deutsch land ändern. Die älteren Generationen der Deutschen seien Englands Feinde gewesen. Wenn sich England auch dis jüngere Generation zum Feinde mache, werde Europa früher oder später schrecklich erwachen. Der politische Einfluß der Nationalsozialisten in Deutschland habe viele Vorteile für Europa. Er errichte ein neues Bollwerk gegen den Bolsche wismus. Der Grund für die Verstimmung über den Polnischen Korridor könne beseitigt werden, wenn Deutschland Polen seine Ostgrenze gegen das bolschewistische Rußland garantiere, wofür Polen Zugeständnisse machen müsse. Die britischen Staatsmänner müßten eifrig die möglichen Herde eines Brandes studieren, der jetzt unter der friedlichen Oberfläche Europas glimme, statt sich einzubilden, daß die jetzigen internationalen Beziehungen ewig seien. Er sei gegen die Zerreißung, aber für Anpassung der Friedensverträge an die Verhältnisse der kommenden Jahre. Er wiederhole seine vor zwölf Jahren an die britische Regierung gerichtete Mahnung, Deutschland einige afrikanische Kolonien mit Ausnahme von Deutsch-Südwestafrika zu rückzu geben. Dies sei nötig und eine Geste der Freundschaft. Arbeitslosenversicherung wird auf 6/r v. H. erhöht. Derlio, 24. Sept. Das Reichskabinett hat, wie die Telunion erfährt, auf Verlangen des Reichsarbeitsministers beschlossen, die Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 2. v. H. von 4'/z auf 6'/z v. H. heraufzusetzen. Das Kabinett ist hierzu bekanntlich durch die Notverordnung ermächtigt. ÄoH Herabsetzung der SeamtengeMer? Hartnäckige Gerüchte. M Die Beamtenkorrespondenz („Beko"), deren Anga ben über das Bevorstehen einer Herabsetzung der Beamten gehälter vor kurzem von zuständiger Stelle dementiert wurden, weist nunmehr darauf hin, daß die Angaben.« der Korrespondenz von zuständiger amtlicher Stelle als! im großen und ganzen richtig bezeichnet würden. Nicht nur im Reiche bejinde sich ein solches Gesetz, in Vorbereitung, sondern auch in den meisten Ländern. Die Anregung hierzu solle aus den mehr achen Minister- desprechungen der Finanzminister der einzelnen Länder gegeben worden sein. Die Korrespondenz behauptet dann, positiv zu wissen, daß sowohl im preußischen Finanz ministerium wie auch in Sachsen, Thüringen, Bayern, Baden uno Württemberg an derartigen Entwürfen ge arbeitet würde, die zum Teil schon vor ihrer Vollen dung stünoen. Beweis hierfür wäre, daß der Reichskanzler den preußischen Finanzminister Höpker-Aschosf zu einer Un terredung über die finanzielle Lage gebeten habe. Die Korrespondenz habe bekanntlich vor kurzem gemeldet, daß' die Höhe der Besoldungssätze aus den ungefähren Stand von 1926 zurückgedrückt werden solle. Herabsetzung der Beamtengehälter? Berti«, 25. Sept. Wie die D. A. Z. zu der Nach richt der Beamten - Korrespondenz (Beko), daß sich nicht nur im Reich, sondern auch in den meisten Ländern ein Gesetz zur Herabsetzung der Beamtengehälter in Vorbereitung befinde, erfährt, hofft man zur Zeit, die Sanierung ohne eine folche Maßregel durchführen zu können. Amtliche Erklärung: Erst Transser- aufschub, dann Zahlungsaufschub. Die Forderung des Reichslandbundes nach sofortiger Beantragung des Zahlungsaufschubes hat zu einer scharfen Gegenerklärung aus amtlichen Kreisen Anlaß gegeben. Es wird dort betont, daß nach dem Young-Plan Deutschland zunächst nur einen Transferaufschub forder« könne, der keinen Aufschub der Zahlunge« bedeute, und daß erst nach Ablauf des Transferaufschubes für 56 Prozent der dann nicht überwiesenen Summen ein Zahlungsaufschub verlangt werden könne. An dieses System des Young-Planes müffe man sich halten. Die Forderung des Reichslandbnndes sek deshalb nicht durchführbar. Fortsetzung der Kabineitsberatungen. Das Reichskabinett wird bis etwa zum Sonnabend dieser Woche Verhandlungen über das neue Regierungs programm führen, das dem Reichstag bei seinem Zusammen tritt vorgelegt werden soll. Die erste Besprechung, die das Kabinett am Dienstagnachmittag abhielt, führte zu einer Einigung auf der Basis, daß das Kabinett zunächst für die notwendigen finanziellen und wirtschaftlichen Maßnahmen Gesetzentwürfe ausarbeiten will und daß die Verhandlungen mit den Parteiführern bis znr Fertig stellung dieser Gesetzentwürfe verschoben werden sollen. Offenbar steht das Kabinett unter dem Ein druck der Aussprache, die am Montag zwischen dem Reichs präsidenten und dem Reichskanzler stattfand, und in der der Reichskanzler die ausdrückliche Zustimmung des Reichs präsidenten dafür erreichte, daß das Kabinett zunächst sein sogenanntes „Sanierungsvroaramm" weiterführt.