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hatte Gödöllö die Aufgabe, die erforderlichen Blumen zwiebeln zu liefern, was nebenbei gesagt den Beweis erbrachte, daß man sich von Holland emanzipieren kann. Innsbruck lieferte ganz bedeutende Mengen von Maiblumenkeimen, Miramar Dekorationspflanzen, frühe Rosen und sonstige Blüten, der Augarten Treib flieder und Treibgehölze; Laxenburg deckte den großen Bedarf an Baumschulsachen. Der organisatorischen Veranlagung meines Vorgängers Umlauft gelang es, ohne Aufwendung bedeutender Mittel die rühmlich be kannten Pflanzenausschmückungen des österreichi schen Hofes in der Burg, Schönbrunn, Budapest, Ischl etc. zu bewerkstelligen. Schönbrunn und Augarten be herbergten herrliche Sammlungen von schönen Pflan zen, die größtenteils dem Sammeleifer des Kaisers Franz zu danken waren, sodaß Schönbrunn mit Recht als einer der bedeutendsten botanischen Gärten Mittel- Europas bekannt war. Die öffentlichen Gärten waren gut erhalten und zählten zu den schönsten Gärten Wiens. Schönbrunn war eine Schule junger Gärtner aus allen Ländern; Schweden, Belgier, Franzosen, Deutsche bereicherten hier ihr Wissen und blieben spä ter treue Freunde des Gartens. Mit Wehmut denke ich an diese für jeden Fachmann schöne Zeit zurück. — Der Krieg brachte eine Zeit der Einschränkung mit sich. Den Gärten ging es nicht viel besser wie den Menschen. Kaiser Franz Josef selbst hielt auf äußerste Sparsamkeit. Die besten Kräfte waren im Felde, die Pflanzen-Kulturen und der äußere Dienst mußten Er satzkräften und Kriegsuntauglichen überlassen werden. In den Parks wurde auf die Erhaltung der Baum- und Heckenspaliere das Hauptgewicht gelegt; ihr Auswach sen würde das Ende des Stilcharakters der Anlagen be deutet haben. Der Gemüsezucht mußte ein breiter Raum eingeräumt werden, auf den Parterre-Anlagen Schönbrunns gediehen Kürbisse, im Augarten Kraut, die Prater-Baumschule wurde ein Riesen-Gemüsefeld. Die Not lehrte manche Arbeitsvereinfachung, der Pflug mußte den Spaten ersetzen. Die Hofgärten haben red lich mitgeholfen durchzuhalten. Trotz alldem hat das Obersthofmeisteramt des Kaisers stets die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung ge stellt, sodaß die Umsturzzeit immerhin gut gehaltene Gärten und Pflanzenbestände vorfand und ein Aufbau auf die alte Friedenshöhe in ein paar Jahren möglich gewesen wäre. Aber der famose Friedensvertrag von St. Germain hat aus Oesterreich ein Staatsgebilde ge macht, das nicht leben und nicht sterben konnte. Auch die Gärten konnten nicht unberührt bleiben. Die Hof gärten in Ungarn und Böhmen gingen verloren, Mira mar fiel an Italien, Laxenburg wurde dem Kriegsbe- schädigten-Fonds abgetreten. Alte bewährte Beamte wurden abgebaut, mein Vorgänger Regierungsrat Um lauft trat in Ruhestand und starb bald an gebroche nem Herzen. Ich wurde über Verlangen des Gärtner- Personals zur Leitung berufen, und meine Aufgabe war zu retten, was zu retten möglich war. Bis zur endgil- tigen Regelung wurde eine Verwaltung der hofärari- schen Güter ins Leben gerufen und dem Finanzmini sterium unterstellt. Den beschränkten Verhältnissen entsprechend, kam es darauf an, alles Entbehrliche abzuschaffen, aber die großen Werte zu erhalten und Einnahmen zu schaffen. Immer und immer waren die Gärten gefährdet. Das Palmenhaus sollte ein Theater, Schönbrunn ein Sanatorium für Lungenleidende wer den, und so jagte ein Projekt das andere, alles angetan, die Gärten zu ruinieren, dem treu ausharrenden Perso nal die Existenz zu rauben. Aber schließlich ist es ge lungen, das Schlimmste zu verhüten. Nach Uebergang der Gärten an das Bundesministerium für Handel und Verkehr, dessen Referenten ihnen Interesse ent gegenbringen, kann die Leitung der Bundesgärten sich wieder ruhiger ihren Aufgaben widmen. Ihr unter stehen: Der Augarten mit 52 225 ha, eine unter Kaiser Josef II. aus bestandenen Auen von einem unbekannten Garten gestalter unter Anlehnung an den französischen Gar tengeschmack geschaffene Gartenanlage mit Reserve gärten, Glashäusern u. dergl. Die ausgedehnten Spa liere umfassen 50 800 Quadratmeter. Der Reservegar ten mit seinen -32 größeren und kleineren Glashäusern enthält eine Fülle von Kulturpflanzen, welche handels gärtnermäßig ausgewertet werden. Der Belvederegarten, ein Meisterstück italienischer Garten-Architektur mit französischem Einschlag, nach den Plänen Hildebrandts von dem französischen Gar tenarchitekten Girard geschaffen, mit reichlicher Ver wendung von Steinbildern, Wasseranlagen, Kaskaden Bassins u. dgl., hat ein Flächenausmaß von 279 700 m 2 , einschließlich der Reservegärten und des botani schen Gartens mit Alpenpflanzenanlage (Flora austri aca). Die Erhaltung der ausgedehnten Spalierwände (rd. 45 000 Quadratmeter) und Wege erfordern bedeu tende Arbeitskräfte. In das Ressort des Burggartens fallen, außer den rei zenden Anlagen des Burggartens mit großem Palmen haus, der Volksgarten, die Museen-Anlagen und ver schiedene kleinere Gärten (insgesamt 181 000 m 2 Fläche und rd. 3000 Quadratmeter Heckenwände). Während der Burggarten zu seinem größten Teile eine Schöpfung des Kaisers Franz unter Mithilfe des Gartendirektors Antoine ist, wurde der Volksgarten nach Auflassung der Glacis und die Museen-Anlagen vom Garten-Inspek tor Vetter unter Kaiser Franz Josef geschaffen. Der kleine Schloßgarten in Hetzendorf ist eine Anlage in englischem Stil in der Größe von 14,75 ha. Der hauptsächlich als Klein-Baumschule dienende Reserve garten soll zu einem Obstgarten umgeändert werden. Die Gärten in Innsbruck und Ambras unterstehen gleichfalls der Leitung der Direktion. Innsbruck, noch immer traditionell Hofgarten genannt, ist eine nette englische Anlage, etwa 1012 ha groß, während Ambras ein Waldgarten mit herrlichem Wasserfall ist und im Ausmaße von 18 ha eine Berglehne deckt. Die Schöp fer dieser Anlagen sind in Vergessenheit geraten. Der 546 ha große Wildpark Prater wird fachmännisch von der Direktion geleitet, doch beschränkt sich die Tätigkeit auf die Erhaltung der Baumbestände und Wege. Die Wiesen betrachtet der Wiener als seine Do mäne. Die 18 500 m 2 große Baumschule muß den gro ßen Bedarf an Pflanzmaterial in den Bundesgärten decken. Außer den vorgenannten stehen noch verschiedene grö ßere und kleinere Bundesgärten in Wien, Graz, Wr.-