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Die Sehnsucht nach Gartenfreude und Gartengenuß ist heute aber riesengroß; sie kann sich aber nicht aus wirken in einem Gartenbau, wo einzig und allein Höchstleistung des Ertrags im Vordergrund steht und alle chemischen und mechanischen Mittel restlos zur Erreichung dieses Zieles eingesetzt werden müssen. Ein Weiterarbeiten in dieser Richtung macht aus dem Gar ten alles andere als eine Stätte der Erholung und Ent spannung. Die künftige Gestaltung soll den Garten aber zu einem Kulturfaktor machen und der Kleingar tenbewegung z. B. die Unterlage schaffen zu einer ge sunden, in das Ethische gesteigerte Gartenbewirtschaf tung. In die Gärten darf nichts hineindringen von dem We sen unseres Zeitgeschehens; sie müssen Stätten der Er holung gegenüber unserer nüchternen, abstumpfenden Arbeitsweise in den Kontoren und Fabriksälen bleiben. Es muß aus den Gärten eine Lebendigkeit strömen, die den Ausgleich zum Alltäglichen hin bewirkt. Da be ginnt die segensreiche Arbeit des Gartengestalters, der sich in das Denken seines Auftraggebers einfühlen, aus dessen Wesen, Gepflogenheiten und Wünschen den Ausdruck suchen muß für die Gestalt und den Inhalt des Gartens. Wie wenig Gärten gibt es erst, die mit dem Wesen des Auftraggebers harmonieren! Es wird mei stens nicht so sehr darauf ankommen, aus dem Garten einen Raum zu schaffen, der eine mehrfache Gliede rung erfährt, übernommen aus dem Hausgrundriß, als vielmehr eine Stätte zu schaffen, die losgelöst ist von dem Erleben, wie es uns ein Raum schenkt. Das Gar tenerleben muß gegensätzlich zum sonstigen Erleben stehen und somit die Quelle für eine Fülle fruchtbarer Anregungen werden. Ein vertieftes Eindringen in das Wesenhafte der Pflanzen läßt uns von selbst die Form der Anordnung finden, die der Fantasie nicht zu enge Grenzen setzen wird. Die Pflanzen sind nicht mehr die gequälten Bausteine zu einem Gartenraum, sondern sie verweisen aus sich heraus auf eine andere Verwendung. Die sich daraus ergebenden Formwirkungen werden lebendig-plastischer und farbiger Art sein und die ein zelnen Pflanzen zur vollen Geltung kommen lassen und damit dem Garten den Ausdruck eines bewegten orga nischen Ganzen verleihen. Alles Lebendige findet seinen physischen Aufbau durch die Zelle; diese wird auch für unseren Garten das Ge rüst zur Formentwickelung abgeben. Als das Köst lichste wird inmitten des Gartens ein blumiger Kern liegen, Stauden-, Strauch- und Rosengärtlein, das be sonders auch die Vertreter aus den alten Bauerngärten birgt. Um ihn schmiegen sich rythmisch gegliedert Quartiere mit Obst und Gemüse an als das Produktive, durchzogen von blumigen und duftigen Bändern. Die Quartiere können schließlich von einem abgrenzenden Gürtel umrahmt sein, je nach der Größe der Gärten, in auenmäßiger Wildvegetation. Hier sollen entsprechend dem Charakter der Landschaft, in der der Garten liegt, heimische Bäume, Sträucher, Wald- und Wiesenblu- men u. a. freudig wachsen. So entsteht ein lockeres Ge rüst, in das die Fantasie, die Wünsche und Wesensart des Auftraggebers erst Charakter hereintragen und un gehemmt Gestaltungsfreude auswirken lassen können. Es entstehen Charaktergärten voller Eigenart, Gärten, die mit ihrem Besitzer verwachsen erscheinen und die Resonanz bilden zu dessen seelischem Empfinden. Der Garten wird aus der Wildvegetation herausgehoben und findet über Gemüse- und Obstquartiere hinweg seine Steigerung in dem blumigen Kern, der stets eine Fülle von Ueberraschungen offenbaren wird. In solche Gärten kann das Haus leicht eingegliedert werden. Wo man es auch hinsetzen mag, in Verbindung mit dem Blumenkern, angelehnt an eines der Obstquartiere, oder mitten hinein in die Aue, die den Garten wallartig umgibt, immer wird es in innigen Beziehungen zum Garten stehen, wenn sie auch nicht ausschließlich durch Linien und architektonische Raumfortsetzungen ver mittelt werden. Max K. Schwarz. Gartenbauausstellungen in Ludwigshafen und Darmstadt I. Ludwigshafen. Bereits im Juliheft des laufenden Jahrgangs der „G.-K.“ ist eini gen Bemerkungen über die Ludwigshafener Ausstellung Raum ge geben und die Unfertigkeit gerügt, in der sich die Ausstellung noch geraume Zeit nach dem Eröffnungstage befand. Manches war in der Zwischenzeit besser geworden, als Mitglieder der Gruppen HN. und SW. der D.G.f.G. am 9. August die Ausstellung besichtigten. Indessen ließ sich auch bei dieser Gelegenheit noch kein geschlossenes und in allen Teilen, wenigstens vom rein gärt nerischen Standpunkt betrachtet, restlos befriedigendes Gesamt bild feststellen. Es mag das daher kommen, daß die Ausstellung zu Anfang mit einer kurzfristigen, viel Raum beanspruchenden landwirtschaftlichen Ausstellung verquickt war. Nach vierzehn tägiger Dauer ging diese zu Ende und wurde abgeräumt. Es ging offensichtlich über die Leistungsfähigkeit der beteiligten gärtne rischen Kräfte, die hinterbliebenen Lücken im ausgedehnten Ge lände ausreichend zu füllen. Es ist also in der Hauptsache ein Regiefehler Schuld daran, daß sich diese mit großen Erwartungen in Angriff genommene Ausstellung zu keinem befriedigenden Ge samtbild auswirken kann. Man nimmt es als selbstverständlich hin, wenn bei solchen Dauerveranstaltungen die kurzfristigen Vor führungen dienenden Ausstellungshallen zeitweise halb oder ganz leer stehen. Umsomehr muß aber bei den Freiflächen erwartet werden, daß sie den Besuchern ein eindrucksvolles Bild gärtne rischen Schaffens und gartenkünstlerischer Gestaltung in lücken loser Folge bieten. Wenn man schon die Kosten und Umständlichkeiten eines Wett bewerbs für die Gewinnung eines guten Gesamtentwurfes aufwen det und hervorragende Fachleute zur Beteiligung daran veran laßt, dann muß man sich von vornherein darüber klar sein, ob das Unternehmen auch restlos und in angemessener Form durch geführt werden kann; denn letzten Endes sind es diese Fach leute, die andernfalls Gefahr laufen, ihr berufliches Ansehen zu verlieren, wenn die Erwartungen nur halb erfüllt werden, die die Oeffentlichkeit in eine solche durch eine rührige Werbetätigkeit angekündigte Veranstaltung setzt. Wenn also, wie im vor liegenden Falle der Eindruck, den das Gesamtbild der Ausstel lung bietet, nicht restlos befriedigt, ist das nicht Schuld jener Fachleute, sondern einzig und allein der Regie. Das Publikum, das nicht hinter die Coulissen blicken kann, hält sich freilich an die, deren Namen unter den Entwürfen stehen.