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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Harrst« rmd Tageszeitung für die Stadt mrd den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeiuderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Nr. 275 Mittwoch, den 25. November 1936 88. Jahrgang Diese Haltung «scheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Gaum» »tz Feiertage Der Bezugbprri« beträgt bei Abholung wbchentltch 42 Ans., bet 6ieser«m Kei Lantz R*f., Postbezug monatlich LSO RM. Im Falle höherer Gemalt Äer sonstigem Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Nichtzahlung de« Bezugspreise«. — Preise und Nachlaßsätz« bet Wiederholungen nach Preisliste Nr. S — Für da» Erscheinen von Anzeigen tu bestimmten Nommer» und au destimMteu Plätzen keine Gewähr. Anzeigen stad au den SrscheinungStagen bi» norm. 1t) Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr 8- Hoffmann. Druck: Karl Hoffman» u. SebrlUE Mohr. Hauptschristleiter: Walter Mohr, PulSnitz; Stellv^ Walter Hoffmam^ PsiSnt^ Berannuorrüch tür den Hetmatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, PulSnitz; für Politik, Btlüerdieast und den übrigen Teil Walter Mohr, PulSnitz. D. A. Lr Wilk Geschäftsstellen. Albertstraße 2 und Adolf-Httler-Straße 4. Fernruf 218 und ältst Schutz jedem deutschen Volksgenossen! Auch dem von den Sowjets zum Tode verurteilten ehemaligen Marxisten Stichling Wie sich nach einer Bochumer Mitteilung herausstellt, stammt der zum Tode verurteilte deutsche Bergingenieur Emil Stickling aus Wanne-Eickel bei Bochum. Stickling ist der Sohn eines Schachtmeisters und begann seine Lauf bahn als Grubenarbeiter; er nahm am Weltkrieg teil und galt in der gesamten Nachkriegszeit als Marxist. Im Jahr 1929 wurde er von einer deutschen Firma für einen großen Auftrag in Sowjetrußland angeworben. Er ging als marxistischer Arbeiter nach Sowjetrutzland, um die Lei stungen des Bolschewismus kennenzulernen. Als der Auf trag seiner Firma beendet war, trat er, wie Verwandte Sticklings mitteilen, notgedrungen in die Dienste einer sow jetrussischen Firma, da er sich inzwischen in Sowjetrußland erneut verheiratet hatte, seiner Frau aber, die nach sowjet russischem Gesetz Sowjetbürgerin bleibt, die Ausreise aus Sowjetrußland nicht möglich war. Stickling ist, wie so viele deutsche Arbeiter, die mit großen Hoffnungen nach Sowjetrußland gingen und dort vielleicht ihrer grenzenlosen Enttäuschung Ausdruck gaben, ein Opfer der 'sowjetrussischen Rassenjustiz geworden. Er wurde in unmenschlichster Weise gequält und gefoltert, und es wurde von ihm schließlich ein sogenanntes Geständnis erpreßt, wie man es bei allen bisherigen sowjetrussischen Schauprozessen nachgerade gewohnt ist. Es kann festgestellt werden, daß über Stickling seit seiner Auswanderung nach Sowjetrußland bei deutschen Stellen nicht das Geringste bekannt geworden ist. Der Fall Stickling ist ein erneuter Beweis dafür, daß auch deutsche Marxisten vor dem Hatz der Sowjetmachthaber nicht sicher sind, und ihnen im Land der Bolschewisten das gleiche Schicksal blüht wie allen Deutschen. Obwohl Stickling Marxist war, hat sich die Reichsre gierung trotzdem mit aller Kraft seines Schicksals angenom men, denn es spielt für das nationalsozialistische Deutschland keine Rolle, welche Weltanschauung der deutsche Volksge nosse im Ausland früher vertreten hat. Die deutsche Volks gemeinschaft als Schicksalsgemeinschafl nimmt sich selbstver ständlich jedes deutschen Volksgenossen und Reichsangehöri gen an, dem im Ausland Unrecht widerfährt. Jeder deutsche Reichsangehörige ist auch im Ausland des Schuhes der deüt- schen Volksgemeinschaft sicher. Es ist eine Frage der Ehre der deutschen Ration, keinen Angehörigen dieses Volkes jemals preiszugeben. Die bolschewistischen Ziele, die von den Machthabern Im Kreml mit dem Prozeß gegen den Ingenieur Stickling verfolgt werden, sind jedem Denkenden klar. Daher wendel sich die deutsche Reichsregierung mit Rachdruck gegen ein offensichtliches Thealerverfahren, das, durchsichtig in seiner Absicht, nicht den Ingenieur Stickling sondern den Deutschen in ihm treffen soll. War wird aus SMmg? Scharfe Auseinandersetzung im Kreml Der Londoner „Daily Expreß" veröffentlicht in großer Ausmachung unter der Ueberschrift „Spaltung der Chefs Stalins über das Schicksal der Deutschen. — Sturm im Kreml" eine Meldung seines Berichterstatters in Warschau. Darin heißt es: „Diktator Stalin berief Montag nachmittag eine Sondersitzung der Sowjetregierung in den Kreml, um die durch die Verkündung des Todesurteils gegen den deutschen Ingenieur Stickling geschaffenen Lage SU besprechen. Die Sowsetführer spalteten sich in zwei Grup pen, eine zugunsten einer Begnadigung, die andere zugun sten der Hinrichtung. Die Vegnadigungsgruppe bestand aus Beamten des Außenkommissariates und Ge mäßigten, die durch Berlins heftige Ausbrüche beunruhigt sind. Die Befürworter der Hinrichtung, bestehend aus radi kalen Kommunisten, forderen, daß das Urteil vollstreckt werde; sie behaupteten, daß es der Wille des Sowjetvolkes sei, daß der „faschistische Hund" Stickling sterben soll, und verwiesen auf Hunderte von Telegrammen örtlicher kommu nistischer Parteigruppen aus der Sowjetunion, die den Tod verlangten. Sie setzten sich mit Verblendung über die Be fürchtungen der außenpolitischen Sachverständigen hinweg, daß Deutschlan deine kraftvolle Aktion unter nehmen könne, und drängten Stalin, ein Beispiel zu sta tuieren, um den Terrorismus 'n der Sowjetunion auszu rotten. Eine Stunde vor der stürmischen Sitzung sprach der deutsche Botschafter Graf von der Schulenburg in Moskau noch einmal im Außenamt vor, und verlangte dringend, daß eine günstige Antwort auf seinen Schritt zur Begna digung sobald wie möglich gegeben werde. Der stellvertre tende Außenkommissar Krestinski sagte dem Botschafter, daß bis nach Stalins Ratssitzung keine Antwort gegeben wer den könne. Zu später Nachtstunde wartete Botschafter Gras Schulenburg noch immer." „Rache für diplomatische Mißerfolge" Brandmarkung des Bluturteils von Nowosibirsk. Das Bluturteil von Nowosibirsk wird auch weiterhin von der Presse zahlreicher europäischer Länder gebrand- markt. So gibt die amtliche „Wiener Zeitung" der Ansicht Ausdruck, daß sich die Sowjetdiplomaten für ihre Miß erfolge der letzten Zeit an Deutschland rächen wollten, und schreibt: „Wenn sich der Stalin-Staat irgendwie in der Klemme befindet, dann veranstaltet er nach Massenverhaf tungen verwegene Schauprozefse, deren letzte Beweg gründe gewöhnlich nur den ganz wenigen Drahtziehern des Kremls bekannt sind. Es sind dies sozusagen plötz liche Stichproben für die Haltbarkeit des Systems, Ver suche Wohl auch, die Aufmerksamkeit der Welt durch Her ausforderungen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Wie im Jahre 1928 sind jetzt wieder deutsche Ingenieur« und sonstige reichsdentsche Staatsbürger das Opfer einet sichtlich politischen Inquisition. Ein reichs deutscher Ingenieur wurde zum Tode verurteilt. Begreiflich, daß eine Woge der Entrüstung durch das Reich stürmt. Offensichtlich will der Bolschewismus ein sehr gefährliches Spiel wagen, um sich für die Mißerfolge der Diplomatie zu rächen und um den eigenen Anhängern durch gewaltiges Austrumpfen zu imponieren. Ein ehr liches Wirken für den Frieden müßte allerdings ganz an dere Vorzeichen haben." Die englischen Blätter wollen wissen, daß Graf von der Schulenburg abermals dem Außenkommissariat einen Besuch abgestattet und, wie „Daily Telegraph" meint, in noch sehr viel ernsterer Form als bisher vor der Voll streckung des Todesurteils gewarnt habe. Das Blatt fügt hinzu, der Fall Stickling müsse zu ernsten Besorgnissen auch für die übrigen Mächte Anlaß geben. Im übrigen vergleich: das Blatt den Prozeß von Nowosibirsk mit der seinerzeitigen Verhandlung gegen die Metro-Vickers- Ingenicure, bei der im wesentlichen die gleichen Beschul digungen erhoben worden waren. Stickling sei „mit russischen Methoden" zu seinem Geständnis ge bracht worden. Oie Sowjets wüten weiter Schon wieder Verhaftungen von Reichsangehörigen. Nach einer Mitteilung der Agentur des Außen kommissariats in Charkow sind am 21. d. M. drei weitere Neichsangehörigc verhaftet worden, nämlich Monteur Friedrich Bvsherz der Zschorta-Werte, Kaiserslautern, Reinhold Schindler aus Jena, beide in Mariupol, und Hermann Stammer, Elektromonteur, gebürtig und wohnhaft in Charkow. Der ehemalige Kriegsgefangene, Betriebsleiter Hein rich Schäfer aus Tschumysch (Kasakstan) wurde am 21. Oktober auf seiner Arbeitsstelle bei Frunse ohne An gabe eines Grundes verhaftet. Er befindet sich in Semi- palatinsk und war am 11. November noch nicht verhört. Wie verlautet, wird er der „Konterrevolution zugunsten Deutschlands" beschuldigt. Die deutsche Botschaft in Moskau ist bemüht, die Fälle aufzuklären. Auch ein General und 64 Offiziere im Gefängnis Nach Berichten von Ausgewiesenen aus Sowjetruß land dauern die Verhaftungen der GPU. unter der sogenannten Opposition an. Allein in das Moskauer Butyrki-Gefängnis werden seit einiger Zeit täglich einige Dutzend „Trotzkisten" eingeliefert. Nach kurzem Aufenthalt werden die Gefangenen in der Regel für fünf Jahre in die Zwangsarbeitslager verschickt. Die Zahl der politischen Gefangenen, die in diesem Jahr allein durch dieses Mos kauer Gefängnis gegangen sind, beläuft sich, wie sich au? Grund der Nummern der letzten Gefangenen leicht fest stellen läßt, auf etwa 80 000. Unter den in letzter Zeit in das Butyrki-Gefängnis eingelieferten „Trotzkisten" befindet sich auch einer der höchsten Armeeführer, Marschall Gamernik, der unlängst mit 64 Generalftabsoffizieren verhaftet wurde. Die meisten politischen Gefangenen kommen in das sogenannte „Bam-Lager" an der „Baikal-Amursk-Magi- strale" in Ostsibirien, in dem sich mindestens 800 000 bis 900 000 politische Gefangene und Verbrecher befinden. Ein zweites Zwangsarbeitslager befindet sich in der westlich des nördlichen Ural gelegenen Tajga mit der Zentrale Tschibzu an der Pjetschura. In diesem Lager, in dem im vorigen Winter bis 54 Grad Kälte gemessen wurden, be finden sich etwa 50 000 Gefangene. Aus allen Berichten geht hervor, daß man sich in den europäischen Ländern völlig unzureichende Vorstellungen über den Terror und das Ausmaß der täglichen Verhaf tungen in der Sowjetunion macht. Unverschämte Beleidigung Deutschlands Friedens-Nobelpreis an einen Landesverräter verliehen Das Robel-Preiskomitee des Norwegischen Storthing hat den Friedensnobelpreis für 1SZ5 Karl von Ossietzky zugeteilt. Den Friedens-Robelpreis für 1936 erhielt der argentinische Außenminister Larlos Saavedra Lamas. Mit Karl von Ossietzky ist der Friedensnobelpreis zum erstenmal an einen von dem höchsten Gericht seiner Heimat verurteilten Landesverräter gefallen. Karl von Ossietzky wurde am 23. Rovember 1931. also in der Zeit der Rovem- ber-Republik, vom 4. Strafsenat des Reichsgerichts wegen Landesverrates zu einer Strafe von ein- einhalbJahrenGefängnisverurteiIl;er trat dieje Strafe im Mai. 1932 an. Lin Gnadengesuch an den «elchsprastdenten, Generalfeldmarschall von Hindenburg, wurde von diesem abgelehnt. Ossietzky ist Weihnachten 1932 auf Grund einer allgemeinden Amnestie in Freiheit gesetzt worden. Im Gegensatz zum Sowjetstaat, der jeden politi schen Gegner an die Wand stellen läßt, hat sich das national- sozialistische Deutschland daraus beschränkt. Ossietzky am 28. Februar 1933 in Sicherheitsverwahrung nehmen zu lassen. Ossietzky ist vor längerer Zeit aus dieser Hast ent lassen worden und befindet sich in Freiheit. Die Verleihung des Robelpreises an einen notorlschxn Landesverräter ist eine derart unverschämte Herausforde rung und Beleidigung des neuen Deutschland, daß daraus eine entsprechend deutliche Antwort erfolgen wird.