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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Dielt- Leitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 45 Rps-, bei Lieferung frei Haus '>« Rps. Postbezug monatlich, 2.30 RM. Im Falle höherer Gewalt oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Leitung oder llückrahlung des Bezugspreises. — Preise und Nachlatzsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 3 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis oorm. 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleitcr: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich für den Heimattcil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; für Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. X.: 2250. Geschäftsstellen: AlbertsNaße 2 und Adolf-Hitler-Straße 4. Fernruf 518 und 550 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz 88. Jahrgang ß Mittwoch, den 4. November 1936 Nr. 258 Das Verhältnis Wien Berlin Staatssekretär Dr. Schmidt über de» Sinn der iener Dreierkonferenz Der österreichische Staatssekretär des Auswärtigen, Dr. Guido Schmidt, sprach über das deutsch-öster reichische Verhältnis seit dem 11. Juli sowie über die Grundzüge der österreichischen Haltung hinsichtlich der bevorstehenden Dreierbesprechungen in Wien. Gleichzeitig teilte er mit, daß er auf Anregung des deutschen Außen ministers Freiherr von Neurath durch Botschafter von Papen in der zweiten Novemberhälste nach Berlin reisen werde. Grundsätzlich, so erklärte Dr. Schmidt, sei festzustellen, daß die in die neuen Vereinbarungen vom 11. Juli ge setzte» Hoffnungen sich erfüllt hätten. Eine allgemeine Ent- spanüung sei sichtlich festzustellen. Somit sei das Hauptziel des Abkommens, die Zeit einer getrübten dreijährigen Vergangenheit zu beenden, im allgemeinen erreicht. Durch eine befriedigende Regelung der Frage der Führung der Hoheitszeichen, die besonders im Reisever kehr eine einschneidende Rolle gespielt habe, sei es auch gelungen, diesen Verlehr von Land zu Land günstig zu beeinflussen, der leider noch durch die valutarischen Schwie rigkeiten gehemmt werde. Dann ging Dr. Schmidt auf die Mailänder Rede Mussolinis ein, die Oesterreichs Un abhängigkeit dogmatisch unterstrichen habe. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen ging der Vortragende zunächst auf die allgemeine politische Lage in Europa ein. Oesterreich bekenne sich, wie er bei der letzten Völkerbundstagung ausgeführt habe, nach wie vor zum Gedanken des Völkerbundes, allerdings unter der Vor aussetzung einer grundlegenden Reform. Dabei halte Oesterreich an der Forderung der Loslösung deS Friedensvertrages von der Genfer Institution grundsätzlich sest. Außerdem vertrete die österreichische Regierung die Ansicht, daß der Völkerbund sich nicht mit Fragen beschäftigen sollte, die leichter in unmittelbarem Gedankenaustausch bereinigt werden könnten. Die Reise des italienischen Außenministers Ciano nach Deutsch land könne in diesem Zusammenhang als bedeutsamer Fortschritt bezeichnet werden. Oie kommenden Besprechungen Was die kommenden Besprechungen der Staaten der römischen Protokolle betreffe, so hätten diese in erster Linie den Sinn, die Ucbereinstimmung in grund sätzlichen Fragen sinnfällig der Welt vor Augen zu führen. Außerdem werde die erneute Aussprache Gelegenheit bieten, die verschiedensten wirtschaftlichen und politischen Fragen einer gründlichen Klärung zu unterziehen. Auf eine Zwischensrage, ob Oesterreich beabsichtige, sich zum Mittler der ungarischen Revisions- Wünsch e zu machen, erklärte Staatssekretär Schmidt, daß letzten Endes diese Frage Budapp allein angehe, daß aber begreiflicherweise in Oesterreich größte Sympathie für solche Wünsche des befreundeten Nachbarvolkes, mit dem man Jahrzehnte lang unter einem Dach gewohnt habe, beständen. Neue MiMer in Wien Die vor einigen Tagen angedeuleke Möglichkeit einer Umbildung der österreichischen Regierung noch vor den außenpolitischen Verhandlungen ist im Laufe des Dienstag abend in einen entscheidenden Abschnitt getreten. Rach den letzten Informationen steht nunmehr fest, daß vier Minister aus der Regierung ausscheiden, vnd zwar der Vizekanzler Vaar-Vahrensels, der Ainanzminister Dreßler, der Handels minister Stockinger und der Justizminister Hammerstein- Equord. Dafür treten in das Kabinett ein: Als Vizekanzler Feldmarschalleutnanl hülgerth, der vor kurzem zum Führer der Arontmiliz ernannt wurde; Hülgerth war bis her Landeshauptmann von Kärnten; als Innenminister Dlaisie-horstenau, der bisher Minister ohne Geschäfts bereich war; als Sicherheiksmiaister Reustädter-Slür- mer, dieser war seinerzeit Sozialminister und später Ge sandter in Budapest; als Handelsminister der Grazer Uni versitätsprofessor Taucher; als Ainanzminister der bis herige Finanzreferenk der Gemeinde Men, Reumayer. Als Justizminister wird wahrscheinlich der Rat des Ober sten Gerichtshofes, Pilz, ernannt werden, doch steht diese Ernennung noch nicht fest. Ferner ist dem Sozialmi nister ein Staatssekretär für Arbeitswesen in der Person des Leiters der Postgewerkschaft, Hans Rott, beigegeben worden. Parlamentseröffnung in London Die Thronrede des englischen Königs König Eduard VIII. von England hat am Dienstag die erste Parlamentserössnung seiner Rcgierungszeit vor- gcnommen. Wegen des strömenden Regens fuhr der König ohne das seit zwei Generationen geübte Zeremoniell im Auto zum Oberhaus, wo er zunächst den traditionellen Eid aus das protestantische Glaubensbekenntnis leistete. Dann verlas Eduard VIN. die Thronrede, in der erneut die bereits bekannten Richtlinien der englischen Politik dargelegt werden. Der König betonte, daß die britische Negierung ihre Politik auf die Mitgliedschaft beim Völkerbund stütze, daß sie jedoch Vorschläge zu einer Reform des Völker bundes bereits in Genf eingereicht habe. Die Befriedung Europas soll von England mit allen Mitteln gefördert und es soll auf einen Westpak 1 hingearbeitet werden. Die Flottenabmachungen zwischen Amerika, Frankreich und England sollen nach der Thronrede Grundlage einer internationalen Flottenvereinbaruüg bilden. Weiter bekannte sich Eduard vift. zu dem Gedanken des Richteinmischungsabkommens in Spanien. Den Bündnisvertrag zwischen Aegypten und England hofft er noch vor Ende des Jahres ratifizieren zu können. Im Mai nächsten Jahres soll anläßlich der Krö nungsfeierlichkeiten eine britische Reichskonfe ¬ renz stattsinden. Im Anschluß an die Krönungsfeierlich- keiten will der König zur Kaiserkrönung nach Indien reisen. Zur Palästinafrage teilte der König mit, daß die königliche Untersuchungskommission noch in dieser Woche abreisen wird. Die britische Aufrüstung soll nach der Thronrede mit äußerster Tatkraft vorwärtsgctriebcn werden, und zwar sowohl der Verteidigung des Empire wegen als auch zur Innehaltung der internationalen Verpflichtungen Eng lands. Gleichzeitig bekannte sich der englische König jedoch zur Förderung einer allgemeinen internationalen Befrie dung, durch die eine Begrenzung der Rüstungsausgaben möglich wäre. Schließlich wandte sich Eduard VIII. innerpolitischen Problemen zu. Wesentlich ist die Ankündigung einer Gesetzesvorlage zur Sicherung der inneren Ruhe und Ordnung. Die bestehenden Gesetze seien abänderungs bedürftig. In dem neuen Gesetz soll jedoch der Rede- und Versammlungsfreiheit nicht Abbruch getan werden. Die Eröffnungsfeierlichkeiten nahmen etwa eine Stunde in Anspruch, worauf sich der König wieder auf demselben Wege zum Buckinghampalast zurückbegab. Zum erstenmal in der Parlamentsgeschichte hat im Unterhaus eine Frau, und zwar Miß Florence Hors brugh, die der Konservativen Partei angehört, die Adresse vorgebracht, mit der die Debatte über die Königsrede er öffnet wurde. Sie wurde unterstützt durch einen zweiten konservativen Abgeordneten, Harold Nicolson. Die Füh rer der beiden Oppositionsparteien werden dann wie üblich ihre Zusatzanträge einbringen. Oie Tagung des Llnterhauses Die konservative Abgeordnete Miß Horsbrugh begrüßte zunächst die in der Thronrede angclündigtcn innerpolitischen Maßnahmen und gab ihrer Befriedigung darüber Ausdruck, daß die englische Regierung den Völ kerbund weiterhin verstärken wolle. Unter großen: Beifall erklärte sie, das englische Volk wolle in Zukunft nicht mehr darunter leiden, daß feine Streitkräfte nicht genügend stark gerüstet feien. England müsse stark sein. Der naiio- nale Labour-Abgeordnete Harold Nicholson sprach über die Notwendigkeit, den englischen Elendsgebieten Hilfe zu bringen. In der Außenpolitik hätten sich, so führte der Redner u. a. weiter aus, im letzten Jahr die Beziehungen zu den anderen europäischen Staaten be trächtlich gebessert. Das deutsche Volk habe den Engländern in den letz ten Monaten ein Maß der Sympathie und Freundschaft gezeigt, das jeden ermutigen müsse, der eine Vereinbarung zwischen dem deutschen und dem englischen Voll zu freundschaftlichen und gleichen Bedingungen wünsche. Nicholson erklärte im übrigen, daß sich das englische Volk in drei Dingen einig sei, nämlich, daß es keinen Krieg und keine Diktatur wünsche, und daß es das nicht verlieren wolle, was es jetzt besitze. Er begrüße die Ver sicherung, daß sich die englische Außenpolitik nicht auf Bündnisse stützen werde, die sich gegen einzelne Mächte- gruppen richten würden, sondern auf frei ausgehandelte regionale Abmachungen. Der Oppositionsführer Attlee begrüßte die ange kündigte Gesetzgebung über politische Kundgebungen und meinte weiter, die Rede des Königs enthalte keinen Hin- weis aus die Verschlechterung der internationalen Lage oder darauf, daß sich die englische Regierung bemühen werde, gegen die wirklichen Ursachen der internationalen Unruhe vorzugehen. Die Negierung trage einen Teil der Verantwortung für die Verschlechterung der internatio nalen Lage. Regierungserklärung zur palästinafrage Anschließend sprach Ministerpräsident Baldwin, der sich hauptsächlich auf innerpolitische Angelegenheiten beschränkte. Am Donnerstag werde eine allgemeine außenpolitische Aussprache stattfinden. Eine Regierungs erklärung über Palästina werde gleichfalls am Donners tag abgegeben. Nach kurzer Erwähnung der im Mai näch sten Jahres stattfindenden britischen Reichskonferenz wies Baldwin auf den zunehmenden Ueberschutz der Einfuhr über die Ausfuhr hin, betonte aber, daß die Erzeugung ebenso wie der Kleinhandel eine Besserung aufweise. Ein großer Teil der Baldwin-Rede war eine Wie derholung der bereits in der Thronrede angekündigten Maßnahmen. Hierbei beschäftigte sich der Redner auch mit der geplanten Vorlage zur Aenderung des Gesetzes über die öffentliche Ordnung. Alle britischen Bürger ohne Unterschied seien berechtigt, ohne Furcht vor Gewalt tätigkeiten oder Einschränkungen ihrem Beruf nachzu gehen. Die Regierung werde auch nicht einen Augenblick lang die Einschüchterung irgendeiner Gruppe dulden. Gegen das Kriegs-Gerede Gleichzeitig mit der Aussprache im Unterhaus fand auch eine außenpolitischeAusspracheimOberhaus statt. Lord Halifax, der Lordfiegelbewahrer, betonte u.a^ Laß die britisch Regierung stärksten Anteil an den Vor gängen im Fernen Osten nehme, und er wandte sich scharf gegen das Gerede von einem kommenden Krieg. Lord Halifax erklärte im Namen der Regierung, daß ihrer An-