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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis norm. 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr Sc Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann n. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; füx Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. A. XI.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstiaße 2 und Adolf-Hitler-Straße 4. Fernruf 518 und 550 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung Ler amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemcinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Nr. 292 Dienstag, den 15. Dezember 1936 88. Jahrgang Dielt Heilung erschein! täglich mil Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 45 Rps-, bei Lieferung frei Hauv 50 Rps. Postbezug monatlich 2.80 RM. Im' Falle höherer Gewalt ober sonstiger Betriebsstörungen Hai der Bezieher keinen Anspruch ans Lieferung der Heilung oder Rückzahlung deS Bezugspreises. — Preise und NachlaWtze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 8 — Für daS Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an Der Urteilsspruch von Chur Zuchthaus für den Mordjuden Das Kantonsgericht Graubünden in Chur hat deu Juden David Frankfurter wegcu vorsätzlichen Mordes an dem Landcsgruppcnlciter der Schweiz der NSDAP., Wil helm Gustloff, zu der vom Ankläger beantragten Strafe von 18 Jahren Zuchthaus verurteilt. Auf die Strafe wer den acht Monate Untersuchungshaft angcrcchnct. Die bür gerlichen Ehrenrechte sind ihm für die gleiche Zeitdauer aberkannt. Ferner wurde auf lebenslängliche Landes- Verweisung erkannt. Der Verurteilte wird grundsätzlich zum Ersatz des durch das Verbrechen verursachten Scha dens verpflichtet. Er hat außerdem sämtliche Unter- suchungs-, Gerichts- und Strasvollzugskosten zu tragen. * Mit diesem Urteil ist der kriminell-prozessuale Teil des Falles Frankfurter abgeschlossen. Verschiedene wich tige Fragen mutzten ungeklärt bleiben, ohne datz dies ein Verschulden des Schweizer Gerichts wäre. Kiner anderen Stelle mutz cs überlassen bleiben, diese Fragen zu klären. Wenn jetzt Deutschland sich dieser Seite der Angelegenheit anmmmt, so kann niemand ihm den Vorwurf machen, datz es in ein schwebendes Verfahren eingreist. Deutschland verlangt volle Klärung Durch das Urteil von Chur ist der Meuchelmord an Wilhelm Gustloff nach unseren Begriffen keineswegs rest los gesühnt. Gewiß überrascht uns dieses Urteil nicht, denn nach den für den Kanton Graubünden geltenden Gesetzen war kaum ein anderer Ausgang des Prozesses zu erwarten. Das Wichtigste an dem Urteil ist die Tatsache, daß der ungeheure Enttastungsvorstotz, wie er von der Weltliga zur Abwehr des Antisemitismus für Frankfurter gegen das Churer Gericht unternommen worden ist, auf der ganzen Front zusammcngebrochen ist. Der amtliche Ankläger hatte in seiner Anklagerede die ruchlose Tat Frankfurters als gemeinen Mord bezeichnet und eine Sühne verlangt, die Frankfurter auf 18 Jahre hinter Zuchthausmauern hält. Das Gericht ist diesem An trag gefolgt und hat trotz des Versuchs der Hintermänner Frankfurters durch eine 9stündige Greuelhetze-Propaganda durch den Verteidiger Dr. Curii sich von diesem Urteil nicht abbringen lassen. Damit bringt das Gericht zum Ausdruck, daß die Auslassungen und Einwendungen Cur tis nicht den geringsten Eindruck in seiner Beurteilung des Mordfalles hinterlassen konnte. In der Gerichtsverhandlung sind zwar die Hinter männer des Mordjuden Franksurter nicht sestgestellt wor den, weil man sich in Chur offenbar scheute, die Schleier zu zerreißen, die hier die Fäden verdecken sollten, die zur Mordzentrale führen. Wahrscheinlich war die Schweiz auch nicht in der Lage, angesichts der von der genannten Weltliga systematisch betriebenen Verdunkelungspolitik die Klärung herbeizuführen. Wir sind überzeugt, daß es der schweizerischen Negierung und den schweizerischen Behör den ernst gewesen ist, diesen gemeinen Mord an Wilhelm Gustloff restlos zu sühnen. Wenn somit von dem Schweizer Gericht der kriminell prozessuale Teil des Mordfalles abgeschlossen worden ist, so wird es sich jetzt darum handeln, auch die politische Seite nach jeder Richtung hin zu klären und zu bereinigen. Der Churer Prozeß und seine Begleiterscheinungen haben ziemlich eindeutig erkennen lassen, daß die Weltliga zur Abwehr des Antisemitismus die Verteidigung des Mord buben übernommen hatte und die Mittel aufbrachte, die notwendig wurden, um diese Verteidigung mit dem Ziel zu führen, daß Frankfurter ein Opfer des Nationalsozia lismus geworden sei. Inzwischen sind aber einige Anhalts punkte dafür bekanntgeworden, datz diese Weltliga nicht nur einen Rassegenossen zu verteidigen sich bemühte, son dern daß in den Kreisen dieser Weltliga die Leute zu suchen find, die den Word an Gustloff aus Hatz gegen den Nationalsozialismus beschlossen, vorbereitet und Frankfurter mit der Ausführung der Mordtat beauf tragt haben. Der an anderer Stelle veröffentlichte Brief des jüdischen Rechtsanwalts Dr. Wyler, den dieser am 10. Februar 1936 an David Frankfurter gerichtet hat, beweist eindeutig, daß die Kreise um Dr. Wyler schon vor dem Mordfall Frankfurter kannten, und daß sie offenbar mit Frankfur ter die Einzelheiten der Bluttat besprochen haben. Die Auszeichnungen Frankfurters auf dem Deckel einer Zigarettenschachtel gewinnen jetzt mit dem er wähnten Brief vom 10. Februar ein ganz anderes Gesicht. Frankfurter hat sich zweifellos nach einer letzten Bespre chung mit feinen Auftraggebern kurze Aufzeichnungen darüber gemacht, was er bei der Durchführung des heim tückischen Mordes an Einzelheiten zu beachten hatte. Dr. Wyler spricht in dem Brief davon, daß sich „in Zürich einige Persönlichkeiten zusammengetan haben ... um nicht nur die persönliche, sondern auch die finanzielle Seite der Angelegenheit" zu erledigen. Wir erkennen also ziemlich deutlich, daß diese „Persönlichkeiten in Zü rich" xu jenem Kreis gehört haben, die nach dem Belgra- Die kriminelle Seite des Verbrechens David Frankfurters hat durch den Urteilsspruch ihre Erledigung gefunden. Nicht erledigt ist jedoch diepolitische Seite der Mordtat Frankfurters und das ist, so schreibt der „Völkische Beobachter", eine Angelegenheit, die nicht die Schweiz, sondern allein das nationalsozialistische Deutsch land und das Weltjudentum angeht. Datz das Weltjuden tum neuen Kamps will, hat es durch die Wiedcrauswär- mung der Grcuelpropaganda durch die Reden Dr. Curtis bewiesen. Die deutsche Antwort aus den jüdi schen Mord in Davos steht noch aus. Sie ist noch nicht erfolgt, damit nicht einmal von Böswilligen eine „Einflußnahme" aus das Schweizer Gericht konstruiert werden kann. Darauf aber soll sich das Weltjudentum heute schon verlassen können: Weder David Franksurter, noch seine Hintermänner haben die ihnen übertragene Aufgabe zum Nutzen des Weltjudentums durchgeführt. der Beschluß jüdischer Freimaurer sich darüber einig geworden waren, daß etwas „gegen die Nazis" ge tan werden mußte, um den Haß des WeltjudeMums zu be friedigen. Hintermänner finanzieren die Verteidigung Schon am 10. Februar 1936, sechs Tage nach der Mordtat, erhielt der Mörder Franksurter in das Gerichts gefängnis nach Chur folgendes Schreiben: Zürich, den 10. Februar 1936. „Lieber Herr Frankfurter! Sie haben mich seil einiger Zeit zwar nicht mehr gesehen, aber in Ihrer heutigen Lage müssen Sie mir so viel Ver trauen entgegenbringen, daß Sie mir in diesem Moment es überlassen, den für Sie am besten geeigneten Ver teidiger zu empfehlen. Ich kenne die Verhältnisse in der Schweiz und im Kanton Graubünden und kenne insbesondere alle geeigneten Anwälte, die in Ihrem Falle in Frage kommen. In Zürich haben sich einige Persönlichkeiten zusammengcian, um Ihnen die denkbar beste Verteidigung, die Sie sich wünschen können, zu sichern, so datz nicht nur die persönliche, sondern auch die finanzielle Seite der Angelegenheit Sic nicht in der geringsten Weise beschäftigen mutz. Als Ihr Verteidiger ist in erster Linie der geeignete Herr Rechtsanwalt Dr. Eugen Curti, Zürich, und diejenigen Persönlichkeiten, die sich in dieser Angelegenheit zusammen getan haben, und die vor allem zu den Sachkundigen gehören, haben sich prinzipiell auf Herrn Dr. Curti geeinigt, der auch bereits grundsätzlich seine Zusage erteilt hat. Ich halte nach genauer Ueberlegung dafür, datz alle anderen Anwälte ausschciden, wenn Herr Dr. Curti tatsächlich die Sache durch führt. Schreiben Sie mir also mngeheud, ob Sie mir die Sor gen in dieser Sache überlassen und seien Sie sicher, datz alles in besten Händen ruht. Mit freundlichem Gruß Ihr gez.: Dr. Veit Wyler." Dieser Brief dürfte eines der bedeutungsvollsten Do kumente darstellen, die für die Aufklärung der Hinter gründe der Tat vorhanden sind. Der „Märtyrer" von Davos In der in Prag erscheinenden jüdischen Zeitschrift „Medina Iwrit" („Judenstaat") verherrlicht ein gewisser Dr. I. Goldstein aus Wien unter dem Titel „Verbeugt Euch vor David Frankfurter!" in der fchamlosesten Weise den Meuchelmörder, indem er versucht, den verkommenen jüdischen Verbrecher als „Märtyrer" hinzustellen. Es heißt da u. a.: „Es wäre Pflicht aller Aufrechten gewesen — und allen voran die Pflicht der Juden — die Anklage gegen Franksurter zu einer Anklage gegen das Ziel seines Revolverlaufs zu machen. Denn nicht der Mörder, son dern der Ermordete ist hier schuldig. Wer in David Frankfurter einen Mörder sieht, hat über sich felbst das Urteil menschlicher Kleinheit und Jämmerlichkeit ge ¬ sprochen. David Frankfurter ist ein Held, ein glühender Kämpfer für Menschenwürde und gegen Barbarei, ein stolzer Sohn seines Volkes — und eine Hand des Schick sals. Er ist unser David Frankfurter. Das Ziel seiner Kugel war das Herz, das Judenhaß gesät, das Hirn, das Progrom und unsägliche Peinigung der Juden ausgedacht hat. Er ist unser David Frankfurter. Nicht nur, daß wir uns seiner nicht schämen: Wir sind stolz auf ihn. Das Ergebnis in Chor Professor Grimm zum Urteil. Zu dem Urteil gegen den Juden David Frankfurter nimmt Professor Grimm u. a. wie folgt Stellung: „Dieses Urteil ist für jeden, der an der Verhandlung teilnahm und Zeuge der Versuche wurde, das Gericht und die Schweizer Oeffentlichkeit mit den schmutzigsten Mitteln einer rücksichtslosen Propaganda für den Mörder Frank furter einzunehmen, ein Beweis für die objektive Einstellung des Gerichtes, wenn auch das Rechtsempfinden des deutschen Volkes für eine solche Tat die Höchststrafe mit Recht erwarten durfte. Das Gericht, dessen Vorsitzen der die Verhandlungen mit Ruhe und Sachlichkeit zu füh ren bestrebt war, hat sich durch die unverantwortliche politische Stimmungsmache, die die Verteidigung in den Prozeß hineintrug, nicht beeinflussen lassen. Die Frage der Hintermänner war nicht unmittelbar Gegenstand des Prozesses, in dem allein über die Schuld Frankfurters zu entscheiden war. Immerhin hat der Prozeß auch in dieser Richtung beacht liche Anhaltspunkte ergeben. Es wäre wünschenswert, wenn die Frage nach den Hintermännern jetzt, wo der Prozeß Frankfurter abgeschlossen ist, einer neuen Prüfung umerzogen würde. Ein positives Ergebnis hat der Prozeß unter allen Umständen gezeitigt: die erneute Feststellung der absoluten Legalität der Tätigkeit der Auslandsorganisation der NSDAP, und der makellosen Persönlichkeit Wilhelm Gustloffs, der als Vorbild der Pflichttreue und Hingebung fiel, getreu seiner Parole: „Die Fahne muß und wird stehen, wenn der Mann auch fällt." Amtlicher Teil Seite 5