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« Wochenblatt staW ^!cki»'!j, RönigsbrückRasteberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend zwei! Zweiundzwanzigster Jahrgang ch-> Sonnabend, den 28. Mai eei ikt' ) »e» mit Handelscolonien besät und in den Kreis europäischer Cultur gezogen haben, die Tapferkeit des deutschen Adels hat sie erobert, der Geist der deutschen Reformation hat sie veredelt, deutsche Bildung, Gesittung und Sprache ist dort heimisch geworden, und feierliche Verträge haben bei ihrem Uebergange in russischen Besitz dem deutschen Elemente seine Rechte und Freiheiten gesichert. Und doch wird dieses deutsche Element russisiciri! Und doch Hal uns erst diese Woche wieder die Nachricht gebracht, daß zu diesem Zwecke die Universität Dorpat nach Riga verlegt werden soll und die oberste Schulverwaltung bereits verlegt worden ist. Deutsche rnssificirt! Deutsche zu russischer Sprache, zu russischem Popenwesen und schließlich zu russischer Knute verurtheilt! Welcher Deutsche kann das Horen, ohne daß ihm die Galle ins Blut tritt? Und Deutschland oder vielmehr der Nordbund? Kann er es wehren oder will er's vielleicht nicht? Kein deutscher Manu wird im eignen Herzen ein so ehrlos erbärmlicher Wicht sein, daß er einem anderen deutsche» Manne — und das ist der König von Preußen — solchen Mangel an patriotischem Ehrgefühle Schuld gäbe. Aber der Nordbuud Hal eben noch nicht den moralischen Schrecken, daß schon um seines Namens willen jeder Angriff auf deutsches Element und Wesen von vornherein unterbliebe. Und da sollten wir uns selbst schwächen, daß wir's nicht ab wehren könnten, wenn wir Brocken für Brocken russisicirt, danificirt, fran- zosificirt werden sollen, wie jetzt die Deutschen in Oesterreich seit ihrer Trennung von Deutschland in Gefahr stehen, tschechisirt, magharisirt, slo- wenisin zu werden? Im Leben der Völker ist's wie im Leben des Ein zelnen; wer sich zum Schafe macht, den frißt der Wolf und wer etwas sein will, muß etwas aus sich machen. Da haben ihrer zwei jeder einen Groschen; der Eine verjuchheit und versäuft ihn, der andere verwendet ihn zu seiner Bildung oder zu seinem Geschäfte. Wie weiter? Nun der Erste wird schließlich ein Lump, so gut er vielleicht auch von Haus aus gebettet war, der Zweite kommt zu Ansehen und Reichthum. Bis jetzt trägt, was wir für das Militär uns abdarben, noch seine Zinsen. Man kann vollkommen einverstanden sein, daß ein künftiges Jahrhundert unsere stehenden Heere als eine ungleich größere Thorheit verschreien wird, als wir die des Mittelalters mit seinen saulen Bäuchen, seinen Mönchen und Nonnen; aber wie die Verhältnisse nun einmal liegen, müssen wir Deutsche diese Thorheit schon treiben, so lange sie die Franzosen im Westen und die Russen im Osten sie auch treiben. Und wenn wir in diesem Punkle die Nordamerikaner beneiden können, so giebt'ö da drüben wieder Anderes, was faul ist. Da hat erst in dieser Woche der Abgeordnete von Tenessee im Repräsentantenhaus; die stiesen Schäden aufgedeckt, an welchen dort die Volksbildung leidet, und höchst anerkennend von dem Volköschulwesen im monarchischen Europa gesprochen. Trotzdem daß die Vereiniget» Staaten einen Schul-FondS an liegenden Gründen haben, die zusammengenommen etwa so groß sind, als unser ganzer Nordbund, liegt doch hauptsächlich wegen der gewissenlosen Verwaltung derselben die Sache so im Argen, daß selbst in den vorgeschrittensten Staaten viele, viele Tausende nie eine Schule besucht haben. Wie mag's da erst in den anderen stehen! Mag darum in unserem deutsche» Vaterlande noch Manches, meinetwegen noch recht Vieles nicht sein, wie es sollte, wir wollen darum nicht aushören, auf unser Deutschland zu halten, aber auch nicht aufhören, unsere Kraft und unsere Mittel dafür einzusetzen, daß es ein Volk trage, das unter den ersten Eulturvölkern geachtet vastehe und immer größere Achtung gewinne. Ohne Opfer kein Patriotismus. Aber diese Opfer bezahlen sich; denn ein ein ziges Jahr der Schwäche gegen gierige Stachbarn würde uns mehr kosten, als zehn und zwanzig Jahre des empfindlichsten Aufwandes für unsere Stärke. Unsere Väter und Großväter haben's erfahren; ein einziger Befehl Napoleons kostete Leipzig 7 Mill. Francs und der einzige Krieg gegen ihn kostete Sachsen 67 Millionen Thaler, den viel größeren Verlust im Ge werbe nicht gerechnet. Da ist's besser, wir verwenden das Geld für uns selber. Und so sei denn in dieser Rundschau noch zweier deutschen Patrioten gedacht, die wir in diesen Tagen begraben haben. In einer und derselben Nacht starben der ehemalige Reichsminister Beckerath und der Obertribu- tii^ -i- »d^w durch das PlebiScit! Man könnte zwar sagen, daß dieses die ' .Schäften und die Parteien erst recht aufgehetzl und so den Sturm über heraufbeschworen habe»; indessen wird man gestehen müssen, daß -tiizmsse zu Paris im Anfang des Februar, später das Treiben der Mh Mionären Elemente bei der Affaire des Pierre Bonaparte und seinem Hr, ferner die Dinge alle, welche Rochefort'S Verhaftung vorangingen ?chjolgten, eine Dicke der politischen Atmosphäre und eine Schwüle Siglen, die den Ausbruch eines Gewitters in sicherste Aussicht WaS nach dem Plebiscite an Zusammenrottungen, Barricadenbau ^raßenkampf aus Paris gemeldet wurde, war nur das letzte Rollen Mle» der sich verziehenden Wetterwolken, die zwischenein schon wieder Miie Bläue des Firmamentes zeigen. Denn heiter kann man's wohl ? und sür ein Stückchen recht tiefblauen Dunst darf man es wohl Zchs' lvenn der Laternenmann, der Herr Rochefort, in seinem Blatle, 1 Arßillaise, sich als gekränkte Unschuld an die Oeffentlichkeit mit der i^ung wendet: Man weiß, daß die Marseillaise unaufhörlich zur ^"Mhnt hat! Wenn der LouiS nur nicht eben der Louis wäre, so übersetzen mit: Das Karnickel hat angrfangen; aber so ist l. ^euis kein Karnickel! Mit dieser Unverschämtheit im Lügen aber, elenden Phrasenwesen, mit dem ganz übrigen widerwärligen Ge- " "«d Treiben haben Rocheforts und Flourens's Gesellen es dahin Amtsblatt -er Königlichen Verichtsdehör-en und -er stä-tischen Dehor-en zu Pulsnitz und Königsbrück. Rundschau. , So hätte sich denn der Sturm, der Frankreich durchsauste, wieder vo«« gelegt und sich die Wogen geglättet, die er auswühlte. Uno das "ie eine entsprechende Machtentfaltung auch in den übrigen Staaten .„W, gehalten wird. Das weite, mächtige, an Ausdehnung fast dem Europa gleichkommende Reich der Vereinigten Staaten in Nord- ^'M hat in dieser Woche durch sein Repräsitanienhaus in Washingiou ' -"he stjnxr Militärmacht auf 30,000 Mann sestgestellt. Und unser h. , "Uv Bremen yaven moeycionv Utvueruv v cv kayin A I, . aß selbst die Engländer, die an den bei ihnen weilenden Flücht- . Ein gut Stück Maulhelventhum und krakehliger Rennomage vertragen 1 dft jetzt von den französischen Socialdemokraten — ein Paar ./^geiferten auch mit —in London gehaltene» Meetings undWuth- Zitaten bis zum Ueberdruß satt kriegten. Die empfindlichste Wirkung Bdem Gebühren dieser fanatischen Umstürzler bleibt die, daß Louis, ."ch diesmal nur durch seine starke Militärmacht ihres Andrängens ?^deu konnte, sicher nicht daran denken wird, eine weitere Nevuclion ^ee vorzunehmen, und daß, wie ein Keil nun einmal den andern Machst» muß fast eben so viel halten, als diese Weltmacht! Da kein Schreien und Toben und keiu politisches Kannegießern; es nicht ander-, es muß. Und wenn wir uns das Maul wegreden i über die Thorheit, Millionen über Millionen von Thalern an die Hie der Zerstörung zu vergeuden, statt sie aui die Werle des Friedens, Mahnen, Canäle, Schulen u. s. w. zu verwenden; wenn wir un- iz^en über den Unsinn, die kräftigsten Leute des kräftigsten Alters ^rn zu Zehrern zu machen; wenn wir ein ganzes Schock Gründe ? das Sonnenlicht gegen die stehenden Heere herbeten könnten: das Alles? Wir müssen. Und da hilll auch kein Abladen auf E^mid und auch kein Schimpfen auf Preußen. Auch das muß. jN i-, ^va so überstark, daß wir, zumal wenn wir die ost so mächtigen ' " Chancen des Krieges in Rechnung bringen, jede einzelne Groß- gar ihrer zwei, die uns in Fronte und Rücken packen, wie der Lander den Mops von uns abschüiteln? Das wäre ein Uebermuth, j^Ewüthigung wie 1806 erfahren könnte! Sind wir so stark, daß /i^uupsung und Kränkung deutschen Namens und Wesens schon aus den gewaltigen Denlschland unterbleiben müßte? Golt sei Dank! fitzt schon uneum ch besser als sonst, wo Deutschland den Fremd- j, '"r als ein geografischer Begriff galt; aber noch ist Deutschland . V, dass ihm nicht geboten werden könnte, was sich England, ^eten lassen würden. Man sehe nur hin auf die baltischen Rußlands. Deutsche Kaufherren sind es gewesen, die sie entdeckt,