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Nachdruck aus dem Inhalte dieses Blattes verboten. Gesetz vom 11. April 1870. Ved-tUon, Druck uUd Verlag von B. Angerstein, Wernigerode. Rose hielt den Atem an. Sie wagte kaum sich zu I rühren und horchte auf die Schallwellen seiner geliebten Stimme mit durstigem Ohr. „Rose!" Noch immer zitternd, sich fester an die Säule stützend wendete sie langsam das Köpfchen. Da stand der Mann ihrer Träume, der Geliebte ihres Herzens — Merita. Er war's, der vorhin so kühle Abschiedsworte ge sprochen. Aus seinen Augen brach aber jetzt heiße Liebe, seine Arme streckten sich ihr verlangend entgegen Ein jubelnder, halberstickter Schrei drang über Roses Lippen. Im nächsten Augenblick hing sie an Meritas Halse, unter Lachen und Weinen ihm erzählend, wie un glücklich sie vor Minuten noch gewesen und wie sie nun so selig sei, so unbeschreiblich selig! Hinter ihnen blaute der Himmel. Lerchen schwirrten um den Turm und eine weiße Taube setzte sich auf die Schulter des jungen Mädchens. Roses Augen füllten sich mit Thränen, als sie das weiße Gefieder des zutraulichen Tierchens streichelte. Zu Paul Merita aufschauend, sagte sie: „Sieh hier, Geliebter, eine Abgesandte meines Vaters. Er läßt uns grüßen und segnet unsern Herzensbund. Möchtest Du. nie bereuen, die Tochter des Taubenfranz an Dein Herz genommen zu haben. — Napoleon V. Der „Petit Marseillais" will Beweise dafür in Händen haben, daß der im Zululande gefallene kaiserliche Prinz von Frankreich einen Sohn hinterlassen habe. Die Mutter, Miß Watkyns, sei keines wegs, wie man behaupte, eine Näherin oder Putzmamsell j gewesen, das seien Gerüchte, die gewisse hochgestellte Per sonen in England aus gestreut hätten. Das Blatt führt u. a. folgende Stellen aus Briefen des Prinzen an Miß Watkyns an: „Ich habe mich über das von Ihnen Ge sagte sehr gefreut. Ich möchte ein großer Mann sein, dann würde ich aus Jhnsn ein großes Frauchen machen! Jedenfalls bete ich, nicht nur Ihrer, sondern alles dessen würdig zu sein, was die Vorsehung mir vorbchält." Der artiges, meint das Blatt, schreibe man nicht an ein Arbeiter mädchen. Miß Watkyns hätte zuerst die Stellung ihres Geliebten nicht gekannt und erst nach einer zufälligen Be gegnung des Prinzen in der Straße mit Lord Beacons field davon erfahren. Jedenfalls habe eine gesetzliche Heirat den Bund besiegelt. Die junge Frau sei am Tage des Eintreffens der Todesnachricht an der Seite der Gräfin Clary, Ehrendame der Kaiserin Eugenie, in Chiselhurst ge wesen. Der jetzt 14jährige Knabe lebe unter der Vor mundschaft des Marquis d'O in der Nähe von Paris. Das Blatt verspricht, nächstens die urkundlichen Beweise für die Heirat beizubringen. humoristisches. Nicht wirklich zu nehmen. Baron X. zeigt seinen neuen Gutsnachbarn seinen Besitz. Als sie die Gebäude besehen und in den Ochsenstall treten wollen, läßt der Gutsnachbar dem Baron den Vortritt. Baron L.: „Nein, bitte nach Ihnen, ich bin hier zu Hause!" Hemntlich. Schaffner (zum Passagier): „Warum zogen sie die Notleine?" Passagier: „Ach Herrjeeses, ich sah Sie nämlich am Bahndamm so ä reizendes Pilzchen stehen, und das wollt' ich mir holen!" Schöne Aussicht. Prinzipal (zu seinem Kommis): Seien Sie fleißig, halten Sie sich brav, wenn Sie so bleiben — können Sie bei mir sterben. Achnlichkeit. ,,. . . Also, wie ick Dir sage, Jottlieb, wir sitzen jemietlich in die Destille und feiern meinen Jeburtstag, — da er scheint meine Olle plötzlich in de Dhiere, — na, und da jings, wie uff det chinesische Fest bei Renz, — das Erscheinen des Drachens macht dem Fest een Ende." NeverMgekt. Die Pferdebahn läßt jetzt über den Opernplatz sieben Linien gehen. — Und im Opernhaus begnügt sich die ganze Musik noch immer mit fünf Linien. Eine Narfüm-Aontäne. Die Kaiserin von Rußland besitzt in ihrem Empfangssaale eine Fontäne, die, je nachdem man auf einen oder den andern Knopf drückt, den Saal mit verschiedenen Parfüms erfüllt. Maiglöckchen sind das Lieblingsparfüm der Kaiserin. Im Kafb. A.: öDw Franzosen sind doch sparsame Leute." — B.: „Woraus schließen Sie das?" — A.: „Nun, sie haben sich's doch lange genug überlegt, bis sie die paar Napoleons hinaus geworfen haben," Sie Hauptsache. Bauer: „Herr Vursteher — 's brennt, 's brennt! Kumme Se retten — retten!" — Vorsteher: „Us's Brenn gah' ich gor nischt — erschien müssen se blosen!" Spitz. „Ach, mein Herr, wie lange habe ich Sie nicht ge sehen!" — „Ja, eS ist lange her, damals waren Sie noch älter als ich." Scharfsinnig. „Warum glauben Sie, daß der Schnabel seine Frau nur des Geldes wegen geheiratet hat?" — „Weil ich sie ge sehen habe!" Angeborene Krätze. A.: Ich glaube, Ihr Sohn wird mal sehr berühmt, wenn er lange genug lebt. B.: So, wodurch meinen Sie denn, daß er so berühmt wird? A.: Na, durch sein hohes Alter — wenn er eben lange genug lebt! Kotzörot. Als ein neues Nahrungsmittel für Menschen wird das Holzbrot empfohlen, ein aus Sägemehl, Kleie und Roggenmehl bestehendes Gebäck. Die Große Berliner Pferdebahn-Gesellschaft füttert bereits ihre Gäule damit; nun soll das schmackhafte Holzbrot auch für das Volk eingeführt werden. Wenn das gelingt, so wird selbst ein Mann, der gar nichts gelernt hat, ein tüchtiger Holz schneider werden, und das neue Holzbrot verdiente die Devise, unter der es sein Erfinder einführt: „Dem Volke zum Sägen!" Standesbcwutztsein. „Das sind nur 20 Pfennig — der Eintritt kostet 40 Psg.! — „Hier steht doch: Militärpersonen zahlen die Hälfte!" — „Aber Sie sind doch keine Militärperson!" — „Ich werd' wohl eine Militärperson sein! Ich bist — Köchin beim Herrn Hauptmann!" Zur Mode. Dame: „Dieser Hut ist süperb — nur paßt er leider nicht zu meiner Haarfarbe!" — Kommis: „Aber eine andere Haarfarbe könnten gnädige Frau doch sehr leicht bekommen! Niederträchtig. Fräulein (am Morgen nach dem Ball): „Denken Sie, die ganze Nacht habe ich mit einem Herrn getanzt, der mit mir zusammen die Schule besucht hat!" Herr: „Wie? Und der alte Herr konnte noch so flott tanze»?!" Im Keiratsvureau. „Haben Sie Vermögen?" — „Nein!" — „Aber einen Beruf — —?" — „Gegenwärtig nicht — ich habe meine Gründe ....! — „Also — Grundbesitzer!" Auch ein Kel'd. A.: . . . „Also bei allen sechs Examinatoren bist Du durchgefallen!?" — Bemoostes Haupt: „Ja, — ich bin halt der Ueberzahl gewichen!" . , WaÄsifch-Ntzantasic. Else (die ein Tagebuch zum Geburtstag erhalten): „Zweihundert Seiten! . . Gvtt, was kann man da Alles hinein erleben!" Unfreiwillige Komik. Aus einem Kolportageroman: Das gistgeschwollene Auge des Elenden bohrte sich in die Brust des edlen Mannes, der aber donnerte ihü mit einem einzigen Blick zu Boden. — Aus einer Theaterzeitung: Hiese Schauspielerin, welche gegenwärtig eine Tournee durch Amerika macht, führt ein wahres fiomadenleben. Me-kier-ZZitzd.