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er wollte nicht wie ein Miethling seine Gemeinde in den bösen Tagen verlassen. Durch Uebergabe der Stadt erkaufte sich der Kurfürst da« Leben, aber nicht die Freiheit; er blieb des Kaisers Ge fangener. In Wittenberg zog ein kaiserliches Heer ein: doch ging cs der Stadt sehr glimpflich. Der Kaiser ordnete an, daß in der Schloßkirche der Gottesdienst, der eingestellt worden war. wie vordem wieder gehalten würde; Bugenhagen hatte in der Stadtkirche ruhig weiter gepredigt. Gegen Wittenberg war der Kaiser sehr milde, aber dem Kurfürsten nahm er Land und Leute; Herzog Moritz wurde Kurfürst von Sachsen. So er geben Bugenhagen auch dem alten Kurfürsten war, er schickte sich in die neuen Verhältnisse; und daß er sich zu Wühlereien gegen die neue Regierung nicht hergab, wurde ihm zum schweren Vorwurf gemacht; man zieh ihn der Undankbarkeit gegen den gefangenen Kurfürsten. „Wie bald konnte Dr. Pomeranus seines Kurfürsten vergessen!" so ging die Rede hin und her. Bugenhagen achtete nicht darauf, und nach und nach wurde es still. Die trüben Zeiten waren damit aber noch nicht zu Ende; die Kirche gerieth in eine besondere Nothlage, und diese war's, die Bugcnhagen's Gemüth schwer belastete. Der Kaiser hatte sich in den Sinn gesetzt, die Kirche zu einigen. Die im Echmalkaldischen Kriege geschlagenen Evangelischen, glaubte er, würden geschmeidig genug sein, ihm zu Willen zu sein. In Augsburg ließ er einen Religionsvergleich aufsetzen, nach welchem Evangelische und Römische bis zur Entscheidung auf einem all gemeinen Konzil sich halten sollten. Dieses „Augsburger Interim" war ein Meisterstück der Halbheit, das aber gänzlich seinen Zweck verfehlte. Das Volk sprach seinen Argwohn gegen dieses Machwerk spanischer Klugheit in dem Witzwort aus: „Das Interim hat den Schalk hinter ihm". Auch der Kurfürst Moritz mochte von dem Interim nichts wissen, doch wollte er den Kaiser durch eine schroffe Zurück weisung nicht verletzen. Er ließ deshalb seine weltlichen Räthe und die Wittenberger Theologen verhandeln, in welchen Stücken man dem Kaiser, ohne den Glauben zu verleugnen, entgegen kommen könne. Die Verhandlungen führten aber zu keinem Resultat. Damit doch nun menigstcns etwas zu Stande kommen sollte, arbeiteten die weltlichen Räthe ein Schriftstück aus, das Leipziger Interim genannt, das aber von den Wittenbergern nicht angenommen wurde. Bugenhagen schrieb darüber an den König von Dänemark, daß er keine Schuld habe weder an dem „Hinterim", noch an dem „Fürim". Wie der Kurfürst Moritz versucht hatte, durch das Leipziger Interim dem Kaiser sein Entgegenkommen zu bezeugen, so thaten es die Wittenberger gegenüber ihrem Kurfürsten durch Ueberreichung einer „Agenda", von der Bugenhagen schreibt, es sei nichts darin, was nicht vorher in der Kirche neben dem lieben Evangelium gegolten hätte. Der Kurfürst nahm die Agenda mit Dank an, aber sie trat nicht in Wirksamkeit, Damit aber doch wenigstens etwas geschehe, ließ er einige Artikel des „Leipziger Interims" ver öffentlichen, die sich auf etliche äußerliche Ceremonien bezogen, dir noch dazu vorher schon in Gebrauch gewesen. Gleichwohl wurde dieses „kleine Interim" verdächtig und diejenigen, die sich darnach richteten, als Abtrünnige auf das Bitterste ange- seindet. Die Wittenberger Theologen wurden beschuldigt, daß sie „mit den Widersachern unter dem Hütlein spielten, dem Papst hofirten und gottlose Lehren und Ceremonien gebilligt und an genommen hätten." Rom gegenüber wäre eine feste Geschlossen heit so sehr am Platze gewesen — und nun diese Zerrissenheit. Bugenhagen ging die Noth der evangelischen Kirche sehr zu Herzen. Allerdings gehörte Bugenhagen nicht zu den Eisernen, die um die Frage, ob die Prediger einen Chorrock tragen sollen, einen heftigen Streit entbrennen ließen. Daß ihm die Sache mehr galt als die Form, hatte er schon bewiesen, als er in Hamburg die evangelische Kirchenordnung einführte. Er sah nämlich, daß dort die kleinen Kinder in der jetzt allgemein ge bräuchlichen Weise getauft wurden. In Pommern wurde die Taufe so vollzogen, daß die Kinder untergetaucht wurden, und in Wittenberg goß der Prediger den nackten Kindern das Wasser mit voller Hand dreimal über Kopf und Rücken. Obwohl nun Bugenhagen der Ansicht war, die Hamburger Art zu taufen sei nicht die richtige, so rieth er doch, um Aergerniß zu vermeiden, ruhig in der bisherigen Weise weiter zu taufen, „denn," so sagte er „die Leute möchten meinen, wenn wir so bald solchen Mißbrauch anfechten daß die Kinder, die vorhin mit solchem Mißbrauch in Unwissenheit und doch in guter Meinung getauft sind, nicht die rechte Taufe Christi empfangen hätten; was können die armen Kinder darum thun? Mit der Zeit wird sich solch ein Mißbrauch wohl verlieren, wenn die Leute recht unterrichtet werden." Bekanntlich ist die nach Bugenhagens Ansicht mißbräuchliche Art zu taufen überall in der evangelischen Kirche rechter Gebrauch geworden. Als Bugenhagen das 60. Lebensjahr überschritten hatte, sprach er wiederholt den Wunsch aus: „Gott gebe uns Friede und bessere Zeit, daß diese Lande mögen beim Evangelio bleiben, so will ich mit Gottes Gnade diese Kirche mit einem andern Pfarrherrn und Superintendenten bestellen, daß ich doch einmal christlich möge frei werden in diesem meinem Alter." Aber die Kirche bekam nicht Frieden, und Bugenhagen blieb auf seinem Posten. Seine kräftige pommersche Natur hat ihm durch viele Krankheiten hindurchgeholfen; als er aber über das 70. Lebensjahr hinweggeschritten war, meldeten sich die Be schwerden des Alters mit Macht; er konnte nicht mehr predigen. Die Kirche aber besuchte er immer noch, auch zu den wichtigsten Berathungen kam er in die Sakristei. Doch die Krankheit nahm zu, er konnte das Haus nicht mehr verlassen. Am 20. April 1557 starb er sanft und still. Das wahre Glück. Weihnachtserzählung von w. Hsgarth. (Schluß.) (Nachdruck verboten.) Die Gouvernante entfernte sich ohne ein Wort der Ent gegnung mit den Kindern, vermochte aber nicht zu verhindern, daß Doktor Kronberg ihr vorher zum Abschied die Hand reichte und ihr zuflüsterte: „Auf Wiedersehen! Und bitten Sie auch ferner bei dem Christkinde für mich, daß es mir einen ganzen Antheil schenkt an dem wahren Glücke, welches mir noch fehlt!" Die Kinder waren zu Bett gebracht und Fräulein Werner hörte, daß die Gäste sich verabschiedeten. Sie wollte sich des halb nach den Kesellschaftsräumen zurück begeben, um dort noch aufräumen zu helfen. Ehe sie aber wieder in den Salon ein trat blieb sie einige Augenblicke an einem der hohen Vorsaal- lenster stehen. Sie blickte hinauf zum gestirnten Himmel. Wie vieser heute Abend glänzte und funkelte in wunderbarer Schön heit, viel schöner als die herrlichsten Chrfftbäume hienieden. Glück sollte sie von Gott für ihn erbitten, und bei diesem Ge danken faltete sie die Hände zu Gott. Mit einem Wonnegefühle im Herzen schritt sie dann weiter. Da klang plötzlich ein schrecklicher Ton an ihr Ohr und er schrocken blieb sie stehen. Aufs Neue erklang das Stöhnen und Röcheln wie von einem Menschen, der mit dem Tode ringt. Sie eilte einige Schritte vorwärts. Aus den Zimmern des Herrn Commerzienraths klang der furchtbare Ton. Sollte sie eintreten? Sie schwankte, allein hier galt kein Zaudern. Einen Augenblick stand sie zögernd, dieHand auf dem Schloß, dann trat sie aber ein. Ein furchtbarer Anblick bot sich ihr. Im Sopha lehnte ohnmächtig der Commerzienrath. Einer Wunde am Arm entströmte das Blut und ein am Boden liegendes blutiges Messer verrieth, woher die schreckliche Wunde stammte. Möglichst schnell unterband Marie den Arm, stemmte ihn, mit Mühe eine Befestigung suchend, in die Höhe und e lte, um mög lichst schnell Hilfe, zu schaffen. Doktor Kronberg, der als letzter Gast im Begriff war, fortzugehen, begegnete ihr auf dem Vor saal. Sie verständigte ihn kurz von dem Vorfall, während er ihr folgte. Bald standen sie vor dem unglückseligen Hausherrn. „Wer hat denn diesen Nothverband angelegt?" frug der junge Arzt. „Ich selbst, ich verstehe es nicht besser. In der Angst, das strömende Blut zu stillen, that ich, was ich konnte. „Sie haben dadurch sein Leben gerettet, er hat sich eine Pulsader durchschnitten. Wollen Sie mir ferner helfen?" „Ja, ich will es nach meinen Kräften," entgegnete Marie Werner. „Gut, so ist nicht nöthig, das schlimme Ereigniß den Dienst boten preis zu geben. Ich glaube auch nicht, daß meine Tante sich zur Pflegerin eignet." Kurz ertheilte er seine Aufträge, schnell kam sie ihnen nach. Hier war der Neffe nur der helfende Arzt, und sein Onkel, der sehr schwer verwundet, den zu retten er alle Kraft und alles Wissen aufbot. Der Schritt der Frau Commerzienrath erklang bald darauf im Nebenzimmer. Unbefangen trat sie ein und stieß einen gellenden Schrei aus, als sie daß Unglück sah. Von den mah nenden Worten des Neffen ließ sie sich beruhigen und blieb bei dem verwundeten Gatten. Marie ging nun selbst nach der nahen Apotheke, nachdem alle Leute im Hause zur Ruhe ge gangen, um Arznei zu holen. Dann beseitigte sie die Blut spuren im Zimmer und machte nasse, kühlende Umschläge um die Stirn des Verwundeten, welche bald im Fieber glühte. Ent setzlich tönten die wirren Reden des Commerzienrathes in der Stille der Nacht. „Ich bin ein Bettler und Verbrecher, ich habe ihn beraubt — alles ist sein — alles, alles — er soll wieder fortgehen, sehr weit fort!" Solche und ähnliche Reden erklangen von seinem Munde. Noch keinen Augenblick war er wieder bei klarem Bewußt sein gewesen, auch ahnte er nicht, wer in aufopfernder Men schenliebe dem Tod sein Opfer abzuringen suchte. Mitternacht kam herbei. Die Weihnachtsglocken tönten feierlich durch die Stille, sie verkündeten allen Menschen die große Freude, die ihnen geworden. Thränen rannen über Mariens Wangen. „Ruhen Sie ein wenig," flüsterte der Arzt, sie schüttelte aber den Kopf. Alle drei, die Frau Commerzienrath, Doktor Kronberg und Marie Werner setzten ihr Werk fort, bald mußten die Verbände erneuert werden, bald Eis auf die Stirn gelegt, oder beruhigende Tropfen auf des verwundeten Lippen gebracht werden. Endlich versank der Verwundete in einen ruhigen Schlummer. Der Frau Commerzienrath, welche während der schrecklichen Scene schließlich in einen Zustand der Ohnmacht gesunken war flüsterte der Neffe zu: „Wenn Gott noch weiter hilft, so ist der Onkel gerettet!" Weinend schloß die stolze Frau den edlen Neffen unddann die hilfbereite Marie in die Arme. Der Hochmuth der Frau Commerzienrath war seit dieser schrecklichen Nacht für immer gebrochen. * * * Freundlich strahlte die Sonne am ersten Weihnachtsfeier- tag herab auf die schneebedeckte Erde. Reges Leben herrschte auf den Straßen. Die Damen freuten sich, die neuen Fest kleider zeigen zu können. Kleine Mädchen trugen stolz ihre Puppen un Arm, den Neid ihrer Freundinnen zu erregen. Auf dem zugefrorenen Fluß tummelte sich eine vergnügte Menge Schlittschuh laufend und Schlitten fahrend. Im Hause des Commerzienraths Kronberg herrschte tiefe Ruhe. Man hatte der Dienerschaft gesagt, daß der Hausherr von einem Unwohlsein befallen, das Bett hüten müsse. Die Frau Commerzienrath bemühte sich um ihn, als getreue Pflegerin, ihrer sonstigen Gewohnheit, Kranken möglichst fern zu bleiben, vollständig entgegen. Nicht Ruhe allein, auch Frieden lag auf dem blaffen, müden Gesicht Kronbergs; eine ernste Aussprache hatte er am Morgen mit seinem Neffen gehabt. Es war eine bittere Dcmüthigung für den einst so stolzen und harten Mann, als er Alfred Kronberg das Geständniß ablegen mußte: „Ich bin ein ungetreuer Haushalter gewesen. Was Dein Vater ver trauensvoll in meine Hände legte, damit ich es für Dich be wahrte, ich habe es zum großen Theil verloren und vergeudet, ich bin in Deine Hand gegeben." Der Edelmuth des Neffen erleichterte indessen die Lage des unglückseligen BanquierS. Gegen das Versprechen, von jetzt ab streng solid und sparsam zu wirthschaften und allen Luxus im Hause sofort zu beseitigen, ließ Doktor Kronberg den größten Theil seines Kapitals in dem alten renommirten Geschäfte und ließ sich nur zur Sicherung seiner Zukunft eine große Summe auszahlen. Der Commerzienrath Kronberg, bei welchem eine vollständige Sinnesveränderung sich vollzogen hatte und dessen Herz mit unauslöschlicher Dankbarkeit gegen seinen großmüthigen Neffen erfüllt war, konnte trotz aller Erschütterung nach langen Jahren zum ersten Male wieder ein Weinachtsfcst feiern, frei von innerer Angst und peinigenden Eelbstanklagen; er fühlte, daß Frieden im Herzen das beste Festgeschenk sei. Auch seiner Gattin ging ein Licht auf, daß sie ein neues Leben beginnen müsse, vereint faßten sie gute Vorschläge für die Zukunft und führten sie aus. Nur auf dringendes Zureden ihrer Herrin entschloß sich Marie Werner, einige Stunden das Haus zu verlassen und bei ven Ihrigen Weihnachten zu feiern. Längst hatte der Helle Sonnenschein der Dunkelheit Platz gemacht, als sie sich fröhlichen Herzens auf den Weg begab. Es lagen schwere Stunden hinter Marien. Zum ersten Male hatte sie an dem Lager eines Leidenden gestanden, bei welchem es sich um Leben und Tod handelte, denn ihr war ein großer Theil der Pflege anvertraut. Fühlte sie sich so beglückt, vaß Kronbergs Rettung gelungen, oder dachte sie eines Andern, welcher sie ebenfalls seine Retterin nannte? Plötzlich vernahm Marie Alfred Kronbergs Stimme an ihrer Seite: „Darf ich ein Stück Weges mit Ihnen gehen?" frug er dann höflich. Da sie nichts entgegnete, fuhr er fort. „Ich hörte von Ihrem Ausgang, eine geraume Weile schon gehe ich hier auf und ab, ich sehnte mich darnach, mit Ihnen ein Wort zu sprechen. Doch wie ich sehe, bin ich wohl unwillkommen, und ich hätte mich doch so sehr darauf gefreut." Eine leise Bewegung ihres Hauptes genügte ihm, seinen Jrrthum zu erkennen, denn nur jungfräuliche Befangenheit war es gewesen, die Marie nicht gleich das rechte Wort finden ließ. „Heimweh, Sehnsucht nach einem deutschen Christbaum zog mich hier her," sagte jetzt Doktor Kronberg. „Hier erst fühlte ich gestern noch klar, daß mir die Heimath nichts bot. Meine Verwandten vermochten ihr Entsetzen nicht zu bemcistern. Wäre es nicht bester für mich gewesen, im fernen Ungarn zu bleiben, wo schon einige dankbare Seelen, denen ich m Krankheit und Schmerzen beigestanden, mein Fortgehen beklagten? So dachte ich gestern Abend mit einem Herzen von Bitterkeit. Ich blickte mich um im Hause und an der Tafelrunde; unter all' den fremden Gesichtern sah ich das eine, welches mich begleitet, ge tröstet, gewarnt hatte, wenn ich in Gefahr war, mich selbst zu verlieren. Sofort erkannte ich Sie wieder. Da« Schicksal führte uns dann zusammen zu ernster Rettungsarbeit. Manches an dere Mädchen an Ihrer Stelle wäre wohl entsetzt zurückgewichen vor dem Anblick des Blutenden. Sie wurden seine Retterin! Tapfer kämpften sie mit dem Tod um seine Beute und blieben Siegerin! Ihr starkes, muthiges Herz, Ihr zartes Mitleid er füllten mich mit Bewunderung, und," fügte er zagend hinzu, „mit tiefer, inniger Liebe. Marie, spricht nichts in Ihrem Herzen für mich ? Sie meinen vielleicht, wir wären uns noch zu fremd, aber sind wir uns nicht nahe getreten in den schweren Stunden?" Da blickte sie auf zu ihm beim Sternenscheine, ihre großen blauen Augen leuchteten und sagte herzlich: „Hier meine Hand, Herr Doktor, sic gehört Ihnen, so wie auch mein Herz Ihnen gehört!" „Marie, meine Geliebte! Ich habe das Glück gefunden! Darf ich Dich zu Deinen Eltern führen?" rief er jubelnd. „Wir sind am Ziel," entgegnete sie. „Hier? An dieser Thür wünschte mir eine freundliche Frau gestern eine recht große Weihnachtsfreude; ich glaubte nicht daran, nun ist es doch so herrlich gekommen!" Sie traten in die gemüthliche Stube ein. Der Bruder i Mariens zündete soeben den Christbaum an. Voll Erstaunen fanden sich Frau Werner und Kronberg als Bekannte wieder. „Sie haben mir gestern ein reiches Glück gewünscht, die Sternschnuppe bestätigte es, nun komme ich, es von Ihnen zu erbitten, und auch von Ihnen," rief er in fröhlicher Glückszu- - verficht, sich zu Vater Werner beugend. Es gab gegenseitig viel zu erklären, aber alle erstaunten ' Fragen lösten sich in schönster Harmonie. Die Mutter hatte den jungen Fremden von der vorzüglichsten Seite kennen gelernt, wie sollte sie ihn nicht von ganzem Herzen als lieben Sohn aufnehmen? Eines nur trübte die Freude, daß Doktor Kron berg in so großer Entfernung sich sein Heim gegründet hatte. Zwar Marie wäre mit ihm gegangen bis an das Ende der Welt, aber die Eltern dachten wehmüthig an die Trennung von der Tochter. Da blickte der Bräutigam einige Augenblicke sinnend in die lieben, treu herzig e^ Gesichter ringsum und dann rief er freudig: „Ich wende der Heimath nicht den Rücken, in welcher ich so glücklich geworden bin. Nein, ich bleibe hier. Mit meinem Vermögen erbaue ich eine Krankenanstalt, meine geliebte Frau wird mir treu zur Seite stehen in mcinem ernsten Beruf, und wird nach des Tages Arbeit unser Heim als ein heiterer Son nenstrahl durchleuchten. Als die ersten Pfleglinge ziehen die Eltern bei uns ein. Vielleicht hilft Gott, daß ich des theuren Vaters Leiden heilen, oder doch mildern kann. Am WeihnachtS- fest soll dann allen meinen Kranken ein Christbaum leuchten und soll ihnen eine Erleichterung sein im Leid." Die Weihnachtsglocken läuteten zum Abendzottesoienst, die fünf um den Christbaum versammeten Menschen lauschten still, sie sagten sich: „Auch uns ist das große Gnadengeschenk zu Theil geworden, auch uns ist der Heiland geboren, wir wollen ihm danken, indem wir unsern Mitmenschen Liebe erzeigen, nicht allein zum Weihnachtsfest, sondern durch das ganzc Leben." Ende.