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Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar DienS-' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertelj. s Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen s Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern s0 Pf. Tharandt, Men, Menleha and die Ulngksendra. Imtsblstl Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags Uhr angenommen. Insertionspreis s 0 Pf. pro dreige- spaltene Eorpuszeile. 'ür die Agl. Amtshauxtmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt- Druck und Verla« von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst No. 112. Dienstag, de« 18. Dezember 18S4. Bekanntmachung. Die Herren Genieindevsrstände werden hierdurchZersucht, die diesjährigen Impflisten, insoweit dies noch nicht geschehen ist, alsbald, spätestens aber bis Ende diese« Jahres zur Revision anher einzureichen. W ..'s KW Desgleichen werden die Herren' Aerzte,? welchezim Laufe des Jahres Privatimpfungen jvorgenommen haben, hiermit ersucht, ihre jprivatimpflisten, die für jeden Ort, in welchem sie solche Impfungen vorgenommen haben, nach Form. V, VI und VII besonders aufgestellt sein Müssen, bis Ende des Jahres anher einzureichcn. Cölln-Meißen, den 15. Dezember 1894. § Der Königliche Bezirksarzt. Dr. Lrler. Sparkasse zu Wilsdruff. Im Monat Januar js8YS jst hiesig Sparkaffen-Expedition jeden Wochentag antzer Mittwoch und Neujahrstag geöffnet. Wilsdruff, am 1?- Dezember 1894. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung. Die in den 88 2 und 3 des Straßenregulativs für hiesige Stadt enthaltenen Bestimmungen, daß zur Winterszeit jeder Hausbesitzer 1 ., seiner Hauöfront entlang den Schnee zu beseitigen und bei eintretender Glätte Sand und Asche zu streuen, sowie 2 ., bei eintrctcndem Thauwettcr binnen 24 Stunden, mm Beginn desselben an, den vor seinem Hause befindlichen Vorplatz, sowie das an dasselbe angrenzende Gafsengerinne von Schnee und Eis zu reinigen und letzteres von der Gaffe hinwegruschaffen hat, werden andurch mit dem Bemerken in Erinnerung gebracht, daß Uebertretungen oder Vernachlässigungen der gedachten Vorschriften nach 8 5 des obgedachten Regulativs in Verbindung mit 8 366 Punkt 10 des Reichsstrafgesetzbuches mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14-Tagen geahndet werden. Wilsdruff, am 17. Dezember 1894. Der Bürgermeister. kivstvn. Die Redefreiheit und die Disriplin im Reichstage. Der anläßlich des bekannten Vorganges gestellte Antrag des Staatsanwaltes auf Zulassung des strafrechtlichen Ein schreitens gegen die sozialdemokratischen Abgeordneten Liebknecht und Genossen ist vom Reichstage abgelehnt worden, weil man durch die Annahme des Antrages eine Schmälerung der par lamentarischen Redefreiheit und des damit zusammenhängenden besonderen Schutzes der Volksvertreter vor strafrechtlicher Ver folgung in Ausübung der Pflichten ihres Mandates und ihrer Nebcrzcugung befürchtet. Diese Anschauung dürfte von den meisten Patrioten und Politikern, welche sich der Schwierig keiten bei der überzeugunaötrewn Ausübung eines Abgeordneten mandates bewußt sind, getheilt werden. Ferner dürfte es in d'eser heikelen Angelegenheit auch nicht rathsam sein, sich auf vcn einer übereifrigen Staatsanwaltschaft ausgehende juristische Spitzfindigkeiten und Deutungen einzulassen, zumal es noch gar nicht feststeht, ob ein ordentliches Gericht, welches rechtlich und sachlich und frei nach Berücksichtigung aller Umstände zu urtheilen hat, in dem Sitzenbleiben einiger Abgeordneten bei einem Hoch auf den Kaiser eine Majestätsbeleidigung erblickt, denn der Rechtsfall ist noch nicht entschieden worden. Diesen Erwägungen gegenüber bleibt aber doch auch die Aufgabe be stehen, daß der Verrohung der parlamentarischen Sitten in den Reihen gewisser extremer Parteien im Interesse des Ansehens des Reichstages und des deutschen Reiches überhaupt doch ent gegengetreten werden muß, und da man dies auf strafrechtlichem Wege abzulehnen gute Gründe zu haben glaubt, so bleibt doch wohl kein anderer Ausweg aus diesem Dilemma übrig, als die Disciplinargewalt des Präsidenten des Reichstags zu erweitern und zu stärken, um rednerischen und sonstigen Ausschreitungen der Socialisten, sowie auch derjenigen Haltung, welche mit dem Pflichtgefühle eines guten Patrioten unvereinbar ist, entgegen- zutreten. Dieser Weg, um zu einem ersprießlichen Ziele in der fatalen Frage zu gelangen, ist gangbar und rathsam, denn wenn der Reichstagsprästdent künftig bei ganz ungebührlicher Haltung der Sozialisten die Macht hat, dieselben nicht nur zur Ordnung zu rufen, sondern nöthigenfalls auch auf einen oder inebrere Tage, jo vielleicht auf die Dauer einer Wintersession von der Teilnahme an den Sitzungen auszuschließen, so dürsten diese Strafen empfindlich genug sein. Außerdem hätten sie den Vorzug, daß die mit solchen Strafen durch Reichstagsbe schluß auf Antrag des Präsidenten bedachten sozialistischen Ab- gevidneten nicht so leicht bei ihren Anhängern als politische Märtyrer gefeiert würden, was aber sehr leicht geschehen kann, wenn es die Staatsanwaltschaft und ein richterliches Urtheil dahin bringen, daß ein Sozialdemokrat einige Monate Ge- sängniß erhält. Es sei auch erwähnt, daß für die Aus schreitungen der französischen Deputirten und der englischen Parlamentsmitglieder viel strengere Disciplinarstrafen existiren, wie im deutschen Reichstage für extrem gesinnte Abgeordnete. Eine parlamentarische Ungeheuerlichkeit würde also durch die Vermehrung der Disciplinargewalt des Präsidenten nicht ge- schaffen. Taaesgeschichte. Die dreitägige Generaldebatte des Reichstages über den Etat hat sich in ihrem Hauptzuge, wie sie zu er warten stand, zu einer erstmaligen Auseinandersetzung zwischen dem „neuesten Curse" und dem Parlamente gestaltet. In dieser Beziehung haben denn die stattgefundenen Verhandlungen keine so ungünstigen Aussichten für die nächste Zukunft eröffnet. Das vom Reichskanzler Fürsten Hohenlohe entwickelte politische Programm ist von den Parteien der Rechten und von den Nationalliberalen mit sichtlicher Zustimmung ausgenommen worden und auch das Centrum hat sich durch seinen General redner, den Abg. Dr. Bachem, im Allgemeinen nicht un freundlich zu den bekundeten Anschauungen der neuen Regierung gestellt, wenngleich dies nur mit Vorbehalt geschah. Diese Parteien zusammen bilden eine stattliche Mehrheit des Reichs tages, tm neuen Jahre wird sich nun weiter zeigen müssen, in wieweit unter dieser Majorität selber als auch zwischen ihr und der Regierung eine Verständigung über die wichtigeren Einzelfragen der Session möglich ist. Im Uebrigen wiesen die dreitägigen Etatsdebatten keine wirklichen großen Momente auf, anderseits fehlte ihnen aber auch das Stürmische, leidenschaft liche so mancher früheren Verhandlungen gleicher Art, vielleicht wird es aber nach beiden Richtungen hin in dem SesstonSab- schnitte nach Neujahr anders. Die Freitagssitzung des Reichstages wurde durch !eine Geschäftsordnungsdebatte eingeleitet, veranlaßt durch den Antrag der freisinnigen Volkspartei, daß alle während der ersten vierzehn Tage der Session eingebrachten Initiativanträge gleich berechtigt sein sollen und daß über ihre Priorität in der par lamentarischen Behandlung das Loos zu entscheiden habe. Der Antrag wurde vom Abg. Schmidt (freis. Volkspartei) kurz mit dem Hinweis begründet, daß der bisherige parlamentarische Brauch bei der Entscheidung über die Priorität von Anträgen nicht länger mehr aufrecht erhalten werden könne. Die übrigen Redner zu diesem Gegenstand, die Abgeordneten Gröber (Centr.), Gamp (Reichspartei), Dr. Enneccerus(nat.-lib), Dr. Rintelen (Centr.), Singer (soz.-dem.) und v. Manteuffel (cons.) äußerten sich übereinstimmend in gleichem Sinne, nur stieß der Vorschlag hinsichtlich der Loosentscheidung auf Widerspruch und tauchten dafür andere Vorschläge auf. Die Debatte endete mit dem Beschluß, die ganze Angelegenheit der Geschäftsordnungscom mission zur Vorberathung zu überweisen. Es folgte nun die Berathung der von nationalliberaler Seite gestellten Interpellation darüber, welche Maßregeln die verbündeten Regierungen in Bezug auf eine Aenderung des Zuckersteuergesetzes zu ergreifen gedächten, um die der deutschen Landwirthschaft und Zuckerin dustrie aus den ausländischen Bestcuerungsformen des Zuckers erwachsenden Schädigungen zu beseitigen. Abg. Dr. Paasche (nat.-lib.) begründete den Antrag ausführlich, hierbei die Ur sachen darlegend, welche zum Rückgänge der deutschen Zuckcr- ausfuhr geführt haben. Zur Abhilfe dieses Nothstandes solle die Regierung durch Verlängerung der Exportprämien für Zucker über das Jahr 1897 hinaus die Hand bieten. Staatssekretär Graf Posadowsky erkannte in seiner Beantwortung der Inter pellation die Berechtigung der Klagen der Zuckerindustrie an, er betonte aber, daß an der ungünstigen Lage derselben die amerikanische Steuergesetzgebung nur zum kleineren Theile die Schuld trage, sondern daß hieran vielmehr die kapitalistische Ueberproduction zum größten Theile schuld sei. Ueber die ge wünschten Maßnahmen zur Hebung der deutschen Zuckrraus- fuhr sprach sich Graf Posadowsky jedoch sehr zurückhaltend aus und beschränkte er sich auf die Zusage einer wohlwollenden Prüfung der Verhältnisse seitens der Reichsregierung. Die Debatte über die Interpellation eröffnete Abg. Richter (ft. Lolkspartei. Nachdem er kurz den Kanzlerwechsel gestreift, er klärte er sich als Gegner der Beibehaltung der Zuckerausfuhr prämien, er bestritt das Vorhandensein einer Nothlage in der Zuckerindustrie, versuchend, dies im Einzelnen nachzuweisen, sprach sich für Stetigkeit in unserer den Zucker betreffenden Steuergesetzgebung aus und empfahl schließlich Abschluß eines neuen Handelsvertrages mit Amerika. Dann ergriff Graf Posadowsky nochmals das Wort, um den Vorwurf politischer Gesinnungslosigkeit, den ihm Abg. Richter im Eingang seiner Rede gemacht hatte, erregt zurückzuweisen. Hierauf sprach der Konservative Graf Kanitz, der unter Angriffen auf die vom Abg. Richter entwickelten Anschauungen der deutschen Regierung allzugroße Nachgiebigkeit gegenüber Amerika vorwarf; welchen Vorwurf indessen der Staatssekretär v. Marschall energisch zu- rückwies. Zuletzt sprach noch der Sozialdemokrat Bock, die Nothwendigkeit einer staatlichen Unterstützung der Zuckerindustrie verneinend. In der Sonnabendsitzung wurde zunächst diese Debatte zu Ende geführt, worauf das Haus in die Eriterung des Berichts der Geschäftsordnungskomwisfion eintrat, bctr. den Antrag auf strafrechtliche Verfolgung der Abgeordneten Liebknecht und Gen. in der Majestätsbeleidigungsaffaire. Der Antrag ist vom genannten Ausschüsse bekanntlich abgelehnt worden und in gleicher Weise dürfte fich zweifellos auch das Plenum ent schieden haben. Die amtliche „Berl. Korresp." bringt an der Spitze der Sonnabendausgabe folgende, telegraphisch erwähnte Mittheilung: „In hiesigen und auswärtigen Blättern wird die Nachricht vrr-