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Zweites Blatt. WMWM M WWMsi TharM Men, Siebenlehn und die Umgegenden. Imksblaü für die Agl. Amtshauptmannschaft Aleißen, für das Agl. Amtsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen I Mk. 55 Pfg. — Einzelne Nummern 10 Psg. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittag 12 Uhr angenommen. — JnsertionsPreislO Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. No. »3. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H. A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A. Berger daselbst. Sonnabend, den 3. November 18S4. Johann Georg Palitzsch. (Vortrag, gehalten von Herrn Lehrer Alfred Hillig im hiesigen Gewerbeverein.) (Fortsetzung.) So erreichte P. sein 21. Lebensjahr, mit welchem er das bisher von Mutter und Stiefvater verwaltete väterliche Gut selbst zu übernehmen hatte, vorher aber heiratete er und zwar die Tochter eines Bauern aus Kaitz. Sein Schwiegervater hatte als Hochzeitsgabe 1000 Gulden mitgegeben und außerdem dem Schwiegersöhne noch eine nicht unbedeutende Geldsumme ge liehen, damit er an Stelle des veralteten Inventars seines väterlichen Gutes neues anschaffen und mit Energie die Wirt schaft betreiben sollte, was denn auch der junge Bauer P. mit aller Hingebung that. Von großer Bedeutung war in dieser Zeit für ihn der Verkehr mit einem Zwirnhändler, Namens Gärtner aus dem benachbarten Tolkewitz (G. besaß ein be sonderes mechanisches Geschick, und während seiner Besuche der Leipziger Messe hatte er von einem Mechanikus daselbst das Schleifen von optischen Gläsern und die Zusammenstellung der selben zu Fernrohren und dergleichen mehr erlernt.) Daher beschäftigte er sich viel mit diesen Dingen sowie mit astrono mischen Beobachtungen und wurde von vielen vornehmen und reichen Leuten ausgesucht. Selbst der damalige Landesfürst König Friedrich Aug. II interessirte sich lebhaft für Gärtner, ließ ihn oft an den Hof kommen und unterhielt sich mit ihm über astronomische Gegenstände. Zu diesem Gärtner kam einst bei einer Mondfinsternis ein junger Gelehrter und brachte uni ern P. mit, der damals 22 Jahre alt war. Hier sah P. zum 1. Male durch ein astronomisches Fernrohr nach dem Himmel. Das war ein bedeutungsvolles Ereignis für ihn. So eifrig auch P. seiner Wirtschaft oblag, so konnte er doch dem inneren Drange nach Erweiterung seiner Kenntnisse von der Natur und insbesondere von der Sternenwelt nicht widerstehen. Wieder holt besuchte er daher Gärtnern, lernte dessen Büchervorrat und astronomische Instrumente kennen. So wurde der Um gang mit G. für P. sehr förderlich. Aber konnte P. auch jetzt als selbständiger Gutsbesitzer mehr als früher auf An schaffung von Büchern und Wissenschaft!. Hilfsmitteln verwenden, so blieb er doch seiner bisherigen Gewohnheit treu, nur die Abendstunden und den Sonntag der Lektüre und dem Stu dium zu widmen. Besonders war es der Inspektor des mathematischen Sa lons in Dresden Haubold, um dessen Freundschaft er sich be warb, da er von ihm vorzugsweise Unterstützung in seinen astronomischen Forschungen zu finden hoffte; denn derselbe unter stützte auch Gärtnern bereits vielfach mit Rat und That. P. hatte seit Jahren täglich seine Beobachtungen an Thermometer und Barometer ausgezeichnet. Das war ein passender An knüpfungspunkt. Mit diesen Aufzeichnungen sprach er bei Haubold in aller Bescheidenheit vor und erregte dadurch Haubolds lebhaftes Interesse. P. lernte manches von Haubold, der ihm eigentlich erst den rechten Weg zeigte, wie er seine Forschungen in der Astronomie und in der Physik anzustellen habe. Der mathematische Salon in Dresden wurde für ihn ein neues Feld des Studiums und er ruhte nicht, bis er alle physikalischen und mathematischen Instrumente desselben und ihren Gebrauch kennen gelernt hatte. Ein Mikroskop wurde gekauft und ein großer Tubus in einer Auktion erstanden, manche Vorrichtung zu Wissenschaft!. Untersuchungen wurde mit eigener Hand herge- si-llt; denn auch für mechanische Arbeiten hatte P. besonderes Geschick. Er machte jetzt in der Physik und Astronomie so schnelle Fortschritte, daß er bei seinen gelehrten Freunden an sing Aufsehen und Bewunderung zu erregen und daß sogar Haubold, mit welchem er jetzt um die Wette meteorologische und astronomische Beobachtungen machte, in der Folge eifersüchtig auf ihn wurde. Zu P's wissenschaftlichen Freunden in Dresden gehörte s auch ein gewisser Hosrat Korn, ein warmer Freund der Botanik,! der ihn mit einigen guten botanischen Büchern beschenkte. Dies s gab Palitzschen Veranlassung, seine bereits schon während der Knabenzeit angefangene Pflanzensammlung mit großer Sorg- falt fortzusetzen und sich ein Herbarium anzulegen. Eine Ab teilung seines Gartens beim Gute wurde in einen kleinen bo tanischen Garten umgewandelt, Freunde lieferten ihm Beiträge zu demselben und so enthielt dieses Gärtchen bald eine Samm lung vieler für damalige Zeit seltner ausländischer Gewächse, die P. alle mit ihren Wissenschaft!. Namen zu benennen wußte. Er hatte hierbei eingesehen, daß Kenntnis der lat. Sprache zum Verständnis Wissenschaft!. Schriften sehr förderlich sei, zumal dieselben ganz oder theilweise in dieser Sprache geschrieben wurden. Dies war für ihn ein mächtiger Antrieb, noch in seinen Mannes jahren sich dem Studium der lat. Sprache zu widmen, und er brachte es bei dem Eifer, womit er etwas angriff, bald da hin, daß er lateinisch geschriebene Bücher ohne Schwierigkeit lesen und verstehen konnte. Was P. häusliche Verhältnisse während dieser Zeit betrifft, so hatte er seine 1. Gattin nach kurzer Ehe durch den Tod wieder verloren. Deshalb verehelichte er sich von neuem. Als ihm der Tod auch seine 2. Gattin nach mehreren Jahren entriß, so sah er sich durch seine Wirt schaft und seine Kinder bestimmt, zum 3. Male zu heiraten. Sehr bedeutungsvoll wurden für P. die großen Politischen Ereignisse jener Zeit, der 7jährige und der bayrische Erbfolge krieg. obgleich er sich nicht direkt an denselben beteiligte. Da Sachsen mehrere Jahre lang 2 einander feindliche Heere zu unterstützen hatte, so war die natürliche Folge, daß die Ab gaben und Zölle der armen, bedrückten Sachsen sehr empfind lich anschwollen, hatte es ja Friedrich der Große von Preußen noch außerdem zur Aufbringung großer Geldsummen verurteilt. Daß unter solchen traurigen Verhältnissen auch die Landwirt schaft (in von den Soldaten besetzten Gegenden) fast ganz darniederlag, das läßt sich wohl denken. Auch unseres Palitzsch's Gut teilte das allgemeine Schicksal; es littganz außerordentlich unter diesen Kriegstrubel. Er mußte hinterher seine ganze Energie aufbieten, um dieselbe wieder emporzubringen. Gleich zu Anfang des Krieges packte er seine besten Bücher zusammen und schaffte sie nach Dresden, um sie dort bei einem seiner Freunde in Sicherheit zu bringen. Leider war ihm aber alles durch das Bombardement von Dresden verloren gegangen. Seine Fernrohre und sonstigen Apparate vergrub er aber bei Beginn des Krieges, in Kästen wohlverwahrt, in der Erde. Nur Weniges, darunter ein Mikroskop, behielt er zum tägl. Gebrauch bei sich: denn auch während des Krieges setzte er seine Wissenschaft!. Forschungen fort, und grade das für das Land und insbesondere für die Nähe Dresdens so verhängnis volle Jahr 1758 wurde für ihn ein wahres Glücksjahr; denn er entdeckte in diesem Jahre Süßwafferpolypen. Ein be rühmter holländischer Naturforscher hatte nämlich die Ent deckung gemacht, daß es nicht nur im Meere, sondern auch in süßen Gemässem Polypen gäbe. Der Beichtvater der Kur fürstin, ein großer Freund der Naturkunde, welchem P. schon manche wertvolle Belehrung verdankte, machte P. auf diese Entdeckung aufmerkfam, dieser war eifrigst bemüht, diese höchst interessanten Tierchen selbst aufzusuchen. Bei einem Gange durch den „Großen Garten" i. I. 1758 war er auch wirklich fo glücklich, in einem Graben mit stehendem Wasser solche Po lypen zu entdecken, die nun für seine mikroskopischen Forschungen ein neuer Gegenstand waren. Dabei will ich aber-, noch ein mal erwähnen, daß P. also nicht einen neuen unbekannten Po lypen entdeckt hat, wie fälschlich oft angenommen wird, sondern der erste war, der die Existenz solcher Polypen auch in Sachsen nachwies. Erregte schon diese Entdeckung P's. in einheimischen Natur forscherkreisen großes Aufsehen, so machte ihn eine 2. Entdeckung i. I. 1758 gleichsam weltberühmt. Der große englische Mathematiker und Astronom Halley hatte sich unter anderm um die Berechnung von Cometenbahnen große Verdienste erworben und zuerst aus der Gestalt ihrer Bahnen nachgewiesen, daß Kometen Himmelskörper sind, welche nicht wie man bis dahin glaubte, gleichsam in der Irre im Welten raume umherschweifen, sondern sich in bestimmten langgestreckten Bahnen um die Sonne bewegen und in gewissen Zeiträumen in die Nähe der Sonne zurückkehrcn und dann von der Erde aus beobachtet werden können. Ganz besondere Aufmerksamkeit schenkte er dem glänzenden Kometen von 1682. Dabei war er auf die interessante Entdeckung gekommen, daß ein Komet vom Jahre 1682 identisch sei mit einem im Jahre 1607 vom deutschen Astronom Kepler entdeckten Komet, laut vorhandener Aufzeichnungen. Für Halley war es nun kein Zweifel mehr, daß der Komet eine 75—76jährige Umlaufszeit habe, er be ¬ irechnete sein nächstes Wiedererscheinen auf das Jahr 1758. i Alle Astronomen der Erde erwarteten nun in diesem Jahre mit höchster Spannung die Wiederkehr des Halleyschen Kometen und richteten ihre Teleskope nach der Stelle, wo er sich zuerst i zeigen sollte. Man berechnete aufs neue die Zeit seiner Wieder kunft, und wie äußerst schwierig und umfänglich solche Berech nungen sind, geht daraus hervor, daß ein genialer franz. Astronom in Gemeinschaft mit einer Frau, die eine ganz eminente Be gabung befaß, die schwierigsten mathematischen Aufgaben zu lösen, 9 Monate, oder wie andere größere mathematische Ge- ozraphiewerke angeben, 18 Mon. lang ununterbrochen daran gerechnet haben sollen. Das Jahr 1758 neigte schon seinem Ende zu, keiner der Gelehrten hatte etwas von dem Halleyschen Komet entdecken können. Es war am 1. Woihnachtsfeiertag, die Kriegsfurie hatte sich seit einiger Zeit in der Nähe von Dresden beruhigt, da holte sich unser P. einmal seine ver grabenen Fernrohre aus der Erde hervor, und da der Himmel sehr heiter war, so richtete er ein größeres Fernrohr auf jene Gegend des Himmels, in welcher der vielbeschriebene Halleyschc Komet sich zuerst zeigen sollte. Siehe da, P. erblickte daselbst einen nebeligen Stern, den er zuvor noch nie dort gesehen. Nachdem er feine Beobachtung an den beiden folgenden Tagen wieder holt, teilte er sofort seine gemachte Entdeckung einem gelehrten Freunde mit, der an den folgenden Tagen durch eigne Beo bachtung diefelbe für bestätigt findet. Nicht Wunder kann es uns nehmen, wenn nun der Name des erst 35jährigen Bauers P. nach einigen Wochen auf allen Sternwarten Europas be kannt wurde. Auch die Pariser Akademie der Wissenschaften schrieb an P. und erbat sich von ihm unter schmeichelhafter Anerkennung seiner Verdienste von Zeit zu Zeit seine Beobacht ungen. Es ist dies um fo bemerkenswerter, als die Parifer Akademie eigentlich Ursache hatte, auf P. eifersüchtig zu sein; denn in Paris wurde der Komet erst 4 Wochen später entdeckt. Auch die litterarischen Zeitungen waren voll der Lobsprüche auf ihn. In sehr anerkennneswerther Weise schreibt bes. vi»l Wissenswertes und Interessantes über P. die „Dreßdnischen gelehrten Anzeigen." Diefe bildeten die wissenschaftl. Beilage eines kleinen Wochenblattes, an dessen Stelle jetzt der umfang reiche „Dresdner Anzeiger" getreten ist. An diesem wissen schaftl. Wochenblatte war P. selbst als Correspondent thätig. Er veröffentlichte darin alle seine astronomischen Beobachtungen und Entdeckungen. So schildert er in interessanter Weise bei einem Frühjahrsfroste den von ihm beobachteten Einfluß dieses Frostes auf die Pflanzen- und Jnsektenwelt und giebt am Schluß den guten Rat, die vom Frost überglasten Gewächse wiederholt mit kaltem Wasser zu besprengen. Es müsse das aber vor Aufgang der Sonne geschehen, „damit der Frost nicht verdoppelt werde." In derselben Nummer dieser Zeitschrift erklärt er sehr hübsch die Entstehung einer Sonnenfinsternis, schildert ihren Einfluß auf Pflanzen und Tiere, auf Thermometer und Baro meter und beschreibt ein interessantes während der Sonnen finsternis von ihm mit 2 Brennfpiegeln angestelltes Experiment. Während diese Brennspiegel Holz und andere verbrennliche Dinge in ihrem Brennpunkte leicht entzündeten, verloren sie während der Sonnenfinsternis nach und nach ihre Wirkung. Zuerst hörte weißes Papier auf zu brennen; je mehr die Verfinsterung vorschritt, desto mehr verlor auch gefärbtes Papier die Eigen schaft sich zu entzünden. Zuletzt brannte auch das schwarze Papier nicht mehr. Bei wieder abnehmender Sonnenfinsternis zeigte sich das umgekehrte Verhältnis. P. knüpfte zugleich an diese Sonnenfinsternis eine Betrachtung, welche einen Blick auf seine religiösen Anschauungen thun läßt. Er bemerkte nämlich, daß Sonnenfinsternifse nur zur Zeit des Neumondes stattfinden könnten. Nun aber hätten die Juden ihr Passahsest, wie noch heute die Christen, am 1. Sonntag nach Vollmond gefeiert. Zwei Tage vordem Osterfeste aber sei Christus gekreuzigt worden und dabei habe sich die Sonne 3 Stunden lang verfinstert. Man habe das für eine zufällig eingetretene Sonnenfinsternis ausgegeben. Das könne aber keine natürliche Sonnenfinsternis gewesen sein, da wenige Tage nach Vollmond keine Sonnen finsternis im gew. Sinne stattfinden könne. Palitzsch fährt nun in seinem Berichte fort: „So erheben Christen billig hierbei ihre Gedanken weit über die Werke der Natur, befestigen sich dadurch im Glauben an die Offenbarung und bewaffnen