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Femjstrechtr Wilsdruff Nr. 6 WochmblLl^ sÜs UUd Pofffcheckkonto Leipzig LS 614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der AmtShauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des EtadtratS zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger «m» Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für de« Inseratenteil: Arthur Zschunke, keide i« Wilsdruff. Nr 63. Mittwoch den 16. März 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil Die diesjährigen Stutenmusterungen und finden für die nachgmannten Zuch,gebiete wie folgt statt: am 30. März norm. 9 Uhr in Großenhain, am 31. März oorm. 9 Uhr in Riesa, am 8. April vorm. 8 Uhr in Ostrau am 9. April vorm. 9 Uhr in Mohlis, am 11. April vorm. 8 Uhr in Moritzburg, am 19. April vorm. 8,30 Uhr in Kefselsdorf, am 20. April vorm. 9 Uhr in Zella. Nach den Stutenmusterungen und Fohlenschauen werden Preise verteilt, und zwar: Fohlenpreise für ein- und zweijährige Fohlen in Kefselsdorf und Moritzburg, Angeldpreise für drei- und vierjährige seldstgezogene Stuten in Zella, Großenhain, Mohlis, Ostrau und Riesa. Die Ortsbebörden haben die Pferdebefitzer in ortsüblicher Weise rechtzeitig hiervon in Kenntnis zu setzen. Weiter wird noch darauf aufmerksam gemacht, daß für alle im Zuchtregister ein getragene Srut-n ein um 70 Mk. niedrigeres Deckzeld zu zahlen ist. Diejenigen Züchter also, deren Stuten nicht im Zuchtregistsr ausgenommen sind, die sich aber fernerhin das bisherige niedrigere Deckgeld sichern wollen, müssen ihre Stuten bei der nächsten Stuten- mufterung zur Eintragung ins Zuchtregister vorstellen und ihre Nachkommen zur Fohlen schau bringen. Eme Anmeldung der Fohlen und Stuten zur Schau hat nur stattzufinden, wenn für die in Frage kommenden Tiere Prämierungen angesagt sind und sie hierbei in Wett bewerb treten sollen. In diesem Falle muß die Anmeldung auf einem bet jeder Beschäl station zu entnehmenden Formulare bis zum 15. März d. I. an diejenige Bsschälstation erfolgen, der die Tiere zur Prämiierung vorgeführt werden sollen. Spätere Anmeldungen können nur in besonders begründeten Fällen noch berücksichtigt werden. r»» Meißen, am 10. März l92l. 376 V. Die Amtshauptmannschaft. ^ieme Zeitung für eilige Leser. Die Neiwsregiernng hat bei dem Sekretariat des Völker bundes energischen Einspruch gegen die „Sanktionen" erhoben, die als völlig rechtswidrig erachtet werden müssen. * Im Hauptausschuß des Reichstages erklärte Reichsernäh rungsminister Hermes nochmals, daß im laufenden Wirtschafts jahre eine Erhöhung des Brotprcises nicht beabsichtigt sei. * Der Reichskommifsar für die Entwaffnung der Zivilbe völkerung hat für die Ermittlung der bei dem Attentatsversuch auf die Siegessäule in Berlin Beteiligten eine Belohnung von 25 000 Mark ausgesetzt. * Zur Bildung der neuen preußischen Regierung fordert das Zentrum die Hinzuziehung der deutschen Volkspartei. * In Frankreich wurde die Einberufung des Jahrganges 1921 zum Heeresdienst vom Senat bewilligt. * Nach einer Meldung aus Rußland ist der bekannte Ka- vallcricgeneral Budjenni mit seinen Truppen zu den Gegen revolutionären übergcgangen. Protest Seim Völkerbund. Heißt es nicht den Teufel bei seiner Großmutter ver klagen, wenn die deutsche Regierung beim Völkerbund Einspruch erhebt gegen die rechtswidrigen „Sanktionen", die in London über sie verhängt worden sind? Aber sie hat es getan, wohl schwerlich in der Hoffnung, damit irgend einen Erfolg zu erzielen, sondern nur in dem Ver langen, den Vertragsbruch der Entente auch vor dem ein- Zieen nicht deutschen Forum, an das sie sich wenden kann, als die Gewalttat zu brandmarken, die er ist. Wir wissen noch sehr gut, wie bei der Tagung des Völkerbundes in Genf die Hoheit Herren aus London und Paris die Stir nen runzelten, als bald von dieser, bald von jener Seite auch nur der leiseste Versuch gemacht wurde, die unge heuerliche Einseitigkeit zu mildern, die den jetzigen Völker bund zu einem ausschließlichen Machtwerkzeug der Sieger im Weltkriege stempeln. Man hat lieber einen Staat wie Argentinien aus dieser Gemeinschaft ausscheiden lassen, ehe man auch nur in unscheinbaren Formen und Vor fragen die deringste Geneigtheit zu Konzessionen erkennen ließ. Wir wissen ebenso gut, warum die Vereinigten Staaten von Amerika sich bisher für die Ehre bedankt haben, in den Völkerbund ausgenommen zu werden; auch sie wollen nichts davon wissen, vor den Triumphwagen der europäischen Großmächte gespannt zu werden, einmal, weil sie fürchten, dabei mit ihren eigenen amerikanischen Interessen zu kurz zu kommen und dann, weil nach ihrer Überzeugung aus diesem Völkerbund für die enroMschen Völker alles andere aber nur kein Segen er wachsen kann. Was wir danach von dem neuesten Pro test der Reichsregierung zu erwarten haben, das steht von vornherein vollkommen sest: Er wird keiner Antwort ge würdigt werden,- sondern in den großen Papierkorb flie gen, in dem schon unzählige Vorgänger von ihm ihr Grab gefiu-mu haben. Also wieder nur eine Geste der Schwäche, der Hoff- nung ttosgkett. Und wenn AeichLaußenminister Dr. Si mons sich mit ihr nicht begnügt, sondern daneben auch die vielgeplagte Sachverständigen abermals zu neuen Be ratungen aus das Ende dieser Woche zusammenberuft, so liegt diesem Schritt wohl auch nur die Absicht zugrunde, zu zeigen, daß er nickst aufgehört habe, darüber nachzu- denfen. ob und wie man aus der augenblicklichen verfah renen Lage hcrauskommcu könne. Wenn schon die Regie rungsparteien an dem Londoner Auftreten des Ministers vielerlei auszusetzen hatten, so waren die Sachverständi gen mit der Art, wie er dort die deutschen Interessen ver treten zu müssen glaubte, ganz und gar nicht einverstan den, und Herr Simons wird sich Wohl daraus gefaßt zu machen haben, daß ihre Bereitwilligkeit, ihm in seinen übergroßen Verlegenheiten mit Nat und Tat fernerhin noch beizustehen, nach den traurigen Erfahrungen der londoner Konferenz eher geringer als größer geworden ist. Sie sehen auch schon, daß man im feindlichen Aus lände ein Beharren der deutschen Regierung bei ihrer bis- cerigen ablehnenden Haltung nicht als wahrscheinlich an- aimmt. Wir können noch so sehr daraus Hinweisen, daß die Gewaltmaßnahmen der Entente von ihren eigenen Han- velskreisen sehr scharf kritisiert werden, daß sich im Grunde alle die wirtschaftlichen Überlegungen, mit denen die deut schen Sachverständigen die Vergewaltigung unserer Wirt schaft durch die „Sanktionen" als unsinnig, ja als ver brecherisch zurückwiesen, mit den Bedenken und Argumen ten vollkommen decken, die in England und in Belgien mehr und mehr sogar auch in Frankreich, gegen die Hel- vcntat von London ins Feld geführt werden: unsere Sach verständigen werden sich trotz allem der Befürchtung nicht Zuschlägen können, daß wir auch diesmal wieder mit der Gefahr eines Umfalls zu rechnen.haben. Die Unbeständigkeit unserer inneren Verhältnisse hat es leider Gottes bisher schon zu oft verhindert, daß ein fester Kurs gesteuert wurde, und je notwendiger er war, vesto heftiger wurde auf Regierung und Reichstag einge- strkt, immer aus der Befürchtung heraus, es kömtte uns noch schlimmer ergehen, wenn wir sest blieben, als wenn wir nachgäben. In Wirklichkeit eine Spekulation, die von ganz falschen Voraussetzungen ausgeht. Schon ost be kamen Wir in kritischen Lagen vom neutralen Auslands her zu hören, daß keine Macht der Erde uns zu Helsen vermöge, wenn wir selbst de» krassesten Ungerechtigkeiten gegenüber nicht ein einziges Mal ein stolzes und starkes „Rein" zu sprechen wagten. Und wenn auch kein Wort darüber zu verlieren ist daß wir Hilfe von außen nur in sehr begrenztem Umfange zu erwarten haben, so ist doch der moralische Gewinn, den eine würdevolle Haltung uns embringen kann, nicht zu unterschätzen. Das zeigt sich z. B. jetzt schon in der gehobenen Stimmung mit der dis im Reiche wohnenden Oberjchlesier sich in diesen entschei- dnngsvoüen Tagen zu den Abstimmungszügcn drängen. Hütten wir in London nachgögeüen, vielen dieser Heimat treuen Volksgenossen wäre die Lust zur Fahrt nach Ober- schlesien sicherlich vergangen. Ähnliche Wirkungen dürfen wir auch außerhalb der Reichsgrenzen erwarten. Die Achtung vor dem deutschen Volke wird sicher steigen und so wenigstens der Anfang eines gemeinschaftlichen Ver antwortlichkeitgefühls für das Schicksal Europas wieder hergestellt werden. Auch diese geringe Aussicht setzten wir auss Spiel, wenn wir den andauernden Drohungen oder Einflüsterungen unserer Feinde Gehör schenkten. Das dürfen wir nicht, weder heute noch morgen. Sonst hät ten wir nns den Protest beim Völkerbund schenken können. Zrmsre Zollinie am Mem. Neue Beratungen? Wie aus Koblenz gemeldet wird, hat die Interalliierte Kon.Mission in den Rheinlands» die Anweisung zur Er richtung einer Zollinie am Rhein erhalten. An dieser Stelle soll nur der Warenaustausch zwischen dem besetzten und unbesetzten Gebiet des Deutschen Reiches kontrolliert werden, nicht aber der Auslandshandel, der an der deutsch französischen und deutsch-belgischen Grenze kontrolliert wird. Für die innere Zollinie am Rhein soll ein beson derer Tarif ausgearbeitet werden. Nur lebenswichtige und allgemein gebrauchte Gegenstände, an denen das linke Rheinuser Mangel leiden würds. sollen zollfrei sein. Vorläufig keine neuen Vorschläge. Dem Vernehmen nach ist die Sachverständigenkonfe renz, die an der Arbeit für die Londoner Konferenz mit- r gewirkt hatte, erneut amtlich zu einer Sitzung in Berlin am Freitag, den 18. März, einberufen worden. Die Sach verständigen haben das Interesse und das Bedürfnis, sich über die Erklärungen der Regierung im Reichstage aus zusprechen und es liegt nahe, anzunehmen, daß dabei auch die künftige Beteiligung von Sachverständigen an der Ausarbeitung etwaiger neuer Vorschläge an die Entente erörtert werden wird. Mit allem Nachdruck ist aber zu be tonen, daß vorläufig, wie dies auch Minister Simons in seiner Rede ausgeführt hat, von der überreichuno solcher Vorschläge nicht die Rede ist. DaS englische Zwangsgesetz. Der dem Unterhause vorliegende Gesetzentwurf über die Einziehung der Betrage von Deutschland besagt in feinen Hauptpunkten: Die Kaufleute, welche deutsche Waren in Eng land einführen, werde» verpflichtet sein, an die Hauptverwal tung der Zölle und Steuern einen gewissen Teil des Wertes dieser Waren abzuführcn, der nicht über 50 Prozent hinaus geben soll und dessen Höhe von Zeit zu Zeit durch das Schatz amt bestimmt werden wird. Die Beamten der Zollverwaltuna werden alle so erhobenen Summen aus eigens zu dieser» Zweck eröffnetes Nebenkonto verbuchen, und diese Beträge werden zur Abdeckung der von Deutschland durch den Versailler Vertrag übernommenen Verpflichtungen verwendet werden. Diese Be stimmungen werden nicht auf deutsche Waren zur Anwendung gelangen, die nur zur Wiederausfuhr nach Deutschland einge- führt worden waren und die nur im Durchgangsverkehr oder zum Umladen nach dem Vereinigten Königreich komme». Ern ungeheurer Fehler. In der Londoner Presse wird einhellig auf dre große Mehrheit bmgewiesen, mit der im deutschen Reichstage der Abbruch der Londoner Verhandlungen gebilligt wor den sei. „Daily News" erklärt, das Beunruhigende an der Reds Simons' sei, daß er, offen heraus, genau das selbe sagt, was zahlreiche und gerade die vernünftig sten Kritiker unter, den Alliierten entweder im privaten Verkehr oder in der Öffentlichkeit erklären. Das Blatt verweist auf die bemerkenswerten Ausführun gen des „treuesten aller Anhänger des Premierministers in der Presse", Harvin, der im „Observer" einen „Das Chaos und die Entscheidung" überschriebenen Artikel ver öffentlicht. Harvin sagt im „Observer" über die Zwangsmaß nahmen: „Nichts, was dieses Gesetz in die Kasse unserer Regierung cinbringen kann, kann uns für den Schaden, den unser .Handel dadurch erleiden wird, entschädigen. Die Schwierigkeiten auf dem Wege zu einem Übereinkommen sind durch diesen Fehler ungeheuer gewachsen. Die Re gierung der deutschen Republik sucht den Ausfuhrhandel zu fördern. Der Handel zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland zeigt schon ein bemer kenswertes Anwachsen. Für Deutschland und die zen tralen Länder wird es von größtem Interesse sein, Handel und Schiffahrt von England abzulcnken. Ebenso wird es in Amerikas Interesse sein, diese Bestrebungen zu unter stützen. Wir wollen uns darüber nicht täusche», daß unsere wirtschaftliche Vorherrschaft jetzt nicht weniger, son dern nrchr gefährdet ist als vor dem Kriege. Wenn wir die Neutralen mit unsern Untersuchungen über den wahren Ursprung der von ihnen angebotenen Waren reizen und beleidigen, wird das für unsern Handel leicht katastrophal werde» können. Die früheren Sympathien für die Alliierten sind schon genügend abgekühlt." Italien macht nicht mit. Las Blatt „Tempo" schreibt, die militärischen und wirt schaftlichen Maßnahmen seien ein reiner Bluff, den Lloyd Ge orge, der Hauptverantwortlichc, nicht einmal vor seinen eigenen Augen rcchifertiqen könne. Lloyd George meine, Deutschland müsse zahlen, sage aber nicht, wie und wie weit die beschlossenen Zwangsmaßnabmen das Ziel erreichen können. Die angedrohte Abgab- von 50 Prozent werde nur dio Einstellung des Handels mit Deutschland für diejenigen Länder zur Folge haben, welche sie einführen werden, unter diesen werde sich aber stauen nicht befinden. „Corriere d'Jtalia" ist ebenfalls der Meinung, dre getroffenen Maßnahmen würden nicht die Macht haben, Deutsch land von seinen Beschlüssen abzubringen. Es ist daher unbe dingt notwendig, sowohl für die Ententemächte wie für Deutsch land, bald eine Verständigungsbasis zu finden. Wachsender Aufstand m Rußland. Budjenni gegen die Sowjets. Die Rätcbehörden sind ans Kiew, Tambow und Orel vertrieben worden, und in Zarizyn sollen 150 Kommissare massakriert worden sein. Andererseits ist es fraglich, ob Kronstadt sich noch wird behaupten können. Wie gemeldet wird, verfügt die Festung noch über Lebensmittel sür 10 Tage. Die Sowjetpresse behauptet, daß es in Kronstadt zu Zusammenstöße» zwischen Offizieren und Matrosen gekommen sei. über Reval ist ein Telegramm gekommen, wonach das 18 660 Mann starke KavalleriekorpA Budlcnrüs, das von den Bolschewisten den Befehl erhielt, aus SüdruUand nach Moskau zu marschieren, um gegebrneafMs gegen Kronstadt' verwendet zu werden, bei Örel zu den Rcvo- Mt onären übcrgegangen ist. Örel befindet sich nach sicherer Quelle in den Händen der Revolutionäre. Das Zentralkomitee der russischen Kadettenpartci, das in Paris seinen Sitz hat, erläßt einen Aufruf zur Aufmun terung der Revolutionäre. Darin wird gesagt, dis Stunde der Befreiung sei nahe. Der Mut kehre bei alle» denen wieder, die mit schmerzlicher Bedrängnis bis jetzt die Schwäche der Gegenrevolution beobacktet hätten.