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Wilsdruffer Tageblatt : 05.03.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- Stadt Wilsdruff
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1782027106-192103050
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1782027106-19210305
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1782027106-19210305
- Sammlungen
- LDP: Bestände des Heimatmuseums der Stadt Wilsdruff und des Archivs der Stadt Wilsdruff
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Wilsdruffer Tageblatt
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-03
- Tag 1921-03-05
-
Monat
1921-03
-
Jahr
1921
- Titel
- Wilsdruffer Tageblatt : 05.03.1921
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ver von Deutschland den Alliierten gegenüber eingegange nen Verpflichtungen darstellt. Er erinnert an die Verstöße gegen die Verträge inbetreff der Kohlenlieferungen, der Entwaffnungsbedingunqen, Ler Zahlung von 20Milliarden Goldmark und der Bestrafung der Kriegsverbrecher. Er bemerkt ferner, daß Deutschlaird dadurch, daß es sich wei gert, die ihm von den Alliierten in der Neparationsfrage zugestandenen Erleichterungen anzunehmen, durch diese Tatsachen selbst gleichzeitig auf die verschiedenen Vorteile verzichtet, die ihm auf der letzten Konferenz zugebilligt worden waren. Unter diesen Umständen gab Lloyd Ge orge Dr. Simons zu verstehen, daß, wenn die Deutschen bis zum Ablauf einer Frist, die bis Montag mittag läuft, nicht die Grundlagen des Pariser Abkommens über die Reparationen angenommen habe, die Alliierten beschlossen haben, Deutschland gegenüber sofort folgende Zwangs maßnahmen in Anwendmrg zu bringen: 1. Besetzung von Duisburg, Ruhrort und Düsseldorf durch die alliierten Truppen, 2. Erhebung von Abgabe« auf den Verkaufspreis der deutschen Waren in den alliierten Ländern in einer Höhe, die jedes einzelne Land nach seinem Belieben bestimmen kann, 3. Errichtung einer Zollgrenze am Rhein unter Aus sicht der Alliierten. Der deutschen Abordnung wird außerdem klipp und klar erklärt werden, daß etwa mögliche Abänderungen der in Paris getroffenen Bestimmungen nur die Art und I Weise der Zahlungen betreffen dürfen, etwa in der Art der Herabsetzung der vorgesehenen Jahreszahlungen von i 42 auf 30. Die deutsche Antwort aus Lie Rote. London, 4. März. <tu.) Pr. Limon» gab auf die Rot- der Alliierte» folgende Antwort: Herr Präsident, meine Herre« Delegierte»! Die deutsche Delegation wird die Erklärungen de» englischen Premierministers sowie die Dokumente, die ihr bereits übergeben worden find und »och übergebe« «erde« sollen, mit der volle» Aufmerk samkeit prüfen, die sie infolge ihrer Wichtigkeit verdienen. Die Delegation wird ihre Antwort vor Montag abend geben. Ich lege schon jetzt Wert darauf, zu erklären, daß der Herr Präsident die Absichten der deutsche» Negierung »erkennt. Es wird nach unserer Ansicht nicht notwendig sein, die Maßnahmen des Druckes zu ergreife«, die uns «»gekündigt worden find. —Die Konferenz wird sich auf Montag vertagen, um die Antwort der deutschen Negierung abzuwarten. Man erklärt, daß Deutschland Vorschläge unterbreiten wird, die von den Vorschlägen vom Dienstag sehr verschieden find. Es sei hierzu zu bemerken, daß nach dem Inhalt de» Ultimatums die deutschen Gegenvorschläge sich nur aus die Modallttät der Zahlung beziehen werden. Erwerbslosenfragen im Reichsrat. Neue Vorschläge. Der gemeinsame wirtschasts- und sozialpolitische Aus schuß des Reichswirtschaftsrates beschäftigte sich mit den Forderungen der Gewerkschaften, Betriebsräte und Er werbslosen im Jndustriebezirk Chemnitz und Greiz für die Erwerbslosenfürsorge. Besonderes Interesse erweckte der Vorschlag einer Einsiedlung aller erwerbslosen Arbeits kräfte in alle Betriebe des Handels, Gewerbes und der Industrie durch zweckmäßige Einteilung der Wochenarbeits zeit unter FortgewährungderjeweiligenTa- riflöhne aus Fürsorgemitteln. Arbeitgeber und -nehmer waren sich darin einig, daß zur Unterbringung der Erwerbslosen vor allem eine Pro duktionssteigerung notwendig ist. Vertreter der Industrie waren der Ansicht, daß dazu neben der techni- sehen Vervollkommnung der Betriebe vor allem eine per sönliche Leistungssteigerung der zurzeit beschäftigten Ar beiter notwendig sei, die eine verbesserte Produktion, den Ausbau der Werke und damit die Einstellung weiterer Ar beiter erst ermögliche. Die Arbeitnehmer vertraten die Auffassung, daß die Erwerbslosen nicht warten könnten, und es daher möglich gemacht werden müsse, auch bei Kurz arbeit mit häufigem Schichtwechsel die Produktion zu steigern. Besonders betont wurde von dieser Seite, daß die Erwerbslosen keine Almosen wollen, sondern gerechten Lohn für geleistete Arbeit. Man einigte sich schließlich dahin, die im Sommer 1920 gefaßten Beschlüsse einer Überprüfung zu unterziehen uns neue Richtlinien aufzustellen, die der seitdem ver änderten Weltlage, dem starken Sinken der Weltmarkt preise und der. damit zusammenhängenden Absatzstockung Rechnung tragen. Amtstag -er Amtshauptmarmschaft Meißen am 26. Februar 1921. (Schluß.) Hierauf berichtete Regierungsrat Rößler über Landes- pa^tschutzordnung und Pachteinigungsamt. Die Reichspachtschutzordnung sÄ am 9. Juli 1920 in Kraft getreten. Unter dem 20. Dezember 1920 sei vom säch sischen Gesamtministerium die sächsische Landesschutzpachtordnung erlassen morden. Die Reichs- und damit auch die Landes- pachtschutzordnung habe aber nur für beschränkte Zeit Gültigkeit, nämlich nur bis zum 31. Mai 1922. Wenn Grundstücke zum Zwecke der landwirtschaftlichen oder der gewerbsmäßig gärtne rischen (also auch Obst-) Nutzung verpachtet seien, können die Pachteinigungsämter von den Beteiligten angerufen werden. Um unnötige Beunruhigung der Landwirtschaft zu vermeiden, die schon im Interesse der Erzeugung und der allgemeinen Volksernährung unerwünscht wäre, sei, abgesehen von der Höhe der Pachtpreise, die Zuständigkeit der Pachteinigungsämter auf Streitigkeiten bei Grundstücken unter 2,5 Hektar beschränkt. Für Güter ohne Unterschied der Größe, also auch für Güter über 2,5 Hektar können die Aemter eine Aenderung des Pacht preises herbeiführen, oder wie das Gesetz sagt, bestimmen, daß Leistungen, die unter den veränderten Verhältnissen nicht, oder nicht mehr gerechtfertigt seien, anderweit festgesetzt werden. Es sei dagegen unmöglich, Kündigungen rückgängig zu machen, gekündigte Verträge zu verlängern und ungekündigte Verträge zu lösen. In den beiden Fällen, in denen das Pachteinigungsamt angerufen werden könne, sollen durch sein Eingreifen nur tatsächlich bedeutsame Miß stände getroffen werden. Es sei nicht die Aufgabe des Pacht einigungsamtes, jedes dem einen oder dem anderen Vertrags teile lästige Pachtverhältnis nachzuprüfen. Für den Bezirk der Amts Hauptmannschaft Meißen sei nur die Bildung eines Pacht einigungsamtes in Aussicht genommen, das seinen Sitz in Mei ßen habe und der Amtshauptmannschjaft angegliedert sei. Das Pachteinigungsamt sei zusammengesetzt aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern, von denen der eine Pächter, der andere Verpächter sein müsse. Die Beisitzer werden von den Kreis- ausMssen der Kreishauptmannschaften gewählt und zwar auf Vorschlag des Landeskulturrates. Im Verfahren vor dem Pachteinigungsamte sei zu beachten, daß es nur auf Anrufen eines Beteiligten tätig wird. Die Hauptaufgabe des Pachteinigungsamtes sei, bevor es zu einer Entschei dung komme, in erster Linie auf einen Vergleich hinzuwirken. Gegen die Entscheidung des Pachteinigungsamtes stehe den Be teiligten binnen zwei Wachen Beschwerde beim Oberpachteini gungsamte zu. Ls bestehe nur ein Oberpachteinigungs amt für Sachsen und zwar bei der Kreishaupkmannschaft Dresden. Dieses entscheide endgültig. Das Pachteinigungsamt habe für seine Tätigkeit Gebühren in der Höhe der Gebühren bei Zivilprozessen zu erheben. Der Amtshauptmann wies nach darauf hin, daß das Pachteinigungsamt vorläufig seine Tätig keit noch nicht beginnen könne, weil die Beisitzer von dem Kreis ausschuß noch nicht ernannt seien. Zur Frage der Getreideablieferung, Abgabe von verbilligtem Mais und Maisfuttermehl gegen Getreide und derMilch-und Butteraufbringung sprach Regierungsrat Berger. Er wies darauf hin, daß am 23. Februar 1921 die Frist ablaufe, bis zu der Brotgetreide und Gerste ausgedroschen und abgeliefert sein müsse und nahm auf die in sämtlichen Amtsblättern unter dem 16. Februar 1921 erlassene Bekanntmachung des Kommunalverban des Meißen Stadt und Land Bezug. Mur in ganz besonders begründeten Einzelausnahmefällen, wenn Ausdrusch und Ablieferung auf unüberwindliche Schwierigkei ten stoßen, könne eine kurze Verlängerung der Frist bis 15. März zugelassen werden. Am 15. Februar 1921 sei auch die Frist abgelaufen, bis zu der die erste Hälfte der für die Haferumlage in Frage kommenden Hafermengen abzuliefern war. Der Referent trat der irrigen Auffassung entgegen, dis Haferauflage sei bereits erfüllt. Es fehlten vielmehr noch 13 MO Zentner. Weiter berichtigte er ein falsches Gerücht durch eine Pressenotiz, nach der angeblich nur 50«/» des Haferlieferungsfolls erfüllt zu werden brauchten. Die Haferauflage sei voll zu erfüllen. Wer die für Hafer festgesetzte Mindestab lieferungspflicht nicht erfülle, habe das Dreifache des für die gleiche Menge Hafer geltenden Höchstpreises an die Reichsgetreidestelle zu bezahlen, es sei denn, daß der landwirtschaftliche Unternehmer nachweisen könne, daß die Lieferung ohne sein Verschulden ganz oder zum Teil unter blieben sei. Regierungsrat Berger erläuterte dünn die dm Landwirten inzwischen zugegangene Verfügung über die Min destablieferungsschuldigkeit an Brotgetreide. Von der Mindestablieferungsschuldigkert werde das Selbst- versorgergetreide bis 15. August, das Saatgut, das Deputat- getreide abgerechnet. Es läge im Interesse der Landwirte, ne Deputatliste, soweit sie noch nicht vollständig eingereicht oorden sei, zu ergänzen und vom Gemeindevorstand oeglau- >igen zu lassen, da sonst die Deputatmengen, die ohne Mahl- !arten abgegeben worden seien, von der Mndestablieferungs- ichuldigkeit nicht abgesetzt werden könnten. Die Erfüllung der Mindestablieferungsschuldigkeft sei wegen Lieferung der ver billigten Maises außerordentlich wichtig. Ueber den Austausch von Mais gegen Getreide gibt die in sämtlichen Amtsblättern unter dem 25. Februar 1921 mit der Ueberschrift „Ausgabe von verbilligtem Mais und Maiskuttermehl im Austausch gegen Getreide" erschienene Bekanntmachung des Kommunalverbandes Meißen Stadt und Land nähere Auskunft. Aus praktischen Gründe» empfehle es sich, den Bezugsschein auf Mais oder Maisfutter- meht demjenigen Getreideaufläufer zur Belieferung zu über- geben, an den der Bezugsscheininhaber seinerzeit das Getreide abgellefert habe. .Aus Gere chtigkeits gründen sollen zunächst diejenigen Landwirte Bezugsscheine erhalten, die über lM°/° ihrer Mindestablieferungsschuldigkeit Getreide ab gegeben haben, denen dann die anderen Landwirte, die bis zu 70°/° ihrer Mindestablieferungsschuldigkeit Brotgetreide oder 50°/° Hafer geliefert hoben, folgen. Mit dem Eingänge der ersten Maismenge wird unverbindlich in etwa 3 Wochen ge rechnet. Diesen Ausführungen fügte Amtshauptmann Dr. Sievert hinzu, daß, nachdem die Reichsregierung kürzlich 1Vs Milliarden Mark zur Verbilligung des Auslandsmaises zur Verfügung gestellt Habs, wohl auch auf den Eingang des Maises gehofft werden könne. Die Landwirte des Meißner Bezirks würden nach dem Stande der bis herigen Getreideablieferung etwa 2M0M Zentner verbilligten Mais zu erhalten haben, 165 000 Zentner für abgeliefertes Brotgetreide und 35 000 Zentner für Erfüllung der Hafer lieferung. 2m Anschlusse hieran machte der Amtshauptmann noch Mitteilungen über die Getreide lieferung des ganzen Bezirkes im lausenden Wirtschaftsjahre. Bis 20. Februar waren 324 015 Ztr. Weizen und 160 OM Ztr. Roggen abgeliefert, damit war das Ablieferungssoll de» Weizens mit 113°/° und das des Roggens mit 105°/» erfüllt, auch das Ablieferungssoll der Gerste sei weit überschritten. Aut den Einspruch der AmtshauptmannsHaft sei das Hafer ablieferungssoll um 2M0 Doppelzentner, d. i. 6°/», herab gesetzt worden. Jetzt seien bereits 80°/» der Haferumlage erfüllt, sodaß auch auf ihre volle Erfüllung gehofft werden könne. Die Milch- und Butteraufbringung ist, wie Regierungsrat Berger mitteitte, in letzter Zeit etwas besser geworden. Leider sei die Besserung der Ablieferung nach Dresden für den Kommunalverband Meißen etwas teuer erkauft, nämlich erst nach einer doppelten Butter- sperrwoche im hiesigen Bezirke ermöglicht worden. Die Frage ter von der Landwirtschaft seit längerer Zeit geforderten Er höhung der Milch- und Butterpreise unterliege zurzeit erneut der Beratung und Entscheidung der Regierung. Der Amtshauptmann gab noch eine Verordnung des Wirt schaftsministeriums bekannt, nach der die verschiedenen Revisoren der Milch- und Eetreidebewirtschaftung ihre Tätigkeit in vollem Umfange wieder aufgenommen haben, nachdem die Maul- und Klauenseuche in den landwirtschaftlichen Bettieben erheblich zurückgegangen sei. Regierungsbaurat Dr. Wilde erläuterte die Landes verordnung über Maßnahmen gegen Wohnungsmangel vom 6. Januar 1921, veröffentlicht in der „Sachs. Staatsztg." vom 9. Januar 1921 und im 1. Stück des Sachs. Gesetzblattes von 1921. Die einleitende Bemerkung zum Gesetz bestimme, daß die Landesverordnung für alle sächsischen Gemeinden gelte, für welche ein Mieteinigungsamt erlichtet sei. Das treffe für sämtliche Gemeinden des Meißner Bezirkes zu. Die Wiedergabe der Bestimmung der einzelnen Paragraphen er übrigt sich, da sie durch die Presse bereits veröffentlicht wor den sind. Es sei nur auf folgendes hingewiesen: „Unter an derem können alle Betriebsräume, die vor dem 1. Oktober 1921 Wohnräume waren, zwangsweise wieder Wohnzwecken zugesthrt werden. Die Gemeinden können alle freiwerdenden Wohnungen für sich beschlagnahmen und auf Grund von 8 12 der Landesverordnung von sich aus weiter vermieten, wenn die örtlichen Verhältnisse dies erfordern. Wann eine Woh nung als ungenügend ausgenützt anzusehen sei, soll ganz der örtlichen Regelung überlassen bleiben. Bei Ausübung der Beschlagnahme sotten Härten vermieden werden- Die Mitteilung der Beschlagnahme habe in jedem Falle schriftlich zu erfolgen. Eine mündliche Mitteilung, z. B. durch den Gemeindediener, genüge nicht. Die beschlagnahmten Räume seien umgehend zu vermieten, weil sonst für den M i e t- ausfall die Gemeinde hafte. Die Kosten für dir Räumungspflicht habe auf Verlangen die Gemeinde zu tragen. Gräfin Pia. Roman von H. Courths-Mahler. 84. Fortsetzung. (Stachdruck verboten.) Er biß die Zähne zusammen, und dann sagte er rauh: „Wecke nur keine neuen Hoffnungen in mir. Es ist »besser, ich resignier«. Aber eines steht fest — ich muß von ijhr selbst hören, daß alles aus ist zwischen uns. Eines Tages wird sie ja hoffentlich meinen Anblick wieder ertragen können. Dann, liebe Tante, dann will ich Pia fragen, ob sie ihr Herz einem anderen geschenkt hat. Aber nun laß uns nicht mehr davon sprechen. Wenn du einen Augenblick warten willst, mache ich mich zum Ausgehen fertig und be gleite dich. Ich werde erst am Abend reisen." Er verschwand im Nebenzimmer und kam in wenigen Minuten zurück. Si« gingen zu Fuß zurück nach der Wohnung der Gräfin. Unterwegs, im Kurpark, begegneten sie Exzellenz Kottheim. Sie trug ihren kleinen Seidenspitz, einen nieder trächtigen, verwöhnten kleinen Köter, sorglich spazieren. Aufgeregt kam si« der Gräfin entgegen, und als si« Hans Ried erkannte, überschüttete sie zuerst diesen mit einem Wortschwall, der ihre Freude ausdrücken sollte, ihn wieder zusehen. Dann aber schöpfte sie von frischem Atem und sprach auf die Gräfin ein: „Was sagen-Sie, Teuerste, die schöne Frau von Brenken M gestern abend mit ihrem Schwager abgereist, ganz plötz- lich. trotzdem si« mir fest versprochen hatte, morgen bei mir ,zu speisen. Und soeben erfahre ich, daß auch Fürst Jrkow heute morgen abgereist ist. Aber Frau von Brenken soll nach Paris gereist sein und der Fürst nach Rußland auf seine Güter. Merken Sie etwas, liebste Gräfin?" ,Mein, Exzellenz, ich merke nichts," antwortete die Gräfin mit gutgespieltem Erstaunen. ' Exzellenz holte wieder tief Atem. „Aber ich merke etwas, liebst? Gräfin. Fürst Jrkow hat gestern nachmittag Frau von Brenken ein kostbares Orchidcen-Arrangement durch seinen Diener zugejchickt, und um fünf Uhr hat zwischen ihnen eine Unterredung statt gefunden. Danach ist der Fürst sichtlich erregt und deprimiert in seine Zimmer zurückgekehrt und hat befohlen, daß alles zur Abreise vorbereitet wird. Er soll sich eingeschlossen haben in sein Zimmer bis heute morgen. Und hat sich nicht van Frau von Brenken verabschiedet, als diese gestern abend abreiste. Und die kostbaren Orchideen hat sie dem Zimmer mädchen geschenkt; die hat sie heimlich in die Gärtnerei zurückgebracht und hat sicher ein gutes Geschäft damit ge macht. Was sagen Sie nun, liebe Gräfin?" Hans Ried und seine Tante hatten einen kurzen be deutungsvollen Blick getauscht. Es zuckte wie Spott um den Mund der Gräfin, als sie nun erwiderte: „Ich sage, daß ich sehr erstaunt bin — am meisten darüber, daß Sie das alles in Ersahrung gebracht haben, Exzellenz." Dieser entging der Spott Sie hob triumphierend das Haupt. „Nicht wahr, das ist staunenswert? Ja, ich habe meine Verbindungen, mir entgeht so leicht nichts, was in Baden-Baden vorgeht. Aber ich begreife, offen gestanden, diese Frau von Brenken nicht. So eine glänzend« Partie weist man doch nicht so kurzerhand von sich. Soll ich Ihnen sagen, was ich vermute?" „Ich bitte darum, Exzellenz, es wird mir interessant sein." „Nun." trompetete Exzellenz mit Steigerung ihres Organs, „ich wette, sie hat sich in ihren Schwager verliebt. Mir sind da ein paar Blicke ausgefallen, die mir zu denken geben. Ich werde mich nicht wundern, wenn sie zum zweiten Male Frau von Brenken wird. So eine Partie, wie Fürst Jrkow ist, schlägt eine Frau nur aus, wenn sie sich kopflos in einen anderen verliebt hat. Das ist die einzige Erklärung." „Ich bewundere Ihren Scharfsinn, Exzellenz," sagte die Gräfin mit einem feinen Lächeln. „Aber nun wollen wir Sie nicht länger aufhalten." „O, ich habe Zeit! Wo haben Sie denn heute Ihrs junge Schutzbefohlene?" „Sie meinen Komteß Buchenau? O, wissen Sie noch nicht, daß sie nach Hause zurückgekehrt ist? Ihr Vater war nicht recht wohl, und da war sie in Sorge um ihn." „So, so — nein, davon wußte ich noch nichts. Wird sie denn wiedcrkommen?" „Nein, vorläufig nicht." „Nun — Sie werden froh sein, die junge Dame hat Ihnen sicher viel Aerger gemacht. Sie war schrecklich vor laut und unerzogen." Hans fuhr auf, als wallte er Exzellenz eine scharfe Er widerung geben. Aber die Gräfin sah ihn bittend an und verabschiedete sich schnell. „Das ist eine recht unangenehme alte Dame — ich habe sie noch nie so unausstehlich gefunden wie heute," grollt Hans, als er mit seiner Tante weiter ging. Sie lächelt«. „Du bist undankbar, Hans. Hat sie dir nicht «ine Menge Neuigkeiten erzählt, die gerade dir sehr interessant und wissenswert waren?" „Allerdings, ich weiß nun wenigstens, daß Brenken- sich nach meinen Bedingungen gerichtet haben. Aber wo« fällt dieser Exzellenz ein, so über Pia zu sprechen?" „Berubige dich — diese Antipathie beruht auf Gegen seitigkeit. Pia konnte die gute Exzellenz nicht ausstehen und hat gleich auf meinem ersten Jour, bei dem sie anwesend war, laut und deutlich erklärt, daß Exzellenz Kottheim eine gräßliche alte Frau sei. Das hat diese erfahren, und seitdem ist Pia bei ihr in Ungnade gefallen. Die einzig« Feindin übrigens, die Pia hier gefunden." Sie lachten beide 'e n wenig über Pias Freimut. Als sich Hans dann von seiner Tante verabschiedete — er hatte das Bedürfnis, allein zu sein — und einsam auf einem abgelegenen Wege promenierte, flog-n seine Ge danken zu Pia. "Fortsetzung jolgt.)
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