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politische Run-sckau. Deutsches Reich. Kerne Änderung des Betriebsrätegesetzes. Reichsarbeitsminisier Dr. Brauns steht auf dem Standpunkte, daß die Wünsche auf Abänderung des Be- tricbsrätegesetzes vorerst noch vertagt werden müssen, da noch zu geringe Erfahrungen über die Bewährung des gegenwärtigen Rechtszustandes gesammelt sind. Zum Schutze der Vcreinigungfreiheit sollen bei Neuregeluna des Koalitionsrechts Erwägungen angestellt werden. Reichsergänzungsetat. Nach einer Übersicht zum letzten Ergänzungsetät, die dem Reichstage zuging, betragen die Mehrforderungen dieses Ergänzungsetats allein' 10 656 804 790 Mark, von denen nur 163 805 000 Mark gedckt sind. Auf Anleihe sind also 10 492 999 790 Mark zu übernehmen. Die Neufor derungen basieren aus Gehaltserhöhungen, Preissteigerun gen, Verbilligung von Lebensmitteln, Entschädigungen, Erwerbslosensürsorge, Forderungen aus dem Friedens- Verträge. Das erste deutsche Linienschiff. Als erstes Linienschiff der wiedererstehenden Kriegs- Marine ist „Hannover" unter dem Kommando des Kapi täns zur See Edmund Schulz mit Flaggen-Parade in Wil helmshaven in Dienst gestellt. „Hannover" ist der Marine- Station der Ostsee zuaetcrlt und dem Befehlshaber der Tech.ci.l. äste der'Ostsee in Swinemünde unterstellt. Die neue Ortsklasseneinteilung. Seitdem an die Stelle der bisherigen einheitlichen Teuerungszulagen nach Ortsklassen gestaffelte Teuerungs zulagen getreten sind, ist die Frage des neuen Ortsklassen- verzcichnisses naturgemäß erheblich in den Vordergrund gerückt. Die Vorarbeiten stehen nunmehr vor ihrem Ab schluß. Die Vorschläge der Länder für die Einstufung der Orte unter 10 000 Einwohnern sind zum größten Teil ein gegangen, so daß demnächst die in Aussicht gestellten Be sprechungen mit den Vertretern der Beamten-Organisatio- nen beginnen können. Nach Beendigung dieser Be sprechungen wird die endgültige Vorlage im Reichsfinanz ministerium mit größter Beschleunigung fertiggestellt nnd dem Reichsrat und Reichstag zur Beschlußfassung zuge leitet werden. Frankreich. X Einführung der Sozialisierung. Wie aus Paris ge meldet wird, beabsichtigt der Arbeitsminister einen Gesetz entwurf über die obligatorische Versicherung gegen Krank heit, Invalidität und Alter sowie über eine Versicherung für Mütter der arbeitenden Bevölkerung ausarbeiten zu lassen. Großbritannien. X Erneute Kämpfe in Irland. Siebenhundert Sinn seiner haben die Polizeikaserne und mehrere Häuser des Dorfes Drimoleague angegriffen und zerstört. Es gelang der Garnison schließlich, die Sinnfeiner, von denen eine Anzahl verwundet wurde, zu zerstreuen. Zweihundert Sinnfeiner brachten einen Zug in der Grafschaft Gor! zum Stehen, griffen 14 im Zuge befindliche Soldaten an, töte ten einen und verwundeten 6. Die Brücke über den Fluß Lee zwischen Cork und Macroom wurde in der Nacht in die Luft gesprengt. Die Polizei feuerte und tötete einen Mann. Belgien. X Die Kriegsverluste. Wie in der belgischen Kammer auf Anfrage mitgeteilt wurde, sind auf belgischer Seite während des Krieges an, Soldaten ausschließlich der Offiziere 32 963 Mann gefallen. Auf 23 getötete Soldaten kam ein getöteter Offizier. Rußland. X Aufruhr in Kronstadt. Die Matrosen in Kronstadt hatten eine Abordnung nach Moskau entsandt, um von der Sowjetrcgierung größere Lebensmittelrationen zu cr- baltcn. Diese Abordnung wurde jedoch verhaftet. Trotzki gab den Befehl, daß der Matrosenrat in Kronstadt zurück- lreten solle. Dieser Befehl wurde von den Matrosen mit der Verhaftung aller Zivilbeamten der Sowjetregieruug beantwortet. Die aus Moskau nach Kronstadt entsandten Truppen haben sich bisher passiv verhalten. Die Lage ist gegenwärtig die, daß Petersburg von den Kanonen Kron stadts beherrscht wird und daß die aufrührerische Kron- s.ädtcr Garnison die Macht in Händen hat. Amerika. X Der Streit um die deutschen Kabel. Die Kabel-Kom- mission wurde vertagt, da die auswärtigen Vertreter sich mit ihren Regierungen beraten wollen. Vor allem wünschte der französische Botschafter Jusserand, neue An- weisungen aus Paris zu erhalten. Staatssekretär Davis erklärte, daß die Kabclsrage vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten erledigt sein werde. Llnsirm in Reinkultur. Der Zank um die deutschen Farben. Die offiziöse Londoner „Westminster Gazette" schreibt: Unsere Schutzzöllner und Entschädigungsjäger haben jede mögliche' Aktion in der Frage der deutschen Farbstoffe er griffen. Sie scheinen jedoch von den Ergebnissen nicht befriedigt zu sein. Zuerst haben sie Deutschland gezwun gen, durch eine Bestimmung im Pertrage von Versailles dem Reparationsausschuß ein Viertel seiner jährlichen Farbstofferzeugung auszuliefern. Dies wurde vermutlich getan, um unseren Textilfabrikanten eine reichliche Ver sorgung mit tadelloser Farbe zu sichern. Dann schritten sie im Interesse der Farbindustrie dazu, ein Gesetz anzu nehmen, das der Einfuhr deutscher Farben jede mögliche Schwierigkeit in den Weg legt, und das durch eine Politik cingegeben war, die der entsprechenden Bestimmung des Friedensvertrages direkt entgegensteht. Jetzt wird die Klage laut, daß die deutsche Farbstoffindustrie so blühe, daß sie in der Lage sei, unsere ausländischen Märkte zu überfluten. Die ganze Frage ist ein Teil des Streites wegen der Entschädigung. Zuerst sordern wir die Ent schädigung und einen Teil davon in Farben. Dann er klären wir, wir wollen keine Farbstoffe haben, und zwar wegen des Schadens, der dadurch unserer eigenen Farb industrie zugefügt wird. Dann finden wir, daß der Markt ein Weltmarkt ist, und daß die deutschen Farben ihn über schwemmen. So wird es wahrscheinlich mit jeder Art von Waren sein, mit denen die Entschädigung bezahlt wer den soll. „Konsul" und Millionenschieber. Herr Simon in verschiedenen Rollen. 2. Berlin, im Februar. Eine ganz wundersame Geschichte macht gegenwärtig viel von sich reden. Eingeleitet wurde sie durch die kurze Notiz, daß der angebliche „Konsul" Sitnon, der in einen großen Millionenschieberprozeß verwickelt ist, sich sm Auto ins Ausland begeben habe. Es handelt sich bei den Schie bungen, die von einem jüngst sanatoriumsreif gewordenen Herrn Cohen geleitet wurden, und die besagtem Cohen einen Rcinverdienst von sage und schreibe 70 Millionen Mark gebracht haben sollen, um Bezugsscheine für Sprit. Doch das nur nebenbei, denn das Hauptinteresse wendet sich jetzt nicht mehr Herrn Cohen, sondern Herrn Simon zu. Dieser Herr Leo Simon, der sich zum Judentum be kennt, hat es fertig gebracht, sich unter die Deutschnatio nalen, die wahrscheinlich von seinem sehr anrüchigen Vor leben keine Ahnung hatten, zu mischen und hier den Anti semiten init dem Hakenkreuz zu spielen. Er war ein wahres Genie in der Erfindung von Titeln, die er sich sc.bst bei legte, und ließ sich bald „Herr Konsul", bald „Herr Doktor", bald „Herr Leutnant" nennen, obwohl er nie eine diplomatische Laufbahn eingeschlagen, nie eine Universität besucht und nie einen militärischen Rang — es sei denn den eines schlichten Musketiers — bekleidet hat. Er kam wegen seiner Titelsucht wiederholt mit den Gerichten in Konflikt und wurde vom Landgericht in Mannheim, das für die Aburteilung seiner Großtaten zuständig war, auch bestraft, aber eines Tages waren sämtliche Strafakten in Sachen Simon spurlos und auf Nimmerwiedersehen ver schwunden. Als „Offizier" wurde Leo Simon einmal in Frankfurt a. M. von einem Schutzmann zur Wache ge bracht und aller seiner Orden und Ehrenzeichen, die er sich gleich den Titeln selbst verliehen hatte, entkleidet. Bei Beginn der Revolution stellte Herr Simon sich der neuen Negierung zur Verfügung. Man bedankte sich aber für die Diensts des merkwürdigen Staatsmannes, und aus Wut darüber wechselte Herr Simon prompt von links nach rechts hinüber. Während der Kapp-Tage wurde er dann eine der vielen Eintagsgrößen, die rasch wieder von der politischen Bildfläche verschwanden. Er drängte sich an Ludendorff heran und stellte diesem sein mit einem Hakenkreuz geschmücktes Auto zur Verfügung. Er war auf diese gelungene Tat so furchtbar stolz, daß er sich schon mit einem Gesandtenposten in Paris belohnt sah. über seine wertere fruchtbare Tätigkeit im Schoße der Partei, der er sich angegliedert hatte, gibt erschöpfende Auskunft eine Charakteristik dieses modernen Helden durch die „Ger mania", der wir die Verantwortung für ihre Mitteilungen überlassen müssen. Es heißt da wörtlich: „Dieser „Konsul" Simon hat vor einigen Wochen sich noch öffentlich und gegenüber Zeugen gerühmt, daß er der Arrangeur der gegen den früheren Reichsfinanzminister Erzberger ge richteten Agitation ist. Er habe keine Geldmittel gescheut, um Erzberger mit allen erdenklichen Mitteln zu bekämpfen, und ein großer Teil der Presse habe sich ihm zur Verfügung gcstellt. Durch seine Organisation habe auch Helfferich bas meiste Material gegen Erzberger erhallen." Und man erfährt durch dasselbe Blatt auch, wie Timon zu feinem Erzberger-Prozeß gekommen ist. Er suchte durch Vermittlung eines höheren Offiziers im Sommer 1919 Erzberger zu sprechen und stellte an ihn eine Forderung von etwa 60 Millionen Mark für Verluste an einer Pulverfabrik, bei der er interessiert war. Dieser Forderung konnte aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht entsprochen werden. Seither war der Herr „Konsul" recht schlecht auf den Reichsfinanzminister zu sprechen. Alles in allem ein außerordentlich „verdienstvoller" Mann, eine jener Sumpfblüten, die der Krieg zu Hun- oerten, zu Tausenden an die Oberfläche getrieben hat, und die nun in den verschiedensten politischen Lagern durch grobe Täuschung aller ehrlichen Männer ihre „segens reiche" Tätigkeit entwickeln. * ! Erklärung der Deutschuationalen Das Bureau der Deutschnationalen Volkspartei in t Berlin erläßt eine Erklärung, in der es heißt: In dem Artikel „Es lebe die Korruption" behauptet der Vorwärts, daß ein angeblicher Konsul Simon, der an großen Spiritus schiebungen beteiligt gewesen sei und dann nach dem Aus lande sich begeben habe, Helfferich das meiste Material gegen Erzberger geliefert habe und der „Vertrauensmann" Helfferichs gewesen sei. Wir stellen fest, daß von dem ganzen Material, das Helfferich in seinem Pressefeldzug und seinem Prozeß gegen Erzberger vorbrachte, nichts von dem angeblichen Konsul Simon herrührte, und daß Helffe rich zu diesem angeblichen Konsul niemals iraendwelcbe Beziehungen gehabt habe. Bürgerkrieg in Persien? Allgemeine Verwirrung. Die Zustände in Persien haben sich zu einem Bürger kriege zugespitzt. Der rechtmäßige Herrscher, Sultan Achmed Schah, ist aus der Hauptstadt geflohen, und man spricht davon, daß er aus den Thron verzichtet hat. Genaueres ist eigentlich nicht bekannt. Vor dem Kriege war bekanntlich Persien ein Zank apfel zwischen Rußland und England, bis die beiden Län der sich das Gebiet einfach teilten. Die nördliche Hälfte wurde russische Interessensphäre, die südliche dagegen eng lische. Daß Rußland darauf einging, war auffallend ge nug, denn es verbaute sich dadurch den ersehnten Weg zum Meere. Aber man versteht es, wenn man bedenkt, daß den Russen Konstantinopel versprochen war. Als nun die zaristische Macht im Weltkriege zusam menbrach, hatte England Oberwasser. Es schloß mit Per sien einen „Handelsvertrag", der einfach alle Straßen, Eisenbahnbauten, die Post, Petroleumquellen und sonstige Bodenschätze, das Militär usw. an England auslieferte. Die Ausführung dieses sogenannten Handelsvertrages machte einfach das Land zur englischen Kolonie, und das englische Reich von Ägypten bis Indien war damit fertig. Die Perser aber waren für die englische Herrschaft doch noch nicht reif. Sie weigerten sich, den Vertrag zu unter schreiben. Die orientalische Diplomatie ist im Verzögern und Verschieben besonders groß. Schließlich riß den Eng ländern die Geduld, sie zogen die Schutztruppe, die sie bis dahin dort unterhalten haben, zurück. So sagen sie, viel leicht war das Zurückziehen nicht ganz freiwillig. Die Perser aber verhandelten mit dem bolschewistischen Ruß land, das mit üblicher Großzügigkeit auf alle früheren Rechte in Persien verzichtete, dafür aber die Einführung einer Sowjetregierung in Persien verlangte. Wie die Moskauer sich das denken, ist ihre Sache. Eine Folge dieser eigenartigen Vorgänge ist nun, daß der Schah geflohen ist. Als rechtmäßiger Nachfolger gilt sein jüngerer Bruder Mirza Muhamed Hassan, geb. 1899, zurzeit Gouverneur von Asserbeidschan und dort eigentlich unabhängiger Fürst. Aber auch noch ein älterer Bruder ist da, der Ansprüche erhebt. Er ist allerdings nicht ganz ebenbürtig, Sohn einer. Sklavin, aber das macht,nicht Gräfin Pia Roman von H. Courths-Mahler. «6 Fortsetzung. lNachdruck verboten.) Trotzdem Ried den Grafen möglichst beruhigt hatte, war er selbst nichts weniger als ruhig. Auch er sah Pia von Gefahren bedroht, und sein ganzes Herz drängte danach, sie davor zu beschützen. Seit sie von Buchenau fort war, hatte er erst gemerkt, wie lieb ihm die kleine Pia geworden war. Er sehnte sich nach ihrem frischen, fröhlichen Wesen, das auch ihn so froh gemacht hatte. Und wenn er Tante Maria nicht hat'?, versprechen müssen, erst nach Ablauf der halbjähr'gen Frist wieder nach Baden-Baden zu kommen, so wäre er mohl schon längst wieder einmal bei ihr gewesen. m * Pia war sehr unruhig und erwartungsvoll. Sie hofft- und fürchtete zugleich, daß Hans selbst kommen würde, um ihr das gewünschte Geld zu bringen. Daß sie niemand hatte, zu dem sie sich über alles das, was in ihrer jungen Seele stürmte und gärte, aussprechen konnte, machte sie noch viel unruhiger. Zudem fehlte ihr di« erheiternde Gesellschaft der beiden Baronessen Lindau. Diese waren am Tage nach dem letzten Jour bei der Gräfin mit ihren Eltern auf einige Wochen nach einem Nordfeebade gereist. So war Pia ganz auf sich selbst angewiesen, zumal Tante Maria jetzt jeden Tag einige Stunden bei einer alten Freundin zubrachte, die sehr leidend war. Der Gräfin tat es sehr leid, daß sie Pia während dieser Zeit allein lassen mußte, aber sie hielt es sür ihre Pflicht, der leidenden Freundin beizustehen. Sie versorgte Pia sür diese Stunden mit verständnisvoll ausMwählter Lektüre und riet ihr, zu musizieren in ihrer Abwesenheit, denn Pias Klavier spiel ließ noch viel zu wünschen übrig. Sie hatte cm Neben nie viel Geduld gehabt. Pia faß dann meist in Träumereien versunken allein in Tante Marias kleinem traulichen Salon. Ihre großen Augen blickten oft recht trübe und verzagt. Das Leben schien ihr jetzt oft fchrecklich schwer und kompliziert. Sie konnte im innersten Herzen nicht mehr so froh und heiter sein, wie sie es daheim immer gewesen war. Seit sie in die Welt Yin ausgetreten war, hatte sie schon allerlei erlebt, was ihrer Ruhe und Heiterkeit Abbruch tat. Sie grübelte jetzt auch immer darüber nach, wie sie Hans entgegentreten sollte. Da war etwas in ihr anders geworden. Sie fühlte, daß sie ihm nicht mehr fo unbefangen wie früher begegnen konnte. Und obwohl sie sich nach ihm sehnte, fürchtete sie sich doch auch vor einem Wiedersehen mit ihm. „Ich habe ihn lieb — ach so sehr — so sehr — alles könnte ich für ihn tun. Aber er hat eure andere lieb — und will mich nur aus Vernunftgründen zu seiner Frau machen, das weiß ich." So mußte sie immer wieder denken. — Es war am zweiten Tage, nachdem Pia ihren Brief an Hans fortgeschickt hatte. Pia war allein zu Hause. Die Gräfin war zu ihrer kranken Freundin gefahren. Frau von Brenken hatte Pia noch nicht wieder ge sprochen, sie hatte sie nur gestern mit dem Fürsten Jrkow und ihrem Schwager vorüberfahreu sehen. Pia war vor hin mit der Gräfin in den Anlagen spazieren gegangen und hatte gemerkt, wie viel stiller es nach dem Rennen geworden war. Biele vornehme Badegäste waren ab gereist. * Pia hatte sich dann, heimgekehrt, von ihrer tüchtigen und geschickten Zofe, die sie nun fchon lange besaß, ein leichtes, duftiges Spitzenkleid überwerfen lassen, das sich zart und weich um ihre schönen jungen Glieder schmiegte. Mit einem Buche zog sie sich in den Salon der Gräfin zurück. Die Fenster standen dort ossen und waren nur mit leichten Stores verhängt. Die warme Späisommerluft drang ins Zimmer. Sie ließ sich in einen Sessel gleiten. Mit graziöser Weichheit schmiegte sie sich hinein. Sie hatte gelernt, ihren Bewegungen das allzu Ungestüme, Unbeherrschte zu nehmen. Ihre Formen hatten sich mädchenhafter gerundet- Sie bot ein entzückendes Bild, als sie in Träumereien versunken dasaß. Das reizende Köpfchen mit der gold braunen, anmutig geordneten Haarfülle hob sich von dem dunkelgrünen Sammetpolster des Sessels reizvoll ab. In ihrer lässig herabhängenden Hand hielt sie das Buch, in dem sie hatte lesen wollen. Unter der sehr eleganten Haus- toilette lugte ein schmales Füßchen im seidenen Strumpf und entzückenden Schühchen hervor. Ja — Komteß Pia war wirklich eine sehr vornehme, elegante Erscheinung geworden. Und eine Süßigkeit, ein holdseliger Zauber lag auf dem zart geröteten Dttlitz, daß man wohl verstehen konnte, Daß viele Menschen Pia bezaubernder sanden, als manche an erkannte klassische Schönheit. Wie im Traum hörte sie einen Wagen vorfahren- Sollte Tante Maria wieder umgekehrt fein? Oder kam ein Besuch? Die.Hausglocke schlug an. „Schade," seufzte Pia. Sie hatte sich auf ein stilles Stündchen gefreut, und nun schien Besuch zu kommen, denn Tante Maria hätte nicht geklingelt. Ehe sie sich darüber entscheiden konnte, ob sie für einen etwaigen Besuch zu Hause sein wollte oder nicht, wurde bereits die Tür geöffnet, und der Diener ließ ohne Ast' Meldung einen schlanken großen Herrn eintreten. Wie gelähmt sah Pia einen Augenblick in das schmal« rassige Gesicht Hans von Rieds, der an der Tür stand utB mit ungläubigen Augen und unsicherem Ausdruck nach dec reizenden jungen Dame hinübersah. Eine kleine Weile sahen sie sich so an — beide unfähig- sich zu rühren. Aber dann sprang Pia hastig empor. ! (Fortsetzung.folgt.)