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vorgelegtes Schriftstück Sand streuen wollte, mit tels eines durch da« Fenster abgefeuerten Gewehrs getroffen. Beide Kinnbacken und die Zunge sind total zerschossen und in die Brust mehrere Rehpo sten eingedrungen. Herr v. Thümen ist infolge dessen am 12. d. M. Mittags gestorben. Die Untersuchung an Ort und Stelle wurde durch den hiesigen Kreisrichter Loyke geführt. Sie ergab, daß der Mörder der Gutrinspeclor des Hin. v. Thümen gewesen ist. Der Schreiber des letzter« sowie der Jnspector waren Nachmittags bei dem Ortsschulzen zum Wellfleisch eingeladen und hatten dort gemüth« lich gegessen, als der Schreiber erklärte, baß er Eile habe, indem er dem Herrn v. Thümen noch mehreres zur Unterschrift vorzulegen habe, worauf der Jnspector meinte, daß auch er den Herrn heute Abend noch sprechen müsse. Hierauf gingen beide nach dem Gute. Nach dem auf den Herrn v. Thümen gefallenen Schüsse sielen außerhalb auf dem Hose noch zwei andere Schüsse. AtS man am 12. d. M. früh die Leiche des Inspektors mit zwei Wunden in der Brust und einem Revolver auf dem Hole fand, wollte man doch nicht daran glauben, daß dieser dec Mörder sei, doch hat es sich aus einer Correspondenz, welche letzterer mit dem Schreiber Meißner Halle, bis zur Evidenz erwiesen, da der Jnspeclor vielfach in derselben droht, dem Herrn v. Thümen für ihm angelhane Kränkungen anS Leben zu gehen. Der rc. Meißner ist nun deshalb, weil er keine Anzeige gemacht, nach hier zur ge fänglichen Haft gebracht und wird die Untersuchung gegen ihn eröffnet. — Am 14. Januar hat einer der ersten heutigen Dichter und Schriftsteller Deutschlands, Or. Earl Gutzkow, aus einer Reise in Friedberg bei Frank furt a. M. sich durch Dolchstiche in die Brust und Schnitte in den Hals selbst zu entleiben versucht. Es scheint Hoffnung auf Erhaltung seines Lebens zu sein, aber die That selbst, sowie die begleitenden Umstände beweisen, daß Gutzkow's Geist gestört ist. Er glaubt von Feinden verfolgt und von Freunden verlassen zu sein, ein Gedanke, der wohl nicht der Grund, sondern die Folge einer krankhaften Schwer- muih ist. — Herr Hoff in Berlin, der berühmte Malz- Extract-Fabrikant, schreibt sich nicht umsonst mit dem ff. Er ist überall Hoflieferant, sein Bier schäumt auf allen Hoftafeln Europa's und der Kaiser von Oesterreich hat ihm in persönlicher Audienz das goldene Berdienstkreuz mit der Krone verliehen. Das Verdienst und der Verdienst gehen bei ihm Hand in Hand und er zahlt gern die höchste Steuer in Berlin. — In Zürich trieb sich ein Sträfling, um sich zu lösten, einen 2 Zoll langen Drahtstift in den Hirnkasten; nach 2 Monaten entdeckte man durch unerklärliche Zuckungen des Mannes, was er gethan und gelitten, und zog den Stift mit Mühe heraus. — Victor Emanuel hat die edelsten und schönsten Rappen, Schimmel und Braunen seines MarstallS gegen lauter (goldene) Füchse eingetauscht, 18 die keinen theuern Hafer fressen. Leider sind es lauter Durchgänger. — Mühlhausen am Neckar, 10. Januar. In einem benachbarten Orte hat sich kürzlich folgende erbauliche Geschichte zugetragen: In einer sonder baren Laune fällt es dem dortigen Schulmeister ein, seinen Schulkindern über den Sonntag auizu- geben, daß sie an die Spitzen ihrer Schön'chrjften das reizende Epigramm setzen: Wer seine Schrift nicht recht schreibt, bekommt sechs auf den H—. Eine arme Wittwe verbietet ihrem Kinde, einem 10—N jährigen Mädchen, dies in das Heft zu schreiben, und als das Kind sich mit diesem aus nahe liegenden Gründen gerechtfertigten mütterli chen Verbot entschuldigen will, lraklirt es der Schul meister so, daß ihn bas Oberamtsgericht auf Klage der Muller wegen Körperverletzung in eine drei wöchige Festungsarreststrafe verurtheilt. — Auf Java wurde ein scheußliches Verbrechen entdeckt. In der Nähe von Mister Cornelis san den einige Herren auf einem Jagdausfluge in den dortigen Waldern eine zum Skelet abgemagerte, fast nackte eingeborne Frau mit einer eisernen Kelte an den Boden gefesselt, von allen Qualen des Wahn sinns gepeinigt. Die Untersuchung ergab, daß die Arme, die früher ein bedeutendes Vermögen besessen, von ihrem Gatten und Bruder drei Jahre lang in dieser schrecklichen Lage fcftgehalten wurde, wahrend welcher Zeit ihr unmenschlicher Mann sie in der engen Bawbushütte, die er ihr gebaut, mit spärli cher Nahrung versah. Fünfzehn Personen sind als Mitschuldige des Verbrechens verhaftet.- In einem Schreiben aus Philadelphia beißt eS: New-Aork, Philadelphia und Boston sind in voller Aufregung wegen Oels und sprechen nur von Oel, und das „Petroleumfieber" droht im ganzen Lande epidemisch zu werden. Nicht zu ver wundern. Zu der Creme der feinen Gesellschaft, die in orientalischer Ueppigkeit und Verschwendung lebt, gehören Leute, welche noch vor drei, höchstens Vier Jahren mit Hunger und Elend der schrecklich sten Gestalt kämpften; deren jährliches Einkommen jetzt aber fast dem Kapital einiger der alten Kauf- mannssürsten die Waage hält. „Wenn diese Leute so im Handumdrehen sich aus dem Jrus in einen Krösus entpuppen",— raisonnirt das Publikum — „warum nicht wir Andern auch? Und nach dieser Idee wird gehandelt. Ein Jeglicher „macht nun in Oel." New-Nork allein zählt augenblicklich über 200 Petroleumcompagnien, Philadelphia noch mehr. Petroleumquellen, Petroleumausstchten, Pe- trolcumaktien sind das Thema der Unterhaltung. — In den amerikanischen Südstaaten steht's etwas desperat. Lebensmittel zwar hat Sherman auf seinem langen Zuge in Hülle und Fülle gefunden, die Soldaten aber schmelzen zu sammen wie Schnee im Frühling. 200,000 Mann hat man noch auf den Beinen und im Nothfall das lebendige schwarze Ebenholz; das wird aber höchstens noch ein Jahr Vorhalten und dann heißt's Matthäi am letzten. Sehr empfindlich fehlts an Blei und Eisen; schon in den letzten Schlachten