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334 Umschau. /i ist man nicht sehr erbaut von der Ansficht, daß ein' Ausländer die Geschicke des Staates leite. Seine Der Einzug Sr. Majestät des Königs in Dres den war außerordentlich glänzend. Zahllose Fahnen und Blumengewinde bedeckten namentlich denjeni gen Theil der Stadt, durch welchen der königliche Wagenzug sich bewegte. Gegen 1 Uhr trafen das hohe Königspaar und die königlichen Prinzen vor dem Pirnaische» Thore ein, woselbst sie vom Ober bürgermeister Pfotenhauer, Superintend. Ur. Kohl- schütter und Hofrath Ackermann begrüßt wurden. Der König dankte mit bewegten Worten, den Spruch citirend: „Gott hat geholfen, Gott Hilst noch, Gott wird weiter helfen." Bon hieraus bewegte sich unter Glockengeläute der Zug langsam durch dichtgedrängte Menschenmassen bis zum königlichen Schlosse, und nachdem der Glockenton verstummt war, erschienen die hohen Herrschaften auf dem Balcon, von einer unübersehbaren Menschenmenge mit jubelnden Hochs begrüßt. Die Sänger Dresdens beschlossen die Feier durch Vortrag des Cborals: „Nun danket alle Gott rc." und der Sachsenhymne. Ein Dcsilircn des Zugs mußte einestheils des großen Andrangs wegen aufgegeben werden, anderntdeils riefen die Sturmglocken das Publicum nach der Breikenstraße, wo eine Feuersbrunst inzwischen ausgcbrochen war, welche drei Häuser total cinascherte und vier mehr oder weniger beschädigte. Abends hatte eine große Anzahl Häuser illuminirt. Seitdem sind aus einer großen Anzahl Städten Deputationen in Dresden gewesen, um Sr. Majestät ihre Freude über die Rückkehr des Königshauses nach Sachsen auszu- sprcchen. — Das ,,Dr. Journ." berichtet unterm 7. Nov.: Heute Mittag hat auf dem Theaterplatze die erste gemeinschaftliche Wachtparade der hiesigen Besatzung stattgefunden, bei welcher Se. königliche Hoheit der Kronprinz und der Gouverneur Herr General v. Bonin Ercellenz, sowie die sämmtlichen königl. sächsischen und königl. preußischen Herren Offiziere anwesend waren. Die Parade hielt Se, königl. Hoheit der Kronprinz ab. Wie wir hören, werden solche gemeinschaftliche Paraden der hiesigen Besatzung regelmäßig jede Mittwoch stattfinden. Heute Hal bei den bereits hier befindlichen zur hiesigen Garnison gehörigen königl, sächsischen Truppen eine starke Beurlaubung stattgefunden: die Compagnien sind dadurch auf die Stärke von 50 Mann reducirt worden. — Die Ernennung des vormaligen sächsischen Ministers Frhr. v, Beust zum Minister des Aus» wärtigen in Oestreich ist nun doch noch erfolgt. In seiner ersten Depesche sagt derselbe, daß er weder Vorliebe noch Groll in seine neue Stellung mit hinüber genommen habe und daß es sein Bestreben sein werde, die friedlichsten Beziehungen zu Preußen zu unterhalten. In Berlin will man ihm das aber nicht glauben, sondern betrachtet seine Ernennung als eine halbe Kriegserklärung. Die preußische Regierung müsse auf ihrer Hut sein und besonders die Fäden, die von Wien aus in die deutschen Re sidenzen führen, überwachen. Auch in Oestreich selbst große Befähigung leugnet Niemand, die katholische Partei ist aber unzufrieden damit, daß ein Protestant in eine so hohe Stellung einrücki, die Czechen, Polen und Ungarn fürchten eine große Begünstigung del Deutschen und diese selbst sind ohne Vertrauen, weil ihr größte Feind, Graf Belcredi, nach wie vor Minister bleibt. Soviel ist klar, daß die Schwierig' keilen, mit denen der neue Minister zu kämpfen haben wird, ungeheuer sind, und daß selbst die , größten Anstrengungen seinerseits fruchtlos bleiben müssen, wenn nicht auch im Innern andere Wege eingeschlagen werden. Wird er das aber gegen die vereinte Macht der Hofpartei, der Geistlichkeit und des Adels durchsetzen können? — Die deklagenswerthe Zerreißung Dentschlands, wie sie durch den preußisch - östreichilchen Friedens- Vertrag vollzogen wurde, scheint nickt ewig dauern zu wollen. Zwar ist in Würtemberg die Stimmung noch eine entschieden prcußenfeindtiche, in Baiern wenigstens sehr getheille, aber in Baden find Re gierung und Volk für einen engen Anschluß an den norddeutschen Bund. Von der Bildung eines süd deutschen Bundes, der auch nur Frankreich zu Gute käme und durch dieses bestehen könnte, will in Baben Niemand Etwas wissen. Minister v. Freydors » bezeichnete den Anschluß an Preußen geradezu als eine Lebensfrage für Baden. Wir in Sachsen könn ten nns nur darüber freuen, wenn EüddeutschlanV seine Vertreter mit zum Reichstage schickte, dann würden die Preußen nicht so vollständig die Ober hand haben, wie jetzt, wo außer Sachsen nur noch eine Anzahl kleine Staaten theilnehmen. — Die erste Rate der an Preußen zu zahlende» Kriegskosten, 3 Millionen Thaler, ist bereits nach Berlin abgegangen. — In Preußen hat man die im diesjährigen Kriege ,, verschossenen Patronen zusammengezählt und gesun- siv den, daß auf jeden Infanteristen mr Durchschnitt 7Schüsse gekommen sind. Aus die einzelnen Schlach ten und Truppenkörper vertheilt, steht Königgrätz unten an (2 Schuß pro Mann) (?), Langensalza (11 Schuß) und Nachod (23 Schuß- oben. — Preußen muß eine Kriegsgefahr im Westen nicht für nahe halten; denn die Festungen Saar louis, Coblenz, Köln und Mainz werden so eben auf Befehl des Königs ab gerüstet. — Preußen hätte es gern gesehen, wenn der Herzog von Braunschweig abgedankt hätte und zwar zu Gunsten des Kronprinzen von Hannover, dessen Vater dann aus Hannover für immer ver» . zichten sollte. So war die Rechnung, sie fand aber ' keinen Beifall. — Rußland hat eine Truppenaushebung von 4 Köpfen auf 1000 im ganzen Reiche angeordnet. — Locales. Die Nachricht vom Abschluß des langersehnten Friedens u. von der Heimkehr unserS theuern Königs hauses hat auch in unsererStadt außerordentlicheFreude