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322 Brunnen, die noch etwas Wasser geben, Nachts Wache zu stehen, um zu hindern, daß man Wasser stehle. Die unweit des Ufers der Loire gelegenen Ortschaften haben ebenso viel zu leiden als die an dern; das Flußwasser ist verdorben und stinkend und durchaus ungenießbar. Aber nicht allein im Loiredepartemcnt wird über den Wassermangel ge klagt, noch in vielen andern Gegenden macht er sich fühlbar, und selbst Paris ist gezwungen, sehr haushälterisch mit seinem Wasser umzugehen. Daher geben bereits seit mehrer» Wochen die öffentlichen Springbrunnen der Hauptstadt kein Wasser mehr, und selbst das Begießen der Straßen und Prome naden hat eingeschränkt werden müssen. Die Seine ist, wie man weiter schreibt, dem Austrocknen nahe. Der Wasserstand ist um 25—30 Centimeter unter dem von 1719, dem niedrigsten, den man bis jetzt kannte. Nur Sonntag und Donnerstag kommt etwas Leben in den Fluß, weil an diesen Tagen die oberhalb Paris gelegenen Schleusten geöffnet werden, damit das hinter ihnen zusammengcsparte Wasser die festliegenden Fahrzeuge weiter schwemme. Das Londoner HauS Brassey, Fell u. Comp. hat in Paris die Bewilligung zur Ucberschienung des Mont Cenis erhalten, und zwar erst in Folge von gelungenen Versuchen, deren Kosten eine halbe Mill. Fres, betragen. Das Baucapital beträgt nur 8 Mill. Frcs. Auf der ganzen Linie wird zur Scheidung des Schicnengebictes vom Fahrwege eine Brustwehr aufgestellt. Auf bestimm ten Punkten wird eine feste Bedachung zum Schutze der Bahn gegen Lawinen und Schnee hergestcllt. — Der Bürger Agostina Borghi zu Florenz hat eine Erfindung gemacht, welche die Auf gabe, jeden Stoff unbrennbar zu machen, voll ständig löst. Bei jedem öffentlichen Experiment hat Borghi seine Erfolge vermehrt und dergestalt vervollkommnet, daß dieselben anscheinend gegen wärtig nichts mehr zu wünschen übrig lassen. In den letzten galt es nicht mehr die Unvcrbrenn- barkeit plumper Holzblöcke und roher Leinwand durch sein Verfahren nachzuwciscn, sondern Borghi bediente sich jetzt feinpolirter Holzkästchen, zartester, frischgewaschener und heißgeglätteter Spitzen, dünn sten FlorS und feinsten Papicres, welche Gegen stände, vom ihm präparirt, auch durch die stärkste Gluth nicht zum Entzünden oder Verbrennen ge bracht wurden, sondern sich erst durch die Länge der Zeit und mehr als langsam verzehrten. Der überraschendste Versuch war nun, daß Borghi mit Schießpulver einen Kreis auf der Erde bildete und in dessen Mitte vier Patronen stellte, von denen zwei aus natürlichem und die andern beiden aus präparirtem Papier bestanden. Beim Anzünden deö Pulverkreises entluden sich sogleich die zwei nichtpräparirten, die andern beiden blieben unver sehrt. Auf die Bemerkung einiger Anwesenden, daß so zubereitete Patronen vielleicht an Sicher heit, Tragweite oder Schnelligkeit verlören, wur den sogleich diese Befürchtungen durch chatsächliche Beweise entfernt. Die so feuerfest zubereiteten Ge genstände sollen nicht die geringste Einbuße an Farbe und Glanz erleiden und das Verfahren nicht theuer sein. — Ein junger vermögender Officier, welcher in Berlin mit seiner Mutter zusammen lebt, begab sich, wie die Staatsbürger-Zeitung mitthcilt, am Montag nach einem in der Nähe der Linden gele genen Cafe. Mütze und Degen legte er im Vor zimmer ab und begab sich dann in das anstoßende Zimmer, wo seine Kameraden Platz genommen. Als er nach Verlauf einiger Stunden wieder nach seiner Behausung zurückkchren wollte, vermißte er seine Mütze und schickte deshalb einen Aufwarter nach Hause, um eine andere Kopfbedeckung zu holen. Wie erstaunte er, als ihm seine abhanden gekom mene Mütze gebracht wurde. Eiligst kehrte er in seine Wohnung zurück und erfuhr hier, daß ein anständig gekleideter Herr seine Mütze abgegeben und den Helm und 25 Thlr. in Empfang genom men habe, indem er der alten Dame vorschwin delte, der Herr Lieutenant müsse sofort in Dienst angelegenheiten nach Potsdam reisen. — Die Taschendiebe haben auf der Leipziger Messe gute Geschäfte gemacht, die Herren von der Polizei aber noch bessere; denn sie hat viele Diebe erwischt. Den Hauptspitzbuben aber nicht, der einem Kaufmann im Schützenhause seine Brieftasche mit 40,000 Franks in Banknoten wegkaperte. Das arme Städtchen Gottleuba ist von einem furchtbaren Unglück betroffen worden. Am 4. d. M. Nachmittags brach bei einem Zimmermann Feuer aus und griff bei der herrschenden Dürre und dem Wassermangel so um sich, daß am Abend 70 Gebäude in Asche lagen und über 400 Menschen sich ohne Obdach sahen. Von den geretteten Hab seligkeiten ist noch ein Theil durch niederträchtige Menschen gestohlen worden; so vermißte man 3 Kühe von der Weide, die wahrscheinlich nach dem nahen Böhmen geschafft worden sind. Die Noth ist groß; der Winter steht vor der Thür und Mancher weiß noch nicht, wo er sein Haupt Anlegen wird. Se. Majestät der König besuchte die Stadt am 6. und wies eine beträchtliche Summe zur Unterstützung an. Die Königl. KreiSdirection Dresden hat sich zur Sammlung und Weiterbeförderung milder Gaben erboten. Locales. Am Sonntag Abend 6 Uhr ist der in der Rothschönberger Ziegelscheune beschäftigte Handar beiter Karl Heinrich Eduard Hünig aus Nieder pesterwitz in Klemms Wohnstube gewesen, hat eine daselbst hängende Flinte genommen, dieselbe mit Pulver und Schrot geladen und obgleich der 20 Jahre alte Sohn Klemms mit den Worten gewarnt : „mach' kein dummes Zeug", hat Hünig aus die Frau des Ziegeleipachter Klemm gezielt und unter dem Rufe: „warte, ich werde dich über den Hausen schießen!" losgedrückt und der Frau Klemm die ganze Ladung in die linke Brust geschossen, so daß dieselbe sofort todt zu Boden gefallen ist. Der Mörder Hünig ist verhaftet und beim hiesigen