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Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Dienstag den 7. März V 18. 1871. Das diesjährige 1. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen.— letzte Absendung am 27. Februar d. I. — enthält: No. 1. Bekanntmachung, die der Kranken- und Begräbnißcasse für die Gewerbsgehülfcn im Gerichtsamtsbezirke Gottleuba be willigte Ausnahme von bestehenden Gesetzen betr.; vom 10. Januar d. I. No. 2. Decret wegen Bestätigung der neuen Statuten des Prcdigcr-Wittwen- und Waiscn-Fiscus zu Waldheim, vom 13. Jan. d.J. No. 3. Bekanntmachung, die Bewilligung einer vom „Zwenkauer Vorschußverein" zu Zwenkau erbetenen Ausnahme von bestehenden Gesetzen betreffend; vom 19. Januar d. I. No. 4. Verordnung, die Bekanntmachungen der Brandversicherungscommission betr.; vom 25. Januar d. I. No. 5. Bekanntmachung, die Feststellung der Wahlbezirke für die Landessynode betr.; vom 30. Januar d. I. No. 6. Decret, die Uebernahme der Löbau-Zittauer Eisenbahn für Rechnung des Staates betr.; vom 31. Januar d. I. No. 7. Bekanntmachung, die Verwaltung der Löbau-Zittauer Eisenbahn betr.; vom 8. Febr. d. I. No. 8. Verordnung, die Ausführung des Bundesgesetzes vom 13. Mai 1870 wegen Beseitigung der Doppelbesteuerung betr.; vom 2. Febr. d. I. No. 9. Bekanntmachung, die Verleihung des Rechtes der Maturitätsprüfung an die Realschule in Zwickau betr.; vom 2. Febr.d.J No. 10. Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Oschatz betr.; vom 11. Febr. d. I. No. 11. Bekanntmachung, einige Abänderungen des Reglements vom 11. Dec. 1867 zu dem Gesetze über das Postwesen des Norddeutschen Bundes betr.; vom 13. Febr. d. I. No. 12. Decret wegen Bestätigung des Einquartierungs-Regulativs für die Stadt Wilsdruff; vom 15. Febr. d. I. No. 13. Bekanntmachung, die Bewilligung eitler von den Vertretern der allgemeinen Krankenunterstüh^ und Begräbnißcässö zu Frauenstein für diese Casse erbetenen Ausnahme von bestehenden Gesetzen betr.; vom 15. Febr. d:-J. No. 14. Verordnung, die Ernennung -er Commissare zu den bevorstehenden Re^StagSipaülcn betr.; vom 16. Febr. d. I. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt 14 Tage lang in hiesiger Nan/s^pedition zur Einsicht aus. Rath zu Wilsdruff, am 1. März 1871. Kretzschmar. Tagesgcschichtc. Wilsdruff, am 6. März 1871. Nachdem am Donnerstag Nachmittag die schnlichst erwartete Kunde über die Abstimmung der zu Bordeaux tagenden Nationalversammlung über die Friedenspräliminarien hier eingetroffen war, bemächtigte sich der hiesigen Bevölkerung die allgemeinste Freude. Kaum wär eine halbe Stunde vergangen, so prangte die Stadt in Flaggenschmuck und das herrliche Geläute unserer Kirchenglocken und viele Freuden schüsse verkündeten weithin das frohe Ereigniß. Abends fand von Seiten deS StadtmusikchvrS großer Zapfenstreich statt, begleitet von einer großer Menschenmenge, unter Absingung der „Wacht am Rhein" und anderer patriotischer Lieder; am Schluffe des Zapfenstreiches brachte Herr Muükdircctor Günther ein Hoch aus auf das vollbrachte große Werk der deutschen Heldensöhne. Alle Restaurationen waren an diesem Tage überfüllt und manches ernst-patroische Wort wurde gesprochen, aber auch manches Siegestvpfchen geleert. Am Freitag Morgen ertönte durch die Straßen der Stadt eine festliche Reveille; Vormittags 11 Uhr versammelten sich die activen „Liedertäfler" auf dem Marktplatze, um unter Musikbegleitung das „Nun danket alle Gott!", „die Wacht am Rhein" rc. zu singen, worin das übrige anwesende Publikum mit einstimmte. Zum Schluß brachte Herr Rector Beck noch ein Hoch auf die deutschen Truppen und dercu Führer aus. Abends fand von Seiten der Turnerschast cin imposanter Fackclzug statt. Unter Vortritt des Stadlmusikchors bewegte sich der stattliche Zug vom Schießhause nach dem Innern der Stadt und durchzog die breitesten Straßen, marschirte dann in Kreisform auf dem Markte auf, um hier die Fackeln unter dem Ge sänge „Was ist des Deutschen Vaterland?" und „der Wacht am Rhein" zu verbrennen. Hierauf gedachte Herr Turnlehrer August Wehner der siegreichen deutschen Heere und des einigen deutschen Vaterlandes und brachte Hochs auf dieselben ans. Ein heiterer Commers hielt die Turnerschaft und deren Gäste im Nathhaussaale bis zur frühen Morgenstunde zusammen. Den Glanzpunkt unserer Friedcnsfcicr aber bildete die schon seit Wochen vorbereitete und am Sonnabend Abend zur Ausführung ge brachte Illumination. Hatte man auch erwartet, daß Jeder das seine thun werde, so fand man sich doch im höchsten Grade über rascht, daß alle Bewohner (mit ganz einzelnen Ausnahmen) ganz Außerordentliches zur Verschönerung deS Abends gethan'hatten; be sonders imponirten das Rathhaus, der ganze Markt, die Dresdner und Freiberger Straße, daS neue königl. Gerichtsamt, von wo aus man auch die hell illuminirte „Restauration" erblickte; auch an sinnigen und komischen Transparents fehlte cs nicht , ja sogar Napolvn schaute in Lebensgröße vom Hause des Herrn Restaurateur Otto Weißbach ' weinend in das bunte Menschengewühl herab und mußte sichs später gefallen lassen, als ein deutscher Soldat ihn auf seine kräftige Schulter nahm und unter Fackelschein durch die Straßen der Stadt trug. Der herrliche Abend hatte uns eine große Anzahl Landbewohner zu- geführt, infolge dessen einige Stunden lang ein so dichtes Buntdurch einander herrschte, wie es in unserm Städtchen wohl selten vorkommt, und von allen Seiten hörte man den Ausspruch, Wilsdruff in einem solchen Lichterglanze noch nicht gesehen zu haben. Schließlich noch eine Bitte an das hiesige geehrte Festcomitö: Möchte dasselbe recht zeitig alle Vorkehrungen treffen, daß der jedenfalls bald herannahcnde allgemeine deutsche Jubeltag auch bei uns in recht gehobener Weise gefeiert werden kann. — Bei der am Freitag stattgcsundenen Wahl zum deutschen ! Reichstage wär das Resultat in der Stadt und dent Amtsbezirke Wilsdruff folgendes: Herr Hofrath Ackermann erhielt 880 Stimmen Herr Nittergutsbes. Grahl - 120 - — Vergangene Nacht in der 1. Stunde brannten in Schmiede- walde die Gutsgebäude des Ortsrichlers Lippert bis auf das Mauerwerk nieder, "wobei 4 Kalben, 11 große Schweine, 6 Ferkel, 24 Stück Hühner und 1 Hahn, sämmtliche Tauben, der Kettenhund, sowie sämmtlichcs Inventar und Mobiliar mit vernichtet woxven ist, auch haben sich zwei Söhne Lipperts beim Retten am Gesicht Und au den Händen starke Brandwunden zugczogen. Das Feuer ist aller Wahrscheinlichkeit nach böswillig angelegt worden. Wie zu erwarten stand, wär die gestrige vom herrlichsten Wetter begünstigte Fricdensfeier der Stadt Dresden so großartig, daß cs ciner sehr gewandten Feder bedarf, um ein getreues Bild davon zu entwerfen. Der Naum unseres Blattes gestattet uns nicht, darauf näher cinzugehen und verweisen wir deshalb auf die Dresdner Ta- gesblättcr. Schwarzenberg, 4. Marz. Ein erschütterndes Unglück hat sich gestern im benachbarten Dorfe Nittcrsgrün, und zwar auf der dasigen Eisensteingrubc, Nothcr Adler, zugctragcn, woselbst das, die Wohnung des Obersteigers und gleichzeitig die Schmiede enthaltende H""'aus durch eine Explosion demolirt worden ist und 5 Menschen u u.. gräßlichen Verstümmlungen umgekommcn sind. Die Veranlassung