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380 coies mit ihren bunten Uniformen, namentlich ihren rothcn Hosen dem ganzen Gemälde, welches auf dem Alaunplatze sich entrollt, einen höchst romantischen Anstrich. Zur Arbeit melden sich jedoch nur die jenigen Gefangenen, die vom Hause aus gar keine Unterstützung er halten; die übrigen ziehen Spiel und Müssiggang der Arbeit vor. Leipzig, 26. November. Als ein Vertrag zur Geschichte und bald zu erhoffenden Endschaft der Belagerung von Paris wird mit- getheilt, daß allein ein einziger Lieferant, der gestern auf der Durch reise hier anwesend war und bei einem größeren Bankhause Gelder ausnahm, bis zum 9. Deccmbcr 16,000 Stück Ochsen zu liefern hat, die für die Bewohner der Scinchauptstadt bestimmt sind. Die Herren Bebel und Liebknecht im Reichstage sind voll ständig gegen die Annexion von Elsaß und Deutschlothringen, sie halten nichts auf Nationalität und bewilligen keinen Heller zur Be endigung des Krieges. Sie sind der Meinung, man hätte sofort mit den Republikanern Friede schließen und heimkehren müssen. Präsident Simson war so klug, die Herren vollständig auspacken zu lassen, kein Franzose Hütte so gesprochen wie Bebel und Liebknecht und die Herren Schweitzer und Hasenclever schloffen sich ihnen an. Das vierblättrige Kleeblatt hatte aber kein Glück, Braun zerpflückte es auf der Stelle vollständig und schloß: Wenn wir diesen Herren folgen wollten, so müßten wir zu Gambetta und Cons, gehen und sagen: Es thut uns leid, wir haben Sie geschlagen; sollte es Ihnen weh gethan haben, so bitten wir unterthänigst um Verzeihung; wir wollen, um unsern guten Willen zu zeigen, Ihr Gebiet schleunigst verlaffen und alles gut sein lassen. Der Reichstag Hal die Anleihe von 100 Millionen Thalern angenommen. Für die Kriegsführung gegen Frankreich waren die durch Gesetz vom 21. Juli bewilligten 120 Millionen Thaler schon am 15. November völlig verbraucht; von dem Tage an bis zur Flüssigmachung der nun vom Reichstage neu bewilligten Geldmittel dienen die Vor schüsse der einzelnen Negierungen zur Fortsetzung des Kampfes. Es werden monatlich ca. 32^2 Millionen Thlr. erfordert, davon 30 Millionen für unsere Streitkräfte und der Rest für die französischen Gefangenen; der Credit von 100 Millionen, den das Bundesprä- sidi-um beantragt, wird demnach für weitere 3 Monate Kriegführung reichen und da der Militärverwaltung außerdem ihre ordentlichen budgetmäßigen Einnahmen zur Verfügung stehen, so sind die Mittel zur Deckung der Kosten eines Krieges bis etwa Ende März vor handen. — Gebe Gott, daß sie nicht so lange nöthig sind. Berlin, 28. November, Abends. Der soeben erschienene „StaatSanzeiger" enthält den Wortlaut des Bundesvertrages mit Baiern. Hauplbestimmung desselben ist, daß Artikel 61—68 der Bundesverfassung (Mililärwesen) auf Baiern keine Anwendung finden. Baiern behält feine selbstständige militärische Verwaltung unter der militärischen Hoheit des Königs von Baiern. Die Organisation und Formation der bairischen Armee erfolgt in Uebereinstimmung mit den Normen des norddeutschen Bundesheeres. Der Bundesfcldherr hat das Recht und die Pflicht, Inspektionen vorzunehmen. Im Kriege haben die bairischen Truppen dem Bundesfeldherrn unbedingten Gehorsam zu leisten, eine darauf bezügliche Verpflichtung wird in den Fahneneid ausgenommen. In München brach ein wahrer Jubelsturm los, als die Kunde sich verbreitete, vaß Bayern dem deutschen Reich bcigetreten sei, und daß nun Deutschland ein einig Volk von Brüdern geworden. Viele Häuser flaggten und illuminirten, als wenn ein großer Sieg errungen worden wäre. Kriegsgefangene Mobilgarden des Elsaß, welche Grundbesitzer sind, werden jetzt in ihre Hcimath entlassen, sie müssen aber zuvor einen Nevers unterschreiben, daß ihr Besitz der Konfiskation unter liegt, falls sie noch einmal die Waffen gegen Deutsche ergreifen. Die „Wes. Z." schreibt: Die französische Flotte scheint ihre Cam pagne in der Nordsee noch nicht einstellen zu wollen. Nach zuverlässi gen Mittheilungen soll sie ehestens wiedertehren und zwar scheint die Absicht, irgend einen Schlag gegen unsere Küsten zu führen, noch immer zu bestehen. lieber die gefangenen französischen Offiziere kommen von allen Seiten bittere Klagen. In Glogau haben es diese Herren so arg gegen die Dameirwelt getrieben, daß viele Familien für die Dauer der Jnternirung der Franzosen ihren Wohnsitz fortverlegt haben. In Hamburg sind gleichfalls Belästigungen von Damen durch fran zösische Offiziere vorgekommcn. Sie dürfen dort daher nicht mit dem Degen an der Seite erscheinen und müssen sich wöchentlich ein oder zwei Mal zur R.Vision stellen. Straßburg, im 'November. Die Belagerungsschädeu für Straß burg und Umgebung belaufen sich nach den Anmeldungen auf 50,774,126 Frs. und werden innerhalb 14 Tagen definitiv abgeschätzt sein; hierzu kommen für das Departement Niederrhein etwa 50 Mill. Requisitionen und Leistungen für Kriegszwecke, worüber die Kosten liquidationen noch im Gange sind. Weitere Requisitionen sind kürz lich in Schlettstadt, Hagenau und Zabern ausgeschrieben worden, weil bereits für die Verpflegung der deutschen Truppen bei der Rückkehr aus Frankreich Provianlmagazine angelegt werden müssen. Die Novembcrnebel und die trockenen Wege sind dem Prinzen Friedrich Karl zu seinen Truppenbewegungen und Aufstellungen sehr willkommen. Auch wenn die Augen der Zeitungsschreiber noch so scharf sehen, so können sie doch nicht dahinter kommen, wie und wo die deutschen Truppen jetzt stehen und was sie vorhaben, was gar kein Unglück ist. Die kleineren Gefechte, welche seither gegen einzelne Theile der französischen Loirearmee unternommen wurden, sind für die Deutschen stets siegreich ausgefallen. Wir lebender guten Zuversicht, daß auch die bevorstehende Schlacht den deutschen Waffen neue Lorbeeren bringen -d. Die Hoffnungen des Generals Trochu in Paris zerrinnen wie der Novemberschnee und werden zu Wasser. Zuerst baute er auf die Hilfe der Neutralen, um die der alte Thiers betteln gehen mußte. Damit aber war's nichts. Dann verließ er sich auf die neue Loire armee, die Gambetta zusammengetrommelt hatte und die bestimmt war, Paris zu entsetzen. Allein er sieht jetzt ein, daß sie mit sich selbst zu thun hat und sich ihrer Haut ordentlich wird wehren müssen. Das Vertrauen zu sich selbst und seiner Armed im Innern von Pa ris muß er zuletzt auch noch aufgeben, weil der Hunger weh thut und täglich gegen zwei Millionen Menschen gesättigt sein wollen. Die Mundportionen werden in Paris stündlich kleiner, auch wenn man alle reinen und unreinen Thiere, deren man habhaft werden kann, schlachtet. Die Pariser sehnen sich nach ihren guten Mahlzeiten und loben sich ein Leben ohne viel Strapazen und Entbehrungen.,. Da auch die Kanonen ihren ehernen Mund bis zum 27. November nicht mehr aufthaten, sondern schwiegen, so herrschte in dem modernen Babel eine unheimliche Grabesstille. Laut einem Schreiben des „Times"-Correspondenten von Levert- galant, dem sächsischen Hauptquartier, vom 20. Nov., machte man sich an diesem Tage auf einen großen Ausfall der Pariser, combi- nirt mit einein Marsch der Franzosen vom Norden, gefaßt. Anlaß zu dieser Vermuthung, die sich nicht bestätigt hat, gab die Nachricht der Pariser Blatter, daß Provisionen für 6 Tage unter die Mann schaften ausgetheilt waren und seit dem 19. selbst kein Fremder mehr aus der Stadt gelassen wurde. Was den Ausfall betrifft, wenn er überhaupt gewagt wird, glaubt Der genannte Correspondent beson ders auf die Wichtigkeit einer Ueberwachung von Vicetre aus Hin weisen zu müssen. Von dort aus hat man nicht die Seine zu über schreiten, und die Bewegung kann unter direktem Schutz eines der stärksten Forts mit einer Flankendeckung von Charenton aus ge schehen. Den deulschen Generalen ist es natürlich auch nicht entgan gen und sie haben alle nöthigen Vorkehrungen getroffen. — „In der That — bemerkt der Correspondent — das Pflichtgefühl, das in der Brust des deutschen Heeres von dem Oberbefehlshaber bis zum ein fachen Soldaten herab stets gleich lebendig ist, bildet eines der kräf tigsten Elemente seiner Organisation. In der sächsischen Armee steht das Beispiel des Kronprinzen, eines Mustersoldaten, allen seinen Truppen vor Augen, und sein Bruder, der Prinz Georg, theilt eben falls seinen Tag ausschließlich zwischen Inspektion der verschiedenen Posten, wo er die kleinsten Details für Verthcidigung und Angriff persönlich prüft, und dem Lesen von Berichten und Ertheilung von Instructionen. Man wundert sich nicht mehr über die Erfolge der deutschen Waffen, wenn man dem Vaterland so von seinen erlauch testen Söhnen dienen sieht." Von Norden, Westen und Osten Frankreichs hat der Telegraph Kunde über siegreiche Actionen der deutschen Truppen gebracht. Die vom „Staatsanzeiger" in feiner Freitagsnummer als bevorstehend angedeutcte Beendigung des Krieges scheint durch jene Treffen einge leilet zu fein. Im Norden von Paris dürften wohl die letzten Streit kräfte Frankreichs ain ersten vollständig niedergeworfen werden, da südöstlich von Amiens gestern am 27. November eine Schlacht stafl- gefunden hat, in der ein Theil der ersten Armee, die bekanntlich vom General v. Manteuffel commandirt wird, die sogenannte 'Nordarmee der Franzostn vollständig über den Haufen warf. Ebenso find Theile von Garibaldi's Banden bei Dijon am 27. November durch General v. Werder und Abtheilungen der Loirearmee am 24. Novemb. nord östlich von Orleans von Truppentheilen der Armee des Prinzen Friedrich Carl geschlagen worden. Wie sehr die Loirearmee schon jetzt bedrängt wird, gehl aus der Meldung von Tours hervor, wo nach der linke Flügel sich im steten Rückzüge vor dem Großherzog von Mecklenburg befindet und Chataudun räumen mußte.. Der schon oben gemeldete Sieg eines Theiles der ersten deut schen Armee unter General v. Manteuffel am 27. November über die französische Nordarmee auf der Straße, welche von der Stadt Morcuil nach Amiens führt, muß von großer Tragweite sein, da am Tage darauf Amiens von den deulschen Truppen widerstandslos be setzt worden ist und der für die Norddepartements nicdergesetzte fran zösische Vsrtheidigungsausschuß von selbst den Rückzug der eigenen Truppen und die Entwaffnung der Nationalgarde angeordnet hat. Es ist auch kaum wahrschelntlch, daß sich die Nordarmee der Fran zosen nochmals in offener Feldschlachl stellen wird, sie dürfte wohl schleunigst in den Festungen Arias und Lille eine Zuflucht suchen oder sich noch nördlicher nach Sl. Omer wenden, woselbst bekanntlich von Gambetta die Anlegung eines befestigten Lagers angeordnet wor den ist. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Am 2. AdveutS-onmag: Vormittags predigt: Herr Pastor Schmidt. Nachmittags: Betstunde. WGIM--.WOUVM in bester Qualität und in geeigneter Form und Gewicht, auf Wunsch gleich verpackt, empfiehlt Dein geehrten Publikum zur Kenntnißnahme, daß ich von nächsten Sonntag, den 4. Decbr. an bis aus Weiteres früh halb 8 von hier nach Dresden abfahre. Koch.