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loponns zu machen und dort die Ausgrabungen in Olympia, sowie das berühmte Theater des Aeskulap bei Nauplia zu besuchen. Die griechische Regierung läßt daher schon jetzt die Straßen in Stand setzen und fpcciell bis Nauplia eine ganz neue Chaussee anlegen. Zum Empfange des Kaisers wird jetzt auch eine Galaschaluppe in Stand gesetzt, die noch aus der Zeit des ersten griechischen Königs, Otto I., stammt und am Bug den Doppel adler zeigt, während sie am Heck mit Blumen und Amoretten geschmückt ist. Auf dieser historischen Schaluppe wird Kaiser Wilhelm die Fahrt von seiner Dacht bis zur Landungsstelle im Piräus machen. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich, welche die Ueberfahrt von Venedig nach dem Piräus in dem österreichischen Lloyd-Dampfer „Victoria" zurücklegt, trifft bereits einen Tag vor dem Kaiser in Athen ein. Es ist wohl kaum zu befürchten, daß cs zwischen den Regierungen und dem gegenwärtigen Reichstag zu einer Verständigung über die Sozia listenfrage nicht kommen werde, auf welchen Grundlagen, müssen wir freilich vorerst dahingestellt sein lassen. Auf beiden Seiten, sowohl bei den Regierungen, als bei der Neichstagsmehrheit, herrscht zu sehr dieUebcr- zeugung von der absoluten Nothwendigkeit, jetzt zu einem dauernden Werk zu gelangen, als daß die Gefahr eines Scheiterns der Verständigung über die geeigneten Mittel nahe läge. Daß der Staat die Abwehrwaffen gegen die sozialdemokratischen Umsturzbestrebungen noch nicht entbehren kann, wird selbst bis in die Reihen des Centrums hinein anerkannt, wenn auch die Nothwendigkeit und fernere Nützlichkeit mancher Bestimmungen des be stehenden Gesetzes mit Recht bezweifelt wird. Darüber wird im Einzelnen bei allseitigem guten Willen und Entgegenkommen eine Vereinigung ohne Zweifel zu erzielen sein. Das entspricht auch sicherlich der ganz über wiegenden Stimmung in Lande. Mit Ausnahme der sozialistisch und demokratisch verhetzten Volksschichten dürfte der Wunsch und das Vertrauen allgemein sein, daß Regierungen und Reichstag zu einer befriedigenden po sitiven Lösung der Aufgabe gelangen. Wenn sich dieses Verlangen bisher noch nicht stärker geregt hat, so entspringt diese Zurückhaltung eben der Ueberzcugung, daß eine Verständigung bei der dermaligen Zusammensetzung des Reichstages mit Sicherheit zu erwarten ist. Sollte sie wirklich bei der weiteren Entwickelung dieser Angelegenheit gefährdet sein, so würde sich aus den weitesten, auch entschieden liberalen bürgerlichen Kreisen heraus, die Forderung sehr nachdrücklich geltend machen, unter allen Umständen eine Verständigung hcrbeizuführen. Es liegen uns darüber bedeutsame Stimmungsbcrichte von verschiedenen Seiten vor. Nichts wäre unpopulärer, als das Scheitern einer Verständigung über eine neue Regelung der So- zialistenfragc. Mit der Sicherung der öffentlichen Ordnung nehmen es auch gut fortschrittlich gesinnte bürgerliche Kreise ernster, als die unver antwortlichen Politiker der Partei in Berlin. Hamburg. Die „Voss. Ztg." läßt sich von hier schreiben: „Die augenblicklichen hohen Fleisch preise in Deutschlaud haben die findigen Amerikaner auf den Gedanken gebracht, Capital aus der Nothlage in Deutsch land zu schlagen. Wie nämlich aus Chicago gemeldet wird, ist dort eine Gesellschaft von Geldmänncrn zusammengetreten, um die Einfuhr von amerikanischem Vieh in Deutschland in großem Maßstabe zu betreiben. Die selbe Gesellschaft habe mit derartigen Einfuhren nach England, wohin wöchentlich 7—8000 Stück gehen, gute Erfolge g« habt und hoffe, nament lich Rmd- und Hammelfleisch — trotz des Zolles — zu niedrigerem Preise liefern zu können, als deutsche Schlächtereien dies vermögen. Es Wird hinzugefügt, daß die erste Schiffsladung Vieh nach Hamburg bereits unterwegs sei." Bei den am Sonntag stattgefundenen Abgeordnetenwahlen in Frank reich dürfte die Betheiligung der Wähler nicht sonderlich stark gewesen sein. Die „Liberts", welche keiner Partei angehört und zumeist sachlich und nüchtern zu Uttheilen pflegt, faßt ihr Urtheil dahin zusammen, daß die Parteien zwar viel Lärm machen, aber die Masse des Volkes theilnahms- los und gleichgiltig bleibt. Paris steckt noch völlig im Festtaumel der Weltausstellung, auf welcher der Fremdenverkehr jetzt den Höh punkt er reicht zu haben scheint. In den Wahlversammlungen geben die von den Bewerbern eingestellten Einpeitscher und Wahltreiber den Ton an. Zn Gentilly vor Paris ist bei einer Wahlschlägerei der Wähler Roux halb todt auf dem Platze geblieben. Zu Saint-Marcel bei Chateauroux wollte die Versammlung den boulangistischen Abgeordneten Lejeune zum Fenster Hinausstürzen; Lejeune wehrte sich mit seinem Stock, wurde aber halb todt geschlagen. Die Versammelten bearbeiteten sich mit Stockdegen, Stühlen rc. Einer feuerte drei Nevolverschüsse ab, wodurch ein Wähler schwer ver wundet wurde. Die boulangistischen Maueranschläge strotzen von Schmäh ungen und Beschimpfungen der Regierung, des Senats, der Kammer, bei der Masse des Volks aber verfangen sie nicht mehr. Aus Neapel laufen fortdauernd die befriedigendsten Nachrichten über das Befinden des Ministerpräsidenten Crispi ein und darf man hoffen, daß Üer hohe Staatsmann die Folgen der gegen ihn begangenen bübischen That bald vollständig überwunden haben wird. Die Untersuchung gegen den Attentäter Kaporali ist noch immer nicht abgeschlossen; jedenfalls sieht der Elende, der sein Verbrechen aus politischem Fanatismus begangen hat, einer strengen Bestrafung entgegen. Ein furchtbarer Orkan mit Hagelschlag suchte mehrere Provinzen Nord- Italiens, namentlich Bologna und Papia, heim. Die Neis-Ernte in Malalbergo, Florantina, Medicina, Buda, Ganzanigo und Gallier« ist total ruinirt. Dadurch ist der in Malalbergo herrschende Streik der Reisarbeiter gegenstandslos geworden. Hunderte von Hausthieren kamen um, in Buda ist sogar der Verlust zweier Menschenleben zu beklagen. Auch bei Pavia ist die Reis- und Wein-Ernte stellenweise verloren und der Schaden sehr bedeutend. — Aus Fiume wird vom 18. d. gemeldet: Heute Nachmittag ging über Fiume und Umgebung ein furchtbares Hagelwetter nieder. Die nußgroßen Schloßen verursachten bedeutenden Schaden. Nach dem Un wetter bildete sich eine ungeheure Wasserhose auf dem Golfe, die sich bis zu den Wolken hinaufzog. Das interessante Phänomen dauerte mehrere Minuten. Die Ruhestörungen in den Londoner Docks sind nunmehr an scheinend vorüber. Ueberall, selbst in den Albert- und Victoria-Docks, arbeiten jetzt die früheren Strecker mit den Nicht-Streckern, oder von außer halb herbeigezogenen Arbeitern in völliger Eintracht. Für den Ausstand sind im Ganzen etwa 40000 Pfund Sterl, eingegangen, darunter 24000 aus Australien. Reichliche Beiträge kamen aus Belgien, Frankreich und Deutschland. 32000 Pfd. Sterl, wurden verausgabt, die verbleibenden 8000 sollen zu weiteren Unterstützungen, zur Gründung von Dockarbeiter verbänden und zur Rückzahlung der von dm Gewerkvercinen zur Förder ung des Ausstandes beigetrogmen Summen verwendet werden. Die Streik führer Burns und Tillct besuchten alle Docks und wurden von den Ar beitern stürmisch begrüßt. Ob das einträchtige Zusammenarbeiten jedoch von Dauer sein wird, erscheint zweifelhaft. Da die Dockarbeiter-Ver- einigung den Grundsatz angenommen hat, als Arbeitsgenossen nur Mit glieder ihres Vereins zu dulden, so liegt darin eine Vergewaltigung gegen diejenigen Arbeiter, die sich der Vereinigung nicht angeschlossen haben oder nicht anschließen wollen, und es war unschwer vorauszusehen, daß cs trotz allcr Zusagen und Versprechungen zu G-waltthätigkeiten kommen würde. Und wenn es jetzt auch den Arbeiterführern gelungen ist, die Ein tracht wieder herzustellen, so bürgt nichts dafür, daß nicht von Neuem Reibungen eintreten, die neue Gewaltthätigkcitm zur Folge haben. In Nordost Lancashire wurden in der vergangenen Woche 30000 Webstühle mit fast 1 000000 Spindeln außer Thätigkeit gesetzt. 10000 Familien werden dadurch ihres Erwerbers beraubt. In Preston sind 8 Fabriken geschlossen worden und in Blackburn leistet die Hülfskasse der Arbeiter Zahlungen an die Arbeiter von 14 Fabriken. Zanzibar. Durch cin Dekret des Sultans von Zanzibar werden alle Sklaven für frei erklärt, welche nach dem 1. November d. I. in die Besitzungen des Sultans eingeführt werden sollten. Gleichzeitig wird den deutschen und englischen Kriegsschiffen das Recht erthcilt, alle unter arabischer Flagge fahrenden Dhaus in den Gewässern von Zanzibar nach Sklaven zu durchsuchen und eventuell aufzubringen. Vaterländisches. Wilsdruff. Wir verweisen auch an dieser Stelle auf das nächsten Donnerstag im Adlersaale allhicr stattfindendc „Antritts-Conzert" unseres Herrn Stadtmusikdirektor Jahn. Besondere Umstände haben dieses Conzert, welches die hiesige Stadt schon vor längerer Zeit erwartete, hinausgeschoben, welcher Umstand vielleicht aber gerade einen stärkeren Be such desselben veranlassen dürfte, denn man bat in der Zeit, daß Herr Musikdirektor Jahn nun schon hier wirkt, denselben nicht allein als Mensch, sondern auch in seinem Wirken achten und schätzen gelernt, ja, wir glauben nicht zu viel zu sagen, wenn wir behaupten, daß er sich zunächst durch seine Sommer-Abonnement-Conzerte die volle Sympathie des hiesigen Pub likums erworben hat. Und so steht zu hoffen, daß sein Antritts-Conzert, zu welchem ein sehr gut gewähltes Programm verliegt und in welchem er sich auf der Violine und der Clarinette als Künstler zeigen wird, alle Freunde der Musik vereinigen wird. — Dresden, 19. September. Ihre Majestät die Königin hat sich heute Vormittag für einige Tage nach Schloß Sibyllenort in Schle sien begeben. In der allerhöchsten Begleitung befinden sich Kammerherr v. Minkwitz, Hofdame Freiin v. Miltitz. — Die Dresdner Liedertafel feiert bekanntlich im Anfang des Ok tober ihr fünfzigjähriges Jubiläum. Bei dieser Gelegenheit geschieht es zum ersten Male, daß einem Vereine das Königliche Hoftheater zu einem Konzert überlassen wird. Die Liedertafel giebt daselbst unter Mitwirkung namhafter Künstler der König!, musikalischen Kapelle ein großes Konzert, bei welchem nur Kompositionen ihrer früheren Liedermcister und Ehren mitglieder zur Aufführung gelangen. Dieses Theaterkonzert findet zum Besten wohlthätiger Stiftungen des Königl. Hoftheaters statt bei Mittel preisen. Am ersten Festtage ist ein großer Kommers im Gewerbehause geplant. Der zweite Festtag (Sonntag) bringt den Festakt im Gewerbe- Hause (vormittags), Nachmittags Bankett und Ball ebendort. Montag den 7. Oktober findet die große Fahrt mit mehreren Extradampfschiffen nach Meißen statt. Daselbst Festzug durch die Stadt, Begrüßung durch die Stadtvertretung und Bürgerschaft, resp. die Meißner Sänger, Zug nach der Albrechtsburg, deren Besichtigung, dann Domkonzert. Tafel, Burgbeleucktung, Fackelzug nach dem Bahnhof, Extrazug zurück nach Dres den. Schlußfeier auf der illuminirten Brühlschm Terrasse. — Die 9. Verbandsausstellung der Geflügelzüchter-Vereine des Königsreicks Sachsen wird, wie vorläufig bestimmt, den 25., 26. und 27. Januar N. I. in Kötzschenbroda abgehalten werden. — Freiberg. Zu einer heiteren Szene kam cs kürzlich auf dem hiesigen Bahnhofe. Von Bienenmühle mit dem Abendzuge angelangt, begab sich eine mit einem Tragkorb und oben aufgelegten Sack beladene Bauersfrau mitten unter den übrigen Passagieren dem Ausgang zu, als plötzlick durch ein Loch des Sackes der lange Hals einer Gans erschien und letztere mit kräftigem Schwung sammt dem umhüllenden Sack unter die erschrocken auseinander weichenden Passagiere sprang. Es bedurfte vieler vergeblicher Bemühungen, ehe es möglich wurde, das laut schnatternde mit seiner unbequemen Umhüllung umherspringende Thier einzufangen und der Eigenthümerin zurückzugeben. — Annaberg. In unseren hochgelegenen Gegenden ist das Thermo meter in den letztvergangknen Nächten unter den Nullpunkt herabgegangen. Eis bis zur Stärke von mehreren Millimetern war verschiedentlich zu bemerken und in den Gärten sind Georginen und Astern dem frühzeitigen Froste zum Opfer gefallen. Die Befürchtungen, die vielfach den Kartoffeln gegen über gehegt wurden, sind glücklicher Weise bislang grundlos gewesen. — Zittau. Von einem jugendlichen Landstreicher berichtet der „An zeiger für das Havelland": Kürzlich ist in Hakenfelke bei Spandau ein noch schlulpflichtiger Knabe gesehen worden, welcher anscheinend fremd war und durch sein scheues Wesen auffiel. Derselbe soll identisch sein mit einem Burschen Namens E. Hoffmann, der 12 V2 Jahre alt und aus Neugersdorf gebürtig ist. Der Knabe hat sich am 16. Juli d. I. heim lich aus der Realschule in Zittau entfernt. Er wohnte in den nächsten Nächten bis zum 18. jenes Monats in Berlin in einem Gasthof und wandte sich einige Zeit später nach Luckenwalde, wo er bei dem Mühlen besitzer Richter Aufnahme fand. Alsdann ging er nach Neuendorf bei Trebbin und ist später, wie gesagt, in Hakenfelde bemerkt worden. Seit der Zeit fehlt jede Spur des jugendlichen Ausreißers. Auf seine Er mittelung ist eine Belohnung gesetzt. — Ein 15jähriger Realschüler in Zittau begab sich am 18. d. M. in die Werkstätte eines dortigen Büchsenmachers, um einen Revolver re- pariren zu lassen. In der Werkstätte wurde der Büchsenmacher selbst nicht angetroffen, sondern nur einer seiner Gehilfen, welcher die Waffe prüfte und mit einer vom Eigenthümer derselben mitgebrachten scharfen Patrone lud. Darauf schoß der Gehilfe den Revolver ab und traf, ohne Wissen und Willen, den Schüler, welcher vorher seine Stellung geändert hatte und in die Schußlinie gelaufen war, in den Unterleib, sodaß der selbe sofort mittelst Wagens in die Wohnung seiner Eltern gebracht und in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte. Der unglückliche Schüler ist Tages darauf gestorben. — Pirna. Vor etwa einem Vierteljahre hatte sich in Amsdorf der Knecht Fiedler einen Fuß an dem Haken einer Egge verletzt, beachtete diese Wunde aber nicht in der erforderlichen Weise. Es trat eine Blut vergiftung ein, so daß dann dem Bedauerswerthen, den man in die Dres dener Diakonissenanstalt überführte, der Fuß abgelöst werden mußte. — Cainsdorf bei Zwickau, 19. September. In diesen Tagen wurde der Blitzableiter unseres Kirchthurms untersucht und dabei dessen Spitze zerschmolzen vorgefunden; ein Beweis dafür, daß ein Bitzstrahl unseren Kirchthum getroffen hat, aber vom Blitzableiter abgeleitet worden ist. — Werdau, 19. September. Vor einigen Tagen wurden zwei Mägden, welche bei dem Gutsbesitzer Plietz in Steinpleis in Arbeit sind, mittelst Anlegens einer Leiter und Einsteigens durch ein Schiebefenster aus der im ersten Stockwerk gelegenen Mägdekammer, und zwar aus den darin befindlichen Koffern verschiedene Gold- und Schmucksachen, sowie eine Summe baares Geld gestohlen. Der Dieb ist zur Zeit noch nicht ermittelt. — Schandau. Ein viele hundert Centner schwerer Felsblock ist vom Marienberg« bei Aussig in nächster Nähe der Stadt Dienstag um