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für Nossen, Sieben lehn nnd die Umgegenden snr die König!. Amtshanptmnnnschast zn Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zn Wilsdruff Neunund-reißigster Jahrgang. Erscheint »ichentlich 2 Mal IDienstag und Freitag). Abvnncmentspreis dierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Nontags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AbonncmcntLpreiS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratena nnahme MontagS u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Nr. 58. , i—... > — Freitag, den 25. Juli 1879. Tagesgcschichte. Der Reichskanzler hat auf Grund des bezüglichen Bundcsrathsbe- schlusses Abänderungen der Betriebsordnung für die deutschen Eisenbahnen erlassen. Von besonderem Interesse sind dabei die Maximalsätze für Entschädigung verloren gegangener oder beschädigter Thiere, falls der Absender den Werth nicht angegeben hat. Diese Sätze betragen z. B. für ein Pferd 600 Al., für ein Füllen bis zn einem Jahre 200, einen Mastvchsen 3M, ein Haupt Rindvieh 200. Sonst sind noch besonders Mast- und magere Schweine, Ferkel, Schafe, Ziegen und Hunde einzeln tarifirt, während „für 100 Kilogramm sonstiger Thiere" 100 M. gezahlt werden. Bei einer am 18. Inti in Breslau stattgehabtcn Reichstags- Nachwahl hat die deutsche Sache leider eine empfindliche Niederlage »litten, indem an Stelle des verstorbenen sozialdemokratischen Abg. Reinders der Sozialdemokrat Hasenclever 7886 Stimmen gegen den NationalliberaleN Candidaten Justizrath Leonhard, der nnr 6390 Stimmen erhielt, gewählt wurde. Diesen bedauerlichen Ausgang einer Reichs- Cgsnachwahl für unsere nationale Sache schreibt man der Haltung der klerikalen des dortigen Wahlkreises zu, welche viele Anhänger Wer den Breslauer Arbeitern haben und die natürlich lieber den So zialdemokraten als den Nativualliberalcn wählten. Die bevorstehende Session des preußischen Landtags wird eine der wichtigsten und bedeutungsvollsten werden. Nach allen Anzeichen wird die liberale Partei zum ersten Male seit der „neuen Aera" in der Minorität sein gegenüber einer klerikal-konservativen Majorität. Und dabei wird es sich überhaupt um die wichtigsten Fragen handeln. Einmal steht der Ankauf der Privatbahnen durch den Staat auf der Tagesordnung, sodann wird sich entscheiden müssen, ob Fortführung oder Revision resp. Sistirung der Selbstverwaltungsreform, vor allen Dingen ober wird uns die nächste Session Gewißheit darüber bringen, ob in der Unterrichts- und Schnlgesetzgebung Alles wieder ans den Mühlerschcn Standpunkt zurückgeschraubt werden soll. Insbesondere die Ultramon- Onen hoffen, nm mit Herrn v. Schorlemer zu reden, jene „schauder haften" Gesetze aus der Welt zu schaffen, deren Beseitigung der Lieb- üngswunsch der evangelischen und katholischen Hierarchie ist. Hierin liegt die größte Gefahr für die Zukunft. Die Ultramontanen sehen bereits eine neue Morgenrvthe aufgehen. So schreibt jetzt der ehemalige Fürstbischof von-Breslau, Or. Forster, an seine Breslauer Diözesanen: ..Es giebt eine Zeit des Pflanzens und eine Zeit des Einsammelns. Rald naht — Dank der Standhaftigkeit der Priester und ihrer Heerden hoffentlich die Zeit, da wir wieder ungehindert im Weinberge des Herrn werden Pflanzen dürfen". ,, Bad Gastein, 22. Juli. Se. Majestät der deutsche Kaiser hl in offenem vierspännigen Extrapvstwagen heute Abends 6 Uhr sa bestem Wohlsein hier eiugeuoffen. Der Badeort war festlich ge schmückt, am Eingänge desselben wie am Kaiserwege waren Ehren» bsvrten errichtet. Der Kaiser wurde bei seiner Ankunft von dem Prinzen August vou Württemberg, dem Statthalter Grafen Thun, bnn Botschafter Grasen Beust, dem Fürsten Rohan, dem Landes- Wiptmann Grafen Laniberg, dem Landesforstmeister Ulrici, dem Archen Wilhelm Bismarck und von den Ortsbehörden empfangen. Die Badegäste hatten sich zu Ehrcu des Kaisers mit Kornblumen ge schmückt; die Damen brachten Blnmenspcndcn dar. Von der ge- mmmten Bevölkerung wurde der Kaiser mit lebhaften Hurrahrusen begrüßt. Der König Alfons von Spanien kommt am 8. Angust nach ^ien, um sich mit der Erzherzogin Christine zu verloben. Den neuesten Berichten aus Zentralasien zufolge trifft China Vorbereitungen für einen Krieg gegen Rußland. Wie eine englische Zeitung erfährt, hat sich Prinz Jerome Na poleon zu der Deputation der Bvuapartisten aus dem Süde» wie Ml geäußert: Er betrachte sich als Haupt der Familie und der Dynastie und werde als solcher seine Pflicht erfüllen zu wissen. Nnr Wsse man ihm überlasten, die Stunde zn wählen, um zweckentsprechende Ansprüche zn fvrmnliren. Das gegenwärtig bestehende gesetzliche Ne- Rwent fei die Republik, welche, wenn nicht Anspruch auf Sympathie, o doch ein Anrecht auf Aller Achtung besitze. Der Sohn der Revv- Rwn, hervorgegangen aus dem Willen des Volkes, soll und muß, ob ? nun das liberale oder das selbstherrliche Kaiserthum verkörpert, durch fn Willen der Nation allein die unentbehrliche Weihe erhalten. Er nunmehriges alleiniges Oberhaupt der napoleon'schen Familie werde W Zn keiner Jntrigue, zn keiner Art von Kompromiß hergeben, welche Ze Bonapartes in Widersprnch zu ihrem revolutionären Ursprung otzen könnte. , Die Türkei scheint sich die längste Zeit des inneren Friedens er- zu haben, denn nach Berichten aus Konstantinopel ist der ganze ^enzstnch von Epirus bis Thessalien durch Jnsurgeutenbandcn unsicher tzMacht. Dieses Gebiet liegt an der griechisch-türkischen Grenze, und auch die Insurgenten Griechen, welche, wie es scheint, die griechisch- k Nische Grenzregulirungsfrage auf eigene Faust zum Austrag bringen ollen. Die türkische Regierung faßt die Sitntation ernst auf, denn es werden große militärische Maßregeln getroffen, und fortwährend be trächtliches Kriegsmaterial nach jener Gegend gesandt. Man vermuthet in türkischen Regierungskreisen, daß sich die Anstifter dieser Jnsurrection auf griechischem Boden befinden und will man auch bereits im Besitz von Aufrufen griechischer Revolutions-Comitös sein. Vielleicht führen diese Vorkommnisse dazu, daß die schwebende griechisch-türkische Grenz- regulirnngsfrage endgültig erledigt wird., In den höheren Beamtenkreisen Konstantinopels ist man in großer Aufregung, denn es hat sich dort ein Ereigniß zugetragen, das mit Fug und Recht zu den exotischen gerechnet werden darf, wenn man es nicht noch lieber ein echt — orientalisches nennen wollte. Eines schönen Morgens nämlich, als einer der Minister des Divans gerade in der jüngsten von Midhat Pascha entworfenen Verfassung des türkische» Reiches blättern wollte, machte er zu seinem großen Erstaunen — ob dies Erstaunen ein Schreck oder etwas anderes war — die Ent deckung, daß das Original der Verfassung abhanden gekommen, d. h. gestohlen worden war. Anfangs machte man Konstantinopel ein großes Geheimnis) aus dem Diebstahl, allmülig aber drang die Geschichte von der gestohlenen Verfassung in die Harems und von hier aus, so fest die Harems auch verschlossen zu sein pflegen, machte die Affaire die Runde durch die ganze große verblüffte Stadt. Vom Kriegsschauplätze tu Südamerika liegen der „Agence Havas" Depeschen vor, die für Chile sehr ungünstig lauten. Eine erste Schlacht zwischen den verbündeten Truppen Perus und Bo- livias einerseits und den Chilenen andcrerscits, ist geschlagen wor den, in welcher letz'ere den Kürzeren gezogen und I500 Mann ver loren haben. Die Folge der erlittenen Schlappe ist die Räumung der hochwichtigen Position in Chalama von Seiten der Chilenen. Auch zur See hat sich den Chilenen das Schiachtenglück abhold ge zeigt. Ihr Panzerschiff „Blaucv-Eucalada" ließ sich, von der Kor vette „Magcllaues" nnterstützt, neuerdings in ein Gefecht mit dem Peruanischen Monitor „Huascar" ein, in welchem beide chilenische Kriegsschiffe schwere Havarie erlitten und den Schutz eines ihrer Häfen aufiuchcn mußten. In Lima herrschte ob der Siegesdepesche große Begeisterung. OertlicheS und Sächsisches. Wilsdruff. Mit dem gestrigen Tage ist die Feier des dies jährigen Schützenfestes der hiesigen Bürgerschützengesellschaft beendet worden. Nachdem das Fest am letzten Sonnabende in üblicher Weise mit einem Zapfenstreiche eröffnet worden war, brachte die am Sonntag früh ausgesührte Reveille die beste Feststimmnng hervor, da der Himmel — eine Seltenheit in den letzten Wochen — ein heiteres Gesicht machte und die Temperatur ziemlich warm war. Trotz eines in der Mittagsstunde sich entladenen heftigen Gewitters, dem auch am Nach- mittag ein geringer Gewitterregen folgte, verlief der erste Festtag, an welchem der Schützenkönig Herr Maurermeister Güldner unter zahl reicher Ehrenbegleitung durch die festlich geschmückte Stadt seinen feier lichen Anszng hielt, in sehr befriedigender Weise; das in den späteren Nachmittagsstunden und am Abende herrschende günstige Wetter hatte ein zahlreiches Publikum auf dem Festplatze und in den Räumen des Schießhauses versammelt. Am zweiten Tage schien das Wetter sich sehr ungünstig zu gestalten, da es früh in der heftigsten Weise regnete, doch zeigte es sich auch an diesem Tage dem Feste günstig, so daß nach dem in der gelungensten Weise verlanfenen Rapporte ein Theil der Schützen die Bewohner belustigende komische Aufzüge durch die Straßen der Stadt ansführen konnte. Bei dem an diesem Tage statt findenden Wettschießen nach der Königsscheibe schoß Herr Maurermstr. Hoyer ,snn. Herrn Gärtner Schlätz, welcher schon früher einmal Schützenkönig war, zum Könige, dessen Einzng am Abende dieses Tages durch Umzug durch die tageshell erleuchtete» Straßen der Stadt nach seiner in der Meißner Vorstadt gelegenen Wohnung erfolgte. Der Dienstag brachte eine Ruhepause für die Betheiligten, wogegen an der Mittwoch Vormittags das übliche Königsfrühstück, bei dem eine sehr heitere Stimmung herrschte, und am Nachmittag ein von dem Direktorium der Schützengesellschaft veranstaltetes Damenvogelschicßen stattfand, das leider von einem plötzlichen ziemlich heftigen Gewitterregen arg gestört, wurde. Das sich hieran anschließende Tanzvergnügen verlief in ge-' müthlicher Weise und gab dem Feste einen befriedigenden Abschluß. — In der Nacht vom Montag zum Dienstag brannten im nahen Dorfe Braunsdorf die Häuser der Besitzer Freudemann und Päzold nieder. — Die Gewitter der letzten Tage sollen hier und da, wie erzählt wird, besonders über Tharandt hinaus auch von Schloßen begleiter gewesen sein; doch ist die Stadt und Umgegend von Wilsdruff nicht davon beschädigt worden. — Die diesjährige Weinernte dürfte in Sachsen sehr schlecht ansfallen, denn nicht nur, daß die anhaltend kühle und nasse Witterung den Ansatz von Trauben sehr behinderte, ist auch noch neuerdings eine den Weinträubchen schädliche kleine Made in einer Weise aufgetreten, die alle von den Weinbergsbesitzern dagegen ergriffenen Maßregeln zu-