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Wochenblatt für für für die König!. Amtshauptumnnschast zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Neunund-reitzigster Jahrgang. 187». Frcilng, dm 27. Jiuu Nr. 5». » . ' - Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Ma rk Eine einzelne Nummer testet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonneinentsprcis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. SW- Wilsdruff, Tharandt, Nofsen, Sicbcnlchn und die Umgegenden Warum noch keine Börscnstcner? Sehr mit Recht äußert Nr. Perrot in der „D. N. P." darüber sein Befremden, daß der Reichskanzler, obgleich er „viel Geld" braucht, nicht auch bereits wieder den Entwurf eines Börsensteuer-Gesetzes «angebracht hat. Es handelt sich bei einer Börsensteuer obendrein um einen eiu- sachen Art der Gerechtigkeit. Wie oft schon ist darauf hingewiefen worden, daß man den Umfatz in Grund und Boden ganz erheblich be steuere, und zwar in Preußen z. B. mit 1 Procent vom Verkaufswerth, während die Umsätze in Jnhaberpapieren noch immer vollkommen unbesteuert sind! Hat man doch in Frankreich und Italien schon eine Börsensteuer eiugeführt, warum sollte dieselbe denn in Deutschland etwas so Unge heuerliches und Unmögliches sein, wie unsere Börsenintercssenten ohne Unterlaß behaupten. Wenn die Börsensteuer unthunlich oder undurch führbar wäre, so hätten doch sicher nicht zwei so gewiegte Finanzleute, wie die Minister von der Heydt und Camphausen Börsensteuerent würfe eingebracht. Allerdings dürfte man nicht, wie Herr Camphausen gethan, von jedem Effectenumsatz nur 25 Pfennige verlangen wollen, gleichviel, ob er über 1000 Mark oder über eine Million lautet. Vielmehr müßte, ganz wie beim Handel im Grundbesitz, die Steuer im Verhältniß zur Hohe der Umsätze erhoben werden. Nehmen wir z. B. an, daß auch nur 1 Mk. von je 1000 Mk. Umsatz entrichtet werden müßte, so würde immerhin eine runde Anzahl von Millionen dabei herauskommen. Die Umsätze im Effectenhaudel belaufe» sieh trotz der schlechten Seiten auch heute noch in die Milliarden jährlich. Zwar ist bei dem fast «gänzlichen Mangel einer brauchbaren Börsenstatistik jede Schätzung außerordentlich erschwert, wir glauben jedoch, daß bei dem Satze von 1 vom Tausend etwa 20—30 Millionen Mark jährlich erwartet werden dürften. Die Börsensteuer wäre z. B. höchst geeignet, um den Ausfall zu decken, welcher durch eine erhebliche Herabminderung der Regierungs vorlage bezüglich der Tabakbesteuerung entstehen muß. Sollten sich daher nicht Abgeordnete finden, welche der Negiernng Ersatz durch Einbringung eines selbstständigen Börsensteuerentwurfes bieten, um Zoll und Steuer auf Tabak entsprechend niedriger halten zu können? TagcSgeschichte. Berlin, 23. Juni. Der „Reichs-Anzeiger" meldet: Der Hof legt heute für den Prinzen Lonis Napoleon eine achttägige Trauer an. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm ist am 23. d. Vormittags wittelst Extrazuges in Ems zum Kurgebrauch eingctroffen. Derselbe Wurde am Bahnhof von den Spitzen der Behörden, mehreren andern »nwesenden distinguirten Personen, der Geistlichkeit und dem Krieger verein empfangen und während der Fahrt nach dem Kurhause von der dicht gedrängten Menge und der Spalier bildenden Schuljugend Wit begeisterten Hochrufen begrüßt. Der Weg bis zum Kurhause war mit Guirlanden, Blumen uud venetianischen Masten prachtvoll geschmückt. Nach einer Mittheilung der „Pol. Coir." wird der Kaiser von Rußland noch während der Anwesenheit des deutschen Kaisers in Ems zum Kurbrauche dort eintreffen. Wie verlautet, soll die preußische Regierung, vorbehaltlich der Zahlung der alljährlichen Pension an die Königin von Hannover und die hannöverschen Prinzessiuen, den Nest des Welfenfonds in das ^taatsvermögcn überzuführen gewillt sei, so daß der Herzog von Eumberland, der keine Miene macht, seinen Ansprüchen auf den han növerschen Thron zu entsagen, ganz leer durchgehen dürfte. Gegen den sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Max Kayser ist beim Berliner Stadtgericht die Personalhaft wegen ver weigerter Ableistung des Manifestatiouseides beantragt. Es handelt vH darum, daß Kayser eine Schneiderrechnung nicht bezahlt hat und die dieserhalb angestellte Klage nnumchr bis zur Exekutionsinstanz gediehen ist. Am 19. Juni fiel in Queretaro unter den Kugeln der Mexikaner der von Napoleon III. im Stich gelassene Kaiser Max; am 19. Juni 1879 traf iu London die Nachricht von dem im fernen Zululande "folgten Tode des Prinzen Louis Napoleon ein. Von den ersten Ereignissen datirt der Niedergang des Napol. Kaiserreichs, von den Atzten vielleicht der gänzliche Untergang des Napoleons. Als Prinz Louis Napoleon geboren wurde (1856), stand das zweite Kaiserreich ^uf dem Gipfel seines Glücks; der Krimkrieg hatte den Ruhm der svanzösischen Armee wieder hergestellt, das französische Volk war be buscht von dem neu errungenen Kriegsruhm und jubelte dem Kaiser ^u, dessen Sohn eine große Zukunft zu winken schien. 11 Jahre Wer hatte sich die Napoleonische Glückssonne schon sehr verfinstert. Der mexikanische Feldzug hatte die Kassen und Arsenale Frankreichs erschöpft, so daß es noch viel weniger wie im Jahre 1870 tm Stande gewesen wäre, der siegreichen Armee Preußens entgegenzutreten. Und vach abermals zwölf Jahren liegt der einzige Sprößling des franzö sischen Kaisers als Leiche in der afrikanischen Wildniß. Das ist ein so tragisches Geschick, wie es die Weltgeschichte nur selten ausweift und dessen erschütterndem Eindruck sich Niemand entziehen kann. Auf dem Haupte der Kaiserin lastet die schwere Schuld an dem Kriege von 1870, der zwischen zwei der größten Nationen Europas einen Zustand der bedrohlichsten Feindschaft zurückgelassen hat. Aber vor der Größe des Unglücks, das dieses Haupt getrosten, verstummt der Zorn und die Anklage. Von dem glänzendsten Thron der Welt herabgestürzt, eine einsame Verbannte, ist sie nun auch des Sohnes beraubt, um dessentwillen sie einst alles gethan hat und der ihre einzige Hoffnung für die Zukunft war. Sie muß den Leidenskelch bis zur Neige leeren. Vor unsern Augen steigt das Gemach in Chiselhurst auf, in welchem die einst so schöne, so stolze und glänzende Kaiserin um das verlorene Kind weint, und wir schweigen. — Den englischen Zeitungen gehen zahlreiche Zuschriften zu, welche der Beschämung Ausdruck verleihen über die Vorfälle bei dem Tode des Prinzen Louis Napoleon. Es giebt sich eine große Ent rüstung kund über den Mangel an kollegialer Aufopferung seitens der Eskorte und des Osfiziers, welche vor den Zulus flohen, den Prinzen im Stich ließen. Ebenso wird die Unfähigkeit Lord Chelmsords als Befehlshaber getadelt. Aus diesen Umständen er klärt sich auch die besondere Theilnahme des englischen Volkes an dem Todesfall; man betrachtet den Prinzen gewissermaßen als ein Opser britischer Fahrlässigkeit. In Böhmen und Mähren und in Schlesien haben andauernde Regengüsse, Gewitter und Wolkenbrüche die Flüsse und Bäche in Ströme verwandelt und an den Feldern uud Wiesen große Ver wüstungen angerichtet und auch manche Städte mit Ueberschwemmung heimgeiucht. Auch in Passau verheerende Fluthen. Ueberall sieht man mehr wie je sehnsüchtig nach dem Himmel und nach Sonnen schein aus. Während in Obcritalien an die 44,OM Hektaren Landes unter Wasser stehen, so daß sich die Regierung genöthigt gesehen hat, mit einer zweiten Forderung um Bewilligung außerordentlicher Fonds zur Linderung des Elends in den von der Ueberschwemmung des Po und seiner Nebenflüsse betroffenen Provinzen vor das Parlament zu treten, kommt aus Sizilien die Unglüsbvtschaft, daß die Gemeinden Bongiardo, Santa Venerina, Guardia, Linera und Manzavo am 17. d. durch ein äußerst heftiges Erdbeben schwer beschädigt wurden. Viele Häuser sind zusammeugesallen oder drohen mit Einsturz, und der Telegraph berichtet von zehn Tvdten und zahlreichen Verwundeten. Gleichzeitig kommt aus Neapel die Kunde, daß der Versuv eine immer größere Thätigkeit entwickelt, und zwar ganz im Widerspruche mit den sonst dafür verantwortlich gemachten Mondphasen. Die Laven fließen immer reichlicher in das „Alrio del Cavallo" hinab, zu dessen Ausfüllung cs allerdings noch einer geraumen Zeit be dürfen wird. Jedem kommt einmal der Tag, der ihm nicht gefällt, und dem Khedive von Egypten, Ismail Pascha, ist ec auch gekommen. Die Franzosen und Engländer verlangen gebieterisch, daß er abdankt und haben ihm nur 48 Stunden Bedenkzeit gelassen. Wenn er freiwillig abdankt, soll er in Pension kommen und sein Sohn Tewfik Pascha sein Nachfolger werden. Es wird ihm keine Wahl bleiben; denn sein Oberherr, der Sultan, läßt ihn fallen, weil er keine goldbeladenen Esel nach Coustantiuopel schicken kann; seine Fellahs oder Bauern rühren keinen Finger sür ihn; man könnte sagen, sie hießen Fellahs, weil sie nur dazu da wären, um das Fell über die Ohren gezogen zu bekommen. Und alle die Gäste, die Ismail Pascha s. Z. zur Einweihung des Suez-Kanals eingeladen hatte und mit einer Pracht und Verschwendung überraschte, wie sie in den Märchen 1001. Nacht nicht zu finden, wo sind sie? Petersburg, 22. Juni. Ein geheimnißvoller Mord, an dem Edelmann Wlassow verübt, macht hier viel Aufsehen. Man glaubte zuerst eine nihilistische Blutthat vor. sich zu haben. Jetzt indeß hat der des Mordes verdächtige Fähnrich Landsberg eingestanden, daß er den Edelmann Wlassow nur deshalb erdolchte, weil er von dem selben einen Schuldschein über 5000 Rubel zurückerhalten wollte. Er fand in der Brieftasche des Ermordeten noch andere Werthpapiere, die er an sich nahm und in seiner Heimath in Sicherheit brachte. OertlicheS und Sächsisches. Wilsdruff. Die Schalterdienststunden an Sonn- und gesetz lichen Feiertage» bei dein hiesigen Pvstamte finden von jetzt an an den Sonntagen: v. 7—9 Vorm., v. 12—1 Mittags, v. 5—7 Nachm. und an den gesetzlichen Feiertagen v. 7—10 Vorm., v. 12—2 Mittags, v. 5—7 Nachm. statt. — Vom 1. Juli treten die neuen Wechfelstempelmarken und ge stempelten Blankets in Kraft, und werden dergleichen neue Marken zu 10 , 20, 30, 40 und 50 Pf. sowie Blankets zu 10 und 20 Pf. bei hiesigem Postamte zum Verkauf bereit gehalten. Pirna. Es ist Aussicht vorhanden, daß im nächsten Jahre das mitteldeutsche Bundesschießen hier stattfinden wird.