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für für die König!. Amtshanptmamischast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. NeununS-reißigfter Jahrgang. l D Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AvonncmentsprciS vierteljährlich 1 Marl Eine einzelne Nummer kostet lO Pf. Znseratenaunabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Rr. 89. Diensllg, den 1879. Tagcsgeschichte. Die verflossene Woche blieb in Bezng auf politische Ereignisse ziemlich mager, denn es trug sich weder etwas Unerwartetes zu, noch entwickelte sich irgend eine schwebende Frage zu einer besonderen Krisis. In den öffentlichen Angelegenheiten des deutschen Reichls zeigte sich dieser Zustand nicht minder und wir können daher summu 8umm8,rum nur untergeordnete Angelegenheiten berichten. — Im Bundesrathe hat l der Justizausschuß wieder eine hervorragende Thätigkeit entfaltet, damit die bezüglich der Einführung der neuen Justizgesetze noch uothwendigen Verordnungen möglichst bald die gesetzliche Rechtskraft empfangen können. — An das Reichskanzleramt sind von dem Commissar zur Wahrung der deutschen Interessen auf den Weltausstellungen in Australien, Pro- essor Reuleaux, erfreuliche Mittheilungen eingelaufen. Dieselben be- agen, daß die deutschen Aussteller auf allen vertretenen Gebieten Er- olae erzielt haben, welchem Umstande um so mehr Wichtigkeit beizu messen ist, da Professor Reuleaux vor zwei Jahren auf der Weltaus stellung von Philadelphia keinen Anstand nahm, die damaligen deutschen Fabrikate als „billig und schlecht" zu bezeichnen. Die Nachrichten, die in den letzten Tagen über das Befinden des Fürsten Bismarck in Umlauf gesetzt worden, sind glücklicber Weise stark übertrieben. Es kann dies auf Grund der Berichte von Personen versichert werden, die in jüngster Zeit Gelegenheit hatten, den Fürsten in Varzin zu sehen. Derselbe klagt über seine alten neuralgischen Lei den, gewinnt es aber gleichwohl über sich, den Staatsgcschäften in um fassender Weise sich zu widmen. Von einem gefährlichen Leiden oder einer acuten Krankheit ist nicht die Rede. Die Umprägung der wegen ihrer winzigen Form so wenig be liebten 20-Pfennigstücke soll einem Bnudesrathesbeschlusse zufolge in der Weise bewirkt werden, daß solche Münzen, im Betrage von 5 Millionen einzuziehen und in Ein- und Zwei-Markstücke umznwandeln sind. Ob dieser Münzwerth überhaupt verschwinden oder später in größerer Form (natürlich von geringerem Feingehalt) wieder auftrcten soll, das scheint augenblicklich nicht festzustehen. Die Nachrichten mehren sich, daß sowohl der russische Kaiser, als auch der Großfürst Thronfolger mit seiner Gemahlin nach Berlin kommen und den deutschen Kaiser begrüßen werden. Offenbar sucht Rußland eine Verständigung mit der neuen deutsch-österreichischen Politik und eine Wiederannäherung an die beiden Verbündeten aus früherer Zeit. Es wird nur darauf ankommen, ob der hierauf gerich tete Wmffch des Czaren nicht bloß ein persönlicher bleibt, sondern anch in den Menden Persönlichkeiten der russischen Regierungspolitik seine Stütze .und Bcthätigung findet. Gleichzeitig ist auch eine englisch-rus sische, wenn nicht Aussöhnung, so doch Annäherung im Gange, welche von England, wie es scheint, gesucht und gefördert wird, weil man zu der Einsicht gekommen ist, daß das in England so freudig begrüßte deutsch-österreichische Bündniß nicht so russenfeindlich ist, wie es von vornherein aussah, und daß demnach England es doch nicht in Asien mit einem aus dem europäischen Großmachtsconcert ganz hinaus ge schobenen Gegner zu thun hat. Natürlich muß der Sultan die Kosten dieser Wendung in der britischen Politik tragen, und Rußland, dessen Einfluß in Konstantinopel jetzt durch ein ganz russisch gesinntes Mini sterium gestützt wird, dem, aber' Angesichts seiner jüngsten Niederlage lm Turkmenenlande eine Verständigung mit England über die beider seitigen Interessen iu Asien offenbar Bedürfniß ist, wird wohl den Er satz des jetzigen türkischen Ministeriums durch ein gegen England we niger feindlich gesinntes sich gefallen lassen. In der Thafi verlauten auch aus Konstantinopel über Wien Gerüchte von einem bevorstehenden Kabinetswechsel; andererseits wird jedoch berichtet, daß dem jüngsten Auftreten Englands gegenüber die Pforte Rußlands Unterstützung nach gesucht habe. Dieses Auftreten foll sich übrigens auf Vorstellungen beschränken, die England in Konstantinopel wegen Verzögerung der versprochenen Reformen in Kleinasien gemacht; die Nachricht von einer gemeinschaftlichen Intervention Englands, Frankreichs und Oesterreichs und der Androhung von Zwangsmaßregeln, ja sogar der Absetzung des Sultans, welche der Telegraph brachte, soll gänzlich unbegründet fein; dagegen wird neuerdings bestätigt, daß der englische Gesandte Layard im Falle der Weigerung der Psorte, mit der englischen Flotte gedroht habe. Das „Berl. Montagbl." schreibt: Die Ankunft des Großfürsten- Thronfvlgcrs von Rußland in Berlin, welche für diese Woche durch die amtlichen Hofnachrichten signalisirt wird, mag in mehr als einem unbefangenen Gemüthe die befreiende Hoffnung erweckt haben, daß nunmehr der kriegdrohenden Polemik zwischen den Offiziösen der bei den so lang befreundeten Nachbarländer ein Ziel gesetzt sei. Die bangen Befürchtungen, welche diese Polemik hervorgerufen und die auf Handel und Wandel nicht eben belebend zu wirken vermochten, können durch diesen Besuch eines Erbprinzen, welcher bisher nicht öffentlich zu den Freunden des deutschen Reichs gezählt werden konnte, Wohl für eine Zeit lang in den Hintergrund gedrängt werden — allein es wäre vermessen und sogar leichtsinnig, wollte man von dieser groß fürstlichen Visite sich irgend eine wirkliche Verbesserung des Verhält- , nisses zwischen Berlin und St. Petersburg versprechen. Fürstenbe suche haben in unsern Tagen, in denen nationale Interessen ange fangen haben, für die große Politik maßgebend zu werden, allzuviel an ihrer Bedeutung eingebüßt, als daß sich ein System des Friedens und der Freundschaft zwischen Nachbarvölkern lediglich auf diese Symptome dynastischer Geselligkeit bauen ließe. Wohl soll der Groß fürst-Thronfolger soeben noch erst in Paris dem ihm verwandtschaft lich nahestehenden Großherzog von Sachsen-Weimar gegenüber seine angebliche Feindschaft gegen das deutsche Reich als eine „bloße Jour nalerfindung" verleugnet haben, allein, wie eine Schwalbe noch keinen Sommer macht, so wird auch dieses eine Wort schwerlich darauf An spruch erheben dürfen, eine gMe nur zu wohl bekannte Vergangen heit auszulöschen. Die Nachrichten aus Oberschlesien über den dort herrschenden Nothstand beschäftigen in hohem Maße die parlamentarischen Kreise. Es heißt, daß seitens der Regierung nach eingegangenen Material dem Landtage über die m Schlesien herrschenden Verhältnisse ein ein gehender Bericht erstattet werden wird, und scheint es keineswegs ausgeschlossen, daß Vorschüsse seitens des Staates unter Ge nehmigung des Landtages an die bedrängten Distrikte werden geleistet werden. Bevor man im Abgeordnetenhause mit einer diesbezüglichen Interpellation vorgehen will, soll erst die Regierung in den Stand gesetzt werden, das nöthige Material zu erhalten. In dem zu Lub- linitz erscheinenden „Oberschlesischen Boten" äußert sich eine mit den dortigen Verhältnissen vertraute Persönlichkeit, wie folgt: Der Lubli- uitzer Kreis, bekanntlich in Folge seiner schlechten Boten- und Ver- kehrsverhältnisse sehr gering bevölkert, hatte seit mehreren Jahren durchschnittlich nur mittelmäßige Ernten aufzuweisen. Bei der eigcn- thümlichen Witterung dieses Jahres ist aber die Ernte fast aller Feld früchte so schlecht ausgefallen, daß sie selbst zur Ernährung des Krei ses allein wohl schwerlich ausreichen wird. Wir können beweisen, daß bei den Kartoffeln weit über 55, beim Korn, beim Kraut und bei den Rüben zwischen 30 bis 70 pCt. weniger wie früher geerntet worden. — An vielen Orten hat die Ernte dieser wichtigsten unter allen Feldfrüchten nicht einmal einen Ersatz für die Saat und die Arbeit gegeben. Auch die übrigen Bodenerzeugnisse, Weizen, Hafer, Gerste re., haben durchlchnittlich ebenso schlechte Erträge geliefert. Sehr viele Flächen mußten eingeackert werden und wurden in der Hoffnung, doch wenigstens Etwas dem Boden abzugewiunen, mit an deren, geringeren Früchten bestellt, die aber bei der großen Ungunst der Witterung meistentheils auch verdarben. Ganz ähnlich verhielt es sich mit der Heu - und der Grummet-Ernte; was nicht verfaulte oder weggeschwemmt wurde, hat einen großen Theil der erforderlichen Nährkraft, des Futterwerthcs verloren. Betreffs der Preise für seine Bodenerzeugnisse ist der Landmann hiesiger Gegend ebenfalls sehr gedrückt, denn der Kaufmann, der Händler geben nicht mehr wie 1,50 Mk., höchstens 1 Mark unter der überhaupt niedrigsten Bres lauer Preisuotiz, und zwar für den Centner guten Getreides. Der hiesige Ackerwirth, der sogemmnte Kleingrundbesitzer, ist aber nicht in der Lage, seine Feldprodukte auf Lieferung oder anderwärts zu ver kaufen, wie der Großgrundbesitzer; er muß daher sich mit solchen schlechten Preisen begnügen. Betrachten wir auch die jetzigen Erträge der Viehzucht. Im hiesigen Kreise wird die Schwarzviehzucht stark betrieben, sie bildete bisher — wenigstens für den Kleingrundbesitzcr — einen Haupterwerbszweig. Dies Jahr wird aber für ein älteres Stück Schwarzvieh mindestens 50—60, für junges Schwarzvieh um 60—80 pCt. weniger gezahlt, wie im vorigen Jahre. Auch der Preis des Hornviehes ist erheblich gefallen; die Fleischpreise sind aber die früheren geblieben! Der Grundbesitz, insbesondere der kleine, geht mit Riesenschritten dem Ruin entgegen; das beweist die fortwährend steigende Zahl der Subhastationen, die sich infolge der hier wahr heitsgetreu geschilderten Umstände noch erheblich steigern muß. Am schlimmsten aber ist der niedrige Arbeiterstand, der Tagelöhner, der so zu sagen von der Hand in den Mund lebt, daran, denn selbst seine fast ausschließlichen Nahrungsmittel: Kartoffeln, Kraut und saurer Mehlbrei werden schnell genug in diesem Jahre zu Ende gehen, und Arbeit und Verdienst vermindern sich schon jetzt, da Grundbesitzer, gleichviel ob Groß- oder Klein-, in Anbetracht der bevorstehenden Noth mit dem Arbeitgeben, mit Ausgaben zurückzuhalten gedrungen ist. Referent gl«ubt nicht zu well zu gehen mit der Behauptung, daß Hungersnvth und Typhus erschreckend schnell in hie siger Gegend erscheinen werden. Für die Wahrheit jeder seiner vorstehenden thatsüchlichen Behauptungen kann er vollgültige Beweise angcben. Daß der Lublinitzcr Kreis und seine Bewohner viel zu arm sind, um aus eigenen Mitteln der bevorstehenden übergroßen Noth zu steuern, kann wohl Niemand bestreiten. Belgien. In dem Geisteszustände der unglücklichen Kaiserin Charlotte von Mexiko, den man bekanntlich für unheilbar hielt, soll, nach Versicherung aus achtbarer Quelle, eine Besserung eingetreten sein. Welcher Ursache man dieselbe zuschreiben muß, ob einer verän derten Behandlungsweise oder ob ihrem jetzigen Verweilen an Orten, welche bei der unglücklichen Fürstin Erinnerungen an ihre frohe Jugend wachrufen, ist nicht bekannt. Thatsache aber ist, daß, seit sie das Schloß von Meysse in unmittelbarster Nähe von Laeken bewohnt, eine