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Wochenblatt für für Rr. 88 187S Frkilag, dcn 7. November Der Etat für die Zwecke der Rechtspflege hat sich in dessen Folge in mehrfacher Beziehung anders gestaltet als bisher. Eine Erhöhung . des bisherigen Postulats erfordert indeß die nothwendige Vermehrung der Richterstellen nicht, weil die neue Ordnung des Verfahrens in anderer Richtung Ersparnisse gestattet. Ich gebe Mich der Erwar tung hin, daß, nach Erledigung der nach dem bisherigen Proceßrecht zu behandelnden Sachen und nach Ueberwindung der auch in anderen Beziehungen mit dem Uebergang in die neuen Verhältnisse verbun denen Schwierigkeiten, sich auch das Bedürfniß in Betreff des Be amtenpersonals bei den Gerichten mindern werde. Im Anschluß an das System des Gerichtskostengesetzes für die streitigen Rechtssachen, wird Ihnen der Entwurf einer neuen Tax ordnung für die durch dieses Gesetz nicht getroffenen Rechtsangelegen heiten vorgelegt werden. Nächstdem soll Ihrer Beschlußfassung der Entwurf eines die Dienst verhältnisse der Richter umfassenden Gesetzes unterbreitet werden. Sowohl das höhere als das Elementarschulwesen ist auch in den verflossenen Jahren auf den gegebenen Bahnen weiter entwickelt wor den. Insbesondere erkenne Ich es gern an, daß seiten der Gemein den selbst in dieser Zeit gedrückter Erwerbsverhältnisse zahlreiche Opfer gebracht worden sind, um ihre Schulen auf einen entsprechen den Standpunkt zu erheben. Die von Ihnen bewilligten größeren Bauten für Universitäts- und Schulanstalten sind vollendet und zum Theil schon dem Gebrauch übergeben, nur der Bau der Jrrenklinik an der Landesuniversität kann erst jetzt in Angriff genommen werden. Der Mangel jeder gesetzlichen Regelung in Bezug auf die Errich tung gewerblicher Lehranstalten hat Uebelstände hervortreten lassen, die einer Abhilfe bedürfen. Es ist daher der Entwurf eines Gesetzes vorbereitet worden, welches bestimmt ist, diese Lücke zu ergänzen. Mit Befriedigung habe Ich wahrgenommen, daß trotz der Ungunst der Zeit auf vielen Gebieten des Gewerbefleißes ein ernstes Streben nach Vervollkommnung der Leistungen sich nicht verkennen läßt und daß die auf eine größere Wiederannäherung der Kunst und des Handwerks gerichteten Bemühungen wohlthätige Früchte zu tragen beginnen. Ihr freimüthiger Beirath und Ihr Entgegenkommen werden, wie Ich vertraue, auch bei diesem Landtage den auf allseitige und ge rechte Förderung der geistigen und materiellen Interessen des Landes gerichteten Bestrebungen Meiner Regierung zur Seite stehen. Möge das Ergebniß Ihrer Arbeiten ein für alle Thelle Meines Volkes gesegnetes sein! Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) Abonnementspreis vierteljährlich I Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Tagesgeschichte. Berlin, 3. November. Gestern Mittag empfing der Kaiser das neue Präsidium des Abgeordnetenhauses. Der Monarch sprach sich äußerst befriedigt über die Gestaltung der inneren Lage ans. Der erste Präsident v. Köller stellte seine beiden Kollegen v. Benda und v. Heeremann dem Kaiser vor, der sich äußerst huldreich mit denselben unterhielt. Ueber die Besserung des Verkehrs, den Aufschwung der Geschäfte, der sich ganz besonders in Elsaß-Lothringen wahrnehmen lasse, sprach sich der Kaiser sehr befriedigt aus. Er meinte ferner, daß sich schon in einigen Jahren Alles das erfüllen werde, was inan von der Zoll- und Steuerreform im Reiche erwartet. Ueber den eben vorgelegten Etat war der Kaiser durchaus orientirt, was aus mehreren seiner Fragen und Bemerkungen deutlich hervorging. Ueberhaupt ver- rieth jede Aeußerung des greisen Herrschers, mit wie peinlicher Sorg falt er auch in so hohem Alter die Entwickelung aller staatlichen Ver hältnisse überwacht und verfolgt. Warme Worte der Anerkennung widmete der Kaiser dann noch besonders dem dahingeschiedenen ver dienstvollen Minister v. Bülow, sowie dein krankheitshalber aus dem Amte geschiedenen Justizminister Ur. Leonhardt, der mit aufopfernder Hingebung und Anstrengung das große Werk der Justizorganisation wesentlich mit zu Stande gebracht habe. Die Herren verstehen den kaiserlichen Palast mit dem freudigen Bewußtsein, daß es dem 82- jährigen Herrscher nicht an Frische und Gesundheit mangele, um mit Gott noch lange seine Regentenpflicht ausüben zu können. Berlin. Um dem wucherischen Treiben, welches in letzter Zeit so überhand genommen und durch welches so mancher junge hoff nungsvolle Offizier dem Vaterlande und den Scinigen entzogen worden ist, einen ernsten Damm entgegenzuschen, ist ein Komitee, be- Bekanntmachung, Durchschnittspreise für Marschfourage betr. Von der Königlichen Kreishauptmannschaft Dresden sind die Durchschnittspreise für Marschfourage des Hauptmarktortes Meißen für den Monat September dss. Jrs. folgendermaßen festgestellt worden: 7 Mk. 78 Pfg. für 50 Kilo Hafer, 3 - 69 - - 50 - Heu, 1 - 89 - - 50 - Stroh. Königliche Amtshauptmanuschast Meißen, am 30. October 1879. I. V. vonMayer. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Dresden, den 5. November. Die feierliche Eröffnung des Landtages durch Se. Majestät den König hat heute Nachmittag 1 Uhr im Thronsaale des königl. Schlosses stattgefunden. Derselben war Vor mittags 9 Uhr ein Gottesdienst in der evangelischen Hof- und So- phienkirche vorausgegangen, welchem die Herren Staatsminister, so wie die Dieectorien und Mitglieder der beiden Kammern beiwohnten. Kurz vor 1 Uhr erschienen die Directorien und Mitglieder der beiden Kammern im Thronsaale und nahmen dem Throne gegenüber Auf stellung. Nach dem Glvckenfchlage 1 Uhr ertönte der Parademarsch des Trompetercorps des Gardereiterregiments und verkündete die Ankunft des Königs. Se. Majestät erschien in Begleitung Sr. kgl. Hoheit des Prinzen Georg unter Vortritt der Herren Staatsminister und der übrigen Herren der 1. und 2. Klasse der Hosrangordnung. Beim Eintritt in den Thronsaal wurde der König von der zahlreichen Versammlung mit einem, von dem auch für den jetzigen Landtag von Sr. Majestät dem Könige zum Präsidenten der Ersten Kammer er nannten Kammerherrn v. Zehmen ausgebrachten dreimaligen Hoch empfangen. Se. Majestät nahm, umgeben von dem großen Dienste rc., auf dem Throne Platz, neben welchem zur Rechten Se. königl. Hoheit der Prinz Georg stand, bedeckte das Haupt mit dem Helm und verlas die folgende, von dem stellvertretenden Vorsitzenden im königl. Gesammtministerium, Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz, Sr. Majestät überreichte Thronrede: Meine Herren Stände! Ich heiße Sie zum 18. ordentlichen Landtage feit dem Bestehen der Verfassung in Meiner Residenzstadt willkommen. Die Schwierigkeiten, welchen die Finanzverwaltung in den letzten Jahren begegnet ist, sind zu Meinem Bedauern noch nicht überwun den. Unter dem fortdauernden Drucke einer wirthschaftlichen Krisis von ungewöhnlicher Dauer haben die Staatseinnahmen einen weiteren Rückgang erfahren. Eine völlige Ausgleichung hat die von Meiner Regierung erstrebte Verminderung der Ausgaben nicht herbeizufühlen vermocht, weil ^dieselbe sich nur in beschränkten Grenzen zu halten vermag, wenn die Schädigung wichtiger Interessen vermieden wer den soll. Hat nun auch der Fehlbetrag, soweit es sich um die Vergangenheit handelt, aus den mobilen Vermögensbeständen des Staates gedeckt werden können, so würde doch für die nächste Finanzperiode eine noch höhere Inanspruchnahme der Steuerkraft des Landes nicht zu umgehen gewesen sein, wenn nicht die durch die Reichsgesetzgebung cingeleitete Erhöhung der Zölle und der Tabaksteuer dcn einzelnen Staaten die Aussicht auf Erleichterungen und neue Zuflüsse eröff net hätte. Der Staatshaushaltsetat hat eine durchgreifende Aenderuug er fahren. Die dadurch erzielte größere Uebersichtlichkeit wird zugleich zur Förderung und Erleichterung Ihrer Beralhungen dienen. Die Aufstellung ist mit der durch die Verhältnisse gebotenen Sparsamkeit bewirkt. Jyshesondere sind alle nicht unbedingt nöthigen Neubauten bis zu dem Zeitpunkte zurückgestellt worden, zu welchem die Hebung der wirthschaftlichen Zustände auch der Staatsverwaltung die er forderlichen Mittel wieder in ausgiebigerer Weise zuführen wird. Wenn auch das Bestreben Meiner Regierung auf die allmähliche Vervollständigung des bestehenden Eisenbahnnetzes in einer mit den übrigen Bedürfnissen des Landes im Einklänge vorschreitenden Weise fortdauernd gerichtet bleibt, so nöthigt doch die gegenwärtige Finanz lage zu einer entsprechenden Zurückhaltung. Indessen stellt die von Meiner Regierung für eine bereits bewilligte Eisenbahnlinie vorge schlagene veränderte Art der Ausführung namhafte Ersparnisse in Aussicht, welche die Füglichkeit bieten, einigen Gegenden des Landes die langersehnten Verkehrserleichterungen zu Theil werden zu lassen. Die neuen Militärbauten bei Dresden sind mit den von Ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln nunmehr zur Vollendung gelangt. Die Vorzüge, welche dieselben sowohl für die Gesundheit der darin untergebrachten Heerestheile als für die Erleichterung der militärischen Ausbildung bieten, sind bereits klar zu Tage getreten. Die deutschen Proceßordnungen und die organisatorischen Einrich tungen, welche durch ihre Wirksamkeit bedingt ist, sind zur vorbe stimmten Zeit ins Leben getreten. für die Königl. Amtshauptmannschast zn Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zn Wilsdruff Akeununddreißigfter Jahrgang.