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Wochenblatt für für Nr. 28 Dmwlag, dm 8. April 187S Erscheint wöchentlich 8 Mal (Dienstag und Freitag) AbonncmentSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12^Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abvnnementspreis vierteljährlich I Mark. Eine einzelne Nummer kostet w Pf. Jnseratenannahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Die Lieferung des für das unterzeichnete Gerichts-Amt auf das Winterhalbjahr 1879/80 erforderlichen Hcizungsmaterials an circa 180 Hectoliter Steinkohle (weiche Schiefcrkvhle), 180 Hectoliter gute böhmische Braunkohle (Stückkohle), oO Naumeter gutes weiches Scheitholz, sowie 15 Raumeter Stockholz, soll im Wege der Submission vergeben werden. Diejenigen, welche diese Lieferung übernehmen wollen, werden hierdurch aufgefordert, ihre Offerte unter Preisangabe des zu liefernden Heizungsmaterials bis zum 29. dieses Monats schriftlich anher abzugeben. Die Lieferungen haben frei bis ins hiesige Gcrichtsamtsgrundstück auf jedesmalige vorherige Bestellung in der gewünschten Quantität zu erfolgen. Die Auswahl unter den Bewerbern bleibt dem unterzeichneten Gerichtsamt Vorbehalten. Königliches Gtrichtsmnt Wilsdruff, am 4. AM E vr. Gangloff. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Thue Deine Pflicht. Nicht ost genug inmitten des Ernstes der Gegenwart kann die Aufforderung „Thue Deine Pflicht" an einen Jeden unter uns, an das deutsche Volk in seiner Gesammtheit gerichtet werden. Die Möglichkeit, ja die Gewißheit, daß sich die Zukunft für alle Kreise unserer Nation in dem Maße besser, freundlicher, friedlicher gestalten wird, jemehr der Geist der Pflichttreue, das Bewußtsein der sittlichen Nothwendigkeit der Pflichterfüllung alle Stände durchdringt, muß den Glauben oder die Hoffnung, daß Gesetze unserer traurigen Lage wesentlich aufzuhelfen vermöchten, zerstören. Es ist ein Wahn, mit Gesetzes Paragraphen (erhöhten Schutzzöllen) die Leiden unserer Industrie heilen zu wollen; es ist ein Wahn von dem Einfluß der Schule, der Kirche die dauernde Fesselung der großen geistigen Bewegung, in welcher wir stehen, zu erhoffen. Leider hat sich die „fixe" Idee, das Heil, Hülfe aus den herrschenden Nothständen von Oben, von Reichs- oder Landes-Gesetzen, Zollschranken, Polizei und Staatsanwalt zu erwarten, in de« Köpfen vieler Landsleute fest gesetzt und es wird keine leichte Arbeit sein, diesen Gedanken-Wust auf- zuräumcu und an dessen Stelle klare Begriffe über das, was uns wirklich Noth thut, zu setzen. Entgegengesetzt dem vorsichtigen und strebsamen Kaufmann, der Wit peinlicher Aengstlichkeiit Alles zu vermeiden sticht, was feinem Credit in der Oeffentlichkeit Nachtheil bringen könnte, hat sich unser Volk durch unendliche Jagd nach Gewinn, durch Leichtsinn, durch Größenwahnsinn, Genußsucht u. s. w. um einen guten Theil seines Moralischen Credits in der Welt gebracht. Das Bewußtsein, daß jeder Mensch, einerlei wo er stehe, Pflichten Zu erfüllen habe, war in den 70er Jahren des Schwindels der allge meinen Berauschung in vielen Schichten unseres Volkes ganz und gar verschwunden. Es wird nicht mit uns besser und noch weniger gut werden, ehe das Verhalten und Handeln unseres Volkes im Einzelnen und Kleinen wie im Großen und Ganzen Zeugniß davon ablegt, daß der Grundsatz der Pflichterfüllung als oberstes Gebot allgemein aner kannt und überall befolgt wird. „Die Pflicht, sagt Frau Sameson, eine Engländerin, ist der Mörtel, der das ganze sittliche Gebäude zu- sammcnhält. Ohne ihn giebt es ans die Dauer keine Macht, Güte, Vernunft, Wahrheit, Glückseligkeit und selbst keine Liebe, vielmehr bricht das ganze Gebäude der Existenz unter uns zusammen und wir sitzen Mitten unter Ruinen, indem wir über unsere eigene Vernichtung staunen." Tas sind goldene Worte, die als Richtschnur des Handelns genommen, einen Gedankenwust, von dem oben die Rede war, gar nicht aufkommen küssen. Denn schöne Worte, begeisternde Reden, wovon im lieben Vaterlande auch Ueberproduction besteht, sind ohne die ihnen folgende That inhaltsleer. Die Erziehung des Volkes durch das eigene gute Veispiel, welches Jeder unter uns in seinem Kreise geben kann, geben M — darin liegt ein Hauptmittel der Besserung unserer Zustände. Obgleich dem Blödesten einleuchtend, scheuen gar Viele die Anwendung dieses Mittels, (etwa wie Kinder eine übelschmeckende Arznei), weil sein Gebrauch oft die Ablegung liebgewordener „schlechter" Gewohnheiten und den Bruch mit manchen Vorurtheilen zur Voraussetzung hat. Die spätere Geschichte wird uns, wie den übrigen Völkern eine unerbittliche Richterin sein, deren durchbohrender Blick alle Hohlheit, Verlorenheit, alles Scheinwesen, welches unsere Epoche kennzeichnet, an das Licht ziehen wird. Pflichtvergessenheit führt unaufhaltsam wie im Haushalte des Einzelnen, so im Leben eines ganzen Volkes den Nieder gang herbei. Wir wollen an dieser Stelle auf ein Urtheil Hinweisen, Welches die Pariser Zeitung „Temps" unmittelbar nach.Niederwerfung des Aufstandes der Commune hierüber fällte und welches auch über unsere Verhältnisse Stoff zum Nachdenken gewährt. „Temps" schrieb damals: „Mit allen unfern Mitbürgern liegen wir darnieder unter dm Wucht eines Fluches, den wir alle miteinander verdient haben. Welcher Franzose könnte sich in der That ganz freisprechen von der Entschuld an diesem entsetzlichen Verbrechen? Die abgestumpften Conservativen, welche im Kaiserreich eine Ver- Ucherungs - Anstalt gegen die Unordnung erblickten, der als Prämie bürgerlicher Sclavendienst und der Verzicht auf alle Rechte geleistet werden mußte; ein während 20 Jahren in ein civiles und militärisches -mandarinenthum versteinertes Beamtenthum, welches aus Frankreich ui China machte; eine gouvernementale Opposition ohne inneren Halt, für die Königl. Amtshauptmannschast zn Meißen, das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Neununddreißigster Hahrgang. I welche in den Tagen der Gefahr unwissende und greise Persönlichkeiten I voranstellte nnd während der 5 Monate der Belagerung der zugäng- i lichstcn Bevölkerung der Welt das Gist einer hohlen Rhetorik spendeten; ein nach Genuß gieriges Proletariat gegenüber einer nach Ruhe um jeden Preis schreienden Bourgeoisie; eine Presse, welche mit Frivolitäten, um nicht zu sagen, mit dem Scandal Handel treibt und über Allem die blasirte Gleichgültigkeit einer Bevölkerung, welche die Erfüllung der politischen Pflichten als eine Last betrachtet, und nacheinander die Schlüssel znm Gerichtshof, zu feinen Schätzen und (einen Freiheiten den Verschwörern des Thrones oder der Straße ausgeliefert — das ist Frankreich. Verloren in der allgemeinen, moralischen Fäulniß, kann Frankreich sich nur wieder erheben durch die Anstrengungen einer allgemeinen wohlthätigen Reue." „Thue Deine Pflicht" so ertöne der Ruf an das Gewissen de? deutschen Volkes im ganzen Vaterlande, in allen Gesellschaftskreisen fort und fort als eine Mahnung für Jeden zur energischen Arbeit im feindlichen Kampfe um die Verbesserung und Hebung der in vieler Hinsicht sehr traurigen socialen Zustände der Jetztzeit. (CH. Ztg.) Der Stand der Jnnungssrage. Ter Uebergang vom handwerksmäßigen Betriebe zur Großindustrie, der offenbar eine nothwendige Folge der mannigfachen Erfindungen auf dem Gebiete der Technik war, konnte selbstverständlich nicht ohne nachtheilige Folgen für den Kleinhandwerker bleiben. Da nun in Deutschland dieser Uebergang mit der Proclamirung der Gewerbefreiheit zusammenfiel, so legte man die sich ergebenden Uebelstände der neuen Gesetzgebung zur Last und glaubte in der Auflösung der Zünfte die Haupturfache der Schäden zu erkennen, welche allmählig zu Tage traten. Von vielen Seiten wurde daher Rückkehr zu den alten Zu ständen gepredigt, obschon diese nicht erst durch die neue Gesetzgebung, sondern durch die Veränderung des Gewerbebetriebes schon längst uw- haltbar geworden waren. Dem Kleinhandwerker, der den Markt mit billigen Fabrikerzcugnissen überfluthet und sich daher ohne Arbeit und ohne Credit sieht, wird aber die Wiedereinführung verrotteter Einrichtungen wahrlich nicht auf die Beine helfen, und doch muß Ab- hülfe für den unleugbaren Nothstand gefunden werden. Eine solche scheint nun die Gründung neuer gewerblicher Verbände auf dem Boden der gegebenen Verhältnisse gewähren zu können. Ein Anfang ist da mit im vorigen Jahre von den Schuhmachern in Osnabrück gemacht worden. Das Statut ihrer neuen Innung, vom Oberbürgermeister vr. Miquel entworfen, stellt die Organisation und den Zweck derselben da hin fest, daß sie die gemeinsamen gewerblichen Interessen fördern, Unterstützunskassen gründen, das Verhältniß zwischen den Meistern unter sich und zwischen diesem und den Gesellen und Lehrlingen regeln und bessern und eine tüchtigere Ausbildung der letztern bewirken will. Andere Innungen haben sich seitdem nach diesem Muster in Osnabrück gebildet. In diesem Jahre ist daselbst die Jnnungsbewegung unter der Leitung Miquels, der von allen Vertretern volkswirthschaftlicher In teressen am rührigsten und mustergültigsten in dieser Angelegenheit vor zugehen scheint, zu einer neuen Stufe der Entwickelung gelangt, inso fern durch ein von demselben ausgearbeitetes Ortsstatut ein gemeinsamer Ausschuß aller städtischen Innungen, eine Art Gewerberath, ins Leben gerufen werden soll. Ihm sollen die Obermeister aller Innungen an gehören und unter einem selbstgewählten Vorsitzenden, aber mit Zu- s lassung eines Magistratsmitgliedes zu seinen Verhandlungen, alle'ge- . meinsamen Angelegenheiten des Kleingewerbes beratheu (als perw- ! dische Ausstellung von Lehrlingsarbeiten, Mitaufsicht über die gewerb- i liehe Fortbildungsschule und dergl.) und überhaupt die Interessen und Ansprüche des Handwerkes bei den Behörden vertreten. Der Entwurf hat bereits in einer Versammlung des Vereins selbstständiger Hand werker und Fabrikanten, welcher auch die Gesammtvorstände der be stehenden Innungen beiwohnten, fast einstimmige Gutheißung erlangt; sobald auch diejenige der einzelnen Innungen erlangt sein wird, beab sichtigt der Magistrat das Statut in Kraft zu setzen. Auch der preußische Handelsminister Maybach hat durch einen Er laß vom 4. Jan. d. I. Anregung zur Bildung neuer Innungen ge geben; er glaubt, daß dieselben ohne Aenderung der jetzigen Gewerbes ordnung möglich seien und wünscht im Sommer von den Behörde^