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1881. Freitag, de» 2. September Nr. 7«. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag) NbonnemrntSpreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich S Mal (Dienstag und Freitag. AbonnementsprelS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag- bis Mittag 12 Uhr. Wochenblatt für . Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die König!. Amtshauptmannschast zn Meißen, da^Königl^Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Einundvierzigster Jahrgang. UUM AGGR, Zur hohen Feier ruft uns wieder Des deutschen Volkes Ehrentag, Erhebt den Geist, ob auch darnieder Das Herz in Sorg' und Umnuth lag. Wie schwer des Tages Kampf und Ringen — Eins haltet fest mit starker Hand Und laßt uns stolz und jubelnd singen: Der Deutsche hat ein Vaterland. Das Land, das in der Zwietracht Banden Den Völkern war zur Schau gestellt — Nuu strahlt es hoch vor allen Landen, An Ruhm das erste Reich der Welt. Wer hat das Kampfpanier geschwungen? Wer war der Führer in dem Krieg? Heil uns! der Sieg, den wir errungen, Es war des Deutschen Geistes Sieg! Des deutschen Geistes Sieg und Ehre! Das sei für uns ein mahnend Wort, Daß wir die kampferprobte Wehre Zum Siege führen fort und fort; Daß ihr die höchste Ehre werde: Daß, wie sie selber hehr und frei, Germania für die ganze Erde Dereinst der Freiheit Göttin sei! (Hildb. Dorsztg.) Bekamrtnmchnng. Am 10. und 11. September dies. Jrs. findet in Lommatzsch eine landwirthschaftliche Ausstellung statt, welche auch Erzeugnisse des Obst- und Weinbaues, einschließlich der aus Obst und Wein bereiteten Getränke umfassen soll. Diejenigen Mitglieder des hiesigen Obstbauvereins, welche sich an dieser Ausstellung, die eine sehr reichhaltige zu werden verspricht, zu betheiligen gedenken, ersucht man, ihre Sortimente an Obst u. s. w. längstens bis Freitag, den 9. September, an „die landwirthschaftliche Ausstellung in Lommatzsch" cinzusenden. Meißen, am 29. August 1881. Der Bezirksobstbauverein. v. Bosse. Tagesgeschichte. Schulze-Delitzsch, der greise, verdienstvolle Anwalt des allge meinen Verbandes der Genossenschaften, hat auf dem eben ge schlossenen Vereinstage zu Kassel, der sich der üblichen regen Theil- nahme erfreute, abermals betont, daß die Genossenschaften nicht nur eine materielle Besserstellung ihrer Mitglieder, sondern auch die Lö sung einer sozialen Aufgabe bezwecken. Die Genossenschaften sollen zur Versöhnung der besitzenden und nichtbesitzenden Klassen beitragen. Sie bilden die goldene Brücke, auf der die Reichen und Aermeren, die Gebildeten und Ungebildeten sich Vie Hände reichen zu gemein samem Schaffen für das gemeinsame Wohl. Mit Recht betonte der treffliche Volkswirth, daß seine Mahnung im preußischen Landtage: „Entfesseln Sie die Bestie nicht!" heute, nach den neuesten Vorkomm nissen im deutschen Reiche in einer beginnenden Aera des Staats sozialismus, noch ernsterer Würdigung werth sei, als früher. Auf dem Wege der Selbsthilfe ist bereits Großes errungen und darum sollte man diesen Weg nie verlassen. Die Mißerfolge sind neben den bedeutenden Erfolgen so verschwindende, daß die Genossenschaften mit neuem Vertrauen an ihre Arbeit gehen werden. Der Genossenschafts tag gab einen Begriff von der enormen Arbeit der Anwaltschaft, und alljährlich zeigen die statistische» Jahresberichte, die Mitlheilungen über die Verhandlungen der allgemeinen Vereinslage und die Blätter ür das Genossenschaftswesen, welch reiches und fruchtbares Material die freie Thäligkeit der Assoziationen sammelt und sichtet. Das gc- ammelte Material, welches auch den Beweis liefert, daß der Anwalt ich nicht im Dienste der einzelnen Genossenschaften stehend betrachtet, andern den Beruf in sich trägt und durchführt, die gesummte Be wegung fortdauernd zu überwachen und vor Abwegen und Unregel mäßigkeiten rechtzeitig zu warnen, bietet höchst werthvolle Beiträge für die Geschichte der Genossenschaften, für den hohen Nutzen der wirth- schaftlichen Erziehung des Volkes und für deren materiellen Werth und soziale Bedeutung. An dem allgemeinen Vereinstage nahmen neben dem Anwalt die tüchtigsten Genossenschaftsleiter aus ganz Deutschland Theil und wiederum ist ein reiches Ergebniß zu verzeichnen; mit neuen Erfahrungen und mit neuen Winken nnd Normen für eine ! fernere gedeihliche Entwickelung des Genossenschaftswesens kehren alle Theilnehmer in die Heimath zurück. Und wenn diese allgemeinen Vereinstage als die eigentlichen Genossenschaftskongresse in allen prin zipiellen Fragen und großen allgemeinen Interessen maßgebend sind, so sind es die Unterverbandstage, die der Anwalt ebenfalls jähr lich selbst oder durch einen von ihm beanftragten Stellvertreter besucht, wo ihm die Einzelheiten der Verwaltung nnd Erfahrungen der ein zelnen Vereine mitgethejlt werden, wo er Rath ertheilt und vor ver kehrtem Gebühren warnt. Sind die Beschlüsse auch nicht sür die Ge- ! sammtheit bindend, so wird doch durch ihren moralischen Einfluß viel- ; fach falschen Richtungen vorgebeugt. Noch ist säst kein Bruch einer j Genossenschaft emgetreten, welcher nicht auf eine Vernachlässigung der ' proklamirten Grundsätze zurückzuführen wäre. Alle Verhandlungen sind eine gute Schule zur Heranbildung tüchtiger gewissenhafter Leiter der Vereine. An Schulze-Delitzsch wenden sich Tausende der Vereine, hunderttausend Einzelne, wenn sie der Lehre und Hilfe bedürfen. Der Name „Anwalt" drückt nur kümmerlich die Stellung aus, die er ein nimmt; — er ist der Schöpfer, der Träger, der Lehrer, der Rathgeber, der Warner, der Mahnrufer, der Kritiker, der Gesetzes-Wächter und Verbesserer, der Journalist und Statistiker der großen Bewegung, die in Deutschland wie im gesammten Auslände hochgeschätzt wird. Nach dem gespannten Velhältniß, welches so lange Zeit zwischen dem Fürsten Bismarck als preußischen Ministerpräsidenten und dem hohen katholischen Klerus geherrscht hat, kann es nicht verfehlen, Auf sehen zn erregen, wenn ein designirter Kirche»fürst, der Bischof Korum von Trier, nach Varzin geht, um dem Fürsten einen Besuch abzustatten, der offenbar mehr zu bedeuten hat als eine Höflichkeitsvisite. Dieser Besuch, der in Berlin zu dem des Kultusministers sich erweitert hat, darf als sicherer Beweis dafür gelten, daß die Aussöhnung zwischen der preußischen Regierung und der päpstlichen Kurie ihrem Abschlusse nahe ist, und daß vielleicht gerade die Reise des Trierer Bischofs dem Zweck dient, die etwa noch im Wege liegenden Steine wegzuräumen. Ueber diesen Mann, den die Kurie mit einer so wichtigen Mission betraute, geht der Berliner „Volksztg." von einem Freunde des Blattes folgende Mittheilung zu: „Auf meiner Rückreise von Kolberg nach Berlin verließ ich in Stargard das Coupee, um mich ein wenig zu restauriren. Bei meiner Rückkehr fand ich dasselbe von einer größeren Anzahl katholischer Geistlichen und anderer weltlich gekleideter Herren umstellt, die sich in größter Ehrerbietung mit einem anscheinend hohen Wür denträger der Kirche unterhielten, weicher inzwischen in das Coupee gestiegen war. Nach dreiviertelstündiger Fahrt in Stettin angelangt, wurde mein Reisegefährte von einer ähnlichen Deputation, die ihn schon erwartet hatte, mit größter Auszeichnung empfangen. Ein unbedeutender Akt der Courtoisie gab mir Veranlassung, mich mei nem vis-ä-vis vorzustellen. Es war der Bischof Dr. Korum, der sich aus der Rück reise von Varzin nach Berlin besand. Ein nunmehr bald angeknüpftes Gespräch wendete sich zunächst aus die in Aussicht stehende Beendigung des Kulturkampfes. Auf meine direkte Frage an den Bifchof, ob er an die Einkehr eines dauernden Friedens glaube, antwortete er mit sreimüthiger Offenheit: „Ich glaube daran und bin überzeugt, daß es dem Fürsten Reichskanzler mit dem Frieden ernst.ist, und so weit es an mir liegt, will ich es zur Erreichung und Erhaltung desselben an nichts ! fehlen lassen." Eine Anspielung aus die Centrumssraktion erledigte er mit der Er klärung, daß er weder Politiker noch Diplomat sei, daß er sich um solche Dinge gar nicht kümmere und sogar selten die Zeitung lese; er lebe ganz und allein seinem Beruf und halte daS Politiktreiben mit den Ausgaben eines Priesters für unverein bar! I>r Korum ist eine angenehme Erscheinung, etwa in den 40er Jahren und spricht ein elegantes Deutsch-, in der Unterhaltung fesselnd und von hoher geistiger Begabung. Mir persönlich erschien es, als sei ei der geeignetste Mann, um den unglückseligen Kulturkampf beseitigen zu helfen." Die Sozialdemokraten oder Sozialisten, wie sie sich nennen, haben den Fürsten Bismarck wieder fallen lassen. Nachdem, der Ab geordnete Liebknecht im letzten Reichstag gesagt^ Bismarck hätte nicht die Sozialisten sondern die Sozialisten hätten ihn, erklärt er nun fol gendes: In neuester Zeit will Bismarck auch wie Napoleon III. Staats- sozialist werden nnd dafür sorgen, daß jeder Bauer sein Huhn^im