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Wochenblatt für Tbarand, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Ä m t 8 l> t a t t für das Königl. Gerichtsaml Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 9. Januar 1863. 2. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bterteljahrgang beträgt tll Ngr. und ist jedcSmal v or auszub ez ah len. Sämmtliche König!. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redaction), al« auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. Umschau. Aus Leipzig wird eine hübsche We ihn ach t s - geschichte erzählt: Es war an einem Nachmit tage in der Festwoche, als am Sortirtische in der Post, worauf sich die Briefbeutcl aus allen Theilen der umfangreichen Stadt wie ebenso viele Bächlein in die allumfassende See zu ergießen pflegen, dem einen der expedirenden Beamten ein Briefchen aus- fiel, das für die Stadtpost zurückgelegt werden sollte, denn eS stand Leipzig darauf zu lesen. Der Beamte wurde von einem seltsamen Gefühl berührt, als er die Aufschrift las. DaS Briefchen wanderte aber den gewöhnlichen Weg aller der Tausende und aber Tausende von seinen Brüdern dahin, wo die in der Stadt bleibenden auf die verschiedenen Be zirke vertheill werden. Weil man aber allda nicht wußte, wohin man gerade dies kleine Sendschreiben schicken sollte, so machte dasselbe den Gang in das Cabinet, wo ernste, verschwiegene Männer sitzen, welche da» Amt haben, über unbestellbare Sendun gen zu entscheiden, die Oeffnung der „tobten" Briefe, wie der Engländer sagt, vorzunchmen und so die Rücksendung derselben an die betreffenden Aufgeber zu ermöglichen. Die Commission würde auch mit diesem Briefe ebenso verfahren und den selben vernichtet haben. Aber cs wachten noch an dere Augen über demselben. Denn eS hatte eine eigene Bewandtniß mit demselben. Als nämlich die Reihe der Eröffnung an dies Briefchen kam, las man folgende Adresse: „An den heiligen Christ in Leipzig." In dem Briefe aber stand Folgendes: „Lieber heiliger Christl Es ist nun bald Weih nachten und ich weiß, wie du jetzt bei allen guten Kindern einkehrst und jedem artigen Knaben und Mädchen etwas Schönes mitbringst. Ach, lieber heiliger Christ, komme doch auch zu uns; denn wir warten gar sehr auf dich. Bescheere mir eine Schul tasche, wo ich meine Bücher Hineinthun kann, wenn ich in die Schule gehe, und meiner Selma auch eine. Auch hätten wir gern jedes ein Paar neue Schuhe, denn eS ist recht schlechtes Wetter. Meinem Kurt bringe auch ein paar Bleisoldaten mit. Der arme Junge muß jetzt so viel in der Stube stecken. Dann aber mußt du auch mein Mütterchen wieder gesund machen. Mutter ist schon lange krank, muß an Krücken gehen und kann sich nicht Helsen. Ach, bitte, lieber heiliger Christ, vergiß uns nicht. Ich will auch recht artig sein und der Mutter gehor chen. Wir wohnen "*straße Nr. im Hose. Marie, Selma, Kurt." Und eS vergangen mehre Tage. Heiliger Abend kam. Da pochte es an die Thür der einsamen Mutter mit ihren drei Kindlein, und herein traten eine Dame und zwei Herren und leg ten, nachdem die Kindchen in Kammer geschickt worden, der armen, aus den bessern Ständen stam menden wackern, aber unglücklichen Frau Geschenke aller Art auf den Tisch, zündeten einen Baum an und bescheerten den drei.Kmdlein, was sie sich ge wünscht hatten. Das alles hatte der wackere Be amte angerichtet, hatte wohlthätige Herzen erweckt und aus die unverschuldet ins Elend geratbene kleine Familie, die verwaist war, obwohl der Vater noch lebte, aufmerksam gemacht, sodaß sie nun wohl vor Noth jicher sein werden. So erzählt das Lpz. Tageblatt. — Die Rinderpest naht sich unsern Grenzen immer mehr und die Strenge, mit welcher Sachsen und die übrigen Zollvereiusregierungen die österreichischen Grenzen überwachen, ist sehr gerechtscrtlgt. Der eigentliche Heerd dieser furchtbaren Krankheit sind die ungarischen Pußten; von da verbreitet sie sich