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Ertcheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag. Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Erscheint wöchentlich L Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementsprei» vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Jnseiatenannabme Montags u. Donnerstags F 8 8 H 8 R 'FZ ' W ßI S LR HA UH I Montags u. DoanerStagS bis Mittag 12 Uhr. W Ah- bis Mittag 12 Uhr. Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt sür die Königl. Amtshauptmannschnst zu Meißen, das Kömgl. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Einundvierzigster B«brgang. Rr. 12 FrriMg, dcn 11. Februar 1881. Tagcsgcjchichle. Wie ein tüchtiges Donnerwetter oft gar plötzlich die unerträgliche Temperatur abkühlt und gutes Wetter bringt, so scheint sich Fürst Bismarck neulich mit seinen Kraftworten von parlamentarischen „Fle geleien und Klopffcchtereien" den hoch aufgehäusten Groll vom Herzen weggeredet zu haben. Am 4. Februar erschien er unerwartet im preuß. Laudlag seit langer Zeit zum erstenmal und nahm vollständig ruhig und leidenschaftslos das Wort zu einer längeren Rede über die Steuerreform. Seit Jahren hatte er das Haus verlassen, sobald der Abgeordnete Richter das Wort ergriff; dasmal folgte er mit größter Aufmerksamkeit einer mehr als eiustündigen sehr scharfen Rede Richters über die Steuerreform und erhob sich dann zu einer Gegen rede, Richters Talent in Ernst und Scherz vielmals rühmend und halb ernst, halb ironisch versichernd, die Welt muß erfahren, in wie vielen Dingen wir einig und wie gute Freunde wir sind. Das ganze Haus staunte; denn Richter war am Schluß seiner Rede fast leiden schaftlich geworden. Wir heben aus Bismarcks Rede heraus, was das Deutsche Reich, also uns Alle und nicht nur Preußen angeht. Der Anschuldigung Richters gegenüber, daß der Kanzler das Volk für die erhöhten Steuern durch Versprechungen aller Art zu ent schädigen suche, erklärt Bismarck: Ich habe Niemand etwas versprochen und bin nur als Bittender gekommen, als ich die Steuern erhöhen wollte. Meine Absicht ist, die Laudwirthschaft zu heben und gegen Mißernten des Auslandes sicher zu stellen. Die Koruzölle werden von den ausländischen Importeuren getragen, das beweist die Erhöhung der russischen Zölle, die eine Antwort darauf gewesen. Die Grund steuer solle aufhören der Maßstab für Zuschläge zu sein. Er wünsche denjenigen, der nur von seiner Hände Arbeit lebe, ganz steuerfrei zu stellen und die Belastung erst da beginnen zu lassen, wo wirklich Ca pital vorhanden sei. Wenn durch die Ueberweisungen an die Krise auch nur eine Erleichterung der Schullast eintrete, so sei das schon eine unendliche Wohlthat. Sein Prinzip sei nicht eine bestimmte Ab schaffung von Steuern gewesen, sondern ein Ausgleich zwischen dem zu großen Maß der directen und dem zu geringen Maß der in- directen Steuern, worin uns England und Frankreich längst vorans geeilt seien. Er wolle mehr indirekte als directe Steuern und nur die Einkommensteuer beibehalten, die übrigen Steuern nicht ab schaffen, sondern sie den Kreisen und Communen überlassen. Daß es in den letzten Jahren besser geworden ist, wird niemand bestreiten. Sie sprechen bedauernd über den Tabak. Ich bekenne mich offen zu der Ansicht, daß der Tabak mehr bringen muß als bisher. Ich muß größere Mittel haben und halte den Tabak für einen sehr geeigneten Gegenstand, dieselben zu erhalten. Parlamentarische Kämpfe können mich von meinen Prinzipien uicht abbringen, ich bin darauf vorbereitet und werde nicht zurücktreten, bis der Kaiser mich z«rück- treteu heißt. Ich bin zu diesem Entschluß gekommen, nachdem ich gesehen, wer sich über meinen Rücktritt freuen würde. Da erst er kannte ich, daß u»d warum ich aushallen muh, so lang' es meine Kräfte zulassen. Ich habe meine Prinzipien nicht eher ausgesprochen, als bis ich Zeit hatte, dieselben in mir zu entwickeln und zu befestigen; ich verlange nicht einen Euaß der Grundsteuer, aber eine erhöhte Heranziehung des Capitals. Ich bitte das Gesetz nicht in der Com mission zu begraben, sondern offen ja oder nein zu sagen. Berlin, 8. Februar. Der „Reichsanzeiger" meldet: Eine Ver ordnung des Kaisers vom 7. Februar beruft den Reichstag auf den 15. Februar nach Berlin ein. Wer in der griechischen Angelegenheit die Führerrolle übernehmen solle, ist die neueste Frage, die in den Blättern erörtert wird. Fürst Bismarck will von einer Führung nichts wissen nnd soll als seine Meinung das Wort an die Mächte ausgegeben haben: Einigen Sie sich, mir ist's auf alle Fälle recht. Ja, aber da liegt die Schwierig keit. Von Wien und Pest verlautet fortwährend, man habe Deutsch land die Führerrolle überlassen. Das ist zunächst ein sehr unbestimmter Ausdruck. Frankreich hat durch seinen Konferenzvorschlag die Führung übernommen, und wenn auch an Stelle der Konferenz eine Botschaster- berathung getreten ist, so jst doch Frankreich bei der Leitung der Vor fragen in der Initiative geblieben. Und nichts rechtfertigt die Annahme, daß darin eine Aenderung eingetreten oder überhaupt zu erwarten sei. Wohl aber ist anznnehmen, daß Deutschland bei den Besprechungen in Stambul den Vorsitz führen werde, und zwar abgesehen davon, daß es ihn beim Berliner Kongresse führte, einfach fchon deshalb, weil Graf Hatzseldt Doyen des diplomatischen Corps in Stambul ist. Den Standpunkt des ehrlichen Maklers aber, den es immer eingenommen, wird Deutschland auch in der Person Hatzfeldts nicht aufgeben, und als die am wenigstens interessirtc Macht wird es ihm verhältnißmätzig am leichtesten sein, die verschiedenen Mächte wie die Parteien in einem angemessenen Mittelvorschlage zu vereinigen, möge dieser Vorschlag Herkommen, von welcher Seite er wolle. So faßt man nach der „Köln. Ztg." in Berlin Deutschlands Stellnng in der Angelegenheit auf, und wenn man auch von einer deutschen Führung nicht eigentlich reden kann, so wird doch Deutschland das entscheidende Gewicht viel leicht in die die Wagschaale zu legeu haben. In Kiew, Rußland ist schon wieder ein Complot ewdeckt wor den. Die Polizei hat nämlich ein Packet Programme aufgefunden, welches von einem Geheimbuud herrührt, der Mord und Brand pre digt; dieser Fund hat die Entdeckung einer Niederlage von Waffen, von Instrumenten zur Anfertigung falscher Pässe und einer geheimen Druckerei herbeigeführt. Man hat in diefer Druckerei 128 Exemplare einer Proklamation gefunden, welche nach der Ermordung des Militär kommandanten von Kiew verbreitet werden follte, ein Plan, den die Entdeckung dieses Complots vereitelt hat. Wie dem „B. T." ans Rom, 7. Februar, telegraphirt worden, werden seit einigen Tagen Florenz, Fvrli, Bologna und Turin von Erdbeben heimgesucht. Bremen, 7. Febr. Auf der Fahrt von Bremen nach Baltimore ist der Dampfer „Bremen", Capitän Möller, bei Sandwick auf den Sheilandsinseln gescheitert. Laut Telegramm des Steuermanns sind von zwanzig Mann Mannschaft nur sieben gerettet. Cuxhafen, 4. Februar. Heute früh fand bei Kugelbaak ein Zusammenstoß zwischen dem nörddeutschen Loyddampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm" und dem Dau pfer „City of Dublin" statt; letzterer ist gesunken, 6 Personen der Mannschaft sind ertrunken, die übrigen wurden gerettet. Passagiere sind nicht an Bord gewesen. Das ge sunkene Schiff wollte eine Zuckerladung von Hamburg nach Bristol bringen. Vaterländische». Wilsdruff. Am Dienstag Abend feierte der Gewerbevercin im geschmückten Löwcnsaale sein einundvierzigsteS Stiftungsfest durch Festtafel und darauf folgenden Ball. Der erste Toast galt dem ge liebten Landesvater und seinem ganzen königlichen Hause; hieran reihe« ten sich weitere Trinkiprüche auf den Verein, dessen Vertreter rc., auch trugen zwei Tafellieder zur Erheiterung während der Tafel wesentlich bei. Das ganze Fest aber verlief in angenehmster Weise. — Der von der hiesigen „Liedertafel" für den 25. Februar in Aussicht genommene Maskenball scheint großen Anklang zu fin den- denn vielfach hört und sieht man (natürlich ganz geheim) Vor bereitungen dazu; das Comitä hält in Gemeinschaft mit dem Direk torium Sitzungen ab, um gefaßten Ideen greifbarere Gestalt zu geben. Das Comil ö wird auch dafür besorgt sein, daß ein paar Tage vor dem Ball eine reichhaltige Maskengarderobe zur leihweisen Entnahme von Anzügen hier anwesend sein wird. Für Gesichtsmasken werden jedenfalls zwei bekannte hiesige Firmen Sorge tragen. — Der neue Bürgermeister von Altenberg, unser gewesener Rathsregistrator Lehmann, ist am Dienstag daselbst eingetroffen und von de« Behörden und Corporationen feierltchst empfangen und nach dem Rathhaus geführt worden, woselbst dann die eigentliche Begrüß ung stattfaud. — Nach einer soeben erlassenen Bekanntmachung des Königlichen Ministerium des Innern fallen die diesjährigen Wollenmärkle in Sachsen in Kamenz auf den 13. Juni, in Bautzen auf den 14. Juni, in Dresden auf den 15. Juni und in Leipzig auf den 16. und 17. Juni. — Wie aus einer Generalvcrordnung der k. Kreishauptmannschaft Bautzen hervorgeht, ist neuerdings der Fall vorgekommen, daß meh rere Personen in Folge der Benutzung eines mit nicht gehörig einge brannter Glasur versehenen Topfgeschirres — sogenannter Seidenbergcr Waare — unter Symptomen einer Bleivergiftung erkrankten. Es werden deshalb die Polizeibehörden des Bautzner Regierungsbezirks angewiesen, zeitweilig Proben von Verkaufsvor- räthen thönerner Kochgeschirre zu entnehmen und die Glasuren dieser Geschirre untersuchen zu lassen. — Sebnitz. In Nixdorf, einem ca. eine Stunde von hier ent fernten großen böhmifchen Fabrikdorfe, sind die Blattern in schrecken- erregender Weise ausgebrochen. An einem Tage sind 9 Personen der Krankheit erlegen. Weit über 100 Kinder und Erwachsene liegen an derselben darnieder, auch ist die Schule in Obernixdorf geschlossen worden. Es sollen energische Schutzmaßregeln ergriffen werden, um das Einschleppen nach Sachsen zu verhüten. — In Chemnitz hatte sich in den letztvergangenen Tagen ein junger Kaufmannscommis durch Vergeudung von großen Summen Geldes, namentlich in Weinhandlungen, auffällig und verdächtig ge macht. Es wurde hierüber auch Anzeige erstattet, und man brachte nun in Erfahrung, daß der junge Mensch am 24. vor. Mts. von seinem Geschäftsherrn beauftragt worden war, einen an ein auswär tiges Bankhaus adrefsirten Brief mit über 1700 Mk. Einlage zur Post zu tragen. Derselbe hatte jedoch den Brief erbrochen und den Inhalt sich angeeignet. Der Angeschuldigte war auf Vorhalt der That ge ständig und gab an, vom 24. Januar bis 2. Februar ca. 1300 Mk. von dem Gelde verpraßt zu haben. — Ferner ist einem Chemnitzer Geschäftsmann das Mißgeschick widerfahren, daß er seinem Laufbur schen 200 Mark mit dem Auftrag übergeben hat, das Geld Jemand zu überbringen, daß der Bursche aber den Auftrag nicht ausgeführt hat und bis jetzt mit dem Gelde verschwunden ist.