Volltext Seite (XML)
Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich l Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erschc'nr wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. sür die König!. Amtshauptmanuschaft zn Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. EinundvierzigsLer Jahrgang. für Nr. 8. Freitag, den 28. Januar 1H81. AuctionS-Bekrnmtmnchmul. Montag, den 3l Januar d. I., SkachmittagS 2 Uhr, sollen in der Wohnung der Frau verw. Förster Nollitz in Herzogswalde circa 5 Schock Hafer und I Schock «Korn gegen sofortige Baarzahluug öffentlich versteigert werden. Wilsdruff, am 19. Januar 1881. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgerichts. Matthes. Vorwärts oder Rückwärts? Geht es mit unserer Volkswphlfahrt im Allgemeinen vorwärts oder rückwärts? Wenn man die Klagen über all das Elend hört, welches hc»te überall vorhanden ist, wohin man auch blicken mag, und weun man dann von der „guten alten Zeit" liest, in welcher es sich so behaglich lebte, so könnte man wohl zu der Ansicht kommen, es werde immer schlimmer in der Welt und wir hätten doch eigentlich viel schwerer zu tragen, als unsere Vorfahren, die in Gemächlichkeit ihr Leven genossen, denen noch keine sociale Frage, keine Ueberpro- ductiou, keine Schleuder-Coucurrenz Kopfschmerzen machte. Wenn man sich aber nicht von unklaren Stimmungen und Neigungen leiten läßt, sondern frei von aller schwärmerifcher Romantik an der Hand der Wissenschaft die gesellschaftlichen Zustände der Vergangenheit mit der Gegenwart vergleicht, so findet man bald, daß der Fortschritt, welchen die Menschheit und speeiell unser Volk in diesem Jahrhundert gemacht, auch in Bezug auf den allgemeinen Volkswohlstand ein so riesiger ist, daß keine frühere Epoche dem gleich kommt. Denken wir nur an die Ausrottung der Sklaverei und der letzten Reste der Leib eigenschaft, welche dieses Jahrhundert bewirkt, vergleichen wir die Lage des Bauernstandes vor hundert Jahren mit der heutigen, so treten uns die gewaltigen socialen Fortschritte dieses Jahrhunderts recht deutlich vor Augen. Ader noch viel schlagender lassen sich diese Fortschritte Nachweisen, wenn wir — natürlich immer in Durchschnitts ziffern — die Lebensweise der sog. unteren Klassen vor achtzig Jahren vergleichen mit der heutigen, oder auch den Comfort des da maligen Mittelstandes in Vergleich bringen mit dem des heutigen! Wie klein und jämmerlich nehmen sich alle die damaligen Verhältnisse aus gegenüber den heutigen, wie wenig Genüsse, die heute sich selbst der Arme bietet, waren damals selbst dem Wohlhabenden nicht mög lich, wie ärmlich erscheint uns heute alles das, was damals dem be güterten Mittelstände als behagliche Existenz galt! Wir brauchen gar nicht daran zu erinnern, was unser Geschlecht sich in Bezug auf Ver gnügungen, auf Reisen, auf Kunstgenüsse aller Art gönnen kann und auch wirklich gönnt; wir brauchen nicht daran zu erinnern, daß die Wohnungen heule — selbst da, wo räumliche Beschränkungen aufgelegt sind, welche die Vorzeit nicht kannte — im Allgemeinen gesünder, be- guemer und behaglicher geworden sind; brauchen nicht die zahlreichen Wohlfahrts-Einrichtungen, die Lebens-Versicherungen, Krankenkassen, Heil- und Pflegeanstalten rc. aufzuzählen, welche frühere Zeiten gar nicht oder nur in sehr beschränktem Umfange kannten. Wir brauchen nur daran zu erinnern, daß die Statistik auch eine ganz beträchtliche Steigerung im Verbrauch aller den materiellen Genüssen dienenden Artikeln nachweist, um den Nachweis zu führen, daß der Mensch heute in allen Beziehungen besser lebt, als der in gleichen Verhältnissen lebende Mann zu Anfang des Jahrhunderts. Nicht nur, daß der Verbrauch von Weizen — der sicherste Gradmesser für den Wohlstand eines Volks — auch bei uns in Deutschland ganz erheblich zugenommen hat, der Verbrauch an Zucker, Kaffee, Fleisch, Bier, Wein, Tabak — alles Nahruugs- oder Genußmittel, welche einen Rückschluß auf den Wohl stand gestatten — ist in großartigem Maße gewachsen. Was noch vor 50 Jahren als Luxus galt, ist heute ei» unabweisliches Bedürfniß geworden, und wenn heute Jeder, der über die „schlechten Zeiten" stöhnt, so geringe Ansprüche an das Leben machen wollte, wie fein in gleichen socialen Verhältnissen lebender Großvater gethan, so würde er bald recht hübsche Sümmchen zurücklegen können. Es ist nicht richtig zu sagen, daß sich die Lage der sogest, arbeitenden Klassen ent schieden verschlechtert habe. Im Gegentheil zeigt die Wirthschaft der Neuzeit den ausgesprochenen Zug der Ausgleichung der Gegensätze. Schon die Beweglichkeit des Capitals bringt das mit sich; der Besitz ist heute viel flüssiger, veränderlicher geworden, als er vordem war, was auch die Socialisten sagen mögen; was heute oben ist, kann morgen unten sein, und schon diese Thatsache allein gleicht die Gegen sätze aus. Diese ausgleichende Tendenz ist gerade das hervorra gendste Merkmal im wirthschaftlichen Leben der Neuzeit, und wenn wir auch von der absoluten Gleichheit weit entfernt sind und dieselbe auch nie erreichen werden, so muß man sich bei gewissenhafter Prü fung doch sagen, daß die Kluft zwischen Besitz und Besitzlosigkeit heute nicht mehr so groß ist, wie früher. Die Vielbeklagte Macht des Ka pitals drückt heute gewiß nicht schwerer als früher, wo diese Macht auch vorhanden war, außerdem aber noch die Standesvorrechte und der Druck des staatlichen Absolutismus hinzutraten. Der Arbeiter von heute, welcher heute wenigstens am Sonntag in seiner Kleidung sich kaum unterscheidet von seinem Arbeitgeber, der, wenn er sich sonst danach beträgt, hunderterlei Vergnügungen mit seinem Arbeitgeber theilen, mit ihm gemeinsam in zahlreiche» öffentliche» Localen verkehren kann, dessen Stimme bei den ReichStagswahlen gerade so viel gilt wie die des Arbeitgebers, — ist er wirklich vom Arbeitgeber durch eine so weite Kluft geschieden, wie der frohnden- und zistspflichtige Bauer ehemals von seinem Gutsherrn, ja selbst der arme Dorfhand werker, der niemals Meister werden konnte und als „Bönhase" überall verfolgt und gehetzt wurde, vom Zunftmeister? — Wir sind vorwärts gekommen, nicht so schnell vielleicht, wie der himmelstüimende Idea lismus wünlchen möchte, aber so schnell, wie Derjenige erwarten kann, der an der Hand der Geschichte gelernt hat, daß Alles hienieden seine Zeit zur Entwicklung braucht und daß Alles, was ohne solche Ent wickelung über Nacht hereinschneit, uns nie dauernd zum Vortheil ge reichen kann, weil cs keinen Bestand hat. Wenn trotz alledem noch so viel zu klagen übng beibt, so liegt dies weit mehr daran, daß die Bedürfnisse der Menschheit eben schneller gewachsen sind als die Mittel zu deren Befriedigung, dann an dem ungenügenden Ertrage der Arbeit selbst. Wo also die Hebel zur „Besserung der Zeiten" zn suchen sind, ist leicht zu errathen: in der Verminderung der Ansprüche an das Leben. Doch über dieses Capitel ein anderes Mal mehr. (H. Dzg.) Tllyesgeschichte. Die Vorlage eines Gesetzes über das Tabaksmonopol für die nächste Reichstagssessivn wird nicht beabsichtigt. — In Folge der Steigerung der Einnahmen der Zölle und Verbrauchssteuern bis Ende 1880 soll ein Einnahmeüberschuß in Höhe von 25 Mill. Mark in Aussicht stehen, so daß eine Steigerung der Matricularbei- träge vermieden werden könnte. Professor Reuleaux, der außerordentlich thätige und umsichtige AussteUungs-Commissar in Melbourne hat bei einer Fahrt das Un glück gehabt, aus dem Wagen geschleudert zu werden und zwei Rippen und das Schlüsselbein zu brechen. Seine Herstellung wird manche Woche in Anspruch nehmen, und es ist nur zn wünschen, daß der Unfall nicht auch die deutsche Ausstellung trifft. Die bis jetzt sich widersprechenden Nachrichten über die Orient« frage fangen endlich an, sich zu klären; Frankreich hat nämlich auf seine zeitherige Führerrollc in der Vermittelung wegen der griechischen Grenzangelegenheit verzichtet und ist solche auf eine andere Macht — Deutschland — übergegangen. Von England und Rußland war es schon vorher bekannt, welch' geringen Antheil sie an der schließlichen Regelung der griechischen Frage nahmen, ganz besonders konnten sie sich wenig für die Idee des französischen Ministers des Auswärtigen, Barthelemy St. Hilaire, ein Schiedsgericht niederzusetzen, erwärmen. Dieser Plan wurde von Frankreich selbst wieder zurückgezogen, nach dem die Pforte am 18. Jan. den Botschaftern der Mächte erklärte, daß die Türkei das Schiedsgericht ablehne. Als Grund bezeichnete der Minister des Auswärtigen, Ajsim Pascha, die souveräne Unab hängigkeit des osmanischen Reiches, welche es wohl gestatte, einem freundlichen Uebereinkvmmen zuzustimmen, nicht aber sich einem Tri bunale zu unterwerfen. Gambetta sitzt fest im Sattel. Das ist eine Thatsache, mit der Freund und Feind rechnen muß. Die Kammer hat ihn wiederum zu ihrem Präsidenten gewählt, noch dazu mit 3 Stimmen mehr als das vorige mal. Er hat sich sofort mit einer großen Rede bedankt, die großen Beifall fand. Ich weiß nicht, ob er der Abgott der Fran zosen ist, er spricht aber wie Gotl bei der Schöpfung. Er sah Frank reich (in seiner Rede) an und fand, daß alles gut ist. Das Volk ist arbeitsam, mäßig, sparsam, der Wohlstand ist gestiegen, die Finanzen blühen, die Steuern gehen flott ein und jedes Jahr können Uebe,schüsse und Steuern erlassen werden. Das H er ist neu geschaffen und im besten Stand rc. Er hütete sich aber zu rufen wie der Eisenbahn- Schaffner: Fertig! obwohl ihm das Wort vielleicht auf der Zunge lag, sondern sagte nur: „Sie (die Abgeordneten) werden nicht aus einander gehen, ohne die letzte Hand au das nationale Ver- theidigu'ngswerk gelegt zu haben." Deutlich genug ist das, wenn auch nichts weniger als eine Drohung. Ueber die Einwanderung au'Europa nach den Vereinigten Staaten während des letztverflossenen Jahres sagt der Gouverneur